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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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V. Hauptstück.
die Eigenschaften, zu deren Anzeige die Beywörter ge-
wiedmet sind, können dem Grade nach verschieden seyn.
Nun hat man es darinn eben nicht nach mathemati-
scher Schärfe genommen, und man konnte es von den
Urhebern der Sprachen um desto weniger fordern, weil
die Mathesis intensorum noch dermalen weit zurücke
bleibt. Jndessen ist die Sache dennoch so ausgefallen,
daß sie sich noch ziemlich rechtfertigen läßt.

§. 187. Denn in dem Positiuo wird die Eigenschaft
gleichsam ohne Bestimmung des Grads angezeigt, z. E.
schön, vollkommen, weiß, hell, etc. und wenn man
etwas Vorzüglicheres oder Geringeres anzeigen will, so
geschieht dieses durch besondere Zuwörter oder Aduer-
bia,
z. E. gar schön, sehr vollkommen, ungemein
hell, etc. ziemlich, mäßig, wenig, schön etc. oder
man vergleicht es mit ähnlichen und bekannten Dingen,
z. E. so schön als, so groß wie, eben so kräf-
tig als,
etc.

§. 188. Findet man keine genau passende Verglei-
chung, so gebraucht man den Comparatiuum sowohl
bejahend als verneinend, z. E. weißer als Schnee,
viel heller als der Tag etc. nicht so groß als ein
Haus, lange nicht so tief als das Meer,
etc.

§. 189. Endlich bemerkt man die äußersten Grade
durch den Superlatiuum, mit Anzeige der verglichenen
Dinge. Z. E. der größte Monarch, der Gelehr-
teste unter den Griechen, der Beredteste unter
den Römern,
etc.

§. 190. Da man bey sehr vielen Eigenschaften
Grade von mehrern Dimensionen findet, z. E. die
Größe von der Stärke unterscheidet, so hat man bey
dem Comparatiuo und Superlatiuo mehrentheils die
Gradus intensitatis mitgenommen, und die Größe, Aus-
dehnung, etc. durch besondere Beywörter angezeigt. So
z. E. sagt man ein größeres und ein helleres Licht,

und

V. Hauptſtuͤck.
die Eigenſchaften, zu deren Anzeige die Beywoͤrter ge-
wiedmet ſind, koͤnnen dem Grade nach verſchieden ſeyn.
Nun hat man es darinn eben nicht nach mathemati-
ſcher Schaͤrfe genommen, und man konnte es von den
Urhebern der Sprachen um deſto weniger fordern, weil
die Matheſis intenſorum noch dermalen weit zuruͤcke
bleibt. Jndeſſen iſt die Sache dennoch ſo ausgefallen,
daß ſie ſich noch ziemlich rechtfertigen laͤßt.

§. 187. Denn in dem Poſitiuo wird die Eigenſchaft
gleichſam ohne Beſtimmung des Grads angezeigt, z. E.
ſchoͤn, vollkommen, weiß, hell, ꝛc. und wenn man
etwas Vorzuͤglicheres oder Geringeres anzeigen will, ſo
geſchieht dieſes durch beſondere Zuwoͤrter oder Aduer-
bia,
z. E. gar ſchoͤn, ſehr vollkommen, ungemein
hell, ꝛc. ziemlich, maͤßig, wenig, ſchoͤn ꝛc. oder
man vergleicht es mit aͤhnlichen und bekannten Dingen,
z. E. ſo ſchoͤn als, ſo groß wie, eben ſo kraͤf-
tig als,
ꝛc.

§. 188. Findet man keine genau paſſende Verglei-
chung, ſo gebraucht man den Comparatiuum ſowohl
bejahend als verneinend, z. E. weißer als Schnee,
viel heller als der Tag ꝛc. nicht ſo groß als ein
Haus, lange nicht ſo tief als das Meer,
ꝛc.

§. 189. Endlich bemerkt man die aͤußerſten Grade
durch den Superlatiuum, mit Anzeige der verglichenen
Dinge. Z. E. der groͤßte Monarch, der Gelehr-
teſte unter den Griechen, der Beredteſte unter
den Roͤmern,
ꝛc.

§. 190. Da man bey ſehr vielen Eigenſchaften
Grade von mehrern Dimenſionen findet, z. E. die
Groͤße von der Staͤrke unterſcheidet, ſo hat man bey
dem Comparatiuo und Superlatiuo mehrentheils die
Gradus intenſitatis mitgenommen, und die Groͤße, Aus-
dehnung, ꝛc. durch beſondere Beywoͤrter angezeigt. So
z. E. ſagt man ein groͤßeres und ein helleres Licht,

und
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[110/0116] V. Hauptſtuͤck. die Eigenſchaften, zu deren Anzeige die Beywoͤrter ge- wiedmet ſind, koͤnnen dem Grade nach verſchieden ſeyn. Nun hat man es darinn eben nicht nach mathemati- ſcher Schaͤrfe genommen, und man konnte es von den Urhebern der Sprachen um deſto weniger fordern, weil die Matheſis intenſorum noch dermalen weit zuruͤcke bleibt. Jndeſſen iſt die Sache dennoch ſo ausgefallen, daß ſie ſich noch ziemlich rechtfertigen laͤßt. §. 187. Denn in dem Poſitiuo wird die Eigenſchaft gleichſam ohne Beſtimmung des Grads angezeigt, z. E. ſchoͤn, vollkommen, weiß, hell, ꝛc. und wenn man etwas Vorzuͤglicheres oder Geringeres anzeigen will, ſo geſchieht dieſes durch beſondere Zuwoͤrter oder Aduer- bia, z. E. gar ſchoͤn, ſehr vollkommen, ungemein hell, ꝛc. ziemlich, maͤßig, wenig, ſchoͤn ꝛc. oder man vergleicht es mit aͤhnlichen und bekannten Dingen, z. E. ſo ſchoͤn als, ſo groß wie, eben ſo kraͤf- tig als, ꝛc. §. 188. Findet man keine genau paſſende Verglei- chung, ſo gebraucht man den Comparatiuum ſowohl bejahend als verneinend, z. E. weißer als Schnee, viel heller als der Tag ꝛc. nicht ſo groß als ein Haus, lange nicht ſo tief als das Meer, ꝛc. §. 189. Endlich bemerkt man die aͤußerſten Grade durch den Superlatiuum, mit Anzeige der verglichenen Dinge. Z. E. der groͤßte Monarch, der Gelehr- teſte unter den Griechen, der Beredteſte unter den Roͤmern, ꝛc. §. 190. Da man bey ſehr vielen Eigenſchaften Grade von mehrern Dimenſionen findet, z. E. die Groͤße von der Staͤrke unterſcheidet, ſo hat man bey dem Comparatiuo und Superlatiuo mehrentheils die Gradus intenſitatis mitgenommen, und die Groͤße, Aus- dehnung, ꝛc. durch beſondere Beywoͤrter angezeigt. So z. E. ſagt man ein groͤßeres und ein helleres Licht, und

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/116>, abgerufen am 10.05.2024.