Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 3. [Spaltenumbruch]
euch GOtt bereits zu treuen Diensten ergebenund der Welt abgesaget habet c. 6, 17. sqq. und also in dem angefangen Guten fortfahren müs- set; so) stellet euch nicht dieser Welt (in ih- ren Sitten, Gewohnheiten und Handlungen, so fern sie eitel und sündlich sind) gleich, (also, daß ihr, in welchen sich die Gestalt Christi zeigen soll Gal. 4, 19. ihre Form annehmet, und man denn euch von den Welt-Kindern nicht unter- scheiden kan) sondern (wie ihr schon angefan- gen habet, gantz andere Menschen zu werden, so fahret darinnen getreulich fort, und) verän- dert euch (ferner und noch immer mehr und mehr) durch Erneurung eures Gemüths (des innern Menschen nach Verstand und Wil- len,) auf daß ihr (vermöge des durch solche Er- neuerung in euch vermehrten göttlichen Lichts und der göttlichen Weisheit) prüfen (in der Untersuchung zu getreuer Ausübung immer ge- nauer erkennen) möget, welches da sey der gute, der wohlgefällige und der vollkom- mene GOttes Wille. Anmerckungen. 1. Da die äusserliche Gleichstellung der Welt mit der innerlichen Gestalt Christi nicht bestehen kan; so ist es eine gar kahle Ausflucht und Entschuldigung, wenn es heißt: es kom- me im Christenthum aufs äusserliche nicht an, sondern aufs Hertz. Aber an sich ists gar recht. Denn ist dein Hertz rechtschaffen, warum stehet es denn in solcher Welt-Gefällig- keit und in solcher Gleichstellung: Kaum ist ei- ne neue eitle und kostbare Mode in der Kleidung erdacht, so bist du der erste mit, der darnach gaffet und affet. Und so machest du es auch in andern Dingen, und wilt doch ein erneuertes Hertze ha- ben. Du betriegest dich selbst. Prüfe dich. So fern das innere durch das äussere sich bewei- sen muß, kömmt es auf das äussere auch mit an. Die Welt spielet, schertzet, gasteriret in aller Ei- telkeit: und du kanst es also mitmachen. Ge- wiß da beweisest du dich nicht als ein Kind GOt- tes, sondern als ein Welt-Kind, so sich der Welt aufopfert. Gehe nur in dein Hertz: du wirst die Züchtigung des H. Geistes bald finden. Gib ihr ja Gehör. Es trüget in vielen Stücken, was die Welt saget: Si fueris Romae, Romano vi- vito more. Doch hievon ein mehrers 1 Pet. 3, v. 3. 4. 1 Joh. 2, 15. 16. 2. Da nicht zu leugnen ist, daß durch die Gleichstellung der Welt nebst der innern con- formität des Hertzens, alhier sonderlich auf das äusserliche schema der Welt-Kinder gesehen wird; so zeiget Paulus an, wie ein Lehrer von der Gleichstellung der Welt lehren, und wie ein Zuhörer derselben loß werden soll; nemlich, ein Lehrer soll den eitlen Menschen am äusserlichen angreifen, und damit auf seinen innerlichen bö- sen Grund führen zur wahren innerlichen meta- morphosi, oder Veränderung; und der Zuhö- rer soll von jenem sich auf dieses führen lassen. Also machet es Paulus, wenn er erst sonderlich vom äusserlichen saget: Stellet euch nicht die- ser Welt gleich: Und darauf so sort auf die Veränderung des innern Menschen gehet: zu [Spaltenumbruch] beyden aber, jenes zu lassen und dieses zu thun, ihnen vorher die göttliche Gnade angepriesen hat: sonderlich c. 5, 5. da er saget: Die Liebe GOttes ist ausgegossen in unser Hertz durch den Heiligen Geist, welcher uns ge- geben ist. 3. Ein aufgeklärtes Auge zur genauen Ein- sicht und Prüfung des Willens GOttes ist eine Frucht von der Aufopferung gegen GOtt, von verleugneter Gleichstellung der Welt, und von der fortgesetzten Erneuerung des Sinnes. Feh- let es dir nun hieran, so ist es kein Wunder, daß du in Prüfung und Beurtheilung göttli- licher Dinge und geistlicher Sachen noch so gar blind bist, oder dir doch davon nichts als nur bloß buchstäbliche und dazu in so manchen Stücken gantz unrichtige Ideen oder Concepte machest. Die wahre Erleuchtung fänget mit der Heili- gung an, und kömmt auch mit dieser zum Wachsthum. Ein unveränderter Sinn ist nicht geschickt geistliche Dinge geistlich zu er- kennen. 