Welt, so ist diese Erklärung ein Verhältnißbegriff, und man wird daraus unzählige Eigenschaften und Vollkommenheiten Gottes herleiten können. Finden sich aber in dem göttlichen Wesen Merkmaale, die sich weder dem Grade noch der Art nach endlichen Din- gen und Geschöpfen mittheilen lassen, so bleibt diese Erklärung in so ferne unvollständig.
§. 62.
Da es eben nicht so leicht ist, solche vollständige Verhältnisse zu finden, so ist es ebenfalls bereits ge- wöhnlich, die Verhältnisse so wie man sie findet, an- zunehmen, und die Dinge, welchen sie zukommen, in den Begriff einer Art oder Gattung zusammen zu nehmen. Dadurch wird die Sache so umgekehrt, daß man aus dem Verhältniß den Hauptbegriff macht. Z. E Man nennt ein Hygrometer ein Jnstrument, wodurch man die Feuchtigkeit der Luft und ihre Grade erkennen kann. Diese Erklärung ist ein Verhältniß- begriff, aber die Beschaffenheit der Hygrometer bleibt dadurch in so ferne unbestimmt, als man sie auf mehrere Arten und aus sehr verschiedenen Ma- terien haben kann. Weil überhaupt jede Materien, welche durch die Feuchtigkeit ihr Gewicht, Größe, Figur, Lage, Zusammensetzung etc. ändern, mehr oder minder dazu dienen. Auf diese Art verfährt man jedes mal, so oft die Mittel durch die Absicht earacterisirt werden. Man nimmt alle Arten, so es dabey giebt, unter einem allgemeinen Begriff zusam- men, welcher überhaupt die Absicht anzeigt, wozu die Mittel dienen oder dienen sollen.
§. 63.
Wenn in einer Erklärung die Verhältnisse so an- gegeben werden, daß die Entstehungsart der Sache dadurch bestimmt wird, so heißt sie eine Sacher-
klä-
I. Hauptſtuͤck,
Welt, ſo iſt dieſe Erklaͤrung ein Verhaͤltnißbegriff, und man wird daraus unzaͤhlige Eigenſchaften und Vollkommenheiten Gottes herleiten koͤnnen. Finden ſich aber in dem goͤttlichen Weſen Merkmaale, die ſich weder dem Grade noch der Art nach endlichen Din- gen und Geſchoͤpfen mittheilen laſſen, ſo bleibt dieſe Erklaͤrung in ſo ferne unvollſtaͤndig.
§. 62.
Da es eben nicht ſo leicht iſt, ſolche vollſtaͤndige Verhaͤltniſſe zu finden, ſo iſt es ebenfalls bereits ge- woͤhnlich, die Verhaͤltniſſe ſo wie man ſie findet, an- zunehmen, und die Dinge, welchen ſie zukommen, in den Begriff einer Art oder Gattung zuſammen zu nehmen. Dadurch wird die Sache ſo umgekehrt, daß man aus dem Verhaͤltniß den Hauptbegriff macht. Z. E Man nennt ein Hygrometer ein Jnſtrument, wodurch man die Feuchtigkeit der Luft und ihre Grade erkennen kann. Dieſe Erklaͤrung iſt ein Verhaͤltniß- begriff, aber die Beſchaffenheit der Hygrometer bleibt dadurch in ſo ferne unbeſtimmt, als man ſie auf mehrere Arten und aus ſehr verſchiedenen Ma- terien haben kann. Weil uͤberhaupt jede Materien, welche durch die Feuchtigkeit ihr Gewicht, Groͤße, Figur, Lage, Zuſammenſetzung ꝛc. aͤndern, mehr oder minder dazu dienen. Auf dieſe Art verfaͤhrt man jedes mal, ſo oft die Mittel durch die Abſicht earacteriſirt werden. Man nimmt alle Arten, ſo es dabey giebt, unter einem allgemeinen Begriff zuſam- men, welcher uͤberhaupt die Abſicht anzeigt, wozu die Mittel dienen oder dienen ſollen.
§. 63.
