Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 5, v. 11. 12. 13. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
natürlichen, auch bürgerlichen, und in denChristlichen oder brüderlichen. Der na- türliche und zugleich bürgerliche Umgang, den Christen unter einander als Menschen und als Glieder einer Societät haben, findet sich nach dem Bande der Natur und des gemeinen Bür- ger-Rechts unter Eheleuten, unter Eltern und Kindern, unter Geschwistern und andern nahen Anverwandten, unter Obrigkeit und Untertha- nen, unter Nachbarn, unter Käufern und Ver- käufern. Der brüderliche ist allein unter wah- ren Kindern GOttes. Jener behält auch statt unter denen, welche theils Kinder GOttes, theils Kinder dieser Welt sind, und sich zusam- men zu einer Christlichen Gemeine äusserlich be- kennen. Denn wie könte ein Ehegatte sich deß- wegen dem andern entziehen, auch so gar, daß er mit ihm auch nicht einmal essen wolte, wenn er siehet, daß der andere in dieser oder jener vorsetzli- chen Sünde lebet? Und wie könten fromme Kinder deßwegen von dem Tische und aus dem Hause ihrer in gewissen herrschenden Sünden lebenden Eltern laufen? Es ist auch leichtlich zu erachten, daß es auch zu Corinthus in einigen Familien nicht an solchem Unterscheide derer sich zum Christenthum bekennenden Personen, gefeh- let, und daß Paulus seine Warnung dahin nicht extendiret habe, daß er auch in solchem Fäll ei- ne Trennung anbefohlen. Sondern seine Mei- nung ist, daß wenn ausser solchem natürlichen Bande iemand, der in groben Sünden lebet, und damit Aergernisse anrichtet, sich würde zur Christlichen Kirche halten, und daneben auch eine vertrauliche Privat-Conversation, als ein Bruder oder als ein Kind GOttes mit andern suchen, und sich doch als ein Welt-Kind erweisen, daß man von einem solchen sich entziehen, ihn auch für kein Glied der Kirchen, und also für keinen Mit-Bruder halten solte. 3. Jndessen ist doch auch zum civilen Um- gang mit solchen Leuten aus Pauli Ermahnung so viel zu nehmen, daß, da sie sich für wahre Christen halten, es doch aber nicht sind, und dieser und jener Umgang mit ihnen in häuslichen und bürgerlichen Dingen unvermeidlich ist, man also mit ihnen umgehe, daß man sich eines theils ihrer Sünden keines weges theilhaftig mache; andern theils aber auch ihnen mit seinem Exem- pel in der That, auch nach Gelegenheit, wenn es sich also schicken will, mit Worten selbst zu er- kennen gebe, wie daß man sie für keine wahre Christen, sondern noch für unbekehrte Leute hal- te. Denn dieses ist dem Zwecke Pauli, darauf man sonderlich zu sehen hat, gemäß. 