Hat man aber einen Erfahrungssatz allgemein gemacht, so ist es nicht nur, daß man ihn etwann als einen Vordersatz in Schlußreden gebrauchen, und vermittelst desselben andre Erfahrungen vorausbe- stimmen könne; sondern es ist an sich auch möglich, daß er sich selbst hätte vorausbestimmen lassen. Die besondre analytische Methode hiezu haben wir bereits oben (§. 404--422.) angezeigt, und ihre Bedin- gungen angegeben. So weit man damit reichen mag, so weit gelangt man auch zu einer allgemeinern und ausgebreitetern Theorie, und rückt dadurch die wissen- schaftliche Erkenntniß höher hinauf. Auf diese Art hat Newton die beyden Keplerschen Gesetze, (§. 611.) ingleichem Richers Erfahrung von dem Pendul bey dem Aequator (§. 562.) mit den allgemeinen mecha- nischen Grundsätzen und allgemeinern Erfahrungssä- tzen in Zusammenhang gebracht.
§. 617.
Die genauere Betrachtung der Fragmente, so uns die historische Erkenntniß darbeut, und welche wir in eine wissenschaftliche Erkenntniß verwandeln wollen, (§. 611.) zieht als eine an sich auch noth- wendige Folge nach sich, daß wir das, so in die- sen Fragmenten noch etwann verwirrt ist, sorgfältig auseinander lesen, und diese Sorgfalt wird in den meisten Fällen nothwendig. Denn da die gemeine Erkenntniß die Dinge nimmt, wie sie in die Sinne fallen, (§. 600.) so ist vor sich klar, daß sie dunkle, klare, confuse, verwirrte und deutliche Be- griffe ohne weitern Unterschied annimmt, (§. 8. 9.) folglich die Theile der Sache, ihre verschiedene Arten und die Vieldeutigkeit der Wörter nicht weiter unter- scheidet, als in so fern die Theile fast nothwendig in
die
von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
§. 616.
Hat man aber einen Erfahrungsſatz allgemein gemacht, ſo iſt es nicht nur, daß man ihn etwann als einen Vorderſatz in Schlußreden gebrauchen, und vermittelſt deſſelben andre Erfahrungen vorausbe- ſtimmen koͤnne; ſondern es iſt an ſich auch moͤglich, daß er ſich ſelbſt haͤtte vorausbeſtimmen laſſen. Die beſondre analytiſche Methode hiezu haben wir bereits oben (§. 404—422.) angezeigt, und ihre Bedin- gungen angegeben. So weit man damit reichen mag, ſo weit gelangt man auch zu einer allgemeinern und ausgebreitetern Theorie, und ruͤckt dadurch die wiſſen- ſchaftliche Erkenntniß hoͤher hinauf. Auf dieſe Art hat Newton die beyden Keplerſchen Geſetze, (§. 611.) ingleichem Richers Erfahrung von dem Pendul bey dem Aequator (§. 562.) mit den allgemeinen mecha- niſchen Grundſaͤtzen und allgemeinern Erfahrungsſaͤ- tzen in Zuſammenhang gebracht.
§. 617.
Die genauere Betrachtung der Fragmente, ſo uns die hiſtoriſche Erkenntniß darbeut, und welche wir in eine wiſſenſchaftliche Erkenntniß verwandeln wollen, (§. 611.) zieht als eine an ſich auch noth- wendige Folge nach ſich, daß wir das, ſo in die- ſen Fragmenten noch etwann verwirrt iſt, ſorgfaͤltig auseinander leſen, und dieſe Sorgfalt wird in den meiſten Faͤllen nothwendig. Denn da die gemeine Erkenntniß die Dinge nimmt, wie ſie in die Sinne fallen, (§. 600.) ſo iſt vor ſich klar, daß ſie dunkle, klare, confuſe, verwirrte und deutliche Be- griffe ohne weitern Unterſchied annimmt, (§. 8. 9.) folglich die Theile der Sache, ihre verſchiedene Arten und die Vieldeutigkeit der Woͤrter nicht weiter unter- ſcheidet, als in ſo fern die Theile faſt nothwendig in
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von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
§. 616.
Hat man aber einen Erfahrungsſatz allgemein
gemacht, ſo iſt es nicht nur, daß man ihn etwann als
einen Vorderſatz in Schlußreden gebrauchen, und
vermittelſt deſſelben andre Erfahrungen vorausbe-
ſtimmen koͤnne; ſondern es iſt an ſich auch moͤglich,
daß er ſich ſelbſt haͤtte vorausbeſtimmen laſſen. Die
beſondre analytiſche Methode hiezu haben wir bereits
oben (§. 404—422.) angezeigt, und ihre Bedin-
gungen angegeben. So weit man damit reichen mag,
ſo weit gelangt man auch zu einer allgemeinern und
ausgebreitetern Theorie, und ruͤckt dadurch die wiſſen-
ſchaftliche Erkenntniß hoͤher hinauf. Auf dieſe Art
hat Newton die beyden Keplerſchen Geſetze, (§. 611.)
ingleichem Richers Erfahrung von dem Pendul bey
dem Aequator (§. 562.) mit den allgemeinen mecha-
niſchen Grundſaͤtzen und allgemeinern Erfahrungsſaͤ-
tzen in Zuſammenhang gebracht.
§. 617.
Die genauere Betrachtung der Fragmente, ſo
uns die hiſtoriſche Erkenntniß darbeut, und welche
wir in eine wiſſenſchaftliche Erkenntniß verwandeln
wollen, (§. 611.) zieht als eine an ſich auch noth-
wendige Folge nach ſich, daß wir das, ſo in die-
ſen Fragmenten noch etwann verwirrt iſt,
ſorgfaͤltig auseinander leſen, und dieſe Sorgfalt
wird in den meiſten Faͤllen nothwendig. Denn da
die gemeine Erkenntniß die Dinge nimmt, wie ſie in
die Sinne fallen, (§. 600.) ſo iſt vor ſich klar, daß
ſie dunkle, klare, confuſe, verwirrte und deutliche Be-
griffe ohne weitern Unterſchied annimmt, (§. 8. 9.)
folglich die Theile der Sache, ihre verſchiedene Arten
und die Vieldeutigkeit der Woͤrter nicht weiter unter-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/419>, abgerufen am 24.11.2024.
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