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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 9, 10-13.
[Spaltenumbruch] Gütern giebt, daß dieselbe nicht einmal Kin-
der wie von einem Vater, also auch von einer
Mutter, der Freyen, in einen gleichen An-
theil an dem väterlichen Erb-Gute gesetzet) da
Rebecca von dem einigen
(Sohn Abrahams
und der Sara, dem) Jsaac, unserm Vater (mit
Zwillingen, dem Esau und Jacob 1 B. Mos. 25,
21. seqq.) schwanger ward (lehret dieses:
nemlich wie wenig es auf leibliche Vorzüge an-
komme, und wie niemand sich auf seine Ver-
dienste vor GOtt zu berufen, sondern alles,
was ihm von GOtt Gutes wiederfähret, allein
seiner freyen Gnade zuzuschreiben habe.)

V. 11.

Ehe die Kinder gebohren waren,
und weder Gutes noch Böses
(in wirckli-
chen Wercken) gethan hatten (nicht das Gu-
te, womit der eine den Vorzug verdienet, auch
nicht das Böse, womit der andere die Hindan-
setzung bey dem väterlichen Erbtheil verschuldet
hätte) auf daß der Fürsatz GOttes bestün-
de nach der Wahl
(der Fürsatz GOttes im
Wercke der Erwehlung, ohne Ansehen der
Personen, oder ihrer Geburt, Verdienste und
Würdigkeit, als wenn er um dieser willen ie-
mand gnädig seyn, und seine Verdienste ver-
gelten müste, in freyer Wahl aus blosser unver-
dienter Gnade zu handeln.)

V. 12.

Ward zu ihr (der Rebecca, als sie hin-
ging den HErrn zu fragen, was es doch zu be-
deuten hätte, daß die Kinder in ihrem Leibe zu
ihrem nicht geringen Schmertzen, sich so gar
ungewöhnlich an einander stiessen) gesaget,
nicht aus Verdienst der Wercke, sondern
aus Gnade des Berufers, also:
(zwey Volck
sind in deinem Leibe etc.) der grösseste (meizon,
grössere, ältere, erstgebohrne) soll (in seinen
Nachkommen, Esau in den Esaviten, oder E-
domäern) dienstbar (unterwürfig) werden
dem kleinern
(elass[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]ni, dem kleinern, jün-
gern, erst nach ihm gebohrnen. Welches er-
füllet ist zu den Zeiten Dovids 2 Sam. 8, 14.
Und da dieses nicht ohne Streit unter beyden
Völckern abgehen würde, so werde solches durch
das Stossen der Kinder an einander vorgebil-
det.)

Anmerckung.

Die Worte ek ou katountos hat der sel.
Lutherus dem Verstande nach gar recht gesetzet:
Aus des Berufers Gnade: sintemal es ein
Gegensatz ist von den Worten ouk ex ergon,
nicht aus den Wercken, oder aus einem Ver-
dienste.

V. 13.

Wie denn (Mal. 1, 2. 3.) geschrieben
stehet: Jacob habe ich geliebet
(ihm in sei-
nem Nachkommen ein fruchtbarer Land ge-
geben, und dazu diesen Jacobiten, oder Jsrae-
liten, den Esau in seinen Nachkommen unter-
worfen, auch aus freyer Wahl beliebet, daß
von ihm in seinen Nachkommen der Meßias her-
[Spaltenumbruch] stammen soll; um zu zeigen, wie es nicht auf
äusserliche Vorzüge, die der Esau seiner ersten
Geburt nach sonst gehabt haben müste, sondern
auf lauter Gnade, um vor mir zu bestehen, an-
komme:) aber Esau habe ich gehasset (in
seinen Nachkommen weniger geliebet, da ich
diesen zwar auch viel Gutes gethan, aber ihnen
doch solche leibliche Vorzüge, als jene empfan-
gen, nicht zugetheilet habe.)