4. Von dem Christlichen und bloß bürgerli- chen Umgange mit Gottlosen ist nun leichtlich zu unterscheiden der Amts-Umgang eines Lehrers, als eines Artztes, mit den Gottlosen, als Patien- ten, da er sie zu bessern suchet: wie wir auch an unserm liebsten Heilande finden: als der, wenn er mit dem Worte der Wahrheit bey ihnen Ein- gang gefunden, mit ihnen auch gegessen und ge- truncken hat Luc. 14, 1. seqq. also, daß es daher hiesse: Dieser nimmt die Sünder an, und isset mit ihnen Luc. 15, 2. welcher Umgang, als ein Werck der Liebe, auch an allen Christen gar löb- [Spaltenumbruch] lich ist, wenn sie so starck sind, und den Vorsatz haben, andere zu gewinnen, dabey aber die Vor- sichtigkeit gebrauchen, daß sie sich vor einer ver- messenen Bekehrsucht hüten. 5. Jm übrigen hat man daraus, daß der Apostel die Geitzigen und die Trunckenbolde, zu den Hurern, Abgöttischen und Räubern in eine, und zwar in eine Classe solcher Leute setzet, mit welchen man gar keinen brüderlichen Um- gang haben solle, zu erkennen, wie groß und schwer die leider heut zu Tage so gemeine und so gar gering geachtete Sünde des Geitzes und der Trunckenheit sey. V. 12. 13. Denn was gehen mich die draussen an, Anmerckungen. 1. Wo die Rechte Kirchen-Zucht soll statt haben, da muß der grösseste Haufe rechtschaffen seyn, um wider einige wenige, die der Disciplin bedürfen, einen Schluß zu machen, und demsel- ben einen Nachdruck geben zu können; nicht mit äusserlicher Gewalt, sondern mit der Kraft ihres zusammen gesetzten Geistes, wodurch GOtt bey der Ausschliessung und Entziehung eine solche Furcht über die unwürdigen Glieder fallen läs- set, daß jene damit ihren Zweck erhalten können. 2. Wo hingegen der grösseste Haufe aus unwürdigen Gliedern bestehet, da läßt sich die Kirchen-Disciplin nicht üben. Denn wer solte sie gebrauchen? Da sich gewißlich die vielen und allermeisten, auch den weltlichen Umständen nach die vornehmsten, von den wenigsten und dabey auch wol den geringsten, nicht werden richten lassen. 3. Da nun die Evangelische Kirche (von an- dern Kirchen-Gemeinen ietzo nicht zu sagen) von der Apostolischen dergestalt unterschieden ist, daß, da in der Apostolischen die meisten Kirch-Glieder recht- D d
Cap. 5, v. 11. 12. 13. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
natuͤrlichen, auch buͤrgerlichen, und in denChriſtlichen oder bruͤderlichen. Der na- tuͤrliche und zugleich buͤrgerliche Umgang, den Chriſten unter einander als Menſchen und als Glieder einer Societaͤt haben, findet ſich nach dem Bande der Natur und des gemeinen Buͤr- ger-Rechts unter Eheleuten, unter Eltern und Kindern, unter Geſchwiſtern und andern nahen Anverwandten, unter Obrigkeit und Untertha- nen, unter Nachbarn, unter Kaͤufern und Ver- kaͤufern. Der bruͤderliche iſt allein unter wah- ren Kindern GOttes. Jener behaͤlt auch ſtatt unter denen, welche theils Kinder GOttes, theils Kinder dieſer Welt ſind, und ſich zuſam- men zu einer Chriſtlichen Gemeine aͤuſſerlich be- kennen. Denn wie koͤnte ein Ehegatte ſich deß- wegen dem andern entziehen, auch ſo gar, daß er mit ihm auch nicht einmal eſſen wolte, wenn er ſiehet, daß der andere in dieſer oder jener vorſetzli- chen Suͤnde lebet? Und wie koͤnten fromme Kinder deßwegen von dem