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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Erkenntniß überhaupt.
auf glückliche Einfälle des Dichters, als auf den Zwang
des Aussuchens an.

§. 45. Die Heraldik ist ebenfalls eine Art von
Zeichenkunst, die aber bald durchaus auf willkührlichen
Dingen beruhet. Jndessen hat sie ihre Regeln, nach
denen die Figur des Wapens, die Metalle und Farben,
die Theilung des Schildes, die Figuren und Zierrathen
bestimmet werden. Man hat die meisten von diesen
Dingen bedeutend gemacht, und daher die Wapen in
Herrschafts-Prätensions-Würden-Geschlechts-Wa-
pen etc. unterschieden. Man kann sie überhaupt als
Zeichen der Verhältnisse ansehen, in welchen der, so
ein Wapen führet, seines Geschlechts, Standes, Ran-
ges halben etc. sich befindet, und in dieser Absicht ma-
chen sie eine besondere Sprache aus. Es hat sie der
eingeführte Gebrauch nothwendig gemacht, und in so
ferne sind sie in vielen Stücken ein Theil der Au-
thentität.

§. 46. Man hat ferner in den Landcharten eine
Menge von Zeichen, wodurch, nebst der Lage der Oer-
ter, auch vieles von ihrer Beschaffenheit vorgestellet
wird. Diese Zeichen sind, ungefähr wie die chymi-
schen und astronomischen (§. 30.), nur Abkürzungen, und
in soferne nützlich, weil sie viel auf einen Anblick vor-
stellen. Es ist nicht zu zweifeln, daß sie noch mehre-
rer Vollkommenheit fähig wären, und vielleicht ließen
sich Namen aussinnen, in welchen jeder Buchstab eine
geographische Bedeutung hätte, ungefähr wie wir in
der Dianoiologie den nächsten Umwegen im Schließen
die Namen Caspida, Serpide, etc. gegeben haben, in
welchen jeder Buchstab einen besondern Umstand oder
Regel anzeigt. Wir können eben dieses für die Bo-
tanik
anmerken. Es werden wissenschaftliche Zeichen
und Namen jeder Kräuter und Gewächse möglich seyn,
so bald man die Unterscheidungsstücke derselben auf eine

geringe

Erkenntniß uͤberhaupt.
auf gluͤckliche Einfaͤlle des Dichters, als auf den Zwang
des Ausſuchens an.

§. 45. Die Heraldik iſt ebenfalls eine Art von
Zeichenkunſt, die aber bald durchaus auf willkuͤhrlichen
Dingen beruhet. Jndeſſen hat ſie ihre Regeln, nach
denen die Figur des Wapens, die Metalle und Farben,
die Theilung des Schildes, die Figuren und Zierrathen
beſtimmet werden. Man hat die meiſten von dieſen
Dingen bedeutend gemacht, und daher die Wapen in
Herrſchafts-Praͤtenſions-Wuͤrden-Geſchlechts-Wa-
pen ꝛc. unterſchieden. Man kann ſie uͤberhaupt als
Zeichen der Verhaͤltniſſe anſehen, in welchen der, ſo
ein Wapen fuͤhret, ſeines Geſchlechts, Standes, Ran-
ges halben ꝛc. ſich befindet, und in dieſer Abſicht ma-
chen ſie eine beſondere Sprache aus. Es hat ſie der
eingefuͤhrte Gebrauch nothwendig gemacht, und in ſo
ferne ſind ſie in vielen Stuͤcken ein Theil der Au-
thentitaͤt.

§. 46. Man hat ferner in den Landcharten eine
Menge von Zeichen, wodurch, nebſt der Lage der Oer-
ter, auch vieles von ihrer Beſchaffenheit vorgeſtellet
wird. Dieſe Zeichen ſind, ungefaͤhr wie die chymi-
ſchen und aſtronomiſchen (§. 30.), nur Abkuͤrzungen, und
in ſoferne nuͤtzlich, weil ſie viel auf einen Anblick vor-
ſtellen. Es iſt nicht zu zweifeln, daß ſie noch mehre-
rer Vollkommenheit faͤhig waͤren, und vielleicht ließen
ſich Namen ausſinnen, in welchen jeder Buchſtab eine
geographiſche Bedeutung haͤtte, ungefaͤhr wie wir in
der Dianoiologie den naͤchſten Umwegen im Schließen
die Namen Caſpida, Serpide, ꝛc. gegeben haben, in
welchen jeder Buchſtab einen beſondern Umſtand oder
Regel anzeigt. Wir koͤnnen eben dieſes fuͤr die Bo-
tanik
anmerken. Es werden wiſſenſchaftliche Zeichen
und Namen jeder Kraͤuter und Gewaͤchſe moͤglich ſeyn,
ſo bald man die Unterſcheidungsſtuͤcke derſelben auf eine

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[29/0035] Erkenntniß uͤberhaupt. auf gluͤckliche Einfaͤlle des Dichters, als auf den Zwang des Ausſuchens an. §. 45. Die Heraldik iſt ebenfalls eine Art von Zeichenkunſt, die aber bald durchaus auf willkuͤhrlichen Dingen beruhet. Jndeſſen hat ſie ihre Regeln, nach denen die Figur des Wapens, die Metalle und Farben, die Theilung des Schildes, die Figuren und Zierrathen beſtimmet werden. Man hat die meiſten von dieſen Dingen bedeutend gemacht, und daher die Wapen in Herrſchafts-Praͤtenſions-Wuͤrden-Geſchlechts-Wa- pen ꝛc. unterſchieden. Man kann ſie uͤberhaupt als Zeichen der Verhaͤltniſſe anſehen, in welchen der, ſo ein Wapen fuͤhret, ſeines Geſchlechts, Standes, Ran- ges halben ꝛc. ſich befindet, und in dieſer Abſicht ma- chen ſie eine beſondere Sprache aus. Es hat ſie der eingefuͤhrte Gebrauch nothwendig gemacht, und in ſo ferne ſind ſie in vielen Stuͤcken ein Theil der Au- thentitaͤt. §. 46. Man hat ferner in den Landcharten eine Menge von Zeichen, wodurch, nebſt der Lage der Oer- ter, auch vieles von ihrer Beſchaffenheit vorgeſtellet wird. Dieſe Zeichen ſind, ungefaͤhr wie die chymi- ſchen und aſtronomiſchen (§. 30.), nur Abkuͤrzungen, und in ſoferne nuͤtzlich, weil ſie viel auf einen Anblick vor- ſtellen. Es iſt nicht zu zweifeln, daß ſie noch mehre- rer Vollkommenheit faͤhig waͤren, und vielleicht ließen ſich Namen ausſinnen, in welchen jeder Buchſtab eine geographiſche Bedeutung haͤtte, ungefaͤhr wie wir in der Dianoiologie den naͤchſten Umwegen im Schließen die Namen Caſpida, Serpide, ꝛc. gegeben haben, in welchen jeder Buchſtab einen beſondern Umſtand oder Regel anzeigt. Wir koͤnnen eben dieſes fuͤr die Bo- tanik anmerken. Es werden wiſſenſchaftliche Zeichen und Namen jeder Kraͤuter und Gewaͤchſe moͤglich ſeyn, ſo bald man die Unterſcheidungsſtuͤcke derſelben auf eine geringe

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/35>, abgerufen am 28.04.2024.