Anmerckungen.
1. Es ist offenbar, daß alhie nicht die Re-
de sey von den Personen Esaus und Jacobs,
sondern von ihren Nachkommen; als wel-
ches aus beyden Oertern, 1 B. Mos. 25. und
Mal. 1. gantz klärlich erhellet.
2. Nicht weniger erhellet daraus, daß die
Liebe und der so genannte Haß, das ist, die
wenigere Liebe, oder einige Hindansetzung in
derselben, nicht gehe aufs Geistliche, sondern
aufs Leibliche. Wie wir denn keine Spur da-
von finden, daß Esau in der Leichtsinnigkeit, in
welcher er seine erste Geburt so gering geachtet,
und sie gar verkauft, geblieben, und unselig ver-
storben sey; sondern gleichwie wir sehen, daß
er sich mit seinem Bruder Jacob wieder versöh-
net 1 B. Mos. 32. 33. sich auch mit zum Be-
gräbniß seines Vaters Jsaacs, (ohnerachtet er
ihm das Recht der ersten Geburt vor dem Ja-
cob, da es diesem einmal ertheilet war, nicht hat-
te zuerkennen wollen) eingefunden, und ihn mit
dem Jacob zur Erden bestattet 1 B. Mos. 35, 27.
28. 29. so lässet sich allerdings hoffen, daß er
auch im Glauben an den verheissenen Meßiam
selig verstorben sey. Und wäre es auch nicht
geschehen, so wäre es seiner eignen Schuld zu-
zuschreiben. Welcher guten Hoffnung auch
keinesweges entgegen stehet das, was wir
Hebr. 12, 17. lesen, daß, als er, nach verkaufter
ersten Geburt, doch den Segen nach dem Recht
derselben ererben wollen, er verworfen sey, und
keinen Raum zur Busse gefunden habe, ob
er sie wol mit Thränen gesuchet. Sinte-
mal aus der Collation mit dem Orte 1 B. Mos.
27, 35. u. f. es gantz offenbar ist, daß Paulus
alhie nicht redet von der Reue, (welches Wort
eigentlich hätte gebraucht werden sollen) des
Esaus, sondern des Jsaacs; nemlich, daß,
da Jsaac den dem Erstgebohrnen zukommenden
Segen einmal dem Jacob ertheilet habe, er sich
es hernach nicht reuen, oder leid seyn lassen;
und daß ihm der Esau dazu, und um gedach-
ten Segen dem Jacob wieder zu nehmen, und
auf ihn zu legen, auch nicht mit Thränen be-
wegen können.
3. Was nun von der Person des Esaus
nicht gesaget werden kan, daß seine Hindanse-
tzung aufs geistliche und ewige gegangen, das
läßt sich noch viel weniger von seiner gantzen
und zahlreichen Posterität sagen: als die, ob sie
gleich keinen von GOtt verordneten Levitischen
Gottesdienst unter sich hatte, dennoch nach der
Noachischen, und Patriarchalischen Weise, den
wahren GOtt hat erkennen und ihm dienen
können, und zum Theil ihm noch wol wird ge-
dienet haben: wie den Esauiten denn auch der
Zu-

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, 10-13.
[Spaltenumbruch] Guͤtern giebt, daß dieſelbe nicht einmal Kin-
der wie von einem Vater, alſo auch von einer
Mutter, der Freyen, in einen gleichen An-
theil an dem vaͤterlichen Erb-Gute geſetzet) da
Rebecca von dem einigen
(Sohn Abrahams
und der Sara, dem) Jſaac, unſerm Vater (mit
Zwillingen, dem Eſau und Jacob 1 B. Moſ. 25,
21. ſeqq.) ſchwanger ward (lehret dieſes:
nemlich wie wenig es auf leibliche Vorzuͤge an-
komme, und wie niemand ſich auf ſeine Ver-
dienſte vor GOtt zu berufen, ſondern alles,
was ihm von GOtt Gutes wiederfaͤhret, allein
ſeiner freyen Gnade zuzuſchreiben habe.)

V. 11.

Ehe die Kinder gebohren waren,
und weder Gutes noch Boͤſes
(in wirckli-
chen Wercken) gethan hatten (nicht das Gu-
te, womit der eine den Vorzug verdienet, auch
nicht das Boͤſe, womit der andere die Hindan-
ſetzung bey dem vaͤterlichen Erbtheil verſchuldet
haͤtte) auf daß der Fuͤrſatz GOttes beſtuͤn-
de nach der Wahl
(der Fuͤrſatz GOttes im
Wercke der Erwehlung, ohne Anſehen der
Perſonen, oder ihrer Geburt, Verdienſte und
Wuͤrdigkeit, als wenn er um dieſer willen ie-
mand gnaͤdig ſeyn, und ſeine Verdienſte ver-
gelten muͤſte, in freyer Wahl aus bloſſer unver-
dienter Gnade zu handeln.)

