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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von den unveränderlichen Redetheilen.
und ändert diese Bedeutungen nach der Beschaffenheit
der Sache, welche gemeiniglich, mit dem Begriffe des
Bindworts verglichen, den Begriff des Zusammenhangs
der Rede näher bestimmt, und individual macht.

§. 240. Da die Bindwörter durch Substantiua
abstracta
definirt werden, so läßt sich von denselben
eben das anmerken, was wir oben von diesen abstracten
Hauptwörtern angemerkt haben (§. 138. seqq. 175. 201.
202.). Eine gelehrte Sprache muß derselben mehr
haben, die größere Mannichsaltigkeit und Anzahl von
beyden Arten erleichtert die Mittel, sie zu definiren, und
ihr Umfang hat etwas Unbestimmtes, welches sich nach
den Fällen richtet, worinn sie gebraucht werden. Daß
die Bindwörter besonders zu einer gelehrten Sprache
nothwendig sind, ist auch daraus klar, daß sie Begriffe
des Zusammenhanges der Rede vorstellen, welcher
in der gelehrten oder wissenschaftlichen Erkenntniß die
Grundlage und der Ansang und das Ende ist. Die
Bindwörter gehören demnach unter allen Sprachthei-
len am unmittelbarsten zum Gebiete der Vernunft, und
sind im eigentlichsten Verstande das Werk dieser Er-
kenntnißkraft, sowohl in Absicht auf ihren Ursprung als
in Absicht auf ihren richtigen Gebrauch. Denn da die
übrigen Wörter nur an sich vorstellen, was man sagen
will, so breiten die Bindwörter Licht und Ordnung auf
den ganzen Zusammenhang der Rede aus, und zeigen,
wie das, so man jedesmal sagt, zu dem Vorhergehenden
und Folgenden diene, und wie alles zusammengehöre.
Die Fragen: Was hat das hiebey zu thun: Wie
schickt sich das hieher? Wie reimt es sich mit
dem Vorhergehenden?
zeigen ungesähr die Fälle
an, wo Bindwörter und Zusammenhang gar nicht oder
unschicklich gebraucht werden, und wo man die vorhin
(§. 237.) angegebenen Begriffe verwechselt und übel

anwen

Von den unveraͤnderlichen Redetheilen.
und aͤndert dieſe Bedeutungen nach der Beſchaffenheit
der Sache, welche gemeiniglich, mit dem Begriffe des
Bindworts verglichen, den Begriff des Zuſammenhangs
der Rede naͤher beſtimmt, und individual macht.

§. 240. Da die Bindwoͤrter durch Subſtantiua
abſtracta
definirt werden, ſo laͤßt ſich von denſelben
eben das anmerken, was wir oben von dieſen abſtracten
Hauptwoͤrtern angemerkt haben (§. 138. ſeqq. 175. 201.
202.). Eine gelehrte Sprache muß derſelben mehr
haben, die groͤßere Mannichſaltigkeit und Anzahl von
beyden Arten erleichtert die Mittel, ſie zu definiren, und
ihr Umfang hat etwas Unbeſtimmtes, welches ſich nach
den Faͤllen richtet, worinn ſie gebraucht werden. Daß
die Bindwoͤrter beſonders zu einer gelehrten Sprache
nothwendig ſind, iſt auch daraus klar, daß ſie Begriffe
des Zuſammenhanges der Rede vorſtellen, welcher
in der gelehrten oder wiſſenſchaftlichen Erkenntniß die
Grundlage und der Anſang und das Ende iſt. Die
Bindwoͤrter gehoͤren demnach unter allen Sprachthei-
len am unmittelbarſten zum Gebiete der Vernunft, und
ſind im eigentlichſten Verſtande das Werk dieſer Er-
kenntnißkraft, ſowohl in Abſicht auf ihren Urſprung als
in Abſicht auf ihren richtigen Gebrauch. Denn da die
uͤbrigen Woͤrter nur an ſich vorſtellen, was man ſagen
will, ſo breiten die Bindwoͤrter Licht und Ordnung auf
den ganzen Zuſammenhang der Rede aus, und zeigen,
wie das, ſo man jedesmal ſagt, zu dem Vorhergehenden
und Folgenden diene, und wie alles zuſammengehoͤre.
Die Fragen: Was hat das hiebey zu thun: Wie
ſchickt ſich das hieher? Wie reimt es ſich mit
dem Vorhergehenden?
zeigen ungeſaͤhr die Faͤlle
an, wo Bindwoͤrter und Zuſammenhang gar nicht oder
unſchicklich gebraucht werden, und wo man die vorhin
(§. 237.) angegebenen Begriffe verwechſelt und uͤbel

anwen
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[143/0149] Von den unveraͤnderlichen Redetheilen. und aͤndert dieſe Bedeutungen nach der Beſchaffenheit der Sache, welche gemeiniglich, mit dem Begriffe des Bindworts verglichen, den Begriff des Zuſammenhangs der Rede naͤher beſtimmt, und individual macht. §. 240. Da die Bindwoͤrter durch Subſtantiua abſtracta definirt werden, ſo laͤßt ſich von denſelben eben das anmerken, was wir oben von dieſen abſtracten Hauptwoͤrtern angemerkt haben (§. 138. ſeqq. 175. 201. 202.). Eine gelehrte Sprache muß derſelben mehr haben, die groͤßere Mannichſaltigkeit und Anzahl von beyden Arten erleichtert die Mittel, ſie zu definiren, und ihr Umfang hat etwas Unbeſtimmtes, welches ſich nach den Faͤllen richtet, worinn ſie gebraucht werden. Daß die Bindwoͤrter beſonders zu einer gelehrten Sprache nothwendig ſind, iſt auch daraus klar, daß ſie Begriffe des Zuſammenhanges der Rede vorſtellen, welcher in der gelehrten oder wiſſenſchaftlichen Erkenntniß die Grundlage und der Anſang und das Ende iſt. Die Bindwoͤrter gehoͤren demnach unter allen Sprachthei- len am unmittelbarſten zum Gebiete der Vernunft, und ſind im eigentlichſten Verſtande das Werk dieſer Er- kenntnißkraft, ſowohl in Abſicht auf ihren Urſprung als in Abſicht auf ihren richtigen Gebrauch. Denn da die uͤbrigen Woͤrter nur an ſich vorſtellen, was man ſagen will, ſo breiten die Bindwoͤrter Licht und Ordnung auf den ganzen Zuſammenhang der Rede aus, und zeigen, wie das, ſo man jedesmal ſagt, zu dem Vorhergehenden und Folgenden diene, und wie alles zuſammengehoͤre. Die Fragen: Was hat das hiebey zu thun: Wie ſchickt ſich das hieher? Wie reimt es ſich mit dem Vorhergehenden? zeigen ungeſaͤhr die Faͤlle an, wo Bindwoͤrter und Zuſammenhang gar nicht oder unſchicklich gebraucht werden, und wo man die vorhin (§. 237.) angegebenen Begriffe verwechſelt und uͤbel anwen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/149>, abgerufen am 10.05.2024.