Tiſche und aus dem Hauſe ihrer in gewiſſen herrſchenden Suͤnden lebenden Eltern laufen? Es iſt auch leichtlich zu erachten, daß es auch zu Corinthus in einigen Familien nicht an ſolchem Unterſcheide derer ſich zum Chriſtenthum bekennenden Perſonen, gefeh- let, und daß Paulus ſeine Warnung dahin nicht extendiret habe, daß er auch in ſolchem Faͤll ei- ne Trennung anbefohlen. Sondern ſeine Mei- nung iſt, daß wenn auſſer ſolchem natuͤrlichen Bande iemand, der in groben Suͤnden lebet, und damit Aergerniſſe anrichtet, ſich wuͤrde zur Chriſtlichen Kirche halten, und daneben auch eine vertrauliche Privat-Converſation, als ein Bruder oder als ein Kind GOttes mit andern ſuchen, und ſich doch als ein Welt-Kind erweiſen, daß man von einem ſolchen ſich entziehen, ihn auch fuͤr kein Glied der Kirchen, und alſo fuͤr keinen Mit-Bruder halten ſolte. 3. Jndeſſen iſt doch auch zum civilen Um- gang mit ſolchen Leuten aus Pauli Ermahnung ſo viel zu nehmen, daß, da ſie ſich fuͤr wahre Chriſten halten, es doch aber nicht ſind, und dieſer und jener Umgang mit ihnen in haͤuslichen und buͤrgerlichen Dingen unvermeidlich iſt, man alſo mit ihnen umgehe, daß man ſich eines theils ihrer Suͤnden keines weges theilhaftig mache; andern theils aber auch ihnen mit ſeinem Exem- pel in der That, auch nach Gelegenheit, wenn es ſich alſo ſchicken will, mit Worten ſelbſt zu er- kennen gebe, wie daß man ſie fuͤr keine wahre Chriſten, ſondern noch fuͤr unbekehrte Leute hal- te. Denn dieſes iſt dem Zwecke Pauli, darauf man ſonderlich zu ſehen hat, gemaͤß. 4. Von dem Chriſtlichen und bloß buͤrgerli- chen Umgange mit Gottloſen iſt nun leichtlich zu unterſcheiden der Amts-Umgang eines Lehrers, als eines Artztes, mit den Gottloſen, als Patien- ten, da er ſie zu beſſern ſuchet: wie wir auch an unſerm liebſten Heilande finden: als der, wenn er mit dem Worte der Wahrheit bey ihnen Ein- gang gefunden, mit ihnen auch gegeſſen und ge- truncken hat Luc. 14, 1. ſeqq. alſo, daß es daher hieſſe: Dieſer nimmt die Suͤnder an, und iſſet mit ihnen Luc. 15, 2. welcher Umgang, als ein Werck der Liebe, auch an allen Chriſten gar loͤb- [Spaltenumbruch] lich iſt, wenn ſie ſo ſtarck ſind, und den Vorſatz haben, andere zu gewinnen, dabey aber die Vor- ſichtigkeit gebrauchen, daß ſie ſich vor einer ver- meſſenen Bekehrſucht huͤten. 5. Jm uͤbrigen hat man daraus, daß der Apoſtel die Geitzigen und die Trunckenbolde, zu den Hurern, Abgoͤttiſchen und Raͤubern in eine, und zwar in eine Claſſe ſolcher Leute ſetzet, mit welchen man gar keinen bruͤderlichen Um- gang haben ſolle, zu erkennen, wie groß und ſchwer die leider heut zu Tage ſo gemeine und ſo gar gering geachtete Suͤnde des Geitzes und der Trunckenheit ſey. V. 12. 13. Denn was gehen mich die drauſſen an, Anmerckungen. 