dere Gesetze der Schwere zu untersuchen, und ihre Dissonanzen zu zeigen. Spiral-Linien, in welchen die Planeten von ihren Sonnen immer wegflohen, oder zuletzt in selbige sich einsenkten, sind Folgen davon. Die Auswahl des Allerweisesten fiel auf das einfachste, das zugleich ewige Harmonie und Ordnung hatte, und wobey jeder Weltkörper das bleiben konnte, wozu alle seine Einwohner geordnet waren.
Auf eine ähnliche Art durchforschte ich die Be- wohnbarkeit der Welt, und machte allerdings den küh- nen Schluß, daß ich keinen Raum derselben weder öde noch unbewohnt lassen wollte. Sie sollte ein Abdruck, oder wie Sie es, mein Herr, nennen, eine fortdaurende Wirkung aller göttlichen Vollkommenheiten zusammen genommen seyn. Konnte ich wohl hiebey einen Ge- sichtspunct[,] aus dem man diese Vollkommenheiten be- trachten kann, öde lassen? oder konnte die Welt eine Wirkung des unendlich wirksamen Schöpfers seyn, oh- ne daß in jeder Stelle derselben Leben und Wirksam- keit, Gedanken und Triebe in den Geschöpfen wären? Sollte ich wohl die Vollkommenheit in einer beständi- gen und unerschöpflichen Abwechslung von Aehnlichkei- ten bestehen machen, und dennoch dabey leere Stellen übrig lassen, wo nichts dergleichen vorgienge, wo keine Theile eines Ganzen wären, das unendlich vollständig seyn sollte? Solche Lücken konnte ich nun nicht zulas- sen, und ich truge kein Bedenken, jedes Sonnensystem so sehr mit bewohnbaren Weltkörpern anzufüllen, als die vortrefliche Ordnung, die in ihrem Laufe eingeführt ist,
nur
Coſmologiſche Briefe
dere Geſetze der Schwere zu unterſuchen, und ihre Diſſonanzen zu zeigen. Spiral-Linien, in welchen die Planeten von ihren Sonnen immer wegflohen, oder zuletzt in ſelbige ſich einſenkten, ſind Folgen davon. Die Auswahl des Allerweiſeſten fiel auf das einfachſte, das zugleich ewige Harmonie und Ordnung hatte, und wobey jeder Weltkoͤrper das bleiben konnte, wozu alle ſeine Einwohner geordnet waren.
Auf eine aͤhnliche Art durchforſchte ich die Be- wohnbarkeit der Welt, und machte allerdings den kuͤh- nen Schluß, daß ich keinen Raum derſelben weder oͤde noch unbewohnt laſſen wollte. Sie ſollte ein Abdruck, oder wie Sie es, mein Herr, nennen, eine fortdaurende Wirkung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen genommen ſeyn. Konnte ich wohl hiebey einen Ge- ſichtspunct[,] aus dem man dieſe Vollkommenheiten be- trachten kann, oͤde laſſen? oder konnte die Welt eine Wirkung des unendlich wirkſamen Schoͤpfers ſeyn, oh- ne daß in jeder Stelle derſelben Leben und Wirkſam- keit, Gedanken und Triebe in den Geſchoͤpfen waͤren? Sollte ich wohl die Vollkommenheit in einer beſtaͤndi- gen und unerſchoͤpflichen Abwechslung von Aehnlichkei- ten beſtehen machen, und dennoch dabey leere Stellen uͤbrig laſſen, wo nichts dergleichen vorgienge, wo keine Theile eines Ganzen waͤren, das unendlich vollſtaͤndig ſeyn ſollte? Solche Luͤcken konnte ich nun nicht zulaſ- ſen, und ich truge kein Bedenken, jedes Sonnenſyſtem ſo ſehr mit bewohnbaren Weltkoͤrpern anzufuͤllen, als die vortrefliche Ordnung, die in ihrem Laufe eingefuͤhrt iſt,
nur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0095"n="62"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/>
dere Geſetze der Schwere zu unterſuchen, und ihre<lb/><hirendition="#aq">Diſſonanz</hi>en zu zeigen. <hirendition="#aq">Spiral</hi>-Linien, in welchen<lb/>