4. Der Wille GOttes ist nicht zu unter- scheiden in den guten, wohlgefälligen und vollkommenen; sondern der eine Wille GOt- tes ist dieses alles zugleich. Er ist gut, der seine Güte hat in der Weisheit, Wahrheit, Liebe, Gerechtigkeit und Heiligkeit, nach welchem GOtt das Gute liebet und das Böse hasset. Und dieser gute Wille ist ihme selbst auch wohl- gefällig, theils in seiner eignen höchsten Voll- kommenheit und Lauterkeit ohne alle Verstel- lung, theils in unserer Ausübung und Folgsam- keit, wenn wir unsern Willen dem Willen GOttes conformiren. Col. 1, 10. Vollkom- men aber wird dieser Wille genannt in Anse- hung seiner Tiefe und Höhe, Weite und Breite, die er in sich hat, und die man immer mehr lernet einsehen zu seiner eignen immer mehrern Voll- kommenheit. 5. Der wohlgefällige Wille aber ist un- terschieden von dem zuläßigen: sintemal man- ches geschiehet nach dem zuläßigen Willen GOttes. Z. E. Wenn ein noch unbehrter Studiosus Theologiae zum Lehr-Amte gelanget, u. s. w. welches dem wohlgefälligen und gnä- digen Willen nicht gemäß ist. 6. Von der verbotenen Gleichstellung der Welt ist auch nachzulesen Matth. 6, 24. Gal. 1, 4. 1 Pet. 1, 14. c. 3, 3. 4. c. 4, 2-4. Jac. 4, 4. 1 Joh. 2, 15. Von der Verneurung des Sinnes siehe oben Cap. 6, 6. sqq. 2 Cor. 4, 10. Eph. 4, 23. Coll. 3, 10. Von der Prüfung des Willens GOttes Eph. 5, 10. 17. Phil. 1, 10. V. 3. Denn (um euch den Nutzen der Verneu- ge-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 3. [Spaltenumbruch]
euch GOtt bereits zu treuen Dienſten ergebenund der Welt abgeſaget habet c. 6, 17. ſqq. und alſo in dem angefangen Guten fortfahren muͤſ- ſet; ſo) ſtellet euch nicht dieſer Welt (in ih- ren Sitten, Gewohnheiten und Handlungen, ſo fern ſie eitel und ſuͤndlich ſind) gleich, (alſo, daß ihr, in welchen ſich die Geſtalt Chriſti zeigen ſoll Gal. 4, 19. ihre Form annehmet, und man denn euch von den Welt-Kindern nicht unter- ſcheiden kan) ſondern (wie ihr ſchon angefan- gen habet, gantz andere Menſchen zu werden, ſo fahret darinnen getreulich fort, und) veraͤn- dert euch (ferner und noch immer mehr und mehr) durch Erneurung eures Gemuͤths (des innern Menſchen nach Verſtand und Wil- len,) auf daß ihr (vermoͤge des durch ſolche Er- neuerung in euch vermehrten goͤttlichen Lichts und der goͤttlichen Weisheit) pruͤfen (in der Unterſuchung zu getreuer Ausuͤbung immer ge- nauer erkennen) moͤget, welches da ſey der gute, der wohlgefaͤllige und der vollkom- mene GOttes Wille. Anmerckungen. 1. Da die aͤuſſerliche Gleichſtellung der Welt mit der innerlichen Geſtalt Chriſti nicht beſtehen kan; ſo iſt es eine gar kahle Ausflucht und Entſchuldigung, wenn es heißt: es kom- me im Chriſtenthum aufs aͤuſſerliche nicht an, ſondern aufs Hertz. Aber an ſich iſts gar recht. Denn iſt dein Hertz rechtſchaffen, warum ſtehet es denn in ſolcher Welt-Gefaͤllig- keit und in ſolcher Gleichſtellung: Kaum iſt ei- ne neue eitle und koſtbare Mode in der Kleidung erdacht, ſo biſt du der erſte mit, der darnach gaffet und affet. Und ſo macheſt du es auch in andern Dingen, und wilt doch ein erneuertes Hertze ha- ben. Du betriegeſt dich ſelbſt. Pruͤfe dich. So fern das innere durch das aͤuſſere ſich bewei- ſen muß, koͤmmt es auf das aͤuſſere auch mit an. Die Welt ſpielet, ſchertzet, gaſteriret in aller Ei- telkeit: und du kanſt es alſo mitmachen. Ge- wiß da beweiſeſt du dich nicht als ein Kind GOt- tes, ſondern als ein Welt-Kind, ſo ſich der Welt aufopfert. Gehe nur in dein Hertz: du wirſt die Zuͤchtigung des H. Geiſtes bald finden. Gib ihr ja Gehoͤr. Es truͤget in vielen Stuͤcken, was die Welt ſaget: Si fueris Romæ, Romano vi- vito more. Doch hievon ein mehrers 1 Pet. 3, v. 3. 