1. Wo die Rechte Kirchen-Zucht ſoll ſtatt haben, da muß der groͤſſeſte Haufe rechtſchaffen ſeyn, um wider einige wenige, die der Disciplin beduͤrfen, einen Schluß zu machen, und demſel- ben einen Nachdruck geben zu koͤnnen; nicht mit aͤuſſerlicher Gewalt, ſondern mit der Kraft ihres zuſammen geſetzten Geiſtes, wodurch GOtt bey der Ausſchlieſſung und Entziehung eine ſolche Furcht uͤber die unwuͤrdigen Glieder fallen laͤſ- ſet, daß jene damit ihren Zweck erhalten koͤnnen. 2. Wo hingegen der groͤſſeſte Haufe aus unwuͤrdigen Gliedern beſtehet, da laͤßt ſich die Kirchen-Diſciplin nicht uͤben. Denn wer ſolte ſie gebrauchen? Da ſich gewißlich die vielen und allermeiſten, auch den weltlichen Umſtaͤnden nach die vornehmſten, von den wenigſten und dabey auch wol den geringſten, nicht werden richten laſſen. 3. Da nun die Evangeliſche Kirche (von an- dern Kirchen-Gemeinen ietzo nicht zu ſagen) von der Apoſtoliſchen dergeſtalt unterſchieden iſt, daß, da in der Apoſtoliſchen die meiſten Kirch-Glieder recht- D d
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0237" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 5, v. 11. 12. 13. an die Corinthier.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#fr">natuͤrlichen,</hi> auch <hi rendition="#fr">buͤrgerlichen,</hi> und in den<lb/><hi rendition="#fr">Chriſtlichen</hi> oder <hi rendition="#fr">bruͤderlichen.</hi> Der <hi rendition="#fr">na-<lb/> tuͤrliche</hi> und <hi rendition="#fr">zugleich buͤrgerliche Umgang,</hi><lb/> den Chriſten unter einander als Menſchen und<lb/> als Glieder einer <hi rendition="#aq">Societ</hi>aͤt haben, findet ſich nach<lb/> dem Bande der Natur und des gemeinen Buͤr-<lb/> ger-Rechts unter Eheleuten, unter Eltern und<lb/> Kindern, unter Geſchwiſtern und andern nahen<lb/> Anverwandten, unter Obrigkeit und Untertha-<lb/> nen, unter Nachbarn, unter Kaͤufern und Ver-<lb/> kaͤufern. Der <hi rendition="#fr">bruͤderliche</hi> iſt allein unter wah-<lb/> ren <hi rendition="#fr">Kindern GOttes.</hi> Jener behaͤlt auch<lb/> ſtatt unter denen, welche theils Kinder GOttes,<lb/> theils Kinder dieſer Welt ſind, und ſich zuſam-<lb/> men zu einer Chriſtlichen Gemeine aͤuſſerlich be-<lb/> kennen. Denn wie koͤnte ein Ehegatte ſich deß-<lb/> wegen dem andern entziehen, auch ſo gar, daß er<lb/> mit ihm auch nicht einmal eſſen wolte, wenn er<lb/> ſiehet, daß der andere in dieſer oder jener vorſetzli-<lb/> chen Suͤnde lebet? Und wie koͤnten fromme<lb/> Kinder deßwegen von dem Tiſche und aus dem<lb/> Hauſe ihrer in gewiſſen herrſchenden Suͤnden<lb/> lebenden Eltern laufen? Es iſt auch leichtlich<lb/> zu erachten, daß es auch zu Corinthus in einigen<lb/><hi rendition="#aq">Famili</hi>en nicht an ſolchem Unterſcheide derer ſich<lb/> zum Chriſtenthum bekennenden Perſonen, gefeh-<lb/> let, und daß Paulus ſeine Warnung dahin nicht<lb/><hi rendition="#aq">extendir</hi>et habe, daß er auch in ſolchem Faͤll ei-<lb/> ne Trennung anbefohlen. Sondern ſeine Mei-<lb/> nung iſt, daß wenn auſſer ſolchem natuͤrlichen<lb/> Bande iemand, der in groben Suͤnden lebet,<lb/> und damit Aergerniſſe anrichtet, ſich wuͤrde zur<lb/> Chriſtlichen Kirche halten, und daneben auch eine<lb/> vertrauliche <hi rendition="#aq">Privat-Converſation,</hi> als ein Bruder<lb/> oder als ein Kind GOttes mit andern ſuchen,<lb/> und ſich doch als ein Welt-Kind erweiſen, daß<lb/> man von einem ſolchen ſich entziehen, ihn auch<lb/> fuͤr kein Glied der Kirchen, und alſo fuͤr keinen<lb/> Mit-Bruder halten ſolte.