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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 21-23.
[Spaltenumbruch] die Freyheit zu widerstreben. Die übrigen Ge-
schöpfe, ausser den Engeln, aber nicht.
3. Es ist also offenbar, daß man das vom
Töpfer hergenommene Gleichniß nicht weiter
extendiren müsse, als es die Oeconomie der
Wercke GOttes mit den Menschen und die mit
der Freyheit des Willens begabte menschliche
Natur leidet.
4. Und gleichwie dieses aus dem gantzen
Context erhellet; so wird es auch nicht wenig
erläutert aus dem Ort Jer. 18, 1. seqq. Denn
da stellet GOTT unter dem Gleichniß vom
Töpfer und seinem Thon erstlich sein absolutes
Recht und souveraine Macht vor über die Men-
schen, wenn er v. 6. spricht: Kan ich nicht
auch also mit euch umgehen, ihr vom Hau-
se Jsrael, wie dieser Töpfer? Siehe, wie
der Thon ist in des Töpfers Hand, also
seyd auch ihr vom Hause Jsrael in meiner
Hand.
Allein daß GOtt seine absolute Pote-
st
ät und Macht nicht bey ihnen exerciret, zei-
get er selbst darauf deutlich genug an, wenn er
v. 7. seqq. also fortfähret: Plötzlich rede ich
wider ein Volck und Königreich, daß ichs
ausrotten, zerbrechen und verderben wol-
le: Wo sichs aber bekehret von seiner
Bosheit, dawider ich rede,
(siehe hier den
grossen Unterscheid der freyen menschlichen
Natur von der Natur des Thons! siehe die
Heils-Ordnung, an welche GOtt das exerci-
tium
seines Rechts und seiner Macht selbst frey-
willig gebunden hat, also daß er sie nicht abso-
lut
wircken läßt!) so soll mich auch gereuen
das Unglück,
(wo bleibet hie das absolutum
reprobationis decretum?
) das ich ihm ge-
dacht zu thun. Und plötzlich rede ich von
einem Volck und Königreich, daß ich es
bauen und pflantzen wolle,
(Jst aber dieser
Fürsatz des Willens absolut? keines weges;
sondern er ist der freyen Natur des Menschen
gemäß eingerichtet. Darum heißt es hierauf:)
So es aber böses thut vor meinen Augen,
daß es meiner Stimme nicht gehorchet, so
soll mich auch reuen das Gute, das ich
ihm verheissen habe zu thun.
5. Und eben dieses, wie es nemlich im
Wercke der Seligkeit nicht auf GOttes abso-
luten Willen
zur Erwehlung und Verwerfung
ankomme, sondern auf die von GOtt gemach-
te Heils-Ordnung, nachdem man sich in die-
selbe bringen lässt, oder ihr widerstrebet, also
daß GOtt mit dem Decreto electionis und re-
probationis
auf die Heils-Ordnung, nachdem
sie angenommen worden, oder nicht, gesehen
habe; das erweiset auch der folgende Context
bey dem Jeremia noch klärer, wenn es daselbst
v. 11. 12. heißt: So sprich nun zu denen in
Juda, und zu den Bürgern zu Jerusa-
lem, so spricht der HErr: Siehe ich be-
reite euch ein Unglück zu, und habe Gedan-
cken wider euch:
(Wie denn? nach einem
absoluten und unwandelbaren Rathschlusse?
keines weges. Denn nach diesem würde bey
den Menschen keine Bekehrung und bey GOtt
keine Aenderung des Willens statt gefunden
haben. Beydes aber konte statt finden, es wur-
[Spaltenumbruch] de auch von GOTT intendiret. Darum denn
die Worte ferner also lauten: Darum kehre
sich ein ieglicher von seinem bösen Wesen,
und bessert euer Wesen und Thun.
(Wie
sehr aber schon die damaligen Juden sich ihres
freyen Willens zum Widerstreben gemißbrau-
chet, wird in folgenden Worten angezeiget:)
Aber sie sprechen: da wird nichts aus:
Wir wollen nach unsern Gedancken wan-
deln, und ein ieglicher thun nach den Ge-
dancken seines bösen Hertzens.
6. Da nun eben derselbe Haupt-Ort,
woraus die Worte Pauli vom Töpfer und dem
Thon genommen sind, der unbefaßten Aus-
dehnung und der falschen Application dieses
Gleichnisses so gar nachdrücklich entgegen stehet;
wie kan doch denn dieselbe immer mehr in dem
Paulinischen daher genommenen Texte statt
finden?