4. 1 Joh. 2, 15. 16. 2. Da nicht zu leugnen iſt, daß durch die Gleichſtellung der Welt nebſt der innern con- formitaͤt des Hertzens, alhier ſonderlich auf das aͤuſſerliche ſchema der Welt-Kinder geſehen wird; ſo zeiget Paulus an, wie ein Lehrer von der Gleichſtellung der Welt lehren, und wie ein Zuhoͤrer derſelben loß werden ſoll; nemlich, ein Lehrer ſoll den eitlen Menſchen am aͤuſſerlichen angreifen, und damit auf ſeinen innerlichen boͤ- ſen Grund fuͤhren zur wahren innerlichen meta- morphoſi, oder Veraͤnderung; und der Zuhoͤ- rer ſoll von jenem ſich auf dieſes fuͤhren laſſen. Alſo machet es Paulus, wenn er erſt ſonderlich vom aͤuſſerlichen ſaget: Stellet euch nicht die- ſer Welt gleich: Und darauf ſo ſort auf die Veraͤnderung des innern Menſchen gehet: zu [Spaltenumbruch] beyden aber, jenes zu laſſen und dieſes zu thun, ihnen vorher die goͤttliche Gnade angeprieſen hat: ſonderlich c. 5, 5. da er ſaget: Die Liebe GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Hertz durch den Heiligen Geiſt, welcher uns ge- geben iſt. 3. Ein aufgeklaͤrtes Auge zur genauen Ein- ſicht und Pruͤfung des Willens GOttes iſt eine Frucht von der Aufopferung gegen GOtt, von verleugneter Gleichſtellung der Welt, und von der fortgeſetzten Erneuerung des Sinnes. Feh- let es dir nun hieran, ſo iſt es kein Wunder, daß du in Pruͤfung und Beurtheilung goͤttli- licher Dinge und geiſtlicher Sachen noch ſo gar blind biſt, oder dir doch davon nichts als nur bloß buchſtaͤbliche und dazu in ſo manchen Stuͤcken gantz unrichtige Ideen oder Concepte macheſt. Die wahre Erleuchtung faͤnget mit der Heili- gung an, und koͤmmt auch mit dieſer zum Wachsthum. Ein unveraͤnderter Sinn iſt nicht geſchickt geiſtliche Dinge geiſtlich zu er- kennen. 4. Der Wille GOttes iſt nicht zu unter- ſcheiden in den guten, wohlgefaͤlligen und vollkommenen; ſondern der eine Wille GOt- tes iſt dieſes alles zugleich. Er iſt gut, der ſeine Guͤte hat in der Weisheit, Wahrheit, Liebe, Gerechtigkeit und Heiligkeit, nach welchem GOtt das Gute liebet und das Boͤſe haſſet. Und dieſer gute Wille iſt ihme ſelbſt auch wohl- gefaͤllig, theils in ſeiner eignen hoͤchſten Voll- kommenheit und Lauterkeit ohne alle Verſtel- lung, theils in unſerer Ausuͤbung und Folgſam- keit, wenn wir unſern Willen dem Willen GOttes conformiren. Col. 1, 10. Vollkom- men aber wird dieſer Wille genannt in Anſe- hung ſeiner Tiefe und Hoͤhe, Weite und Breite, die er in ſich hat, und die man immer mehr lernet einſehen zu ſeiner eignen immer mehrern Voll- kommenheit. 5. Der wohlgefaͤllige Wille aber iſt un- terſchieden von dem zulaͤßigen: ſintemal man- ches geſchiehet nach dem zulaͤßigen Willen GOttes. Z. E. Wenn ein noch unbehrter Studioſus Theologiæ zum Lehr-Amte gelanget, u. ſ. w. welches dem wohlgefaͤlligen und gnaͤ- digen Willen nicht gemaͤß iſt. 6. Von der verbotenen Gleichſtellung der Welt iſt auch nachzuleſen Matth. 6, 24. Gal. 1, 4. 1 Pet. 1, 14. c. 3, 3. 4. c. 4, 2-4. Jac. 4, 4. 1 Joh. 2, 15. Von der Verneurung des Sinnes ſiehe oben Cap. 6, 6. ſqq. 2 Cor. 4, 10. Eph. 4, 23. Coll. 3, 10. Von der Pruͤfung des Willens GOttes Eph. 5, 10. 17. Phil. 1, 10. V. 3. Denn (um euch den Nutzen der Verneu- ge-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 3.