</item><lb/> <item>3. Jndeſſen iſt doch auch zum <hi rendition="#aq">civil</hi>en Um-<lb/> gang mit ſolchen Leuten aus Pauli Ermahnung<lb/> ſo viel zu nehmen, daß, da ſie ſich fuͤr wahre<lb/> Chriſten halten, es doch aber nicht ſind, und<lb/> dieſer und jener Umgang mit ihnen in haͤuslichen<lb/> und buͤrgerlichen Dingen unvermeidlich iſt, man<lb/> alſo mit ihnen umgehe, daß man ſich eines theils<lb/> ihrer Suͤnden keines weges theilhaftig mache;<lb/> andern theils aber auch ihnen mit ſeinem Exem-<lb/> pel in der That, auch nach Gelegenheit, wenn es<lb/> ſich alſo ſchicken will, mit Worten ſelbſt zu er-<lb/> kennen gebe, wie daß man ſie fuͤr keine wahre<lb/> Chriſten, ſondern noch fuͤr unbekehrte Leute hal-<lb/> te. Denn dieſes iſt dem Zwecke Pauli, darauf<lb/> man ſonderlich zu ſehen hat, gemaͤß.</item><lb/> <item>4. Von dem Chriſtlichen und bloß buͤrgerli-<lb/> chen Umgange mit Gottloſen iſt nun leichtlich zu<lb/> unterſcheiden der <hi rendition="#fr">Amts-Umgang</hi> eines Lehrers,<lb/> als eines Artztes, mit den Gottloſen, als <hi rendition="#aq">Patien-</hi><lb/> ten, da er ſie zu beſſern ſuchet: wie wir auch an<lb/> unſerm liebſten Heilande finden: als der, wenn<lb/> er mit dem Worte der Wahrheit bey ihnen Ein-<lb/> gang gefunden, mit ihnen auch gegeſſen und ge-<lb/> truncken hat Luc. 14, 1. <hi rendition="#aq">ſeqq.</hi> alſo, daß es daher<lb/> hieſſe: <hi rendition="#fr">Dieſer nimmt die Suͤnder an, und iſſet<lb/> mit ihnen</hi> Luc. 15, 2. welcher Umgang, als ein<lb/> Werck der Liebe, auch an allen Chriſten gar loͤb-<lb/><cb/> lich iſt, wenn ſie ſo ſtarck ſind, und den Vorſatz<lb/> haben, andere zu gewinnen, dabey aber die Vor-<lb/> ſichtigkeit gebrauchen, daß ſie ſich vor einer ver-<lb/> meſſenen Bekehrſucht huͤten.</item><lb/> <item>5. Jm uͤbrigen hat man daraus, daß der<lb/> Apoſtel die <hi rendition="#fr">Geitzigen</hi> und die <hi rendition="#fr">Trunckenbolde,</hi><lb/> zu den Hurern, Abgoͤttiſchen und Raͤubern in<lb/><hi rendition="#fr">eine,</hi> und zwar in eine Claſſe ſolcher Leute ſetzet,<lb/> mit welchen man gar keinen bruͤderlichen Um-<lb/> gang haben ſolle, zu erkennen, wie groß und<lb/> ſchwer die leider heut zu Tage ſo gemeine und ſo<lb/> gar gering geachtete Suͤnde des <hi rendition="#fr">Geitzes</hi> und der<lb/><hi rendition="#fr">Trunckenheit</hi> ſey.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 12. 13.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Denn was gehen mich die drauſſen an,</hi><lb/> auſſer der Gemeinſchaft der Kirche, als des Hau-<lb/> ſes GOttes: Marc. 4, 11. Col. 4, 5. 