Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Hauptstück.
anzeigen, worauf sie sich beziehen, ungeacht sie eben nicht
nothwendig zum Zusammenhang der Rede gehören,
und unter allen Redetheilen davon am meisten unab-
hängig sind, (§. 220.). Jndessen lassen sie sich in den
wirklichen Sprachen auch mit einigen Conjunctionen
verbinden, und ziehen in den Zeitwörten den Coniun-
ctiuum
oder Optatiuum nach sich, wie z. E. Ach daß
du die Himmel zerrissest, und führest herab,
etc.
Bey Untersuchung und Erfindung der Wahrheit, und
daher bey dem wichtigern Gebrauch der Sprache aber
sind sie entbehrlich, weil das Gemüth dabey ruhiger
seyn solle (§. 220.).

§. 285. Die Bindwörter können ebenfalls in den
einfachsten Redensarten mit den Zeitwörtern allein ge-
braucht werden, und auf diese Art bilden sie die einfach-
ste Form von zusammengesetzten Redensarten und Pe-
rioden, die auch bleibt, wenn gleich eine Menge von an-
dern Redetheilen mit eingeflochten wird. Wir haben
dieser Form bereits oben (§. 232.) Erwähnung gethan,
und eben so auch (§. 238.) angemerkt, welchen Einfluß
die Bindwörter in den Sprachen auf die Form der Zeit-
wörter haben.

§. 286. Es wären aber die meisten Redensarten
und Perioden noch lange nicht bestimmt genug, wenn
nicht noch die Nennwörter hinzukämen. Denn die
Zeitwörter zeigen nur die Handlung oder Veränderung
an sich an, die Zuwörter bestimmen ebenfalls nur ihre
Modificationen. Dabey bleibt aber noch unausge-
macht, wer die Handlung thut, worauf sie geht, und in
Ansehung welcher Dinge und Verhältnisse eine Verän-
derung dabey vorgeht. Um dieses anzuzeigen, werden
Hauptwörter, und wo es nöthig ist, zu deren nähern
Bestimmung noch Beywörter erfordert. Diese beyden
Classen von Redetheilen sind nun in den Sprachen
nicht unveränderlich. Sie können durch die Fallendun-

gen

VIII. Hauptſtuͤck.
anzeigen, worauf ſie ſich beziehen, ungeacht ſie eben nicht
nothwendig zum Zuſammenhang der Rede gehoͤren,
und unter allen Redetheilen davon am meiſten unab-
haͤngig ſind, (§. 220.). Jndeſſen laſſen ſie ſich in den
wirklichen Sprachen auch mit einigen Conjunctionen
verbinden, und ziehen in den Zeitwoͤrten den Coniun-
ctiuum
oder Optatiuum nach ſich, wie z. E. Ach daß
du die Himmel zerriſſeſt, und fuͤhreſt herab,
ꝛc.
Bey Unterſuchung und Erfindung der Wahrheit, und
daher bey dem wichtigern Gebrauch der Sprache aber
ſind ſie entbehrlich, weil das Gemuͤth dabey ruhiger
ſeyn ſolle (§. 220.).

§. 285. Die Bindwoͤrter koͤnnen ebenfalls in den
einfachſten Redensarten mit den Zeitwoͤrtern allein ge-
braucht werden, und auf dieſe Art bilden ſie die einfach-
ſte Form von zuſammengeſetzten Redensarten und Pe-
rioden, die auch bleibt, wenn gleich eine Menge von an-
dern Redetheilen mit eingeflochten wird. Wir haben
dieſer Form bereits oben (§. 232.) Erwaͤhnung gethan,
und eben ſo auch (§. 238.) angemerkt, welchen Einfluß
die Bindwoͤrter in den Sprachen auf die Form der Zeit-
woͤrter haben.