V. 12.

Ward zu ihr (der Rebecca, als ſie hin-
ging den HErrn zu fragen, was es doch zu be-
deuten haͤtte, daß die Kinder in ihrem Leibe zu
ihrem nicht geringen Schmertzen, ſich ſo gar
ungewoͤhnlich an einander ſtieſſen) geſaget,
nicht aus Verdienſt der Wercke, ſondern
aus Gnade des Berufers, alſo:
(zwey Volck
ſind in deinem Leibe ꝛc.) der groͤſſeſte (μείζων,
groͤſſere, aͤltere, erſtgebohrne) ſoll (in ſeinen
Nachkommen, Eſau in den Eſaviten, oder E-
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dem kleinern
(ἐλάσσ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]νι, dem kleinern, juͤn-
gern, erſt nach ihm gebohrnen. Welches er-
fuͤllet iſt zu den Zeiten Dovids 2 Sam. 8, 14.
Und da dieſes nicht ohne Streit unter beyden
Voͤlckern abgehen wuͤrde, ſo werde ſolches durch
das Stoſſen der Kinder an einander vorgebil-
det.)

Anmerckung.

Die Worte ἐκ οὗ κατοῦντος hat der ſel.
Lutherus dem Verſtande nach gar recht geſetzet:
Aus des Berufers Gnade: ſintemal es ein
Gegenſatz iſt von den Worten ουκ ἐξ ἔργων,
nicht aus den Wercken, oder aus einem Ver-
dienſte.

V. 13.

Wie denn (Mal. 1, 2. 3.) geſchrieben
ſtehet: Jacob habe ich geliebet
(ihm in ſei-
nem Nachkommen ein fruchtbarer Land ge-
geben, und dazu dieſen Jacobiten, oder Jſrae-
liten, den Eſau in ſeinen Nachkommen unter-
worfen, auch aus freyer Wahl beliebet, daß
von ihm in ſeinen Nachkommen der Meßias her-
[Spaltenumbruch] ſtammen ſoll; um zu zeigen, wie es nicht auf
aͤuſſerliche Vorzuͤge, die der Eſau ſeiner erſten
Geburt nach ſonſt gehabt haben muͤſte, ſondern
auf lauter Gnade, um vor mir zu beſtehen, an-
komme:) aber Eſau habe ich gehaſſet (in
ſeinen Nachkommen weniger geliebet, da ich
dieſen zwar auch viel Gutes gethan, aber ihnen
doch ſolche leibliche Vorzuͤge, als jene empfan-
gen, nicht zugetheilet habe.)

