Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

so die einfachen Begriffe angeben.
daß allem Ansehen nach diese Dichtigkeit bey den Ma-
terien veränderlich seyn könnte. Nämlich die Ma-
terie könnte einen größern oder kleinern Raum aus-
füllen, ohne von ihrer Continuität im geringsten
nichts zu verlieren. Es scheint aber, die innere Na-
tur der Materie sey nicht genug bekannt, diese Fra-
gen so unmittelbar zu erörtern.

§. 97.

Den Begriff der bewegenden Kraft haben wir
ebenfalls durch das Gefühl, und damit zugleich auch
den Begriff des Widerstandes, den wir fühlen,
wenn wir einen Körper ziehen, stoßen oder überhaupt
in Bewegung setzen wollen.

§. 98.

Die Gesetze, die wir für die Bewegung anneh-
men, sind: Ein Körper ist natürlicher Weise
in Ruhe, und setzt sich nicht selbst in Bewe-
gung. Wird er aber im freyen Raume in
Bewegung gesetzt, so läuft er mit gleicher Ge-
schwindigkeit und in gleicher Direction fort.

Das will nun überhaupt sagen: Was an der Ru-
he, Bewegung, Direction und Geschwindig-
keit eines Körpers geändert wird, kommt nicht
von dem Körper selbst, sondern muß ihm durch
eine äußere Kraft mitgetheilt werden.
Dem-
nach hat Ruhe, Bewegung, Direction und Ge-
schwindigkeit für sich eine Dauer. Diese Nothwen-
digkeit der Mittheilung der Bewegung macht, daß man
dem Körper eine natürliche Trägheit oder Vim
inertiae
beylegt.

§. 99.

Wir können diesen Gesetzen noch beyfügen,
daß man bey der Bewegung nicht den Kör-
per überhaupt, sondern eigentlich das, was

an

ſo die einfachen Begriffe angeben.
daß allem Anſehen nach dieſe Dichtigkeit bey den Ma-
terien veraͤnderlich ſeyn koͤnnte. Naͤmlich die Ma-
terie koͤnnte einen groͤßern oder kleinern Raum aus-
fuͤllen, ohne von ihrer Continuitaͤt im geringſten
nichts zu verlieren. Es ſcheint aber, die innere Na-
tur der Materie ſey nicht genug bekannt, dieſe Fra-
gen ſo unmittelbar zu eroͤrtern.

§. 97.

Den Begriff der bewegenden Kraft haben wir
ebenfalls durch das Gefuͤhl, und damit zugleich auch
den Begriff des Widerſtandes, den wir fuͤhlen,
wenn wir einen Koͤrper ziehen, ſtoßen oder uͤberhaupt
in Bewegung ſetzen wollen.

§. 98.

Die Geſetze, die wir fuͤr die Bewegung anneh-
men, ſind: Ein Koͤrper iſt natuͤrlicher Weiſe
in Ruhe, und ſetzt ſich nicht ſelbſt in Bewe-
gung. Wird er aber im freyen Raume in
Bewegung geſetzt, ſo laͤuft er mit gleicher Ge-
ſchwindigkeit und in gleicher Direction fort.

Das will nun uͤberhaupt ſagen: Was an der Ru-
he, Bewegung, Direction und Geſchwindig-
keit eines Koͤrpers geaͤndert wird, kommt nicht
von dem Koͤrper ſelbſt, ſondern muß ihm durch
eine aͤußere Kraft mitgetheilt werden.
Dem-
nach hat Ruhe, Bewegung, Direction und Ge-
ſchwindigkeit fuͤr ſich eine Dauer. Dieſe Nothwen-
digkeit der Mittheilung der Bewegung macht, daß man
dem Koͤrper eine natuͤrliche Traͤgheit oder Vim
inertiae
beylegt.

§. 99.

Wir koͤnnen dieſen Geſetzen noch beyfuͤgen,
daß man bey der Bewegung nicht den Koͤr-
per uͤberhaupt, ſondern eigentlich das, was