§. 286. Es waͤren aber die meiſten Redensarten
und Perioden noch lange nicht beſtimmt genug, wenn
nicht noch die Nennwoͤrter hinzukaͤmen. Denn die
Zeitwoͤrter zeigen nur die Handlung oder Veraͤnderung
an ſich an, die Zuwoͤrter beſtimmen ebenfalls nur ihre
Modificationen. Dabey bleibt aber noch unausge-
macht, wer die Handlung thut, worauf ſie geht, und in
Anſehung welcher Dinge und Verhaͤltniſſe eine Veraͤn-
derung dabey vorgeht. Um dieſes anzuzeigen, werden
Hauptwoͤrter, und wo es noͤthig iſt, zu deren naͤhern
Beſtimmung noch Beywoͤrter erfordert. Dieſe beyden
Claſſen von Redetheilen ſind nun in den Sprachen
nicht unveraͤnderlich. Sie koͤnnen durch die Fallendun-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="170"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
anzeigen, worauf &#x017F;ie &#x017F;ich beziehen, ungeacht &#x017F;ie eben nicht<lb/>
nothwendig zum Zu&#x017F;ammenhang der Rede geho&#x0364;ren,<lb/>
und unter allen Redetheilen davon am mei&#x017F;ten unab-<lb/>
ha&#x0364;ngig &#x017F;ind, (§. 220.). Jnde&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich in den<lb/>
wirklichen Sprachen auch mit einigen Conjunctionen<lb/>
verbinden, und ziehen in den Zeitwo&#x0364;rten den <hi rendition="#aq">Coniun-<lb/>
ctiuum</hi> oder <hi rendition="#aq">Optatiuum</hi> nach &#x017F;ich, wie z. E. <hi rendition="#fr">Ach daß<lb/>
du die Himmel zerri&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t, und fu&#x0364;hre&#x017F;t herab,</hi> &#xA75B;c.<lb/>
Bey Unter&#x017F;uchung und Erfindung der Wahrheit, und<lb/>
daher bey dem wichtigern Gebrauch der Sprache aber<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie entbehrlich, weil das Gemu&#x0364;th dabey ruhiger<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olle (§. 220.).</p><lb/>
          <p>§. 285. Die Bindwo&#x0364;rter ko&#x0364;nnen ebenfalls in den<lb/>
einfach&#x017F;ten Redensarten mit den Zeitwo&#x0364;rtern allein ge-<lb/>
braucht werden, und auf die&#x017F;e Art bilden &#x017F;ie die einfach-<lb/>
&#x017F;te Form von zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Redensarten und Pe-<lb/>
rioden, die auch bleibt, wenn gleich eine Menge von an-<lb/>
dern Redetheilen mit eingeflochten wird. Wir haben<lb/>
die&#x017F;er Form bereits oben (§. 232.) Erwa&#x0364;hnung gethan,<lb/>
und eben &#x017F;o auch (§. 238.) angemerkt, welchen Einfluß<lb/>
die Bindwo&#x0364;rter in den Sprachen auf die Form der Zeit-<lb/>
wo&#x0364;rter haben.</p><lb/>
          <p>§. 286. Es wa&#x0364;ren aber die mei&#x017F;ten Redensarten<lb/>
und Perioden noch lange nicht be&#x017F;timmt genug, wenn<lb/>
nicht noch die Nennwo&#x0364;rter hinzuka&#x0364;men. Denn die<lb/>
Zeitwo&#x0364;rter zeigen nur die Handlung oder Vera&#x0364;nderung<lb/>
an &#x017F;ich an, die Zuwo&#x0364;rter be&#x017F;timmen ebenfalls nur ihre<lb/>
Modificationen. Dabey bleibt aber noch unausge-<lb/>
macht, wer die Handlung thut, worauf &#x017F;ie geht, und in<lb/>
An&#x017F;ehung welcher Dinge und Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e eine Vera&#x0364;n-<lb/>
derung dabey vorgeht. Um die&#x017F;es anzuzeigen, werden<lb/>
Hauptwo&#x0364;rter, und wo es no&#x0364;thig i&#x017F;t, zu deren na&#x0364;hern<lb/>
Be&#x017F;timmung noch Beywo&#x0364;rter erfordert. Die&#x017F;e beyden<lb/>
Cla&#x017F;&#x017F;en von Redetheilen &#x017F;ind nun in den Sprachen<lb/>
nicht unvera&#x0364;nderlich. Sie ko&#x0364;nnen durch die Fallendun-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0176] VIII. Hauptſtuͤck. anzeigen, worauf ſie ſich beziehen, ungeacht ſie eben nicht nothwendig zum Zuſammenhang der Rede gehoͤren, und unter allen Redetheilen davon am meiſten unab- haͤngig ſind, (§. 220.). Jndeſſen laſſen ſie ſich in den wirklichen Sprachen auch mit einigen Conjunctionen verbinden, und ziehen in den Zeitwoͤrten den Coniun- ctiuum oder Optatiuum nach ſich, wie z. E. Ach daß du die Himmel zerriſſeſt, und fuͤhreſt herab, ꝛc. Bey Unterſuchung und Erfindung der Wahrheit, und daher bey dem wichtigern Gebrauch der Sprache aber ſind ſie entbehrlich, weil das Gemuͤth dabey ruhiger ſeyn ſolle (§. 220.). §. 285. Die Bindwoͤrter koͤnnen ebenfalls in den einfachſten Redensarten mit den Zeitwoͤrtern allein ge- braucht werden, und auf dieſe Art bilden ſie die einfach- ſte Form von zuſammengeſetzten Redensarten und Pe- rioden, die auch bleibt, wenn gleich eine Menge von an- dern Redetheilen mit eingeflochten wird. Wir haben dieſer Form bereits oben (§. 232.) Erwaͤhnung gethan, und eben ſo auch (§. 238.) angemerkt, welchen Einfluß die Bindwoͤrter in den Sprachen auf die Form der Zeit- woͤrter haben. §. 286. Es waͤren aber die meiſten Redensarten und Perioden noch lange nicht beſtimmt genug, wenn nicht noch die Nennwoͤrter hinzukaͤmen. Denn die Zeitwoͤrter zeigen nur die Handlung oder Veraͤnderung an ſich an, die Zuwoͤrter beſtimmen ebenfalls nur ihre Modificationen. Dabey bleibt aber noch unausge- macht, wer die Handlung thut, worauf ſie geht, und in Anſehung welcher Dinge und Verhaͤltniſſe eine Veraͤn- derung dabey vorgeht. Um dieſes anzuzeigen, werden Hauptwoͤrter, und wo es noͤthig iſt, zu deren naͤhern Beſtimmung noch Beywoͤrter erfordert. Dieſe beyden Claſſen von Redetheilen ſind nun in den Sprachen nicht unveraͤnderlich. Sie koͤnnen durch die Fallendun- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/176
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/176>, abgerufen am 04.12.2024.