Schlußsatz hat. Und so können die besten Sätze, nämlich die allgemein bejahenden (§. 128.) nur durch die erste Figur aus der bloßen Form der Vordersätze gefolgert werden. Dieses will aber nicht sagen, daß die übrigen Sätze ganz unnütz seyn, und folglich die letzten Figuren nie gebraucht werden.
§. 224.
Hierüber können wir überhaupt anmerken, daß, da jede Figur von der andern verschieden ist, jede aber auch dennoch auf Schlüße führt, unsre Schlüße überhaupt von vier Arten seyn, und jede Art ihre Differentiam specificam habe, die sich allerdings noch anders als durch die vier Figuren (§. 197.)
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soll ausdrücken lassen. Es kömmt demnach darauf an, wie man den Unterschied dieser Figuren auf eine an sich verständliche Art ins Deutsche übersetzen könne?
225.
Zu diesem Ende merken wir ferner an, daß dem ersten Erfinder der Schlußreden und ihrer Figuren in der Anordnung der Sätze etwas, das willkührlich bliebe, nach Belieben oder wenigstens nach einer be- liebigen Absicht und Auswahl bestimmt hat. (§. 196.) Er setzte nämlich den Satz unter den andern, dessen eigenes Glied zum Subjecte des Schlußsatzes werden sollte, vermuthlich, um in allen Figuren ein gleiches Gesetz einzuführen. Daran aber binden wir uns im Reden und im schriftlichen Vortrage nicht. Die Mathematiker, die vielleicht am meisten förmliche Schlüße, und am wenigsten Fehlschlüße machen, fangen z. E. in der ersten Figur nicht bey dem Ober- satze an, sondern bey dem Untersatze, weil nicht nur
dieser
IV. Hauptſtuͤck,
Schlußſatz hat. Und ſo koͤnnen die beſten Saͤtze, naͤmlich die allgemein bejahenden (§. 128.) nur durch die erſte Figur aus der bloßen Form der Vorderſaͤtze gefolgert werden. Dieſes will aber nicht ſagen, daß die uͤbrigen Saͤtze ganz unnuͤtz ſeyn, und folglich die letzten Figuren nie gebraucht werden.
§. 224.
Hieruͤber koͤnnen wir uͤberhaupt anmerken, daß, da jede Figur von der andern verſchieden iſt, jede aber auch dennoch auf Schluͤße fuͤhrt, unſre Schluͤße uͤberhaupt von vier Arten ſeyn, und jede Art ihre Differentiam ſpecificam habe, die ſich allerdings noch anders als durch die vier Figuren (§. 197.)
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ſoll ausdruͤcken laſſen. Es koͤmmt demnach darauf an, wie man den Unterſchied dieſer Figuren auf eine an ſich verſtaͤndliche Art ins Deutſche uͤberſetzen koͤnne?
225.
Zu dieſem Ende merken wir ferner an, daß dem erſten Erfinder der Schlußreden und ihrer Figuren in der Anordnung der Saͤtze etwas, das willkuͤhrlich bliebe, nach Belieben oder wenigſtens nach einer be- liebigen Abſicht und Auswahl beſtimmt hat. (§. 196.) Er ſetzte naͤmlich den Satz unter den andern, deſſen eigenes Glied zum Subjecte des Schlußſatzes werden ſollte, vermuthlich, um in allen Figuren ein gleiches Geſetz einzufuͤhren. Daran aber binden wir uns im Reden und im ſchriftlichen Vortrage nicht. Die Mathematiker, die vielleicht am meiſten foͤrmliche Schluͤße, und am wenigſten Fehlſchluͤße machen, fangen z. E. in der erſten Figur nicht bey dem Ober- ſatze an, ſondern bey dem Unterſatze, weil nicht nur
dieſer
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IV. Hauptſtuͤck,
Schlußſatz hat. Und ſo koͤnnen die beſten Saͤtze,
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die erſte Figur aus der bloßen Form der Vorderſaͤtze
gefolgert werden. Dieſes will aber nicht ſagen, daß
die uͤbrigen Saͤtze ganz unnuͤtz ſeyn, und folglich die
letzten Figuren nie gebraucht werden.
§. 224.
Hieruͤber koͤnnen wir uͤberhaupt anmerken, daß,
da jede Figur von der andern verſchieden iſt, jede aber
auch dennoch auf Schluͤße fuͤhrt, unſre Schluͤße
uͤberhaupt von vier Arten ſeyn, und jede Art ihre
Differentiam ſpecificam habe, die ſich allerdings noch
anders als durch die vier Figuren (§. 197.)
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ſoll ausdruͤcken laſſen. Es koͤmmt demnach darauf
an, wie man den Unterſchied dieſer Figuren auf eine
an ſich verſtaͤndliche Art ins Deutſche uͤberſetzen
koͤnne?
225.
Zu dieſem Ende merken wir ferner an, daß dem
erſten Erfinder der Schlußreden und ihrer Figuren in
der Anordnung der Saͤtze etwas, das willkuͤhrlich
bliebe, nach Belieben oder wenigſtens nach einer be-
liebigen Abſicht und Auswahl beſtimmt hat. (§. 196.)
Er ſetzte naͤmlich den Satz unter den andern, deſſen
eigenes Glied zum Subjecte des Schlußſatzes werden
ſollte, vermuthlich, um in allen Figuren ein gleiches
Geſetz einzufuͤhren. Daran aber binden wir uns im
Reden und im ſchriftlichen Vortrage nicht. Die
Mathematiker, die vielleicht am meiſten foͤrmliche
Schluͤße, und am wenigſten Fehlſchluͤße machen,
fangen z. E. in der erſten Figur nicht bey dem Ober-
ſatze an, ſondern bey dem Unterſatze, weil nicht nur
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/158>, abgerufen am 29.11.2024.
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