Weg bahnt, und in so ferne sehr gute Dienste thut. Denn es ist natürlich, daß, was wir von dem Be- griff einer Gattung überhaupt einmal wissen, das- selbe von jeder einzelnen Sache gelte, die unter der Gattung enthalten ist. Man erspart sich dadurch die Mühe, es von jeder besonders zu erweisen, weil sich die allgemeine Erkenntniß davon bey jeder an- wenden läßt.
§. 17.
Endlich lassen sich die Sachen, wovon wir Be- griffe suchen, noch in einer andern Absicht betrachten. Da der Begriff der Arten und Gattungen nur die Merkmaale in sich faßt, die die Sache mit andern gemein hat, so läßt man in diesem Begriff alle eige- ne Merkmaale weg, und stellt sich die gemeinsamen besonders vor. Die Verrichtung des Verstandes, wodurch dies geschieht, nennt man abstrahiren, ab- sondern, abziehen. Man abstrahirt die gemein- samen Merkmaale von den eigenen, damit man jene besonders habe, welche sodann einen abgezogenen, allgemeinen, oder abstracten Begriff ausmachen. Nimmt man die weggelassenen Merkmaale wiederum dazu, so heißt die Verrichtung, wodurch es geschieht, zusammensetzen oder verbinden.
§. 18.
Man sieht hieraus offenbar, daß ein abstra- cter oder allgemeiner Begriff solche Zusetzung leidet. Denn wenigstens lassen sich alle die Merkmaale wie- derum mit demselben verbinden, die man im abstra- hiren weggelassen hat. So viel man davon zusetzt, so viel wird auch der allgemeine Begriff näher be- stimmt, und das Bestimmen selbst geschieht durch solche Zusetzung mehrerer Merkmaale. Dieses geht so weit, bis man, ohne das bereits zugesetzte wieder weg-
zuneh-
von den Begriffen und Erklaͤrungen.
Weg bahnt, und in ſo ferne ſehr gute Dienſte thut. Denn es iſt natuͤrlich, daß, was wir von dem Be- griff einer Gattung uͤberhaupt einmal wiſſen, daſ- ſelbe von jeder einzelnen Sache gelte, die unter der Gattung enthalten iſt. Man erſpart ſich dadurch die Muͤhe, es von jeder beſonders zu erweiſen, weil ſich die allgemeine Erkenntniß davon bey jeder an- wenden laͤßt.
§. 17.
Endlich laſſen ſich die Sachen, wovon wir Be- griffe ſuchen, noch in einer andern Abſicht betrachten. Da der Begriff der Arten und Gattungen nur die Merkmaale in ſich faßt, die die Sache mit andern gemein hat, ſo laͤßt man in dieſem Begriff alle eige- ne Merkmaale weg, und ſtellt ſich die gemeinſamen beſonders vor. Die Verrichtung des Verſtandes, wodurch dies geſchieht, nennt man abſtrahiren, ab- ſondern, abziehen. Man abſtrahirt die gemein- ſamen Merkmaale von den eigenen, damit man jene beſonders habe, welche ſodann einen abgezogenen, allgemeinen, oder abſtracten Begriff ausmachen. Nimmt man die weggelaſſenen Merkmaale wiederum dazu, ſo heißt die Verrichtung, wodurch es geſchieht, zuſammenſetzen oder verbinden.
§. 18.
