Der erste dieser Wege ist demjenigen, wo man durchs Abstrahiren Begriffe findet, ganz ähnlich. Denn bey dem Abstrahiren bemerkt man schlechthin, was allgemeines in der Sache ist, und faßt es in ei- nen Begriff zusammen. Hier aber ist statt des Be- merkens ein Beweis. Denn die Merkmaale, die man in einer Sache findet, sind immer darinn bey- sammen, es sey, daß man sie schlechthin darinn be- merke, oder daß man sie durch einen Beweis heraus- bringen müsse. Der Unterschied besteht nur darinn, daß man durch Beweise auch solche Merkmaale her- ausbringen kann, die sich schwerlich oder gar nicht würden bemerken lassen, weil sie nicht unter die Sin- nen fallen. So z. E. hat man nicht gesehen oder empfunden, daß die Luft durch ihre Schwere das Quecksilber im Barometer in der Höhe erhalte. Der Begriff eines Barometers ist demnach durch Schlüsse herausgebracht worden, ungeachtet der erste Anlaß ei- ne Erfahrung war.
§. 72.
Das Verfahren bey Erfindung zusammengesetz- ter Begriffe durch Schlüße kömmt demnach darauf an. Wenn man nämlich von einer Sache viele Ei- genschaften herausgebracht hat, so ist unstreitig, daß sie beysammen seyn können. Findet man nun, daß sie zusammen genommen einen Begriff von gewisser Erheblichkeit ausmachen, der nämlich verdient, be- sonders genommen zu werden, so thut man es, und benennt ihn mit einem schicklichen Namen, der ge- wöhnlich von den Theilen der Sache, von ihrer Ab- sicht, Gebrauch etc. hergenommen wird, wie bey dem erstangeführten Fall des Barometers. Zuweilen fin-
det
I. Hauptſtuͤck,
§. 71.
Der erſte dieſer Wege iſt demjenigen, wo man durchs Abſtrahiren Begriffe findet, ganz aͤhnlich. Denn bey dem Abſtrahiren bemerkt man ſchlechthin, was allgemeines in der Sache iſt, und faßt es in ei- nen Begriff zuſammen. Hier aber iſt ſtatt des Be- merkens ein Beweis. Denn die Merkmaale, die man in einer Sache findet, ſind immer darinn bey- ſammen, es ſey, daß man ſie ſchlechthin darinn be- merke, oder daß man ſie durch einen Beweis heraus- bringen muͤſſe. Der Unterſchied beſteht nur darinn, daß man durch Beweiſe auch ſolche Merkmaale her- ausbringen kann, die ſich ſchwerlich oder gar nicht wuͤrden bemerken laſſen, weil ſie nicht unter die Sin- nen fallen. So z. E. hat man nicht geſehen oder empfunden, daß die Luft durch ihre Schwere das Queckſilber im Barometer in der Hoͤhe erhalte. Der Begriff eines Barometers iſt demnach durch Schluͤſſe herausgebracht worden, ungeachtet der erſte Anlaß ei- ne Erfahrung war.
§. 72.
Das Verfahren bey Erfindung zuſammengeſetz- ter Begriffe durch Schluͤße koͤmmt demnach darauf an. Wenn man naͤmlich von einer Sache viele Ei- genſchaften herausgebracht hat, ſo iſt unſtreitig, daß ſie beyſammen ſeyn koͤnnen. Findet man nun, daß ſie zuſammen genommen einen Begriff von gewiſſer Erheblichkeit ausmachen, der naͤmlich verdient, be- ſonders genommen zu werden, ſo thut man es, und benennt ihn mit einem ſchicklichen Namen, der ge- woͤhnlich von den Theilen der Sache, von ihrer Ab- ſicht, Gebrauch ꝛc. hergenommen wird, wie bey dem erſtangefuͤhrten Fall des Barometers. Zuweilen fin-
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I. Hauptſtuͤck,
§. 71.
Der erſte dieſer Wege iſt demjenigen, wo man
durchs Abſtrahiren Begriffe findet, ganz aͤhnlich.
Denn bey dem Abſtrahiren bemerkt man ſchlechthin,
was allgemeines in der Sache iſt, und faßt es in ei-
nen Begriff zuſammen. Hier aber iſt ſtatt des Be-
merkens ein Beweis. Denn die Merkmaale, die
man in einer Sache findet, ſind immer darinn bey-
ſammen, es ſey, daß man ſie ſchlechthin darinn be-
merke, oder daß man ſie durch einen Beweis heraus-
bringen muͤſſe. Der Unterſchied beſteht nur darinn,
daß man durch Beweiſe auch ſolche Merkmaale her-
ausbringen kann, die ſich ſchwerlich oder gar nicht
wuͤrden bemerken laſſen, weil ſie nicht unter die Sin-
nen fallen. So z. E. hat man nicht geſehen oder
empfunden, daß die Luft durch ihre Schwere das
Queckſilber im Barometer in der Hoͤhe erhalte. Der
Begriff eines Barometers iſt demnach durch Schluͤſſe
herausgebracht worden, ungeachtet der erſte Anlaß ei-
ne Erfahrung war.
§. 72.
Das Verfahren bey Erfindung zuſammengeſetz-
ter Begriffe durch Schluͤße koͤmmt demnach darauf
an. Wenn man naͤmlich von einer Sache viele Ei-
genſchaften herausgebracht hat, ſo iſt unſtreitig, daß
ſie beyſammen ſeyn koͤnnen. Findet man nun, daß
ſie zuſammen genommen einen Begriff von gewiſſer
Erheblichkeit ausmachen, der naͤmlich verdient, be-
ſonders genommen zu werden, ſo thut man es, und
benennt ihn mit einem ſchicklichen Namen, der ge-
woͤhnlich von den Theilen der Sache, von ihrer Ab-
ſicht, Gebrauch ꝛc. hergenommen wird, wie bey dem
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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