Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Brief Pauli Cap. 11, v. 29-32. [Spaltenumbruch]
willen (da sie euch Heiden es nicht gönnen, esdaher auch nicht glauben wollen, daß ihr an ih- rer statt sollet zum Volcke GOttes angenommen seyn, und euch daher aufs äusserste zuwider sind. Man sehe hievon unter andern 1 Thess. 2, 16. da es heißt: Welche Juden den HErrn JEsum getödtet haben, und ihre eigene Propheten, und haben uns verfolget, und gefallen GOtt nicht, und sind allen Menschen zuwider:) aber nach der Wahl (weil sie gleichwol GOTT ehemal vor allen andern Völckern um des Meßiä willen, als der aus ihnen gebohren werden solte, zu seinem besonders eigenthümlichen Volcke erwählet hat, sich auch unter ihnen nach und nach noch immer solche Seelen befinden, welche die Gnade in CHristo erkennen und annehmen, und also da- mit beweisen, daß sie auch unter die zum ewigen Leben Auserwählten gehören) habe ich sie lieb, (agapetoi, sind und bleiben sie geliebt: nicht zwar in ihren Personen diejenigen, welche Fein- de GOttes sind, und so fern sie es sind: sondern die Nation an sich selbst, die von GOTT einmal so hoch begnadiget worden, auch noch einen sol- chen Samen in sich hat, der sich nach und nach zu CHristo bekehret, und zu seiner Zeit in seiner rechten Fülle noch wird bekehret werden,) um der Väter willen (in Ansehung des Bundes, den GOTT mit ihnen auch für ihre späte Nach- kommen gemachet hat, und der auch noch ein- mal wieder aufs neue in seine Kraft gehen wird. V. 29. GOttes Gaben und Berufung mö- V. 30. 31. Denn gleicher Weise wie auch ihr V. 32. Denn GOtt hat alles (tou`s pantas, alle Anmerckungen. 1. Die Redens-Art GOtt hat beschlos- sen, oder zusammen geschlossen, ist zu verste- hen von der richterlichen Declaration und Uber- zeugung von dem, daß der Mensch gleichsam als ein Gefangener eingeschlossen gehalten werde: auf welche Art oben c. 7, v. 11. von der Sünde gesaget wird, daß sie tödte, das ist, den Tod anzeige: und vorher c. 4, 15. daß das Gesetz nur Zorn anrichte, das ist, den Zorn GOttes offenbare und andräue. Dergleichen Redens- Arten in der Heil. Schrift viele sind. Daß aber beschliessen alhier nicht so viel sey, als verord- nen, siehet man aus dem Griechischen Wort sugkleiein, concludere, zusammen schliessen, einschliessen, welches von der richterlichen Ge rechtigkeit kömmt. 2. Was der Apostel alhier nennet Unglau- ben, das nennet er Gal. 3, 22. Sünde, weil der Unglaube die Haupt-Sünde und die Quelle aller übrigen Sünden ist: wenn er saget: Die Schrift (GOtt in der Schrift) hat alles be- schlossen
Erklaͤrung des Brief Pauli Cap. 11, v. 29-32. [Spaltenumbruch]
willen (da ſie euch Heiden es nicht goͤnnen, esdaher auch nicht glauben wollen, daß ihr an ih- rer ſtatt ſollet zum Volcke GOttes angenommen ſeyn, und euch daher aufs aͤuſſerſte zuwider ſind. Man ſehe hievon unter andern 1 Theſſ. 2, 16. da es heißt: Welche Juden den HErrn JEſum getoͤdtet haben, und ihre eigene Propheten, und haben uns verfolget, und gefallen GOtt nicht, und ſind allen Menſchen zuwider:) aber nach der Wahl (weil ſie gleichwol GOTT ehemal vor allen andern Voͤlckern um des Meßiaͤ willen, als der aus ihnen gebohren werden ſolte, zu ſeinem beſonders eigenthuͤmlichen Volcke erwaͤhlet hat, ſich auch unter ihnen nach und nach noch immer ſolche Seelen befinden, welche die Gnade in CHriſto erkennen und annehmen, und alſo da- mit beweiſen, daß ſie auch unter die zum ewigen Leben Auserwaͤhlten gehoͤren) habe ich ſie lieb, (ἀγαπητοὶ, ſind und bleiben ſie geliebt: nicht zwar in ihren Perſonen diejenigen, welche Fein- de GOttes ſind, und ſo fern ſie es ſind: ſondern die Nation an ſich ſelbſt, die von GOTT einmal ſo hoch begnadiget worden, auch noch einen ſol- chen Samen in ſich hat, der ſich nach und nach zu CHriſto bekehret, und zu ſeiner Zeit in ſeiner rechten Fuͤlle noch wird bekehret werden,) um der Vaͤter willen (in Anſehung des Bundes, den GOTT mit ihnen auch fuͤr ihre ſpaͤte Nach- kommen gemachet hat, und der auch noch ein- mal wieder aufs neue in ſeine Kraft gehen wird. V. 29. GOttes Gaben und Berufung moͤ- V. 30. 