1 Theſſ. 4,<lb/> 12. 1 Tim. 3, 7. Offenb. 22, 15.) <hi rendition="#fr">daß ich ſie ſol-<lb/> te richten?</hi> (die Kirchen-<hi rendition="#aq">Diſciplin</hi> wider ſie ge-<lb/> brauchen; ob ſie uns gleich ſo viel angehen, daß<lb/> wir ſuchen ſollen, wie wir ſie gewinnen und zum<lb/> Chriſtenthum bringen moͤgen.) <hi rendition="#fr">Richtet ihr<lb/> nicht, die da hinnen ſind?</hi> (habet ihr aber nicht<lb/> hingegen ſorgfaͤltig auf die zu ſehen, die da Kirch-<lb/> Glieder ſeyn wollen, und ſind es nicht, daß ihr<lb/> die aus eurer Gemeinſchaft thut, euch auch ſonſt<lb/> ihrem vertraulichen <hi rendition="#aq">Privat-</hi>Umgang entziehet?<lb/> Diß iſt allerdings eure Pflicht. Matth. 18,<lb/> 15. 18.) V. 13. <hi rendition="#fr">GOTT aber wird, die drauſ-<lb/> ſen ſind, richten</hi> (<hi rendition="#g">in</hi> dem allgemeinen Welt-<lb/> Gerichte 1 Cor. 11, 32.) <hi rendition="#fr">Thut von euch ſelbſt<lb/> hinaus, wer da boͤſe iſt</hi> (τὸν πονηρὸν, dieſen<lb/> Boͤſen, den Blut-Schaͤnder, und alſo auch an-<lb/> dere dergleichen grobe Suͤnder; ob ſie wol nicht<lb/> alſo, wie mit dieſem, andern zum Schrecken, ge-<lb/> ſchehen, dem Satan zur leiblichen Zuͤchtigung<lb/> ſollen uͤbergeben werden. Wie ſcharf die <hi rendition="#aq">Dis-<lb/> ciplin</hi> im Alten Teſtamente geweſen, davon ſe-<lb/> he man unter andern 5 B. Moſ. 13, 5. 22, 21.<lb/> 22. 24.)</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Wo die Rechte Kirchen-Zucht ſoll ſtatt<lb/> haben, da muß der groͤſſeſte Haufe rechtſchaffen<lb/> ſeyn, um wider einige wenige, die der <hi rendition="#aq">Disciplin</hi><lb/> beduͤrfen, einen Schluß zu machen, und demſel-<lb/> ben einen Nachdruck geben zu koͤnnen; nicht mit<lb/> aͤuſſerlicher Gewalt, ſondern mit der Kraft ihres<lb/> zuſammen geſetzten Geiſtes, wodurch GOtt bey<lb/> der Ausſchlieſſung und Entziehung eine ſolche<lb/> Furcht uͤber die unwuͤrdigen Glieder fallen laͤſ-<lb/> ſet, daß jene damit ihren Zweck erhalten<lb/> koͤnnen.</item><lb/> <item>2. Wo hingegen der groͤſſeſte Haufe aus<lb/> unwuͤrdigen Gliedern beſtehet, da laͤßt ſich die<lb/> Kirchen-<hi rendition="#aq">Diſciplin</hi> nicht uͤben. Denn wer ſolte<lb/> ſie gebrauchen? Da ſich gewißlich die vielen und<lb/> allermeiſten, auch den weltlichen Umſtaͤnden<lb/> nach die vornehmſten, von den wenigſten und<lb/> dabey auch wol den geringſten, nicht werden<lb/> richten laſſen.</item><lb/> <item>3. Da nun die Evangeliſche Kirche (von an-<lb/> dern Kirchen-Gemeinen ietzo nicht zu ſagen) von<lb/> der Apoſtoliſchen dergeſtalt unterſchieden iſt, daß,<lb/> da in der Apoſtoliſchen die meiſten Kirch-Glieder<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D d</fw><fw place="bottom" type="catch">recht-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [209/0237]
Cap. 5, v. 11. 12. 13. an die Corinthier.