Man ſieht hieraus offenbar, daß ein abſtra- cter oder allgemeiner Begriff ſolche Zuſetzung leidet. Denn wenigſtens laſſen ſich alle die Merkmaale wie- derum mit demſelben verbinden, die man im abſtra- hiren weggelaſſen hat. So viel man davon zuſetzt, ſo viel wird auch der allgemeine Begriff naͤher be- ſtimmt, und das Beſtimmen ſelbſt geſchieht durch ſolche Zuſetzung mehrerer Merkmaale. Dieſes geht ſo weit, bis man, ohne das bereits zugeſetzte wieder weg-
zuneh-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0033"n="11"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Begriffen und Erklaͤrungen.</hi></fw><lb/>
Weg bahnt, und in ſo ferne ſehr gute Dienſte thut.<lb/>
Denn es iſt natuͤrlich, daß, was wir von dem Be-<lb/>
griff einer Gattung uͤberhaupt einmal wiſſen, daſ-<lb/>ſelbe von jeder einzelnen Sache gelte, die unter der<lb/>
Gattung enthalten iſt. Man erſpart ſich dadurch<lb/>
die Muͤhe, es von jeder beſonders zu erweiſen, weil<lb/>ſich die allgemeine Erkenntniß davon bey jeder an-<lb/>
wenden laͤßt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 17.</head><lb/><p>Endlich laſſen ſich die Sachen, wovon wir Be-<lb/>
griffe ſuchen, noch in einer andern Abſicht betrachten.<lb/>
Da der Begriff der Arten und Gattungen nur die<lb/>
Merkmaale in ſich faßt, die die Sache mit andern<lb/>
gemein hat, ſo laͤßt man in dieſem Begriff alle eige-<lb/>
ne Merkmaale weg, und ſtellt ſich die gemeinſamen<lb/>
beſonders vor. Die Verrichtung des Verſtandes,<lb/>
wodurch dies geſchieht, nennt man <hirendition="#fr">abſtrahiren, ab-<lb/>ſondern, abziehen.</hi> Man abſtrahirt die gemein-<lb/>ſamen Merkmaale von den eigenen, damit man jene<lb/>
beſonders habe, welche ſodann einen <hirendition="#fr">abgezogenen,<lb/>
allgemeinen,</hi> oder <hirendition="#fr">abſtracten Begriff</hi> ausmachen.<lb/>
Nimmt man die weggelaſſenen Merkmaale wiederum<lb/>
dazu, ſo heißt die Verrichtung, wodurch es geſchieht,<lb/><hirendition="#fr">zuſammenſetzen</hi> oder <hirendition="#fr">verbinden.</hi></p></div><lb/><divn="3"><head>§. 18.</head><lb/><p>Man ſieht hieraus offenbar, daß ein <hirendition="#fr">abſtra-<lb/>
cter</hi> oder allgemeiner Begriff ſolche Zuſetzung leidet.<lb/>
Denn wenigſtens laſſen ſich alle die Merkmaale wie-<lb/>
derum mit demſelben verbinden, die man im abſtra-<lb/>
hiren weggelaſſen hat. So viel man davon zuſetzt,<lb/>ſo viel wird auch der allgemeine Begriff naͤher <hirendition="#fr">be-<lb/>ſtimmt,</hi> und das <hirendition="#fr">Beſtimmen</hi>ſelbſt geſchieht durch<lb/>ſolche Zuſetzung mehrerer Merkmaale. Dieſes geht ſo<lb/>
weit, bis man, ohne das bereits zugeſetzte wieder weg-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zuneh-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[11/0033]
von den Begriffen und Erklaͤrungen.
Weg bahnt, und in ſo ferne ſehr gute Dienſte thut.
Denn es iſt natuͤrlich, daß, was wir von dem Be-
griff einer Gattung uͤberhaupt einmal wiſſen, daſ-
ſelbe von jeder einzelnen Sache gelte, die unter der
Gattung enthalten iſt. Man erſpart ſich dadurch
die Muͤhe, es von jeder beſonders zu erweiſen, weil
ſich die allgemeine Erkenntniß davon bey jeder an-
wenden laͤßt.
§. 17.
Endlich laſſen ſich die Sachen, wovon wir Be-
griffe ſuchen, noch in einer andern Abſicht betrachten.
Da der Begriff der Arten und Gattungen nur die
Merkmaale in ſich faßt, die die Sache mit andern
gemein hat, ſo laͤßt man in dieſem Begriff alle eige-
ne Merkmaale weg, und ſtellt ſich die gemeinſamen
beſonders vor. Die Verrichtung des Verſtandes,
wodurch dies geſchieht, nennt man abſtrahiren, ab-
ſondern, abziehen. Man abſtrahirt die gemein-
ſamen Merkmaale von den eigenen, damit man jene
beſonders habe, welche ſodann einen abgezogenen,
allgemeinen, oder abſtracten Begriff ausmachen.
Nimmt man die weggelaſſenen Merkmaale wiederum
dazu, ſo heißt die Verrichtung, wodurch es geſchieht,
zuſammenſetzen oder verbinden.
§. 18.
Man ſieht hieraus offenbar, daß ein abſtra-
cter oder allgemeiner Begriff ſolche Zuſetzung leidet.
Denn wenigſtens laſſen ſich alle die Merkmaale wie-
derum mit demſelben verbinden, die man im abſtra-
hiren weggelaſſen hat. So viel man davon zuſetzt,
ſo viel wird auch der allgemeine Begriff naͤher be-
ſtimmt, und das Beſtimmen ſelbſt geſchieht durch
ſolche Zuſetzung mehrerer Merkmaale. Dieſes geht ſo
weit, bis man, ohne das bereits zugeſetzte wieder weg-
zuneh-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/33>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.