man diese Abwechslung in der Farbe des Sonnenlich- tes der Sonne selbst oder dem Auge zuschreiben wollte.
§. 60. Um den relativen Theil des Scheins der Dinge zu entdecken, ist es gut, die Umstände der Sa- che auf alle Arten abzuwechseln. Man schreibt diese Regel nicht nur für den Schein, sondern auch für die wahren Eigenschaften vor, wenn man das Wesentliche von dem Zufälligen trennen will. So zeigen uns die Versuche in Luftleerem Raume, was in den Körpern von dem Daseyn der Luft herrührt, und folglich densel- ben nicht unmittelbar zugeeignet werden kann. Die Geometrie geht hierinn noch weiter. Denn indem sie uns lehrt, wie aus den in zween Ständen gemessenen Winkeln ein ganzes übersehbares Feld in Grund gelegt werden kann, so will dieses eben so viel sagen, als aus der an zween Oertern observirten scheinbaren Lage der Gegenstände auf dem Felde ihre wahre Lage zu bestim- men. Denn die gemessenen Winkel geben an jedem Rande die scheinbare Lage an, da hingegen zu der wah- ren Lage nicht nur die Winkel, sondern auch die wahren Entfernungen gehören.
§. 61. Der objective Theil des Scheins der Din- ge läßt sich ebenfalls aus den Aenderungen der Sache selbst erkennen, wenn man diese aus andern Gründen weiß, oder sie daraus schließen kann, daß der subjective und relative Theil des Scheins ungeändert geblieben sind, oder keinen Einfluß in die bemerkte Aenderung des Scheins der Sache haben. Die Hauptfrage aber, die wir hiebey zu untersuchen haben, betrifft den Unter- schied dessen, was in den Körpern wahr, real und Schein ist. Damit sind nun allerdings die Jdealisten am geschwindesten fertig, weil sie die ganze Körperwelt als einen bloßen Schein ansehen. Sie reichen aber mit dieser kurzen Auflösung der Frage nicht weit, weil sie bey ihrem allgemeinen Schein noch eben die Unter-
schiede
Von dem ſinnlichen Schein.
man dieſe Abwechslung in der Farbe des Sonnenlich- tes der Sonne ſelbſt oder dem Auge zuſchreiben wollte.
§. 60. Um den relativen Theil des Scheins der Dinge zu entdecken, iſt es gut, die Umſtaͤnde der Sa- che auf alle Arten abzuwechſeln. Man ſchreibt dieſe Regel nicht nur fuͤr den Schein, ſondern auch fuͤr die wahren Eigenſchaften vor, wenn man das Weſentliche von dem Zufaͤlligen trennen will. So zeigen uns die Verſuche in Luftleerem Raume, was in den Koͤrpern von dem Daſeyn der Luft herruͤhrt, und folglich denſel- ben nicht unmittelbar zugeeignet werden kann. Die Geometrie geht hierinn noch weiter. Denn indem ſie uns lehrt, wie aus den in zween Staͤnden gemeſſenen Winkeln ein ganzes uͤberſehbares Feld in Grund gelegt werden kann, ſo will dieſes eben ſo viel ſagen, als aus der an zween Oertern obſervirten ſcheinbaren Lage der Gegenſtaͤnde auf dem Felde ihre wahre Lage zu beſtim- men. Denn die gemeſſenen Winkel geben an jedem Rande die ſcheinbare Lage an, da hingegen zu der wah- ren Lage nicht nur die Winkel, ſondern auch die wahren Entfernungen gehoͤren.
§. 61. Der objective Theil des Scheins der Din- ge laͤßt ſich ebenfalls aus den Aenderungen der Sache ſelbſt erkennen, wenn man dieſe aus andern Gruͤnden weiß, oder ſie daraus ſchließen kann, daß der ſubjective und relative Theil des Scheins ungeaͤndert geblieben ſind, oder keinen Einfluß in die bemerkte Aenderung des Scheins der Sache haben. Die Hauptfrage aber, die wir hiebey zu unterſuchen haben, betrifft den Unter- ſchied deſſen, was in den Koͤrpern wahr, real und Schein iſt. Damit ſind nun allerdings die Jdealiſten am geſchwindeſten fertig, weil ſie die ganze Koͤrperwelt als einen bloßen Schein anſehen. Sie reichen aber mit dieſer kurzen Aufloͤſung der Frage nicht weit, weil ſie bey ihrem allgemeinen Schein noch eben die Unter-
ſchiede
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Von dem ſinnlichen Schein.
man dieſe Abwechslung in der Farbe des Sonnenlich-
tes der Sonne ſelbſt oder dem Auge zuſchreiben wollte.
§. 60. Um den relativen Theil des Scheins der
Dinge zu entdecken, iſt es gut, die Umſtaͤnde der Sa-
che auf alle Arten abzuwechſeln. Man ſchreibt dieſe
Regel nicht nur fuͤr den Schein, ſondern auch fuͤr die
wahren Eigenſchaften vor, wenn man das Weſentliche
von dem Zufaͤlligen trennen will. So zeigen uns die
Verſuche in Luftleerem Raume, was in den Koͤrpern
von dem Daſeyn der Luft herruͤhrt, und folglich denſel-
ben nicht unmittelbar zugeeignet werden kann. Die
Geometrie geht hierinn noch weiter. Denn indem ſie
uns lehrt, wie aus den in zween Staͤnden gemeſſenen
Winkeln ein ganzes uͤberſehbares Feld in Grund gelegt
werden kann, ſo will dieſes eben ſo viel ſagen, als aus
der an zween Oertern obſervirten ſcheinbaren Lage der
Gegenſtaͤnde auf dem Felde ihre wahre Lage zu beſtim-
men. Denn die gemeſſenen Winkel geben an jedem
Rande die ſcheinbare Lage an, da hingegen zu der wah-
ren Lage nicht nur die Winkel, ſondern auch die wahren
Entfernungen gehoͤren.
§. 61. Der objective Theil des Scheins der Din-
ge laͤßt ſich ebenfalls aus den Aenderungen der Sache
ſelbſt erkennen, wenn man dieſe aus andern Gruͤnden
weiß, oder ſie daraus ſchließen kann, daß der ſubjective
und relative Theil des Scheins ungeaͤndert geblieben
ſind, oder keinen Einfluß in die bemerkte Aenderung
des Scheins der Sache haben. Die Hauptfrage aber,
die wir hiebey zu unterſuchen haben, betrifft den Unter-
ſchied deſſen, was in den Koͤrpern wahr, real und
Schein iſt. Damit ſind nun allerdings die Jdealiſten
am geſchwindeſten fertig, weil ſie die ganze Koͤrperwelt
als einen bloßen Schein anſehen. Sie reichen aber
mit dieſer kurzen Aufloͤſung der Frage nicht weit, weil
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/259>, abgerufen am 24.11.2024.
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