V. 22. 23.

Derohalben, da GOTT wolte Zorn
erzeigen, und kund thun seine Macht, hat
er mit grosser Geduld getragen die Geväs-
se des Zorns, die da zugerichtet sind zur
Verdammniß. Auf daß er kund thäte
den Reichthum seiner Herrlichkeit an den
Gevässen der Barmhertzigkeit, die er be-
reitet hat zur Herrlichkeir.

Anmerckungen.
1. Der Zorn GOttes ist die Straf-Ge-
rechtigkeit. Diese aber setzet allemal die Sün-
den-Schuld zum Grunde. Und also sind Ge-
vässe des Zorns
solche Leute, welche mit ih-
ren Sünden die Strafe verdienet haben. Und
diese werden Gevässe genannt, in Ansehung
des Gleichnisses, welches vorher vom Töpfer
genommen worden.
2. Von diesen Gevässen des Zorns stehet
nun zwar, daß sie bereitet sind zur Verdamm-
niß;
aber nicht, daß sie GOtt bereitet ha-
be:
und also kan man es auch von GOTT so
viel weniger verstehen, so viel weniger ihm nach
dem vorher vom Töpfer angeführten Orte sol-
ches zukömmt. Es zeiget das passivum auf Sei-
ten GOttes nichts mehr an, als eine richter-
liche Zulassung
dessen, daß die bösen Men-
schen sich dem Satan in seinen Stricken durch
muthwillige Sünden übergeben, und ihre Ver-
dammniß selbst verursachen.
3. Hingegen stehet von GOTT, daß,
da er seine Straf-Gerechtigkeit durch seine
Macht an solchen Gevässen des Zorns habe voll-
ziehen wollen, er sie getragen mit Geduld,
ja mit grosser Geduld, und also nicht gleich
mit der Strafe zugefahren, sondern sie mit vie-
ler Langmuth noch zur Busse geleitet habe: wie
dieses Paulus schon oben Cap. 2, 4. bezeuget
hat.
4. Gevässe det Barmhertzigkeit sind,
welche, nach Beweisung dieser gantzen Epistel,
und der übrigen heiligen Schrift, insonderheit
des aus dem Jeremia angezogenen Orts, aus
der angebotenen Gnaden-Kraft in der Freyheit
des Willens sich bekehren, und in dieser Ord-
nung
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 21-23.
[Spaltenumbruch] die Freyheit zu widerſtreben. Die uͤbrigen Ge-
ſchoͤpfe, auſſer den Engeln, aber nicht.
3. Es iſt alſo offenbar, daß man das vom
Toͤpfer hergenommene Gleichniß nicht weiter
extendiren muͤſſe, als es die Oeconomie der
Wercke GOttes mit den Menſchen und die mit
der Freyheit des Willens begabte menſchliche
Natur leidet.
4. Und gleichwie dieſes aus dem gantzen
Context erhellet; ſo wird es auch nicht wenig
erlaͤutert aus dem Ort Jer. 18, 1. ſeqq. Denn
da ſtellet GOTT unter dem Gleichniß vom
Toͤpfer und ſeinem Thon erſtlich ſein abſolutes
Recht und ſouveraine Macht vor uͤber die Men-
ſchen, wenn er v. 6. ſpricht: Kan ich nicht
auch alſo mit euch umgehen, ihr vom Hau-
ſe Jſrael, wie dieſer Toͤpfer? Siehe, wie
der Thon iſt in des Toͤpfers Hand, alſo
ſeyd auch ihr vom Hauſe Jſrael in meiner
Hand.
Allein daß GOtt ſeine abſolute Pote-
ſt
aͤt und Macht nicht bey ihnen exerciret, zei-
get er ſelbſt darauf deutlich genug an, wenn er
v. 7. ſeqq. alſo fortfaͤhret: Ploͤtzlich rede ich
wider ein Volck und Koͤnigreich, daß ichs
ausrotten, zerbrechen und verderben wol-
le: Wo ſichs aber bekehret von ſeiner
Bosheit, dawider ich rede,
(ſiehe hier den
groſſen Unterſcheid der freyen menſchlichen
Natur von der Natur des Thons! ſiehe die
Heils-Ordnung, an welche GOtt das exerci-
tium
ſeines Rechts und ſeiner Macht ſelbſt frey-
willig gebunden hat, alſo daß er ſie nicht abſo-
lut
wircken laͤßt!) ſo ſoll mich auch gereuen
das Ungluͤck,
(wo bleibet hie das abſolutum
reprobationis decretum?
