dadurch erwiesen seyn, größer wird, und zwar um desto mehr, je verschiedener die Prädicate C, D, E, F etc. sind, und je weniger es den Anschein hat, daß einige für sich schon aus den andern folgen. Diese Verschiedenheit müssen wir bey der Aufhäufung der Argumente an sich auch voraussetzen, weil ein Argument, das nur eine Folge von dem andern ist, zu der Vermehrung der Wahrscheinlichkeit nichts beyträgt, und uns folglich, so lange wir diese Abhänglichkeit nicht wissen, durch einen falschen Schein blendet.
§. 169. Wenn die Prädicate C, D, E, F etc. nicht eigene Merkmale von B sind, so kommen sie noch irgend andern Subjecten zu. Kann man nun in Ansehung derselben die oben (§. 154. seqq.) betrachtete Abzählung der Fälle, in welchen sie dem B zukommen, und in wel- chen sie ihm nicht zukommen, vornehmen, oder die Ver- hältniß zwischen beyden aus andern Gründen finden, so läßt sich der Grad der Wahrscheinlichkeit, der aus den- selben erwächst, berechnen. Wir wollen uns hier be- gnügen, diese Berechnung auf die Theorie der Glücks- spiele zu reduciren. Man stelle sich so viele Haufen Zettel vor als Argumente sind. Jn jedem Haufen sey die Anzahl der gültigen oder bezeichneten Zettel zu der Anzahl der nicht bezeichneten in eben der Verhältniß, wie die Fälle, in welchen das Argument gültig ist, zu denen sind, in welchen es nicht gültig ist. Man setze nun, Cajus nehme blindhin von jedem Haufen einen Zettel, die Frage ist, wie wahrscheinlich es sey, daß unter diesen herausgenommenen Zetteln kein gültiger sey? So wahrscheinlich, oder so unwahrscheinlich wird es seyn, daß alle Argumente, so man zum Behuf des Satzes gefunden, ihn nicht beweisen. Die Theorie der Glücksspiele giebt zu dieser Berechnung folgende Regel an. Man multiplicire die Anzahl der gesamm- ten Zettel eines jeden Haufens mit einander,
und
V. Hauptſtuͤck.
dadurch erwieſen ſeyn, groͤßer wird, und zwar um deſto mehr, je verſchiedener die Praͤdicate C, D, E, F ꝛc. ſind, und je weniger es den Anſchein hat, daß einige fuͤr ſich ſchon aus den andern folgen. Dieſe Verſchiedenheit muͤſſen wir bey der Aufhaͤufung der Argumente an ſich auch vorausſetzen, weil ein Argument, das nur eine Folge von dem andern iſt, zu der Vermehrung der Wahrſcheinlichkeit nichts beytraͤgt, und uns folglich, ſo lange wir dieſe Abhaͤnglichkeit nicht wiſſen, durch einen falſchen Schein blendet.
§. 169. Wenn die Praͤdicate C, D, E, F ꝛc. nicht eigene Merkmale von B ſind, ſo kommen ſie noch irgend andern Subjecten zu. Kann man nun in Anſehung derſelben die oben (§. 154. ſeqq.) betrachtete Abzaͤhlung der Faͤlle, in welchen ſie dem B zukommen, und in wel- chen ſie ihm nicht zukommen, vornehmen, oder die Ver- haͤltniß zwiſchen beyden aus andern Gruͤnden finden, ſo laͤßt ſich der Grad der Wahrſcheinlichkeit, der aus den- ſelben erwaͤchſt, berechnen. Wir wollen uns hier be- gnuͤgen, dieſe Berechnung auf die Theorie der Gluͤcks- ſpiele zu reduciren. Man ſtelle ſich ſo viele Haufen Zettel vor als Argumente ſind. Jn jedem Haufen ſey die Anzahl der guͤltigen oder bezeichneten Zettel zu der Anzahl der nicht bezeichneten in eben der Verhaͤltniß, wie die Faͤlle, in welchen das Argument guͤltig iſt, zu denen ſind, in welchen es nicht guͤltig iſt. Man ſetze nun, Cajus nehme blindhin von jedem Haufen einen Zettel, die Frage iſt, wie wahrſcheinlich es ſey, daß unter dieſen herausgenommenen Zetteln kein guͤltiger ſey? So wahrſcheinlich, oder ſo unwahrſcheinlich wird es ſeyn, daß alle Argumente, ſo man zum Behuf des Satzes gefunden, ihn nicht beweiſen. Die Theorie der Gluͤcksſpiele giebt zu dieſer Berechnung folgende Regel an. Man multiplicire die Anzahl der geſamm- ten Zettel eines jeden Haufens mit einander,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0344"n="338"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/>
dadurch erwieſen ſeyn, groͤßer wird, und zwar um deſto<lb/>
mehr, je verſchiedener die Praͤdicate <hirendition="#aq">C, D, E, F</hi>ꝛc. ſind,<lb/>
und je weniger es den Anſchein hat, daß einige fuͤr ſich<lb/>ſchon aus den andern folgen. Dieſe Verſchiedenheit<lb/>