Anmerckungen.
1. Es iſt offenbar, daß alhie nicht die Re-
de ſey von den Perſonen Eſaus und Jacobs,
ſondern von ihren Nachkommen; als wel-
ches aus beyden Oertern, 1 B. Moſ. 25. und
Mal. 1. gantz klaͤrlich erhellet.
2. Nicht weniger erhellet daraus, daß die
Liebe und der ſo genannte Haß, das iſt, die
wenigere Liebe, oder einige Hindanſetzung in
derſelben, nicht gehe aufs Geiſtliche, ſondern
aufs Leibliche. Wie wir denn keine Spur da-
von finden, daß Eſau in der Leichtſinnigkeit, in
welcher er ſeine erſte Geburt ſo gering geachtet,
und ſie gar verkauft, geblieben, und unſelig ver-
ſtorben ſey; ſondern gleichwie wir ſehen, daß
er ſich mit ſeinem Bruder Jacob wieder verſoͤh-
net 1 B. Moſ. 32. 33. ſich auch mit zum Be-
graͤbniß ſeines Vaters Jſaacs, (ohnerachtet er
ihm das Recht der erſten Geburt vor dem Ja-
cob, da es dieſem einmal ertheilet war, nicht hat-
te zuerkennen wollen) eingefunden, und ihn mit
dem Jacob zur Erden beſtattet 1 B. Moſ. 35, 27.
28. 29. ſo laͤſſet ſich allerdings hoffen, daß er
auch im Glauben an den verheiſſenen Meßiam
ſelig verſtorben ſey. Und waͤre es auch nicht
geſchehen, ſo waͤre es ſeiner eignen Schuld zu-
zuſchreiben. Welcher guten Hoffnung auch
keinesweges entgegen ſtehet das, was wir
Hebr. 12, 17. leſen, daß, als er, nach verkaufter
erſten Geburt, doch den Segen nach dem Recht
derſelben ererben wollen, er verworfen ſey, und
keinen Raum zur Buſſe gefunden habe, ob
er ſie wol mit Thraͤnen geſuchet. Sinte-
mal aus der Collation mit dem Orte 1 B. Moſ.
27, 35. u. f. es gantz offenbar iſt, daß Paulus
alhie nicht redet von der Reue, (welches Wort
eigentlich haͤtte gebraucht werden ſollen) des
Eſaus, ſondern des Jſaacs; nemlich, daß,
da Jſaac den dem Erſtgebohrnen zukommenden
Segen einmal dem Jacob ertheilet habe, er ſich
es hernach nicht reuen, oder leid ſeyn laſſen;
und daß ihm der Eſau dazu, und um gedach-
ten Segen dem Jacob wieder zu nehmen, und
auf ihn zu legen, auch nicht mit Thraͤnen be-
wegen koͤnnen.
3. Was nun von der Perſon des Eſaus
nicht geſaget werden kan, daß ſeine Hindanſe-
tzung aufs geiſtliche und ewige gegangen, das
laͤßt ſich noch viel weniger von ſeiner gantzen
und zahlreichen Poſteritaͤt ſagen: als die, ob ſie
gleich keinen von GOtt verordneten Levitiſchen
Gottesdienſt unter ſich hatte, dennoch nach der
Noachiſchen, und Patriarchaliſchen Weiſe, den
wahren GOtt hat erkennen und ihm dienen
koͤnnen, und zum Theil ihm noch wol wird ge-
dienet haben: wie den Eſauiten denn auch der
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[118/0146] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, 10-13. Guͤtern giebt, daß dieſelbe nicht einmal Kin- der wie von einem Vater, alſo auch von einer Mutter, der Freyen, in einen gleichen An- theil an dem vaͤterlichen Erb-Gute geſetzet) da Rebecca von dem einigen (Sohn Abrahams und der Sara, dem) Jſaac, unſerm Vater (mit Zwillingen, dem Eſau und Jacob 1 B. Moſ. 25, 21. ſeqq.) ſchwanger ward (lehret dieſes: nemlich wie wenig es auf leibliche Vorzuͤge an- komme, und wie niemand ſich auf ſeine Ver- dienſte vor GOtt zu berufen, ſondern alles, was ihm von GOtt Gutes wiederfaͤhret, allein ſeiner freyen Gnade zuzuſchreiben habe.) V. 11. Ehe die Kinder gebohren waren, und weder Gutes noch Boͤſes (in wirckli- chen Wercken) gethan hatten (nicht das Gu- te, womit der eine den Vorzug verdienet, auch nicht das Boͤſe, womit der andere die Hindan- ſetzung bey dem vaͤterlichen Erbtheil verſchuldet haͤtte) auf daß der Fuͤrſatz GOttes beſtuͤn- de nach der Wahl (der Fuͤrſatz GOttes im Wercke der Erwehlung, ohne Anſehen der Perſonen, oder ihrer Geburt, Verdienſte und Wuͤrdigkeit, als wenn er um dieſer willen ie- mand gnaͤdig ſeyn, und ſeine Verdienſte ver- gelten muͤſte, in freyer Wahl aus bloſſer unver- dienter Gnade zu handeln.) V. 12. Ward zu ihr (der Rebecca, als ſie hin- ging den HErrn zu fragen, was es doch zu be- deuten haͤtte, daß die Kinder in ihrem Leibe zu ihrem nicht geringen Schmertzen, ſich ſo gar ungewoͤhnlich an einander ſtieſſen) geſaget, nicht aus Verdienſt der