) das ich ihm ge-
dacht zu thun. Und ploͤtzlich rede ich von
einem Volck und Koͤnigreich, daß ich es
bauen und pflantzen wolle,
(Jſt aber dieſer
Fuͤrſatz des Willens abſolut? keines weges;
ſondern er iſt der freyen Natur des Menſchen
gemaͤß eingerichtet. Darum heißt es hierauf:)
So es aber boͤſes thut vor meinen Augen,
daß es meiner Stimme nicht gehorchet, ſo
ſoll mich auch reuen das Gute, das ich
ihm verheiſſen habe zu thun.
5. Und eben dieſes, wie es nemlich im
Wercke der Seligkeit nicht auf GOttes abſo-
luten Willen
zur Erwehlung und Verwerfung
ankomme, ſondern auf die von GOtt gemach-
te Heils-Ordnung, nachdem man ſich in die-
ſelbe bringen laͤſſt, oder ihr widerſtrebet, alſo
daß GOtt mit dem Decreto electionis und re-
probationis
auf die Heils-Ordnung, nachdem
ſie angenommen worden, oder nicht, geſehen
habe; das erweiſet auch der folgende Context
bey dem Jeremia noch klaͤrer, wenn es daſelbſt
v. 11. 12. heißt: So ſprich nun zu denen in
Juda, und zu den Buͤrgern zu Jeruſa-
lem, ſo ſpricht der HErr: Siehe ich be-
reite euch ein Ungluͤck zu, und habe Gedan-
cken wider euch:
(Wie denn? nach einem
abſoluten und unwandelbaren Rathſchluſſe?
keines weges. Denn nach dieſem wuͤrde bey
den Menſchen keine Bekehrung und bey GOtt
keine Aenderung des Willens ſtatt gefunden
haben. Beydes aber konte ſtatt finden, es wur-
[Spaltenumbruch] de auch von GOTT intendiret. Darum denn
die Worte ferner alſo lauten: Darum kehre
ſich ein ieglicher von ſeinem boͤſen Weſen,
und beſſert euer Weſen und Thun.
(Wie
ſehr aber ſchon die damaligen Juden ſich ihres
freyen Willens zum Widerſtreben gemißbrau-
chet, wird in folgenden Worten angezeiget:)
Aber ſie ſprechen: da wird nichts aus:
Wir wollen nach unſern Gedancken wan-
deln, und ein ieglicher thun nach den Ge-
dancken ſeines boͤſen Hertzens.
6. Da nun eben derſelbe Haupt-Ort,
woraus die Worte Pauli vom Toͤpfer und dem
Thon genommen ſind, der unbefaßten Aus-
dehnung und der falſchen Application dieſes
Gleichniſſes ſo gar nachdruͤcklich entgegen ſtehet;
wie kan doch denn dieſelbe immer mehr in dem
Pauliniſchen daher genommenen Texte ſtatt
finden?
V. 22. 23.

Derohalben, da GOTT wolte Zorn
erzeigen, und kund thun ſeine Macht, hat
er mit groſſer Geduld getragen die Gevaͤſ-
ſe des Zorns, die da zugerichtet ſind zur
Verdammniß. Auf daß er kund thaͤte
den Reichthum ſeiner Herrlichkeit an den
Gevaͤſſen der Barmhertzigkeit, die er be-
reitet hat zur Herrlichkeir.

Anmerckungen.
1. Der Zorn GOttes iſt die Straf-Ge-
rechtigkeit. Dieſe aber ſetzet allemal die Suͤn-
den-Schuld zum Grunde. Und alſo ſind Ge-
vaͤſſe des Zorns
ſolche Leute, welche mit ih-
ren Suͤnden die Strafe verdienet haben. Und
dieſe werden Gevaͤſſe genannt, in Anſehung
des Gleichniſſes, welches vorher vom Toͤpfer
genommen worden.