euch GOtt bereits zu treuen Dienſten ergeben
und der Welt abgeſaget habet c. 6, 17. ſqq. und
alſo in dem angefangen Guten fortfahren muͤſ-
ſet; ſo) ſtellet euch nicht dieſer Welt (in ih-
ren Sitten, Gewohnheiten und Handlungen,
ſo fern ſie eitel und ſuͤndlich ſind) gleich, (alſo,
daß ihr, in welchen ſich die Geſtalt Chriſti zeigen
ſoll Gal. 4, 19. ihre Form annehmet, und man
denn euch von den Welt-Kindern nicht unter-
ſcheiden kan) ſondern (wie ihr ſchon angefan-
gen habet, gantz andere Menſchen zu werden, ſo
fahret darinnen getreulich fort, und) veraͤn-
dert euch (ferner und noch immer mehr und
mehr) durch Erneurung eures Gemuͤths
(des innern Menſchen nach Verſtand und Wil-
len,) auf daß ihr (vermoͤge des durch ſolche Er-
neuerung in euch vermehrten goͤttlichen Lichts
und der goͤttlichen Weisheit) pruͤfen (in der
Unterſuchung zu getreuer Ausuͤbung immer ge-
nauer erkennen) moͤget, welches da ſey der
gute, der wohlgefaͤllige und der vollkom-
mene GOttes Wille.
Anmerckungen.
1. Da die aͤuſſerliche Gleichſtellung der
Welt mit der innerlichen Geſtalt Chriſti nicht
beſtehen kan; ſo iſt es eine gar kahle Ausflucht
und Entſchuldigung, wenn es heißt: es kom-
me im Chriſtenthum aufs aͤuſſerliche nicht
an, ſondern aufs Hertz. Aber an ſich iſts
gar recht. Denn iſt dein Hertz rechtſchaffen,
warum ſtehet es denn in ſolcher Welt-Gefaͤllig-
keit und in ſolcher Gleichſtellung: Kaum iſt ei-
ne neue eitle und koſtbare Mode in der Kleidung
erdacht, ſo biſt du der erſte mit, der darnach gaffet
und affet. Und ſo macheſt du es auch in andern
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ben. Du betriegeſt dich ſelbſt. Pruͤfe dich.
So fern das innere durch das aͤuſſere ſich bewei-
ſen muß, koͤmmt es auf das aͤuſſere auch mit an.
Die Welt ſpielet, ſchertzet, gaſteriret in aller Ei-
telkeit: und du kanſt es alſo mitmachen. Ge-
wiß da beweiſeſt du dich nicht als ein Kind GOt-
tes, ſondern als ein Welt-Kind, ſo ſich der Welt
aufopfert. Gehe nur in dein Hertz: du wirſt
die Zuͤchtigung des H. Geiſtes bald finden. Gib
ihr ja Gehoͤr. Es truͤget in vielen Stuͤcken,
was die Welt ſaget: Si fueris Romæ, Romano vi-
vito more. Doch hievon ein mehrers 1 Pet. 3, v.
3. 4. 1 Joh. 2, 15. 16.
2. Da nicht zu leugnen iſt, daß durch die
Gleichſtellung der Welt nebſt der innern con-
formitaͤt des Hertzens, alhier ſonderlich auf das
aͤuſſerliche ſchema der Welt-Kinder geſehen
wird; ſo zeiget Paulus an, wie ein Lehrer von
der Gleichſtellung der Welt lehren, und wie ein
Zuhoͤrer derſelben loß werden ſoll; nemlich, ein
Lehrer ſoll den eitlen Menſchen am aͤuſſerlichen
angreifen, und damit auf ſeinen innerlichen boͤ-
ſen Grund fuͤhren zur wahren innerlichen meta-
morphoſi, oder Veraͤnderung; und der Zuhoͤ-
rer ſoll von jenem ſich auf dieſes fuͤhren laſſen.
