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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von den unveränderlichen Redetheilen.
schied des Beharrens und der wirklichen Bewe-
gung,
wird großentheils durch die Zeitwörter bemerkt,
weil diese sich in diese zwo Classen theilen (§. 151.). Und
die Ursachen und Gründe werden durch die Vorwörter:
wegen, halben, laut, willen, kraft, durch, etc.
angezeigt.

§. 214. Man kann zu diesen durch die Vorwörter
angezeigten Verhältnissen noch verschiedene andere rech-
nen, wobey die Vorwörter weggeblieben sind. Hieher
gehören besonders diejenigen, die wir oben (§. 181.) be-
trachtet haben, da nämlich zwey Hauptwörter so mit
einander verbunden werden, daß das eine die zweyte
Fallendung des andern erfordert. Auf diese Art wer-
den im Lateinischen in den Redensarten instar montis,
virtutis ergo,
die Wörter: instar, ergo, als Substan-
tiua
angesehen. So regieren auch die Comparatiui
und Superlatiui besondere Casus, welche folglich zur
Anzeige der dadurch vorgestellten Verhältnisse gewied-
met sind. Hingegen im Deutschen haben wir für den
Comparatiuum keine eigene Fallendung; für den Su-
perlatiuum
die zweyte, oder mit Zusetzung der Vorwör-
ter aus, von, unter, die dritte Fallendung. Aus al-
lem diesem erhellet, daß eben sowohl alle Vorwörter aus
den Sprachen hätten wegbleiben, oder deren noch meh-
rere seyn können, und daß sie gar nicht nothwendig an
gewisse Fallendungen gebunden sind.

§. 215. Der grammatische Unterschied der Vorwör-
ter, daß sie nämlich gewisse Casus regieren, hat dem-
nach in den wirklichen Sprachen nichts Charakteristi-
sches oder Wissenschaftliches, wie es an sich betrachtet
seyn könnte (§. 209.). Hingegen findet sich allerdings
ein metaphysischer Unterschied zwischen denselben, in so
ferne man auf ihre Bedeutung und die Arten der Ver-
hältnisse sieht, die sie vorstellen (§. 207.). Und in die-
ser Absicht lassen sie sich in Classen theilen. Da die

erste

Von den unveraͤnderlichen Redetheilen.
ſchied des Beharrens und der wirklichen Bewe-
gung,
wird großentheils durch die Zeitwoͤrter bemerkt,
weil dieſe ſich in dieſe zwo Claſſen theilen (§. 151.). Und
die Urſachen und Gruͤnde werden durch die Vorwoͤrter:
wegen, halben, laut, willen, kraft, durch, ꝛc.
angezeigt.

§. 214. Man kann zu dieſen durch die Vorwoͤrter
angezeigten Verhaͤltniſſen noch verſchiedene andere rech-
nen, wobey die Vorwoͤrter weggeblieben ſind. Hieher
gehoͤren beſonders diejenigen, die wir oben (§. 181.) be-
trachtet haben, da naͤmlich zwey Hauptwoͤrter ſo mit
einander verbunden werden, daß das eine die zweyte
Fallendung des andern erfordert. Auf dieſe Art wer-
den im Lateiniſchen in den Redensarten inſtar montis,
virtutis ergo,
die Woͤrter: inſtar, ergo, als Subſtan-
tiua
angeſehen. So regieren auch die Comparatiui
und Superlatiui beſondere Caſus, welche folglich zur
Anzeige der dadurch vorgeſtellten Verhaͤltniſſe gewied-
met ſind. Hingegen im Deutſchen haben wir fuͤr den
Comparatiuum keine eigene Fallendung; fuͤr den Su-
perlatiuum
die zweyte, oder mit Zuſetzung der Vorwoͤr-
ter aus, von, unter, die dritte Fallendung. Aus al-
lem dieſem erhellet, daß eben ſowohl alle Vorwoͤrter aus
den Sprachen haͤtten wegbleiben, oder deren noch meh-
rere ſeyn koͤnnen, und daß ſie gar nicht nothwendig an
gewiſſe Fallendungen gebunden ſind.

§. 215. Der grammatiſche Unterſchied der Vorwoͤr-
ter, daß ſie naͤmlich gewiſſe Caſus regieren, hat dem-
nach in den wirklichen Sprachen nichts Charakteriſti-
ſches oder Wiſſenſchaftliches, wie es an ſich betrachtet
ſeyn koͤnnte (§. 209.). Hingegen findet ſich allerdings
ein metaphyſiſcher Unterſchied zwiſchen denſelben, in ſo
ferne man auf ihre Bedeutung und die Arten der Ver-
haͤltniſſe ſieht, die ſie vorſtellen (§. 207.). Und in die-
ſer Abſicht laſſen ſie ſich in Claſſen theilen. Da die

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[125/0131] Von den unveraͤnderlichen Redetheilen. ſchied des Beharrens und der wirklichen Bewe- gung, wird großentheils durch die Zeitwoͤrter bemerkt, weil dieſe ſich in dieſe zwo Claſſen theilen (§. 151.). Und die Urſachen und Gruͤnde werden durch die Vorwoͤrter: wegen, halben, laut, willen, kraft, durch, ꝛc. angezeigt. §. 214. Man kann zu dieſen durch die Vorwoͤrter angezeigten Verhaͤltniſſen noch verſchiedene andere rech- nen, wobey die Vorwoͤrter weggeblieben ſind. Hieher gehoͤren beſonders diejenigen, die wir oben (§. 181.) be- trachtet haben, da naͤmlich zwey Hauptwoͤrter ſo mit einander verbunden werden, daß das eine die zweyte Fallendung des andern erfordert. Auf dieſe Art wer- den im Lateiniſchen in den Redensarten inſtar montis, virtutis ergo, die Woͤrter: inſtar, ergo, als Subſtan- tiua angeſehen. So regieren auch die Comparatiui und Superlatiui beſondere Caſus, welche folglich zur Anzeige der dadurch vorgeſtellten Verhaͤltniſſe gewied- met ſind. Hingegen im Deutſchen haben wir fuͤr den Comparatiuum keine eigene Fallendung; fuͤr den Su- perlatiuum die zweyte, oder mit Zuſetzung der Vorwoͤr- ter aus, von, unter, die dritte Fallendung. Aus al- lem dieſem erhellet, daß eben ſowohl alle Vorwoͤrter aus den Sprachen haͤtten wegbleiben, oder deren noch meh- rere ſeyn koͤnnen, und daß ſie gar nicht nothwendig an gewiſſe Fallendungen gebunden ſind. §. 215. Der grammatiſche Unterſchied der Vorwoͤr- ter, daß ſie naͤmlich gewiſſe Caſus regieren, hat dem- nach in den wirklichen Sprachen nichts Charakteriſti- ſches oder Wiſſenſchaftliches, wie es an ſich betrachtet ſeyn koͤnnte (§. 209.). Hingegen findet ſich allerdings ein metaphyſiſcher Unterſchied zwiſchen denſelben, in ſo ferne man auf ihre Bedeutung und die Arten der Ver- haͤltniſſe ſieht, die ſie vorſtellen (§. 207.). Und in die- ſer Abſicht laſſen ſie ſich in Claſſen theilen. Da die erſte

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/131>, abgerufen am 24.11.2024.