natuͤrlichen, auch buͤrgerlichen, und in den
Chriſtlichen oder bruͤderlichen. Der na-
tuͤrliche und zugleich buͤrgerliche Umgang,
den Chriſten unter einander als Menſchen und
als Glieder einer Societaͤt haben, findet ſich nach
dem Bande der Natur und des gemeinen Buͤr-
ger-Rechts unter Eheleuten, unter Eltern und
Kindern, unter Geſchwiſtern und andern nahen
Anverwandten, unter Obrigkeit und Untertha-
nen, unter Nachbarn, unter Kaͤufern und Ver-
kaͤufern. Der bruͤderliche iſt allein unter wah-
ren Kindern GOttes. Jener behaͤlt auch
ſtatt unter denen, welche theils Kinder GOttes,
theils Kinder dieſer Welt ſind, und ſich zuſam-
men zu einer Chriſtlichen Gemeine aͤuſſerlich be-
kennen. Denn wie koͤnte ein Ehegatte ſich deß-
wegen dem andern entziehen, auch ſo gar, daß er
mit ihm auch nicht einmal eſſen wolte, wenn er
ſiehet, daß der andere in dieſer oder jener vorſetzli-
chen Suͤnde lebet? Und wie koͤnten fromme
Kinder deßwegen von dem Tiſche und aus dem
Hauſe ihrer in gewiſſen herrſchenden Suͤnden
lebenden Eltern laufen? Es iſt auch leichtlich
zu erachten, daß es auch zu Corinthus in einigen
Familien nicht an ſolchem Unterſcheide derer ſich
zum Chriſtenthum bekennenden Perſonen, gefeh-
let, und daß Paulus ſeine Warnung dahin nicht
extendiret habe, daß er auch in ſolchem Faͤll ei-
ne Trennung anbefohlen. Sondern ſeine Mei-
nung iſt, daß wenn auſſer ſolchem natuͤrlichen
Bande iemand, der in groben Suͤnden lebet,
und damit Aergerniſſe anrichtet, ſich wuͤrde zur
Chriſtlichen Kirche halten, und daneben auch eine
vertrauliche Privat-Converſation, als ein Bruder
oder als ein Kind GOttes mit andern ſuchen,
und ſich doch als ein Welt-Kind erweiſen, daß
man von einem ſolchen ſich entziehen, ihn auch
fuͤr kein Glied der Kirchen, und alſo fuͤr keinen
Mit-Bruder halten ſolte.
3. Jndeſſen iſt doch auch zum civilen Um-
gang mit ſolchen Leuten aus Pauli Ermahnung
ſo viel zu nehmen, daß, da ſie ſich fuͤr wahre
Chriſten halten, es doch aber nicht ſind, und
dieſer und jener Umgang mit ihnen in haͤuslichen
und buͤrgerlichen Dingen unvermeidlich iſt, man
alſo mit ihnen umgehe, daß man ſich eines theils
ihrer Suͤnden keines weges theilhaftig mache;
andern theils aber auch ihnen mit ſeinem Exem-
pel in der That, auch nach Gelegenheit, wenn es
ſich alſo ſchicken will, mit Worten ſelbſt zu er-
kennen gebe, wie daß man ſie fuͤr keine wahre
Chriſten, ſondern noch fuͤr unbekehrte Leute hal-
te. Denn dieſes iſt dem Zwecke Pauli, darauf
man ſonderlich zu ſehen hat, gemaͤß.
4. Von dem Chriſtlichen und bloß buͤrgerli-
chen Umgange mit Gottloſen iſt nun leichtlich zu
unterſcheiden der Amts-Umgang eines Lehrers,
als eines Artztes, mit den Gottloſen, als Patien-
ten, da er ſie zu beſſern ſuchet: wie wir auch an
unſerm liebſten Heilande finden: als der, wenn
er mit dem Worte der Wahrheit bey ihnen Ein-
gang gefunden, mit ihnen auch gegeſſen und ge-
truncken hat Luc. 14, 1. ſeqq. alſo, daß es daher
hieſſe: Dieſer nimmt die Suͤnder an, und iſſet
mit ihnen Luc. 15, 2. welcher Umgang, als ein
Werck der Liebe, auch an allen Chriſten gar loͤb-
lich iſt, wenn ſie ſo ſtarck ſind, und den Vorſatz
haben, andere zu gewinnen, dabey aber die Vor-
ſichtigkeit gebrauchen, daß ſie ſich vor einer ver-
meſſenen Bekehrſucht huͤten.