die Planeten von ihren Sonnen immer wegflohen, oder<lb/>
zuletzt in ſelbige ſich einſenkten, ſind Folgen davon.<lb/>
Die Auswahl des Allerweiſeſten fiel auf das einfachſte,<lb/>
das zugleich ewige Harmonie und Ordnung hatte, und<lb/>
wobey jeder Weltkoͤrper das bleiben konnte, wozu alle<lb/>ſeine Einwohner geordnet waren.</p><lb/><p>Auf eine aͤhnliche Art durchforſchte ich die Be-<lb/>
wohnbarkeit der Welt, und machte allerdings den kuͤh-<lb/>
nen Schluß, daß ich keinen Raum derſelben weder oͤde<lb/>
noch unbewohnt laſſen wollte. Sie ſollte ein Abdruck,<lb/>
oder wie Sie es, mein Herr, nennen, eine fortdaurende<lb/>
Wirkung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen<lb/>
genommen ſeyn. Konnte ich wohl hiebey einen Ge-<lb/>ſichtspunct<supplied>,</supplied> aus dem man dieſe Vollkommenheiten be-<lb/>
trachten kann, oͤde laſſen? oder konnte die Welt eine<lb/>
Wirkung des unendlich wirkſamen Schoͤpfers ſeyn, oh-<lb/>
ne daß in jeder Stelle derſelben Leben und Wirkſam-<lb/>
keit, Gedanken und Triebe in den Geſchoͤpfen waͤren?<lb/>
Sollte ich wohl die Vollkommenheit in einer beſtaͤndi-<lb/>
gen und unerſchoͤpflichen Abwechslung von Aehnlichkei-<lb/>
ten beſtehen machen, und dennoch dabey leere Stellen<lb/>
uͤbrig laſſen, wo nichts dergleichen vorgienge, wo keine<lb/>
Theile eines Ganzen waͤren, das unendlich vollſtaͤndig<lb/>ſeyn ſollte? Solche Luͤcken konnte ich nun nicht zulaſ-<lb/>ſen, und ich truge kein Bedenken, jedes Sonnenſyſtem<lb/>ſo ſehr mit bewohnbaren Weltkoͤrpern anzufuͤllen, als die<lb/>
vortrefliche Ordnung, die in ihrem Laufe eingefuͤhrt iſt,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nur</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0095]
Coſmologiſche Briefe
dere Geſetze der Schwere zu unterſuchen, und ihre
Diſſonanzen zu zeigen. Spiral-Linien, in welchen
die Planeten von ihren Sonnen immer wegflohen, oder
zuletzt in ſelbige ſich einſenkten, ſind Folgen davon.
Die Auswahl des Allerweiſeſten fiel auf das einfachſte,
das zugleich ewige Harmonie und Ordnung hatte, und
wobey jeder Weltkoͤrper das bleiben konnte, wozu alle
ſeine Einwohner geordnet waren.
Auf eine aͤhnliche Art durchforſchte ich die Be-
wohnbarkeit der Welt, und machte allerdings den kuͤh-
nen Schluß, daß ich keinen Raum derſelben weder oͤde
noch unbewohnt laſſen wollte. Sie ſollte ein Abdruck,
oder wie Sie es, mein Herr, nennen, eine fortdaurende
Wirkung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen
genommen ſeyn. Konnte ich wohl hiebey einen Ge-
ſichtspunct, aus dem man dieſe Vollkommenheiten be-
trachten kann, oͤde laſſen? oder konnte die Welt eine
Wirkung des unendlich wirkſamen Schoͤpfers ſeyn, oh-
ne daß in jeder Stelle derſelben Leben und Wirkſam-
keit, Gedanken und Triebe in den Geſchoͤpfen waͤren?
Sollte ich wohl die Vollkommenheit in einer beſtaͤndi-
gen und unerſchoͤpflichen Abwechslung von Aehnlichkei-
ten beſtehen machen, und dennoch dabey leere Stellen
uͤbrig laſſen, wo nichts dergleichen vorgienge, wo keine
Theile eines Ganzen waͤren, das unendlich vollſtaͤndig
ſeyn ſollte? Solche Luͤcken konnte ich nun nicht zulaſ-
ſen, und ich truge kein Bedenken, jedes Sonnenſyſtem
ſo ſehr mit bewohnbaren Weltkoͤrpern anzufuͤllen, als die
vortrefliche Ordnung, die in ihrem Laufe eingefuͤhrt iſt,
nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/95>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.