Wenn in einer Erklaͤrung die Verhaͤltniſſe ſo an- gegeben werden, daß die Entſtehungsart der Sache dadurch beſtimmt wird, ſo heißt ſie eine Sacher-
klaͤ-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0062"n="40"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/>
Welt, ſo iſt dieſe Erklaͤrung ein Verhaͤltnißbegriff,<lb/>
und man wird daraus unzaͤhlige Eigenſchaften und<lb/>
Vollkommenheiten Gottes herleiten koͤnnen. Finden<lb/>ſich aber in dem goͤttlichen Weſen Merkmaale, die ſich<lb/>
weder dem Grade noch der Art nach endlichen Din-<lb/>
gen und Geſchoͤpfen mittheilen laſſen, ſo bleibt dieſe<lb/>
Erklaͤrung in ſo ferne unvollſtaͤndig.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 62.</head><lb/><p>Da es eben nicht ſo leicht iſt, ſolche vollſtaͤndige<lb/>
Verhaͤltniſſe zu finden, ſo iſt es ebenfalls bereits ge-<lb/>
woͤhnlich, die Verhaͤltniſſe ſo wie man ſie findet, an-<lb/>
zunehmen, und die Dinge, welchen ſie zukommen, in<lb/>
den Begriff einer Art oder Gattung zuſammen zu<lb/>
nehmen. Dadurch wird die Sache ſo umgekehrt,<lb/>
daß man aus dem Verhaͤltniß den Hauptbegriff macht.<lb/>
Z. E Man nennt ein Hygrometer ein Jnſtrument,<lb/>
wodurch man die Feuchtigkeit der Luft und ihre Grade<lb/>
erkennen kann. Dieſe Erklaͤrung iſt ein Verhaͤltniß-<lb/>
begriff, aber die Beſchaffenheit der Hygrometer<lb/>
bleibt dadurch in ſo ferne unbeſtimmt, als man ſie<lb/>
auf mehrere Arten und aus ſehr verſchiedenen Ma-<lb/>
terien haben kann. Weil uͤberhaupt jede Materien,<lb/>
welche durch die Feuchtigkeit ihr Gewicht, Groͤße,<lb/>
Figur, Lage, Zuſammenſetzung ꝛc. aͤndern, mehr<lb/>
oder minder dazu dienen. Auf dieſe Art verfaͤhrt<lb/>
man jedes mal, ſo oft die Mittel durch die Abſicht<lb/>
earacteriſirt werden. Man nimmt alle Arten, ſo es<lb/>
dabey giebt, unter einem allgemeinen Begriff zuſam-<lb/>
men, welcher uͤberhaupt die Abſicht anzeigt, wozu die<lb/>
Mittel dienen oder dienen ſollen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 63.</head><lb/><p>Wenn in einer Erklaͤrung die Verhaͤltniſſe ſo an-<lb/>
gegeben werden, daß die Entſtehungsart der Sache<lb/>
dadurch beſtimmt wird, ſo heißt ſie eine <hirendition="#fr">Sacher-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">klaͤ-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[40/0062]
I. Hauptſtuͤck,
Welt, ſo iſt dieſe Erklaͤrung ein Verhaͤltnißbegriff,
und man wird daraus unzaͤhlige Eigenſchaften und
Vollkommenheiten Gottes herleiten koͤnnen. Finden
ſich aber in dem goͤttlichen Weſen Merkmaale, die ſich
weder dem Grade noch der Art nach endlichen Din-
gen und Geſchoͤpfen mittheilen laſſen, ſo bleibt dieſe
Erklaͤrung in ſo ferne unvollſtaͤndig.
§. 62.
Da es eben nicht ſo leicht iſt, ſolche vollſtaͤndige
Verhaͤltniſſe zu finden, ſo iſt es ebenfalls bereits ge-
woͤhnlich, die Verhaͤltniſſe ſo wie man ſie findet, an-
zunehmen, und die Dinge, welchen ſie zukommen, in
den Begriff einer Art oder Gattung zuſammen zu
nehmen. Dadurch wird die Sache ſo umgekehrt,
daß man aus dem Verhaͤltniß den Hauptbegriff macht.
Z. E Man nennt ein Hygrometer ein Jnſtrument,
wodurch man die Feuchtigkeit der Luft und ihre Grade
erkennen kann. Dieſe Erklaͤrung iſt ein Verhaͤltniß-
begriff, aber die Beſchaffenheit der Hygrometer
bleibt dadurch in ſo ferne unbeſtimmt, als man ſie
auf mehrere Arten und aus ſehr verſchiedenen Ma-
terien haben kann. Weil uͤberhaupt jede Materien,
welche durch die Feuchtigkeit ihr Gewicht, Groͤße,
Figur, Lage, Zuſammenſetzung ꝛc. aͤndern, mehr
oder minder dazu dienen. Auf dieſe Art verfaͤhrt
man jedes mal, ſo oft die Mittel durch die Abſicht
earacteriſirt werden. Man nimmt alle Arten, ſo es
dabey giebt, unter einem allgemeinen Begriff zuſam-
men, welcher uͤberhaupt die Abſicht anzeigt, wozu die
Mittel dienen oder dienen ſollen.
§. 63.
Wenn in einer Erklaͤrung die Verhaͤltniſſe ſo an-
gegeben werden, daß die Entſtehungsart der Sache
dadurch beſtimmt wird, ſo heißt ſie eine Sacher-
klaͤ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/62>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.