muͤſſen wir bey der Aufhaͤufung der Argumente an ſich<lb/>
auch vorausſetzen, weil ein Argument, das nur eine<lb/>
Folge von dem andern iſt, zu der Vermehrung der<lb/>
Wahrſcheinlichkeit nichts beytraͤgt, und uns folglich, ſo<lb/>
lange wir dieſe Abhaͤnglichkeit nicht wiſſen, durch einen<lb/>
falſchen Schein blendet.</p><lb/><p>§. 169. Wenn die Praͤdicate <hirendition="#aq">C, D, E, F</hi>ꝛc. nicht<lb/>
eigene Merkmale von <hirendition="#aq">B</hi>ſind, ſo kommen ſie noch irgend<lb/>
andern Subjecten zu. Kann man nun in Anſehung<lb/>
derſelben die oben (§. 154. <hirendition="#aq">ſeqq.</hi>) betrachtete Abzaͤhlung<lb/>
der Faͤlle, in welchen ſie dem <hirendition="#aq">B</hi> zukommen, und in wel-<lb/>
chen ſie ihm nicht zukommen, vornehmen, oder die Ver-<lb/>
haͤltniß zwiſchen beyden aus andern Gruͤnden finden, ſo<lb/>
laͤßt ſich der Grad der Wahrſcheinlichkeit, der aus den-<lb/>ſelben erwaͤchſt, berechnen. Wir wollen uns hier be-<lb/>
gnuͤgen, dieſe Berechnung auf die Theorie der Gluͤcks-<lb/>ſpiele zu reduciren. Man ſtelle ſich ſo viele Haufen<lb/>
Zettel vor als Argumente ſind. Jn jedem Haufen ſey<lb/>
die Anzahl der guͤltigen oder bezeichneten Zettel zu der<lb/>
Anzahl der nicht bezeichneten in eben der Verhaͤltniß,<lb/>
wie die Faͤlle, in welchen das Argument guͤltig iſt, zu<lb/>
denen ſind, in welchen es nicht guͤltig iſt. Man ſetze<lb/>
nun, Cajus nehme blindhin von jedem Haufen einen<lb/>
Zettel, die Frage iſt, wie wahrſcheinlich es ſey, daß<lb/>
unter dieſen herausgenommenen Zetteln kein guͤltiger<lb/>ſey? So wahrſcheinlich, oder ſo unwahrſcheinlich wird<lb/>
es ſeyn, daß alle Argumente, ſo man zum Behuf des<lb/>
Satzes gefunden, ihn nicht beweiſen. Die Theorie der<lb/>
Gluͤcksſpiele giebt zu dieſer Berechnung folgende Regel<lb/>
an. <hirendition="#fr">Man multiplicire die Anzahl der geſamm-<lb/>
ten Zettel eines jeden Haufens mit einander,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">und</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[338/0344]
V. Hauptſtuͤck.
dadurch erwieſen ſeyn, groͤßer wird, und zwar um deſto
mehr, je verſchiedener die Praͤdicate C, D, E, F ꝛc. ſind,
und je weniger es den Anſchein hat, daß einige fuͤr ſich
ſchon aus den andern folgen. Dieſe Verſchiedenheit
muͤſſen wir bey der Aufhaͤufung der Argumente an ſich
auch vorausſetzen, weil ein Argument, das nur eine
Folge von dem andern iſt, zu der Vermehrung der
Wahrſcheinlichkeit nichts beytraͤgt, und uns folglich, ſo
lange wir dieſe Abhaͤnglichkeit nicht wiſſen, durch einen
falſchen Schein blendet.
§. 169. Wenn die Praͤdicate C, D, E, F ꝛc. nicht
eigene Merkmale von B ſind, ſo kommen ſie noch irgend
andern Subjecten zu. Kann man nun in Anſehung
derſelben die oben (§. 154. ſeqq.) betrachtete Abzaͤhlung
der Faͤlle, in welchen ſie dem B zukommen, und in wel-
chen ſie ihm nicht zukommen, vornehmen, oder die Ver-
haͤltniß zwiſchen beyden aus andern Gruͤnden finden, ſo
laͤßt ſich der Grad der Wahrſcheinlichkeit, der aus den-
ſelben erwaͤchſt, berechnen. Wir wollen uns hier be-
gnuͤgen, dieſe Berechnung auf die Theorie der Gluͤcks-
ſpiele zu reduciren. Man ſtelle ſich ſo viele Haufen
Zettel vor als Argumente ſind. Jn jedem Haufen ſey
die Anzahl der guͤltigen oder bezeichneten Zettel zu der
Anzahl der nicht bezeichneten in eben der Verhaͤltniß,
wie die Faͤlle, in welchen das Argument guͤltig iſt, zu
denen ſind, in welchen es nicht guͤltig iſt. Man ſetze
nun, Cajus nehme blindhin von jedem Haufen einen
Zettel, die Frage iſt, wie wahrſcheinlich es ſey, daß
unter dieſen herausgenommenen Zetteln kein guͤltiger
ſey? So wahrſcheinlich, oder ſo unwahrſcheinlich wird
es ſeyn, daß alle Argumente, ſo man zum Behuf des
Satzes gefunden, ihn nicht beweiſen. Die Theorie der
Gluͤcksſpiele giebt zu dieſer Berechnung folgende Regel
an. Man multiplicire die Anzahl der geſamm-
ten Zettel eines jeden Haufens mit einander,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/344>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.