Alſo machet es Paulus, wenn er erſt ſonderlich
vom aͤuſſerlichen ſaget: Stellet euch nicht die-
ſer Welt gleich: Und darauf ſo ſort auf die
Veraͤnderung des innern Menſchen gehet: zu
beyden aber, jenes zu laſſen und dieſes zu thun,
ihnen vorher die goͤttliche Gnade angeprieſen
hat: ſonderlich c. 5, 5. da er ſaget: Die Liebe
GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Hertz
durch den Heiligen Geiſt, welcher uns ge-
geben iſt.
3. Ein aufgeklaͤrtes Auge zur genauen Ein-
ſicht und Pruͤfung des Willens GOttes iſt eine
Frucht von der Aufopferung gegen GOtt, von
verleugneter Gleichſtellung der Welt, und von
der fortgeſetzten Erneuerung des Sinnes. Feh-
let es dir nun hieran, ſo iſt es kein Wunder,
daß du in Pruͤfung und Beurtheilung goͤttli-
licher Dinge und geiſtlicher Sachen noch ſo gar
blind biſt, oder dir doch davon nichts als nur bloß
buchſtaͤbliche und dazu in ſo manchen Stuͤcken
gantz unrichtige Ideen oder Concepte macheſt.
Die wahre Erleuchtung faͤnget mit der Heili-
gung an, und koͤmmt auch mit dieſer zum
Wachsthum. Ein unveraͤnderter Sinn iſt
nicht geſchickt geiſtliche Dinge geiſtlich zu er-
kennen.
4. Der Wille GOttes iſt nicht zu unter-
ſcheiden in den guten, wohlgefaͤlligen und
vollkommenen; ſondern der eine Wille GOt-
tes iſt dieſes alles zugleich. Er iſt gut, der ſeine
Guͤte hat in der Weisheit, Wahrheit, Liebe,
Gerechtigkeit und Heiligkeit, nach welchem
GOtt das Gute liebet und das Boͤſe haſſet.
Und dieſer gute Wille iſt ihme ſelbſt auch wohl-
gefaͤllig, theils in ſeiner eignen hoͤchſten Voll-
kommenheit und Lauterkeit ohne alle Verſtel-
lung, theils in unſerer Ausuͤbung und Folgſam-
keit, wenn wir unſern Willen dem Willen
GOttes conformiren. Col. 1, 10. Vollkom-
men aber wird dieſer Wille genannt in Anſe-
hung ſeiner Tiefe und Hoͤhe, Weite und Breite,
die er in ſich hat, und die man immer mehr lernet
einſehen zu ſeiner eignen immer mehrern Voll-
kommenheit.
5. Der wohlgefaͤllige Wille aber iſt un-
terſchieden von dem zulaͤßigen: ſintemal man-
ches geſchiehet nach dem zulaͤßigen Willen
GOttes. Z. E. Wenn ein noch unbehrter
Studioſus Theologiæ zum Lehr-Amte gelanget,
u. ſ. w. welches dem wohlgefaͤlligen und gnaͤ-
digen Willen nicht gemaͤß iſt.
6. Von der verbotenen Gleichſtellung
der Welt iſt auch nachzuleſen Matth. 6, 24.
Gal. 1, 4. 1 Pet. 1, 14. c. 3, 3. 4. c. 4, 2-4. Jac.
4, 4. 1 Joh. 2, 15. Von der Verneurung des
Sinnes ſiehe oben Cap. 6, 6. ſqq. 2 Cor. 4, 10.
Eph. 4, 23. Coll. 3, 10. Von der Pruͤfung
des Willens GOttes Eph. 5, 10. 17. Phil.
1, 10.
V. 3.
Denn (um euch den Nutzen der Verneu-
rung des Gemuͤths und der Pruͤfung des goͤttli-
chen Willens vorzuſtellen, wie ſich derſelbe zum
richtigen Urtheil bey uns ſelbſt und zum gehoͤri-
gen Gebrauch der geiſtlichen Gaben hervorthut)
ich ſage durch die Gnade, die mir gegeben
iſt (nach der Autoritaͤt des mir vertrauten Apo-
ſtel-Amts c. 1, 5. 1 Cor. 15, 10.) jederman un-
ter euch (ſonderlich, welchen GOtt die Gaben
ge-
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