2. Von dieſen Gevaͤſſen des Zorns ſtehet
nun zwar, daß ſie bereitet ſind zur Verdamm-
niß;
aber nicht, daß ſie GOtt bereitet ha-
be:
und alſo kan man es auch von GOTT ſo
viel weniger verſtehen, ſo viel weniger ihm nach
dem vorher vom Toͤpfer angefuͤhrten Orte ſol-
ches zukoͤmmt. Es zeiget das paſſivum auf Sei-
ten GOttes nichts mehr an, als eine richter-
liche Zulaſſung
deſſen, daß die boͤſen Men-
ſchen ſich dem Satan in ſeinen Stricken durch
muthwillige Suͤnden uͤbergeben, und ihre Ver-
dammniß ſelbſt verurſachen.
3. Hingegen ſtehet von GOTT, daß,
da er ſeine Straf-Gerechtigkeit durch ſeine
Macht an ſolchen Gevaͤſſen des Zorns habe voll-
ziehen wollen, er ſie getragen mit Geduld,
ja mit groſſer Geduld, und alſo nicht gleich
mit der Strafe zugefahren, ſondern ſie mit vie-
ler Langmuth noch zur Buſſe geleitet habe: wie
dieſes Paulus ſchon oben Cap. 2, 4. bezeuget
hat.
4. Gevaͤſſe det Barmhertzigkeit ſind,
welche, nach Beweiſung dieſer gantzen Epiſtel,
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[126/0154] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 21-23. die Freyheit zu widerſtreben. Die uͤbrigen Ge- ſchoͤpfe, auſſer den Engeln, aber nicht. 3. Es iſt alſo offenbar, daß man das vom Toͤpfer hergenommene Gleichniß nicht weiter extendiren muͤſſe, als es die Oeconomie der Wercke GOttes mit den Menſchen und die mit der Freyheit des Willens begabte menſchliche Natur leidet. 4. Und gleichwie dieſes aus dem gantzen Context erhellet; ſo wird es auch nicht wenig erlaͤutert aus dem Ort Jer. 18, 1. ſeqq. Denn da ſtellet GOTT unter dem Gleichniß vom Toͤpfer und ſeinem Thon erſtlich ſein abſolutes Recht und ſouveraine Macht vor uͤber die Men- ſchen, wenn er v. 6. ſpricht: Kan ich nicht auch alſo mit euch umgehen, ihr vom Hau- ſe Jſrael, wie dieſer Toͤpfer? Siehe, wie der Thon iſt in des Toͤpfers Hand, alſo ſeyd auch ihr vom Hauſe Jſrael in meiner Hand. Allein daß GOtt ſeine abſolute Pote- ſtaͤt und Macht nicht bey ihnen exerciret, zei- get er ſelbſt darauf deutlich genug an, wenn er v. 7. ſeqq. alſo fortfaͤhret: Ploͤtzlich rede ich wider ein Volck und Koͤnigreich, daß ichs ausrotten, zerbrechen und verderben wol- le: Wo ſichs aber bekehret von ſeiner Bosheit, dawider ich rede, (ſiehe hier den groſſen Unterſcheid der freyen menſchlichen Natur von der Natur des Thons! ſiehe die Heils-Ordnung, an welche GOtt das exerci- tium ſeines Rechts und ſeiner Macht ſelbſt frey- willig gebunden hat, alſo daß er ſie nicht abſo- lut wircken laͤßt!) ſo ſoll mich auch gereuen das Ungluͤck, (wo bleibet hie das abſolutum reprobationis decretum?) das ich ihm ge- dacht zu thun. Und ploͤtzlich rede ich von einem Volck und Koͤnigreich, daß ich es bauen und pflantzen wolle, (Jſt aber dieſer Fuͤrſatz des Willens abſolut? keines weges; ſondern er iſt der freyen Natur des Menſchen gemaͤß eingerichtet. Darum heißt es hierauf:) So es aber boͤſes thut vor meinen Augen, daß es meiner Stimme nicht gehorchet, ſo ſoll mich auch reuen das Gute, das ich ihm verheiſſen habe zu thun. 5. Und eben dieſes, wie es nemlich im Wercke der Seligkeit nicht auf GOttes abſo- luten Willen zur Erwehlung und Verwerfung ankomme, ſondern auf die von GOtt gemach- te Heils-Ordnung, nachdem man ſich in die- ſelbe bringen laͤſſt, oder ihr widerſtrebet, alſo daß GOtt mit dem Decreto electionis und re- probationis auf die Heils-Ordnung, nachdem ſie angenommen worden, oder nicht, geſehen habe; das erweiſet auch der folgende Context bey dem Jeremia noch klaͤrer, wenn es daſelbſt v. 11. 