31. Denn gleicher Weiſe wie auch ihr V. 32. Denn GOtt hat alles (του`ς πάντας, alle Anmerckungen. 1. Die Redens-Art GOtt hat beſchloſ- ſen, oder zuſammen geſchloſſen, iſt zu verſte- hen von der richterlichen Declaration und Uber- zeugung von dem, daß der Menſch gleichſam als ein Gefangener eingeſchloſſen gehalten werde: auf welche Art oben c. 7, v. 11. von der Suͤnde geſaget wird, daß ſie toͤdte, das iſt, den Tod anzeige: und vorher c. 4, 15. daß das Geſetz nur Zorn anrichte, das iſt, den Zorn GOttes offenbare und andraͤue. Dergleichen Redens- Arten in der Heil. Schrift viele ſind. Daß aber beſchlieſſen alhier nicht ſo viel ſey, als verord- nen, ſiehet man aus dem Griechiſchen Wort συγκλείειν, concludere, zuſammen ſchlieſſen, einſchlieſſen, welches von der richterlichen Ge rechtigkeit koͤmmt. 2. Was der Apoſtel alhier nennet Unglau- ben, das nennet er Gal. 3, 22. Suͤnde, weil der Unglaube die Haupt-Suͤnde und die Quelle aller uͤbrigen Suͤnden iſt: wenn er ſaget: Die Schrift (GOtt in der Schrift) hat alles be- ſchloſſen
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Erklaͤrung des Brief Pauli Cap. 11, v. 29-32.
willen (da ſie euch Heiden es nicht goͤnnen, es
daher auch nicht glauben wollen, daß ihr an ih-
rer ſtatt ſollet zum Volcke GOttes angenommen
ſeyn, und euch daher aufs aͤuſſerſte zuwider ſind.
Man ſehe hievon unter andern 1 Theſſ. 2, 16.
da es heißt: Welche Juden den HErrn JEſum
getoͤdtet haben, und ihre eigene Propheten, und
haben uns verfolget, und gefallen GOtt nicht,
und ſind allen Menſchen zuwider:) aber nach
der Wahl (weil ſie gleichwol GOTT ehemal
vor allen andern Voͤlckern um des Meßiaͤ willen,
als der aus ihnen gebohren werden ſolte, zu ſeinem
beſonders eigenthuͤmlichen Volcke erwaͤhlet hat,
ſich auch unter ihnen nach und nach noch immer
ſolche Seelen befinden, welche die Gnade in
CHriſto erkennen und annehmen, und alſo da-
mit beweiſen, daß ſie auch unter die zum ewigen
Leben Auserwaͤhlten gehoͤren) habe ich ſie lieb,
(ἀγαπητοὶ, ſind und bleiben ſie geliebt: nicht
zwar in ihren Perſonen diejenigen, welche Fein-
de GOttes ſind, und ſo fern ſie es ſind: ſondern
die Nation an ſich ſelbſt, die von GOTT einmal
ſo hoch begnadiget worden, auch noch einen ſol-
chen Samen in ſich hat, der ſich nach und nach
zu CHriſto bekehret, und zu ſeiner Zeit in ſeiner
rechten Fuͤlle noch wird bekehret werden,) um
der Vaͤter willen (in Anſehung des Bundes,
den GOTT mit ihnen auch fuͤr ihre ſpaͤte Nach-
kommen gemachet hat, und der auch noch ein-
mal wieder aufs neue in ſeine Kraft gehen
wird.
V. 29.
GOttes Gaben und Berufung moͤ-
gen ihn nicht gereuen: (Menſchen machen in
ihrem Fuͤrnehmen oft eine Veraͤnderung, und
laſſen ſich dieſes und jenes widrigen Erfolgs we-
gen leichtlich gereuen, was ſie einmal gethan:
aber, da GOTT die Juͤdiſche Nation in ihren
Stamm-Vaͤtern einmal zu ſeinem beſondern
Volcke erwaͤhlet, und dazu mit der Berufung
aus Chaldaͤa den erſten Grund geleget hat, auch
dieſen beſondern Beruf in den folgenden Pa-
triarchen wiederholet und fortgeſetzet, ſie auch
der beſondern Gnaden-Gaben vor andern ge-
wuͤrdiget hat; ſo laͤßt er ſich dieſes alles um ſo
vieler Juden ihres groſſen Undancks willen ſo
gar nicht leid ſeyn, daß er vielmehr bereit iſt,
das gantze Jſrael in der Ordnung wahrer Be-
kehrung dermaleins wieder zu Gnaden anzuneh-
men. Von der Treue GOttes, den Gnaden-
Bund auf ſeiner Seite veſt zu halten, ſiehe un-
ter andern 4 B. Moſ. 23, 19. Jeſ. 54, 10. Rom.