an
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0529" n="507"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x017F;o die einfachen Begriffe angeben.</hi></fw><lb/>
daß allem An&#x017F;ehen nach die&#x017F;e Dichtigkeit bey den Ma-<lb/>
terien vera&#x0364;nderlich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Na&#x0364;mlich die Ma-<lb/>
terie ko&#x0364;nnte einen gro&#x0364;ßern oder kleinern Raum aus-<lb/>
fu&#x0364;llen, ohne von ihrer Continuita&#x0364;t im gering&#x017F;ten<lb/>
nichts zu verlieren. Es &#x017F;cheint aber, die innere Na-<lb/>
tur der Materie &#x017F;ey nicht genug bekannt, die&#x017F;e Fra-<lb/>
gen &#x017F;o unmittelbar zu ero&#x0364;rtern.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 97.</head><lb/>
            <p>Den Begriff der <hi rendition="#fr">bewegenden Kraft</hi> haben wir<lb/>
ebenfalls durch das Gefu&#x0364;hl, und damit zugleich auch<lb/>
den Begriff des <hi rendition="#fr">Wider&#x017F;tandes,</hi> den wir fu&#x0364;hlen,<lb/>
wenn wir einen Ko&#x0364;rper ziehen, &#x017F;toßen oder u&#x0364;berhaupt<lb/>
in Bewegung &#x017F;etzen wollen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 98.</head><lb/>
            <p>Die Ge&#x017F;etze, die wir fu&#x0364;r die Bewegung anneh-<lb/>
men, &#x017F;ind: <hi rendition="#fr">Ein Ko&#x0364;rper i&#x017F;t natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e<lb/>
in Ruhe, und &#x017F;etzt &#x017F;ich nicht &#x017F;elb&#x017F;t in Bewe-<lb/>
gung. Wird er aber im freyen Raume in<lb/>
Bewegung ge&#x017F;etzt, &#x017F;o la&#x0364;uft er mit gleicher Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit und in gleicher Direction fort.</hi><lb/>
Das will nun u&#x0364;berhaupt &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Was an der Ru-<lb/>
he, Bewegung, Direction und Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit eines Ko&#x0364;rpers gea&#x0364;ndert wird, kommt nicht<lb/>
von dem Ko&#x0364;rper &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern muß ihm durch<lb/>
eine a&#x0364;ußere Kraft mitgetheilt werden.</hi> Dem-<lb/>
nach hat Ruhe, Bewegung, Direction und Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit fu&#x0364;r &#x017F;ich eine <hi rendition="#fr">Dauer.</hi> Die&#x017F;e Nothwen-<lb/>
digkeit der Mittheilung der Bewegung macht, daß man<lb/>
dem Ko&#x0364;rper eine <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rliche Tra&#x0364;gheit</hi> oder <hi rendition="#aq">Vim<lb/>
inertiae</hi> beylegt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 99.</head><lb/>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen die&#x017F;en Ge&#x017F;etzen noch beyfu&#x0364;gen,<lb/><hi rendition="#fr">daß man bey der Bewegung nicht den Ko&#x0364;r-<lb/>
per u&#x0364;berhaupt, &#x017F;ondern eigentlich das, was</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">an</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0529] ſo die einfachen Begriffe angeben. daß allem Anſehen nach dieſe Dichtigkeit bey den Ma- terien veraͤnderlich ſeyn koͤnnte. Naͤmlich die Ma- terie koͤnnte einen groͤßern oder kleinern Raum aus- fuͤllen, ohne von ihrer Continuitaͤt im geringſten nichts zu verlieren. Es ſcheint aber, die innere Na- tur der Materie ſey nicht genug bekannt, dieſe Fra- gen ſo unmittelbar zu eroͤrtern. §. 97. Den Begriff der bewegenden Kraft haben wir ebenfalls durch das Gefuͤhl, und damit zugleich auch den Begriff des Widerſtandes, den wir fuͤhlen, wenn wir einen Koͤrper ziehen, ſtoßen oder uͤberhaupt in Bewegung ſetzen wollen. §. 98. Die Geſetze, die wir fuͤr die Bewegung anneh- men, ſind: Ein Koͤrper iſt natuͤrlicher Weiſe in Ruhe, und ſetzt ſich nicht ſelbſt in Bewe- gung. Wird er aber im freyen Raume in Bewegung geſetzt, ſo laͤuft er mit gleicher Ge- ſchwindigkeit und in gleicher Direction fort. Das will nun uͤberhaupt ſagen: Was an der Ru- he, Bewegung, Direction und Geſchwindig- keit eines Koͤrpers geaͤndert wird, kommt nicht von dem Koͤrper ſelbſt, ſondern muß ihm durch eine aͤußere Kraft mitgetheilt werden. Dem- nach hat Ruhe, Bewegung, Direction und Ge- ſchwindigkeit fuͤr ſich eine Dauer. Dieſe Nothwen- digkeit der Mittheilung der Bewegung macht, daß man dem Koͤrper eine natuͤrliche Traͤgheit oder Vim inertiae beylegt. §. 99. Wir koͤnnen dieſen Geſetzen noch beyfuͤgen, daß man bey der Bewegung nicht den Koͤr- per uͤberhaupt, ſondern eigentlich das, was an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/529
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/529>, abgerufen am 25.11.2024.