12. heißt: So ſprich nun zu denen in Juda, und zu den Buͤrgern zu Jeruſa- lem, ſo ſpricht der HErr: Siehe ich be- reite euch ein Ungluͤck zu, und habe Gedan- cken wider euch: (Wie denn? nach einem abſoluten und unwandelbaren Rathſchluſſe? keines weges. Denn nach dieſem wuͤrde bey den Menſchen keine Bekehrung und bey GOtt keine Aenderung des Willens ſtatt gefunden haben. Beydes aber konte ſtatt finden, es wur- de auch von GOTT intendiret. Darum denn die Worte ferner alſo lauten: Darum kehre ſich ein ieglicher von ſeinem boͤſen Weſen, und beſſert euer Weſen und Thun. (Wie ſehr aber ſchon die damaligen Juden ſich ihres freyen Willens zum Widerſtreben gemißbrau- chet, wird in folgenden Worten angezeiget:) Aber ſie ſprechen: da wird nichts aus: Wir wollen nach unſern Gedancken wan- deln, und ein ieglicher thun nach den Ge- dancken ſeines boͤſen Hertzens. 6. Da nun eben derſelbe Haupt-Ort, woraus die Worte Pauli vom Toͤpfer und dem Thon genommen ſind, der unbefaßten Aus- dehnung und der falſchen Application dieſes Gleichniſſes ſo gar nachdruͤcklich entgegen ſtehet; wie kan doch denn dieſelbe immer mehr in dem Pauliniſchen daher genommenen Texte ſtatt finden? V. 22. 23. Derohalben, da GOTT wolte Zorn erzeigen, und kund thun ſeine Macht, hat er mit groſſer Geduld getragen die Gevaͤſ- ſe des Zorns, die da zugerichtet ſind zur Verdammniß. Auf daß er kund thaͤte den Reichthum ſeiner Herrlichkeit an den Gevaͤſſen der Barmhertzigkeit, die er be- reitet hat zur Herrlichkeir. Anmerckungen. 1. Der Zorn GOttes iſt die Straf-Ge- rechtigkeit. Dieſe aber ſetzet allemal die Suͤn- den-Schuld zum Grunde. Und alſo ſind Ge- vaͤſſe des Zorns ſolche Leute, welche mit ih- ren Suͤnden die Strafe verdienet haben. Und dieſe werden Gevaͤſſe genannt, in Anſehung des Gleichniſſes, welches vorher vom Toͤpfer genommen worden. 2. Von dieſen Gevaͤſſen des Zorns ſtehet nun zwar, daß ſie bereitet ſind zur Verdamm- niß; aber nicht, daß ſie GOtt bereitet ha- be: und alſo kan man es auch von GOTT ſo viel weniger verſtehen, ſo viel weniger ihm nach dem vorher vom Toͤpfer angefuͤhrten Orte ſol- ches zukoͤmmt. Es zeiget das paſſivum auf Sei- ten GOttes nichts mehr an, als eine richter- liche Zulaſſung deſſen, daß die boͤſen Men- ſchen ſich dem Satan in ſeinen Stricken durch muthwillige Suͤnden uͤbergeben, und ihre Ver- dammniß ſelbſt verurſachen. 3. Hingegen ſtehet von GOTT, daß, da er ſeine Straf-Gerechtigkeit durch ſeine Macht an ſolchen Gevaͤſſen des Zorns habe voll- ziehen wollen, er ſie getragen mit Geduld, ja mit groſſer Geduld, und alſo nicht gleich mit der Strafe zugefahren, ſondern ſie mit vie- ler Langmuth noch zur Buſſe geleitet habe: wie dieſes Paulus ſchon oben Cap. 2, 4. bezeuget hat. 4. Gevaͤſſe det Barmhertzigkeit ſind, welche, nach Beweiſung dieſer gantzen Epiſtel, und der uͤbrigen heiligen Schrift, inſonderheit des aus dem Jeremia angezogenen Orts, aus der angebotenen Gnaden-Kraft in der Freyheit des Willens ſich bekehren, und in dieſer Ord- nung

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/154>, abgerufen am 24.11.2024.