3, 3. 2 Cor. 1, 20. 2 Tim. 2, 13. Hebr. 6,
17. 18.)
V. 30. 31.
Denn gleicher Weiſe wie auch ihr
weiland nicht habet geglaubet an GOtt
(nemlich nicht einmal alſo, wie es das Licht der
Natur erfodert haͤtte c. 1. und noch viel weniger
nach dem Lichte der Offenbarung im Worte
GOttes, ſonderlich des Evangelii) nun aber
habet ihr (in der Ordnung, da ihr der Beru-
fungs-Gnade euch habt folgſam erwieſen, und
euch zum Glauben bringen laſſen) Barmher-
tzigkeit uͤberkommen (ſeyd zu Gnaden ange-
nommen, gerecht und Erben worden der ewigen
Seligkeit) uͤber ihren Unglauben (als der da-
zu dienen muͤſſen, daß euch die von ihnen ausge-
ſchlagene Gnade ſo viel reichlicher wiederfahren.)
V. 31. Alſo auch jene (Gr. dieſe, die Juͤden) ha-
ben ietzo nicht wollen glauben an die Barm-
hertzigkeit, die euch wiederfahren iſt (Gr.
alſo haben auch dieſe nun ſich unglaͤubig erwie-
ſen uͤber eurer Barmhertzigkeit, d. i. ſie haben
ſelbſt von der Barmhertzigkeit, die euch Heiden
wiederfahren iſt, Anlaß genommen, noch tiefer
in den Unglauben einzugehen) auf daß auch
ſie Barmhertzigkeit erlangen moͤgen (wenn
ſie eurem guten Exempel nacheifern, und ſich
die euch wiederfahrne Gnade auch zu derſelben
Annehmung dienen laſſen.)
V. 32.
Denn GOtt hat alles (του`ς πάντας, alle
die Menſchen, wovon bisher gehandelt worden,
das iſt, Juͤden und Heiden,) beſchloſſen unter
den Unglauben) hat in ſeinem Geſetz bezeuget,
daß alle Menſchon ohne allen Unterſcheid in der
Suͤnde, ſonderlich des Unglaubens, folglich auch
unter der Gewalt des Satans, verſtricket und
gefangen liegen, und ſich unmoͤglichſelbſt helfen
koͤnnen; ja er hat ſich als ein gerechter Richter
erwieſen, der die Delinquenten, um ſie zur Er-
kaͤntniß ihrer Schuld zu bringen, ins Gefaͤngniß
verſchlieſſet, und ſie daſelbſt verwahren laͤßt, bis
nach geendigtem Proceß er ſie mit der verdien-
ten Strafe belege, oder ihnen Gnade erweiſe,
und ſie wieder los laſſe) auf daß er ſich aller
(doch in der Ordnung der Annahme und der dem
Gnaden-Berufe geleiſteten Folge,) erbarme,
(in der Uberzeugung von ihrer Gefangenſchaft
unter der Suͤnde, ſie von der Nothwendigkeit,
die Seligkeit, ohne einige Verdienſte und Wuͤr-
digkeit, allein aus der bloſſen Erbarmung GOt-
tes zu ſuchen, kraͤftig uͤberfuͤhre, und alſo der
Erbarmung und Gnade faͤhig und theilhaftig
mache.
Anmerckungen.
1. Die Redens-Art GOtt hat beſchloſ-
ſen, oder zuſammen geſchloſſen, iſt zu verſte-
hen von der richterlichen Declaration und Uber-
zeugung von dem, daß der Menſch gleichſam als
ein Gefangener eingeſchloſſen gehalten werde:
auf welche Art oben c. 7, v. 11. von der Suͤnde
geſaget wird, daß ſie toͤdte, das iſt, den Tod
anzeige: und vorher c. 4, 15. daß das Geſetz
nur Zorn anrichte, das iſt, den Zorn GOttes
offenbare und andraͤue. Dergleichen Redens-
Arten in der Heil. Schrift viele ſind. Daß aber
beſchlieſſen alhier nicht ſo viel ſey, als verord-
nen, ſiehet man aus dem Griechiſchen Wort
συγκλείειν, concludere, zuſammen ſchlieſſen,
einſchlieſſen, welches von der richterlichen Ge
rechtigkeit koͤmmt.
2. Was der Apoſtel alhier nennet Unglau-
ben, das nennet er Gal. 3, 22. Suͤnde, weil
der Unglaube die Haupt-Suͤnde und die Quelle
aller uͤbrigen Suͤnden iſt: wenn er ſaget: Die
Schrift (GOtt in der Schrift) hat alles be-
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