Wercke, ſondern aus Gnade des Berufers, alſo: (zwey Volck ſind in deinem Leibe ꝛc.) der groͤſſeſte (μείζων, groͤſſere, aͤltere, erſtgebohrne) ſoll (in ſeinen Nachkommen, Eſau in den Eſaviten, oder E- domaͤern) dienſtbar (unterwuͤrfig) werden dem kleinern (ἐλάσσ_ νι, dem kleinern, juͤn- gern, erſt nach ihm gebohrnen. Welches er- fuͤllet iſt zu den Zeiten Dovids 2 Sam. 8, 14. Und da dieſes nicht ohne Streit unter beyden Voͤlckern abgehen wuͤrde, ſo werde ſolches durch das Stoſſen der Kinder an einander vorgebil- det.) Anmerckung. Die Worte ἐκ οὗ κατοῦντος hat der ſel. Lutherus dem Verſtande nach gar recht geſetzet: Aus des Berufers Gnade: ſintemal es ein Gegenſatz iſt von den Worten ουκ ἐξ ἔργων, nicht aus den Wercken, oder aus einem Ver- dienſte. V. 13. Wie denn (Mal. 1, 2. 3.) geſchrieben ſtehet: Jacob habe ich geliebet (ihm in ſei- nem Nachkommen ein fruchtbarer Land ge- geben, und dazu dieſen Jacobiten, oder Jſrae- liten, den Eſau in ſeinen Nachkommen unter- worfen, auch aus freyer Wahl beliebet, daß von ihm in ſeinen Nachkommen der Meßias her- ſtammen ſoll; um zu zeigen, wie es nicht auf aͤuſſerliche Vorzuͤge, die der Eſau ſeiner erſten Geburt nach ſonſt gehabt haben muͤſte, ſondern auf lauter Gnade, um vor mir zu beſtehen, an- komme:) aber Eſau habe ich gehaſſet (in ſeinen Nachkommen weniger geliebet, da ich dieſen zwar auch viel Gutes gethan, aber ihnen doch ſolche leibliche Vorzuͤge, als jene empfan- gen, nicht zugetheilet habe.) Anmerckungen. 1. Es iſt offenbar, daß alhie nicht die Re- de ſey von den Perſonen Eſaus und Jacobs, ſondern von ihren Nachkommen; als wel- ches aus beyden Oertern, 1 B. Moſ. 25. und Mal. 1. gantz klaͤrlich erhellet. 2. Nicht weniger erhellet daraus, daß die Liebe und der ſo genannte Haß, das iſt, die wenigere Liebe, oder einige Hindanſetzung in derſelben, nicht gehe aufs Geiſtliche, ſondern aufs Leibliche. Wie wir denn keine Spur da- von finden, daß Eſau in der Leichtſinnigkeit, in welcher er ſeine erſte Geburt ſo gering geachtet, und ſie gar verkauft, geblieben, und unſelig ver- ſtorben ſey; ſondern gleichwie wir ſehen, daß er ſich mit ſeinem Bruder Jacob wieder verſoͤh- net 1 B. Moſ. 32. 33. ſich auch mit zum Be- graͤbniß ſeines Vaters Jſaacs, (ohnerachtet er ihm das Recht der erſten Geburt vor dem Ja- cob, da es dieſem einmal ertheilet war, nicht hat- te zuerkennen wollen) eingefunden, und ihn mit dem Jacob zur Erden beſtattet 1 B. Moſ. 35, 27. 28. 29. ſo laͤſſet ſich allerdings hoffen, daß er auch im Glauben an den verheiſſenen Meßiam ſelig verſtorben ſey. Und waͤre es auch nicht geſchehen, ſo waͤre es ſeiner eignen Schuld zu- zuſchreiben. Welcher guten Hoffnung auch keinesweges entgegen ſtehet das, was wir Hebr. 12, 17. leſen, daß, als er, nach verkaufter erſten Geburt, doch den Segen nach dem Recht derſelben ererben wollen, er verworfen ſey, und keinen Raum zur Buſſe gefunden habe, ob er ſie wol mit Thraͤnen geſuchet. Sinte- mal aus der Collation mit dem Orte 1 B. Moſ. 27, 35. u. f. es gantz offenbar iſt, daß Paulus alhie nicht redet von der Reue, (welches Wort eigentlich haͤtte gebraucht werden ſollen) des Eſaus, ſondern des Jſaacs; nemlich, daß, da Jſaac den dem Erſtgebohrnen zukommenden Segen einmal dem Jacob ertheilet habe, er ſich es hernach nicht reuen, oder leid ſeyn laſſen; und daß ihm der Eſau dazu, und um gedach- ten Segen dem Jacob wieder zu nehmen, und auf ihn zu legen, auch nicht mit Thraͤnen be- wegen koͤnnen. 3. Was nun von der Perſon des Eſaus nicht geſaget werden kan, daß ſeine Hindanſe- tzung aufs geiſtliche und ewige gegangen, das laͤßt ſich noch viel weniger von ſeiner gantzen und zahlreichen Poſteritaͤt ſagen: als die, ob ſie gleich keinen von GOtt verordneten Levitiſchen Gottesdienſt unter ſich hatte, dennoch nach der Noachiſchen, und Patriarchaliſchen Weiſe, den wahren GOtt hat erkennen und ihm dienen koͤnnen, und zum Theil ihm noch wol wird ge- dienet haben: wie den Eſauiten denn auch der Zu-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/146>, abgerufen am 22.11.2024.