wir es wissen. Daher kann erstlich kein A, B seyn. Denn wenn kein A, B ist, so läßt sich allerdings auch sagen, daß etliche A nicht B sind. Ferner kann es auch geschehen, daß alleB, Asind. Denn man setze nur, A sey eine Gattung, B eine von ihren Arten, so werden die Sätze gelten: alle B sind A, etliche A sind B, und etliche A sind nicht B. Die particularver- neinenden Sätze sind demnach unter allen die unbe- stimmtesten. Denn
§. 127.
Bey allgemein verneinenden Sätzen, keinAist B, läßt sich nothwendig folgern, daß auch kein B, A sey, weil A und B eigene Merkmaale haben, und daher von einander nicht können bejaht werden.
§. 128.
Diese vier Arten von Sätzen sind von sehr ver- schiedener Erheblichkeit. Der allgemein beja- hende ist unter allen der bestimmteste, weil er nicht nur Eigenschaften angiebt, die dem Subjecte wirklich zukommen, sondern es auch allgemein bejaht, folglich den Zweifel von Ausnahmen aufhebt. Jndessen bleibt er in einer andern Absicht unvollständig, weil er von allen Eigenschaften des Subjectes nur eine an- giebt. Man kann daher die allgemein bejahenden Sätze als abgekürzte Ausdrücke ansehen, und wir thun es, theils aus Bequemlichkeit, theils müssen wir aus Mangel mehrerer Kenntniß dabey bleiben. Wir zeigen nämlich nur eine Eigenschaft des Subjectes an, es sey, daß wir die übrigen nicht gebrauchen, oder daß wir sie nicht wissen. Dieses lassen wir unbestimmt. Man kann hieraus den Unterschied der allgemeinen Sätze überhaupt betrachtet, und der Erklärungen sehen, weil die letztern nothwendig den ganzen Um- fang des Begriffes bezeichnen müssen.
§. 129.
III. Hauptſtuͤck,
wir es wiſſen. Daher kann erſtlich kein A, B ſeyn. Denn wenn kein A, B iſt, ſo laͤßt ſich allerdings auch ſagen, daß etliche A nicht B ſind. Ferner kann es auch geſchehen, daß alleB, Aſind. Denn man ſetze nur, A ſey eine Gattung, B eine von ihren Arten, ſo werden die Saͤtze gelten: alle B ſind A, etliche A ſind B, und etliche A ſind nicht B. Die particularver- neinenden Saͤtze ſind demnach unter allen die unbe- ſtimmteſten. Denn
§. 127.
Bey allgemein verneinenden Saͤtzen, keinAiſt B, laͤßt ſich nothwendig folgern, daß auch kein B, A ſey, weil A und B eigene Merkmaale haben, und daher von einander nicht koͤnnen bejaht werden.
§. 128.
Dieſe vier Arten von Saͤtzen ſind von ſehr ver- ſchiedener Erheblichkeit. Der allgemein beja- hende iſt unter allen der beſtimmteſte, weil er nicht nur Eigenſchaften angiebt, die dem Subjecte wirklich zukommen, ſondern es auch allgemein bejaht, folglich den Zweifel von Ausnahmen aufhebt. Jndeſſen bleibt er in einer andern Abſicht unvollſtaͤndig, weil er von allen Eigenſchaften des Subjectes nur eine an- giebt. Man kann daher die allgemein bejahenden Saͤtze als abgekuͤrzte Ausdruͤcke anſehen, und wir thun es, theils aus Bequemlichkeit, theils muͤſſen wir aus Mangel mehrerer Kenntniß dabey bleiben. Wir zeigen naͤmlich nur eine Eigenſchaft des Subjectes an, es ſey, daß wir die uͤbrigen nicht gebrauchen, oder daß wir ſie nicht wiſſen. Dieſes laſſen wir unbeſtimmt. Man kann hieraus den Unterſchied der allgemeinen Saͤtze uͤberhaupt betrachtet, und der Erklaͤrungen ſehen, weil die letztern nothwendig den ganzen Um- fang des Begriffes bezeichnen muͤſſen.
§. 129.
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III. Hauptſtuͤck,
wir es wiſſen. Daher kann erſtlich kein A, B ſeyn.
Denn wenn kein A, B iſt, ſo laͤßt ſich allerdings auch
ſagen, daß etliche A nicht B ſind. Ferner kann es
auch geſchehen, daß alle B, A ſind. Denn man ſetze
nur, A ſey eine Gattung, B eine von ihren Arten, ſo
werden die Saͤtze gelten: alle B ſind A, etliche A ſind
B, und etliche A ſind nicht B. Die particularver-
neinenden Saͤtze ſind demnach unter allen die unbe-
ſtimmteſten. Denn
§. 127.
Bey allgemein verneinenden Saͤtzen, kein A iſt
B, laͤßt ſich nothwendig folgern, daß auch kein B, A
ſey, weil A und B eigene Merkmaale haben, und
daher von einander nicht koͤnnen bejaht werden.
§. 128.
Dieſe vier Arten von Saͤtzen ſind von ſehr ver-
ſchiedener Erheblichkeit. Der allgemein beja-
hende iſt unter allen der beſtimmteſte, weil er nicht
nur Eigenſchaften angiebt, die dem Subjecte wirklich
zukommen, ſondern es auch allgemein bejaht, folglich
den Zweifel von Ausnahmen aufhebt. Jndeſſen
bleibt er in einer andern Abſicht unvollſtaͤndig, weil
er von allen Eigenſchaften des Subjectes nur eine an-
giebt. Man kann daher die allgemein bejahenden
Saͤtze als abgekuͤrzte Ausdruͤcke anſehen, und wir
thun es, theils aus Bequemlichkeit, theils muͤſſen wir
aus Mangel mehrerer Kenntniß dabey bleiben. Wir
zeigen naͤmlich nur eine Eigenſchaft des Subjectes an,
es ſey, daß wir die uͤbrigen nicht gebrauchen, oder
daß wir ſie nicht wiſſen. Dieſes laſſen wir unbeſtimmt.
Man kann hieraus den Unterſchied der allgemeinen
Saͤtze uͤberhaupt betrachtet, und der Erklaͤrungen
ſehen, weil die letztern nothwendig den ganzen Um-
fang des Begriffes bezeichnen muͤſſen.
§. 129.
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/104>, abgerufen am 23.11.2024.
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