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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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V. Hauptstück.
lehrt, daß es sey. Um ein Beyspiel anzuführen, wel-
ches in der Teleologie und Physik sehr weit reicht, so
gebraucht man in der Physik den Satz: Was be-
ständig gewesen ist, fährt fort zu seyn, und wie
ferne,
als einen Grundsatz von dem Beharrungs-
stande
der Dinge und Gesetze der Natur. Die Te-
leologie macht diesen Satz aus dem Begriffe der Un-
veränderlichkeit Gottes in den Vorschriften seines Wil-
lens nothwendig. Nun kann man beweisen, daß, wo
ein Beharrungsstand seyn soll, dasjenige dabey vorkom-
men müsse, was man in der höhern Geometrie ein ma-
ximum
und ein minimum heißt. Denn die Kräfte,
die an dem Beharrungsstande etwas ändern können,
müssen nicht nur im Gleichgewichte, und folglich das
Uebergewicht = 0 seyn, sondern auch das Differentiale
des Uebergewichtes muß = 0 seyn. Letzteres aber giebt
ein maximum oder ein minimum. Auf eine ähnliche
Art werden die Abwechslungen, die in dem Behar-
rungsstande vorkommen, durch maxima und minima
innert bestimmten Schranken erhalten, wie es z. E. in
Ansehung der Witterung geschieht. Die Teleologie sucht
die Bedingungen des Beharrungsstandes aus den Fol-
gen, die die besten seyn sollen, und daraus leitet sie
allerdings auch maxima und minima her. Zu dem
kömmt noch, daß Größen, die veränderlich angenom-
men werden können, oder bey deren Bestimmung eine
Auswahl bleibt, die elegantesten und schicklichsten Eigen-
schaften da haben, wo sie ein maximum oder ein mini-
mum
werden. So z. E. hat Herr Professor König
dem Herrn von Reaumur auf des letztern Ansuchen er-
wiesen, daß man bey den Bienencellen nicht nur die
sechseckige Figur, so die länglichten Seiten machen, son-
dern auch die Pyramidalfigur des Bodens bestimmen
kann, wenn man annimmt, daß die Bienen, um eine
gleiche Menge Honigs zu fassen, am wenigsten Wachs

gebrau-

V. Hauptſtuͤck.
lehrt, daß es ſey. Um ein Beyſpiel anzufuͤhren, wel-
ches in der Teleologie und Phyſik ſehr weit reicht, ſo
gebraucht man in der Phyſik den Satz: Was be-
ſtaͤndig geweſen iſt, faͤhrt fort zu ſeyn, und wie
ferne,
als einen Grundſatz von dem Beharrungs-
ſtande
der Dinge und Geſetze der Natur. Die Te-
leologie macht dieſen Satz aus dem Begriffe der Un-
veraͤnderlichkeit Gottes in den Vorſchriften ſeines Wil-
lens nothwendig. Nun kann man beweiſen, daß, wo
ein Beharrungsſtand ſeyn ſoll, dasjenige dabey vorkom-
men muͤſſe, was man in der hoͤhern Geometrie ein ma-
ximum
und ein minimum heißt. Denn die Kraͤfte,
die an dem Beharrungsſtande etwas aͤndern koͤnnen,
muͤſſen nicht nur im Gleichgewichte, und folglich das
Uebergewicht = 0 ſeyn, ſondern auch das Differentiale
des Uebergewichtes muß = 0 ſeyn. Letzteres aber giebt
ein maximum oder ein minimum. Auf eine aͤhnliche
Art werden die Abwechslungen, die in dem Behar-
rungsſtande vorkommen, durch maxima und minima
innert beſtimmten Schranken erhalten, wie es z. E. in
Anſehung der Witterung geſchieht. Die Teleologie ſucht
die Bedingungen des Beharrungsſtandes aus den Fol-
gen, die die beſten ſeyn ſollen, und daraus leitet ſie
allerdings auch maxima und minima her. Zu dem
koͤmmt noch, daß Groͤßen, die veraͤnderlich angenom-
men werden koͤnnen, oder bey deren Beſtimmung eine
Auswahl bleibt, die eleganteſten und ſchicklichſten Eigen-
ſchaften da haben, wo ſie ein maximum oder ein mini-
mum
werden. So z. E. hat Herr Profeſſor Koͤnig
dem Herrn von Reaumur auf des letztern Anſuchen er-
wieſen, daß man bey den Bienencellen nicht nur die
ſechseckige Figur, ſo die laͤnglichten Seiten machen, ſon-
dern auch die Pyramidalfigur des Bodens beſtimmen
kann, wenn man annimmt, daß die Bienen, um eine
gleiche Menge Honigs zu faſſen, am wenigſten Wachs

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[394/0400] V. Hauptſtuͤck. lehrt, daß es ſey. Um ein Beyſpiel anzufuͤhren, wel- ches in der Teleologie und Phyſik ſehr weit reicht, ſo gebraucht man in der Phyſik den Satz: Was be- ſtaͤndig geweſen iſt, faͤhrt fort zu ſeyn, und wie ferne, als einen Grundſatz von dem Beharrungs- ſtande der Dinge und Geſetze der Natur. Die Te- leologie macht dieſen Satz aus dem Begriffe der Un- veraͤnderlichkeit Gottes in den Vorſchriften ſeines Wil- lens nothwendig. Nun kann man beweiſen, daß, wo ein Beharrungsſtand ſeyn ſoll, dasjenige dabey vorkom- men muͤſſe, was man in der hoͤhern Geometrie ein ma- ximum und ein minimum heißt. Denn die Kraͤfte, die an dem Beharrungsſtande etwas aͤndern koͤnnen, muͤſſen nicht nur im Gleichgewichte, und folglich das Uebergewicht = 0 ſeyn, ſondern auch das Differentiale des Uebergewichtes muß = 0 ſeyn. Letzteres aber giebt ein maximum oder ein minimum. Auf eine aͤhnliche Art werden die Abwechslungen, die in dem Behar- rungsſtande vorkommen, durch maxima und minima innert beſtimmten Schranken erhalten, wie es z. E. in Anſehung der Witterung geſchieht. Die Teleologie ſucht die Bedingungen des Beharrungsſtandes aus den Fol- gen, die die beſten ſeyn ſollen, und daraus leitet ſie allerdings auch maxima und minima her. Zu dem koͤmmt noch, daß Groͤßen, die veraͤnderlich angenom- men werden koͤnnen, oder bey deren Beſtimmung eine Auswahl bleibt, die eleganteſten und ſchicklichſten Eigen- ſchaften da haben, wo ſie ein maximum oder ein mini- mum werden. So z. E. hat Herr Profeſſor Koͤnig dem Herrn von Reaumur auf des letztern Anſuchen er- wieſen, daß man bey den Bienencellen nicht nur die ſechseckige Figur, ſo die laͤnglichten Seiten machen, ſon- dern auch die Pyramidalfigur des Bodens beſtimmen kann, wenn man annimmt, daß die Bienen, um eine gleiche Menge Honigs zu faſſen, am wenigſten Wachs gebrau-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/400>, abgerufen am 21.11.2024.