5. Jm uͤbrigen hat man daraus, daß der
Apoſtel die Geitzigen und die Trunckenbolde,
zu den Hurern, Abgoͤttiſchen und Raͤubern in
eine, und zwar in eine Claſſe ſolcher Leute ſetzet,
mit welchen man gar keinen bruͤderlichen Um-
gang haben ſolle, zu erkennen, wie groß und
ſchwer die leider heut zu Tage ſo gemeine und ſo
gar gering geachtete Suͤnde des Geitzes und der
Trunckenheit ſey.
V. 12. 13.
Denn was gehen mich die drauſſen an,
auſſer der Gemeinſchaft der Kirche, als des Hau-
ſes GOttes: Marc. 4, 11. Col. 4, 5. 1 Theſſ. 4,
12. 1 Tim. 3, 7. Offenb. 22, 15.) daß ich ſie ſol-
te richten? (die Kirchen-Diſciplin wider ſie ge-
brauchen; ob ſie uns gleich ſo viel angehen, daß
wir ſuchen ſollen, wie wir ſie gewinnen und zum
Chriſtenthum bringen moͤgen.) Richtet ihr
nicht, die da hinnen ſind? (habet ihr aber nicht
hingegen ſorgfaͤltig auf die zu ſehen, die da Kirch-
Glieder ſeyn wollen, und ſind es nicht, daß ihr
die aus eurer Gemeinſchaft thut, euch auch ſonſt
ihrem vertraulichen Privat-Umgang entziehet?
Diß iſt allerdings eure Pflicht. Matth. 18,
15. 18.) V. 13. GOTT aber wird, die drauſ-
ſen ſind, richten (in dem allgemeinen Welt-
Gerichte 1 Cor. 11, 32.) Thut von euch ſelbſt
hinaus, wer da boͤſe iſt (τὸν πονηρὸν, dieſen
Boͤſen, den Blut-Schaͤnder, und alſo auch an-
dere dergleichen grobe Suͤnder; ob ſie wol nicht
alſo, wie mit dieſem, andern zum Schrecken, ge-
ſchehen, dem Satan zur leiblichen Zuͤchtigung
ſollen uͤbergeben werden. Wie ſcharf die Dis-
ciplin im Alten Teſtamente geweſen, davon ſe-
he man unter andern 5 B. Moſ. 13, 5. 22, 21.
22. 24.)
Anmerckungen.
1. Wo die Rechte Kirchen-Zucht ſoll ſtatt
haben, da muß der groͤſſeſte Haufe rechtſchaffen
ſeyn, um wider einige wenige, die der Disciplin
beduͤrfen, einen Schluß zu machen, und demſel-
ben einen Nachdruck geben zu koͤnnen; nicht mit
aͤuſſerlicher Gewalt, ſondern mit der Kraft ihres
zuſammen geſetzten Geiſtes, wodurch GOtt bey
der Ausſchlieſſung und Entziehung eine ſolche
Furcht uͤber die unwuͤrdigen Glieder fallen laͤſ-
ſet, daß jene damit ihren Zweck erhalten
koͤnnen.
2. Wo hingegen der groͤſſeſte Haufe aus
unwuͤrdigen Gliedern beſtehet, da laͤßt ſich die
Kirchen-Diſciplin nicht uͤben. Denn wer ſolte
ſie gebrauchen? Da ſich gewißlich die vielen und
allermeiſten, auch den weltlichen Umſtaͤnden
nach die vornehmſten, von den wenigſten und
dabey auch wol den geringſten, nicht werden
richten laſſen.
3. Da nun die Evangeliſche Kirche (von an-
dern Kirchen-Gemeinen ietzo nicht zu ſagen) von
der Apoſtoliſchen dergeſtalt unterſchieden iſt, daß,
da in der Apoſtoliſchen die meiſten Kirch-Glieder
recht-
D d
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |