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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Wahrscheinlichen.
weil dieser nebst einem der Vordersätze verneinend seyn
müßte: sondern die Sätze

B ist C, D, E, F etc.
A ist ebenfalls C, D, E, F etc.

mit einander zu vergleichen, weil man durch diese Art
des Vortrages fast unvermerkt geneigt wird, den Schluß
zu machen, daß A müsse B seyn, zumal wenn uns
dabey kein Merkmal einfällt, welches nicht beyden Be-
griffen zukomme, oder nur von dem einen bejaht, von
dem anderen aber verneint werden müsse. Hiebey ist
unstreitig, daß wenn A in der That B ist, uns kein sol-
ches Merkmal beyfallen könne, wenn wir anders die
Begriffe A, B, nicht irrig denken. Ferner ist aus dem
Vorhergehenden klar, daß der Schluß: A sey B, angehe,
so oft unter den Prädicaten C, D, E, F etc. solche vor-
kommen, die einzeln oder zusammengenommen, eigene
Merkmale von B sind. Denn so läßt sich der erste
Satz umkehren, der Schluß wird in der ersten Figur,
und der Schlußsatz wahr und richtig seyn. Den drit-
ten Fall, wo nämlich C, D, E, F etc. die ganze Summe
von allen möglichen Prädicaten des B sind, berühren
wir hier nicht, weil solche Summen für uns viel zu
weitläuftig sind. Daferne wir aber den Begriff B in
seine eigene und gemeinsame Merkmale dergestalt auf-
lösen können, daß sie zusammengenommen den Umfang
desselben ausfüllen; so machen diese Merkmale zusam-
men den Begriff M aus, und der Satz: B ist M, läßt
sich, wie alle identische Sätze, schlechthin umkehren.
Das einzige, was wir hier noch zum Behufe der Wahr-
scheinlichkeit anmerken wollen, ist, daß wenn man auch,
ohne Auswahl treffen zu können, bey dieser Art zu
schließen, eine sehr große Menge von Prädicaten C, D,
E, F
etc. aufhäuft, die Vermuthung, es möchten doch
einige oder mehrere darunter zusammengenommen dem
Begriff B allein zukommen, und folglich der Satz: A ist B,

dadurch
Lamb. Organon II B. Y

Von dem Wahrſcheinlichen.
weil dieſer nebſt einem der Vorderſaͤtze verneinend ſeyn
muͤßte: ſondern die Saͤtze

B iſt C, D, E, F ꝛc.
A iſt ebenfalls C, D, E, F ꝛc.

mit einander zu vergleichen, weil man durch dieſe Art
des Vortrages faſt unvermerkt geneigt wird, den Schluß
zu machen, daß A muͤſſe B ſeyn, zumal wenn uns
dabey kein Merkmal einfaͤllt, welches nicht beyden Be-
griffen zukomme, oder nur von dem einen bejaht, von
dem anderen aber verneint werden muͤſſe. Hiebey iſt
unſtreitig, daß wenn A in der That B iſt, uns kein ſol-
ches Merkmal beyfallen koͤnne, wenn wir anders die
Begriffe A, B, nicht irrig denken. Ferner iſt aus dem
Vorhergehenden klar, daß der Schluß: A ſey B, angehe,
ſo oft unter den Praͤdicaten C, D, E, F ꝛc. ſolche vor-
kommen, die einzeln oder zuſammengenommen, eigene
Merkmale von B ſind. Denn ſo laͤßt ſich der erſte
Satz umkehren, der Schluß wird in der erſten Figur,
und der Schlußſatz wahr und richtig ſeyn. Den drit-
ten Fall, wo naͤmlich C, D, E, F ꝛc. die ganze Summe
von allen moͤglichen Praͤdicaten des B ſind, beruͤhren
wir hier nicht, weil ſolche Summen fuͤr uns viel zu
weitlaͤuftig ſind. Daferne wir aber den Begriff B in
ſeine eigene und gemeinſame Merkmale dergeſtalt auf-
loͤſen koͤnnen, daß ſie zuſammengenommen den Umfang
deſſelben ausfuͤllen; ſo machen dieſe Merkmale zuſam-
men den Begriff M aus, und der Satz: B iſt M, laͤßt
ſich, wie alle identiſche Saͤtze, ſchlechthin umkehren.
Das einzige, was wir hier noch zum Behufe der Wahr-
ſcheinlichkeit anmerken wollen, iſt, daß wenn man auch,
ohne Auswahl treffen zu koͤnnen, bey dieſer Art zu
ſchließen, eine ſehr große Menge von Praͤdicaten C, D,
E, F
ꝛc. aufhaͤuft, die Vermuthung, es moͤchten doch
einige oder mehrere darunter zuſammengenommen dem
Begriff B allein zukommen, und folglich der Satz: A iſt B,

dadurch
Lamb. Organon II B. Y
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[337/0343] Von dem Wahrſcheinlichen. weil dieſer nebſt einem der Vorderſaͤtze verneinend ſeyn muͤßte: ſondern die Saͤtze B iſt C, D, E, F ꝛc. A iſt ebenfalls C, D, E, F ꝛc. mit einander zu vergleichen, weil man durch dieſe Art des Vortrages faſt unvermerkt geneigt wird, den Schluß zu machen, daß A muͤſſe B ſeyn, zumal wenn uns dabey kein Merkmal einfaͤllt, welches nicht beyden Be- griffen zukomme, oder nur von dem einen bejaht, von dem anderen aber verneint werden muͤſſe. Hiebey iſt unſtreitig, daß wenn A in der That B iſt, uns kein ſol- ches Merkmal beyfallen koͤnne, wenn wir anders die Begriffe A, B, nicht irrig denken. Ferner iſt aus dem Vorhergehenden klar, daß der Schluß: A ſey B, angehe, ſo oft unter den Praͤdicaten C, D, E, F ꝛc. ſolche vor- kommen, die einzeln oder zuſammengenommen, eigene Merkmale von B ſind. Denn ſo laͤßt ſich der erſte Satz umkehren, der Schluß wird in der erſten Figur, und der Schlußſatz wahr und richtig ſeyn. Den drit- ten Fall, wo naͤmlich C, D, E, F ꝛc. die ganze Summe von allen moͤglichen Praͤdicaten des B ſind, beruͤhren wir hier nicht, weil ſolche Summen fuͤr uns viel zu weitlaͤuftig ſind. Daferne wir aber den Begriff B in ſeine eigene und gemeinſame Merkmale dergeſtalt auf- loͤſen koͤnnen, daß ſie zuſammengenommen den Umfang deſſelben ausfuͤllen; ſo machen dieſe Merkmale zuſam- men den Begriff M aus, und der Satz: B iſt M, laͤßt ſich, wie alle identiſche Saͤtze, ſchlechthin umkehren. Das einzige, was wir hier noch zum Behufe der Wahr- ſcheinlichkeit anmerken wollen, iſt, daß wenn man auch, ohne Auswahl treffen zu koͤnnen, bey dieſer Art zu ſchließen, eine ſehr große Menge von Praͤdicaten C, D, E, F ꝛc. aufhaͤuft, die Vermuthung, es moͤchten doch einige oder mehrere darunter zuſammengenommen dem Begriff B allein zukommen, und folglich der Satz: A iſt B, dadurch Lamb. Organon II B. Y

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/343>, abgerufen am 24.11.2024.