Empfindung zu Paaren geht. Demnach kann auch die Aletheiologie unter die Wissenschaften gerechnet werden, die im strengsten Verstande a priori sind. Sie geht nothwendig allen andern Wissenschaften vor. Denn diese sind gleichsam nur besondre An- wendungen derselben.
§. 664.
Sodann läßt sich auch die Theorie des Mögli- chen und Nothwendigen unter die Wissenschaften a priori rechnen, jedoch in sofern wir in diesen Be- griffen das, was das Eristirende oder Wirkliche besonders angehen kann, nicht mitnehmen. Denn es ist an sich klar, daß wir hier die Wissenschaften in Absicht auf uns betrachten, und daher die Untersu- chung dahin richten, daß wir sehen, wiefern wir zu einer Erkenntniß a priori gelangen können. Und in so fern ist diese Untersuchung für uns erheblich, weil es ein Vorzug der wissenschaftlichen Erkenntniß ist, wenn sie von der Erfahrung immer mehr unabhän- gig gemacht werden kann. (§. 604.)
§. 665.
Wir werden nun diese Untersuchung hier nicht weiter fortsetzen. Denn wenn man wenigstens einige Wissenschaften a priori hat, so geben diese schon eine gute Menge Begriffe und Sätze, besonders aber viel allgemeine Verhältnißbegriffe an, wodurch zu Ent- wicklung und Aufdeckung mehrerer einfacher Be- griffe der Weg gebahnt wird. Mit mehrern einfa- chen Begriffen aber läßt sich auch noch weiter a priori gehen.
§. 666.
Dieses ist nun eben, was wir noch genauer zu betrachten haben. Wir werden daher nun einen Be- griff vornehmen, dessen Umfang bestimmt worden.
Es
von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
Empfindung zu Paaren geht. Demnach kann auch die Aletheiologie unter die Wiſſenſchaften gerechnet werden, die im ſtrengſten Verſtande a priori ſind. Sie geht nothwendig allen andern Wiſſenſchaften vor. Denn dieſe ſind gleichſam nur beſondre An- wendungen derſelben.
§. 664.
Sodann laͤßt ſich auch die Theorie des Moͤgli- chen und Nothwendigen unter die Wiſſenſchaften a priori rechnen, jedoch in ſofern wir in dieſen Be- griffen das, was das Eriſtirende oder Wirkliche beſonders angehen kann, nicht mitnehmen. Denn es iſt an ſich klar, daß wir hier die Wiſſenſchaften in Abſicht auf uns betrachten, und daher die Unterſu- chung dahin richten, daß wir ſehen, wiefern wir zu einer Erkenntniß a priori gelangen koͤnnen. Und in ſo fern iſt dieſe Unterſuchung fuͤr uns erheblich, weil es ein Vorzug der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß iſt, wenn ſie von der Erfahrung immer mehr unabhaͤn- gig gemacht werden kann. (§. 604.)
§. 665.
Wir werden nun dieſe Unterſuchung hier nicht weiter fortſetzen. Denn wenn man wenigſtens einige Wiſſenſchaften a priori hat, ſo geben dieſe ſchon eine gute Menge Begriffe und Saͤtze, beſonders aber viel allgemeine Verhaͤltnißbegriffe an, wodurch zu Ent- wicklung und Aufdeckung mehrerer einfacher Be- griffe der Weg gebahnt wird. Mit mehrern einfa- chen Begriffen aber laͤßt ſich auch noch weiter a priori gehen.
§. 666.
Dieſes iſt nun eben, was wir noch genauer zu betrachten haben. Wir werden daher nun einen Be- griff vornehmen, deſſen Umfang beſtimmt worden.
Es
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von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
Empfindung zu Paaren geht. Demnach kann auch
die Aletheiologie unter die Wiſſenſchaften gerechnet
werden, die im ſtrengſten Verſtande a priori ſind.
Sie geht nothwendig allen andern Wiſſenſchaften
vor. Denn dieſe ſind gleichſam nur beſondre An-
wendungen derſelben.
§. 664.
Sodann laͤßt ſich auch die Theorie des Moͤgli-
chen und Nothwendigen unter die Wiſſenſchaften
a priori rechnen, jedoch in ſofern wir in dieſen Be-
griffen das, was das Eriſtirende oder Wirkliche
beſonders angehen kann, nicht mitnehmen. Denn
es iſt an ſich klar, daß wir hier die Wiſſenſchaften in
Abſicht auf uns betrachten, und daher die Unterſu-
chung dahin richten, daß wir ſehen, wiefern wir zu
einer Erkenntniß a priori gelangen koͤnnen. Und in
ſo fern iſt dieſe Unterſuchung fuͤr uns erheblich, weil
es ein Vorzug der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß iſt,
wenn ſie von der Erfahrung immer mehr unabhaͤn-
gig gemacht werden kann. (§. 604.)
§. 665.
Wir werden nun dieſe Unterſuchung hier nicht
weiter fortſetzen. Denn wenn man wenigſtens einige
Wiſſenſchaften a priori hat, ſo geben dieſe ſchon eine
gute Menge Begriffe und Saͤtze, beſonders aber viel
allgemeine Verhaͤltnißbegriffe an, wodurch zu Ent-
wicklung und Aufdeckung mehrerer einfacher Be-
griffe der Weg gebahnt wird. Mit mehrern einfa-
chen Begriffen aber laͤßt ſich auch noch weiter a priori
gehen.
§. 666.
Dieſes iſt nun eben, was wir noch genauer zu
betrachten haben. Wir werden daher nun einen Be-
griff vornehmen, deſſen Umfang beſtimmt worden.
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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