Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.Von dem Wahrscheinlichen. gebe. Denn diese Abzählung wird jedesmal an sichschon durch die Versicherung oder wenigstens durch die Vermuthung veranlaßt, daß einige A, B sind. Man nimmt sie auch sodann nur vor, um zu finden, wie viele es sind, und wie viele es hingegen nicht sind, oder we- nigstens um die Verhältniß zwischen beyden Classen zu finden, es mag nun a priori oder a posteriori gesche- hen. Findet man nun, daß B allen A zukomme, so hat man einen Satz, von dessen Wahrheit und All- gemeinheit man versichert ist, und da ist vom Wahrscheinlichen keine Rede mehr. Eben dieses gilt auch, wenn man findet, daß kein A, B ist. Auf gleiche Art, wenn man findet, daß nur ein gewisser Theil von allen A, z. E. 3/4 Theile das Prädicat B ha- ben; so hat man zween Sätze: 3/4 A sind B. 1/4 A ist nicht B. Diese Sätze lassen nun nichts mehr zu bestimmen übrig, §. 188. Jn so fern solche Sätze particular sind, las- rität Z 3
Von dem Wahrſcheinlichen. gebe. Denn dieſe Abzaͤhlung wird jedesmal an ſichſchon durch die Verſicherung oder wenigſtens durch die Vermuthung veranlaßt, daß einige A, B ſind. Man nimmt ſie auch ſodann nur vor, um zu finden, wie viele es ſind, und wie viele es hingegen nicht ſind, oder we- nigſtens um die Verhaͤltniß zwiſchen beyden Claſſen zu finden, es mag nun a priori oder a poſteriori geſche- hen. Findet man nun, daß B allen A zukomme, ſo hat man einen Satz, von deſſen Wahrheit und All- gemeinheit man verſichert iſt, und da iſt vom Wahrſcheinlichen keine Rede mehr. Eben dieſes gilt auch, wenn man findet, daß kein A, B iſt. Auf gleiche Art, wenn man findet, daß nur ein gewiſſer Theil von allen A, z. E. ¾ Theile das Praͤdicat B ha- ben; ſo hat man zween Saͤtze: ¾ A ſind B. ¼ A iſt nicht B. Dieſe Saͤtze laſſen nun nichts mehr zu beſtimmen uͤbrig, §. 188. Jn ſo fern ſolche Saͤtze particular ſind, laſ- ritaͤt Z 3
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Von dem Wahrſcheinlichen.
gebe. Denn dieſe Abzaͤhlung wird jedesmal an ſich
ſchon durch die Verſicherung oder wenigſtens durch die
Vermuthung veranlaßt, daß einige A, B ſind. Man
nimmt ſie auch ſodann nur vor, um zu finden, wie viele
es ſind, und wie viele es hingegen nicht ſind, oder we-
nigſtens um die Verhaͤltniß zwiſchen beyden Claſſen zu
finden, es mag nun a priori oder a poſteriori geſche-
hen. Findet man nun, daß B allen A zukomme, ſo
hat man einen Satz, von deſſen Wahrheit und All-
gemeinheit man verſichert iſt, und da iſt vom
Wahrſcheinlichen keine Rede mehr. Eben dieſes
gilt auch, wenn man findet, daß kein A, B iſt. Auf
gleiche Art, wenn man findet, daß nur ein gewiſſer
Theil von allen A, z. E. ¾ Theile das Praͤdicat B ha-
ben; ſo hat man zween Saͤtze:
¾ A ſind B.
¼ A iſt nicht B.
Dieſe Saͤtze laſſen nun nichts mehr zu beſtimmen uͤbrig,
als nur, wenn man etwan diejenigen A, die B ſind, von
denen, die nicht B ſind, durch andere Merkmale zu un-
terſcheiden und kenntlich zu machen ſuchen will. Wenn
man aber auch dieſes unterlaͤßt, ſo ſind ſolche Saͤtze
nicht mehr bloß wahrſcheinlich, weil man gewiß weiß,
daß nicht bloß etwan etliche, ſondern ¾ von allen In-
diuiduis, die A ſind, das Praͤdicat B haben, und ¼ es
nicht haben. Beyde Saͤtze ſind particular, aber der
Grad der Particularitaͤt iſt dabey beſtimmt.
§. 188. Jn ſo fern ſolche Saͤtze particular ſind, laſ-
ſen ſie ſich wie jede andere Particularſaͤtze in Schlußre-
den gebrauchen, und man reicht damit nicht weiter,
wenn man nicht auf den Grad der Particularitaͤt oder
andere naͤhere Beſtimmungen ſehen will, dergleichen
wir in der Dianoiologie (§. 235. ſeqq.) einige ange-
fuͤhrt haben. So kann auch der Grad der Particula-
ritaͤt
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