Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Hauptstück.
Ende des fünften Hauptstückes der Dianoiologie (§. 310.
seqq.) betrachtet, und einige Beyspiele davon in For-
meln vorgestellt haben. Jn gegenwärtigem Falle wird
die Formel geändert, je nachdem man, um die Arten
P, Q, R etc. auszuschließen, entweder A, oder D, E, F etc.
gebraucht. Z. E.

A ist C
C ist entweder B, oder P, oder Q, oder R.
A ist weder P, noch Q, noch R
Folglich A ist B.


A ist C, D, E, F.
C ist entweder B, oder P, oder Q, oder R.
aber D ist nicht P
E
ist nicht Q
F
ist nicht R.
demnach: A ist B.


§. 171. Aus dem bisher gesagten erhellet nun über-
haupt, daß bey den so genannten moralischen Beweisen
oder Aufhäufungen von Argumenten immer eine Jn-
duction vorkomme, die entweder nur unvollständig zu
seyn scheint, oder es in der That ist. Denn dieses lassen
solche Beweise unerörtert, weil der Antheil, den jedes
Argument an dem Beweise hat, dabey nicht bestimmt
oder berechnet wird. Es kann daher gar leicht gesche-
hen, daß der Satz dadurch nicht nur bewiesen, sondern
gleichsam mehr als bewiesen ist; das will sagen, daß
man einige Argumente hätte weglassen können, wenn
man darauf Achtung gehabt hätte, daß die übrigen zum
Beweise völlig ausreichen. So z. E. wenn in dem Fall
des §. 168. unter den Prädicaten C, D, E, F etc. ein ein-
ziges vorkömmt, welches ein eigenes Merkmal von B ist,
so ist dieses zureichend, den Satz: A ist B, zu beweisen.
Auf diese Art erkennen wir die meisten Dinge bey dem

ersten

V. Hauptſtuͤck.
Ende des fuͤnften Hauptſtuͤckes der Dianoiologie (§. 310.
ſeqq.) betrachtet, und einige Beyſpiele davon in For-
meln vorgeſtellt haben. Jn gegenwaͤrtigem Falle wird
die Formel geaͤndert, je nachdem man, um die Arten
P, Q, R ꝛc. auszuſchließen, entweder A, oder D, E, F ꝛc.
gebraucht. Z. E.

A iſt C
C iſt entweder B, oder P, oder Q, oder R.
A iſt weder P, noch Q, noch R
Folglich A iſt B.


A iſt C, D, E, F.
C iſt entweder B, oder P, oder Q, oder R.
aber D iſt nicht P
E
iſt nicht Q
F
iſt nicht R.
demnach: A iſt B.


§. 171. Aus dem bisher geſagten erhellet nun uͤber-
haupt, daß bey den ſo genannten moraliſchen Beweiſen
oder Aufhaͤufungen von Argumenten immer eine Jn-
duction vorkomme, die entweder nur unvollſtaͤndig zu
ſeyn ſcheint, oder es in der That iſt. Denn dieſes laſſen
ſolche Beweiſe uneroͤrtert, weil der Antheil, den jedes
Argument an dem Beweiſe hat, dabey nicht beſtimmt
oder berechnet wird. Es kann daher gar leicht geſche-
hen, daß der Satz dadurch nicht nur bewieſen, ſondern
gleichſam mehr als bewieſen iſt; das will ſagen, daß
man einige Argumente haͤtte weglaſſen koͤnnen, wenn
man darauf Achtung gehabt haͤtte, daß die uͤbrigen zum
Beweiſe voͤllig ausreichen. So z. E. wenn in dem Fall
des §. 168. unter den Praͤdicaten C, D, E, F ꝛc. ein ein-
ziges vorkoͤmmt, welches ein eigenes Merkmal von B iſt,
ſo iſt dieſes zureichend, den Satz: A iſt B, zu beweiſen.
Auf dieſe Art erkennen wir die meiſten Dinge bey dem

erſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0346" n="340"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
Ende des fu&#x0364;nften Haupt&#x017F;tu&#x0364;ckes der Dianoiologie (§. 310.<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi>) betrachtet, und einige Bey&#x017F;piele davon in For-<lb/>
meln vorge&#x017F;tellt haben. Jn gegenwa&#x0364;rtigem Falle wird<lb/>
die Formel gea&#x0364;ndert, je nachdem man, um die Arten<lb/><hi rendition="#aq">P, Q, R</hi> &#xA75B;c. auszu&#x017F;chließen, entweder <hi rendition="#aq">A,</hi> oder <hi rendition="#aq">D, E, F</hi> &#xA75B;c.<lb/>
gebraucht. Z. E.</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">C</hi></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">C</hi> i&#x017F;t entweder <hi rendition="#aq">B,</hi> oder <hi rendition="#aq">P,</hi> oder <hi rendition="#aq">Q,</hi> oder <hi rendition="#aq">R.</hi></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t weder <hi rendition="#aq">P,</hi> noch <hi rendition="#aq">Q,</hi> noch <hi rendition="#aq">R</hi></item><lb/>
            <item>Folglich <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
          </list><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">C, D, E, F.</hi></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">C</hi> i&#x017F;t entweder <hi rendition="#aq">B,</hi> oder <hi rendition="#aq">P,</hi> oder <hi rendition="#aq">Q,</hi> oder <hi rendition="#aq">R.</hi></item><lb/>
            <item>aber <hi rendition="#aq">D</hi> i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">P<lb/>
E</hi> i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">Q<lb/>
F</hi> i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">R.</hi></item><lb/>
            <item>demnach: <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
          </list><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>§. 171. Aus dem bisher ge&#x017F;agten erhellet nun u&#x0364;ber-<lb/>
haupt, daß bey den &#x017F;o genannten morali&#x017F;chen Bewei&#x017F;en<lb/>
oder Aufha&#x0364;ufungen von Argumenten immer eine Jn-<lb/>
duction vorkomme, die entweder nur unvoll&#x017F;ta&#x0364;ndig zu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheint, oder es in der That i&#x017F;t. Denn die&#x017F;es la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;olche Bewei&#x017F;e unero&#x0364;rtert, weil der Antheil, den jedes<lb/>
Argument an dem Bewei&#x017F;e hat, dabey nicht be&#x017F;timmt<lb/>
oder berechnet wird. Es kann daher gar leicht ge&#x017F;che-<lb/>
hen, daß der Satz dadurch nicht nur bewie&#x017F;en, &#x017F;ondern<lb/>
gleich&#x017F;am mehr als bewie&#x017F;en i&#x017F;t; das will &#x017F;agen, daß<lb/>
man einige Argumente ha&#x0364;tte wegla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, wenn<lb/>
man darauf Achtung gehabt ha&#x0364;tte, daß die u&#x0364;brigen zum<lb/>
Bewei&#x017F;e vo&#x0364;llig ausreichen. So z. E. wenn in dem Fall<lb/>
des §. 168. unter den Pra&#x0364;dicaten <hi rendition="#aq">C, D, E, F</hi> &#xA75B;c. ein ein-<lb/>
ziges vorko&#x0364;mmt, welches ein eigenes Merkmal von <hi rendition="#aq">B</hi> i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es zureichend, den Satz: <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B,</hi> zu bewei&#x017F;en.<lb/>
Auf die&#x017F;e Art erkennen wir die mei&#x017F;ten Dinge bey dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er&#x017F;ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0346] V. Hauptſtuͤck. Ende des fuͤnften Hauptſtuͤckes der Dianoiologie (§. 310. ſeqq.) betrachtet, und einige Beyſpiele davon in For- meln vorgeſtellt haben. Jn gegenwaͤrtigem Falle wird die Formel geaͤndert, je nachdem man, um die Arten P, Q, R ꝛc. auszuſchließen, entweder A, oder D, E, F ꝛc. gebraucht. Z. E. A iſt C C iſt entweder B, oder P, oder Q, oder R. A iſt weder P, noch Q, noch R Folglich A iſt B. A iſt C, D, E, F. C iſt entweder B, oder P, oder Q, oder R. aber D iſt nicht P E iſt nicht Q F iſt nicht R. demnach: A iſt B. §. 171. Aus dem bisher geſagten erhellet nun uͤber- haupt, daß bey den ſo genannten moraliſchen Beweiſen oder Aufhaͤufungen von Argumenten immer eine Jn- duction vorkomme, die entweder nur unvollſtaͤndig zu ſeyn ſcheint, oder es in der That iſt. Denn dieſes laſſen ſolche Beweiſe uneroͤrtert, weil der Antheil, den jedes Argument an dem Beweiſe hat, dabey nicht beſtimmt oder berechnet wird. Es kann daher gar leicht geſche- hen, daß der Satz dadurch nicht nur bewieſen, ſondern gleichſam mehr als bewieſen iſt; das will ſagen, daß man einige Argumente haͤtte weglaſſen koͤnnen, wenn man darauf Achtung gehabt haͤtte, daß die uͤbrigen zum Beweiſe voͤllig ausreichen. So z. E. wenn in dem Fall des §. 168. unter den Praͤdicaten C, D, E, F ꝛc. ein ein- ziges vorkoͤmmt, welches ein eigenes Merkmal von B iſt, ſo iſt dieſes zureichend, den Satz: A iſt B, zu beweiſen. Auf dieſe Art erkennen wir die meiſten Dinge bey dem erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/346
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/346>, abgerufen am 20.05.2024.