Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 6, v. 9. 10. [Spaltenumbruch]
den Brüdern, (das thut ihr andern Theils,und versündiget euch also noch mehr, als die, welche kein Unrecht leiden wollen: da ihr das Unrecht so gar niemanden zufügen sollet, daß ihr vielmehr bereit seyn sollet, es zu ertragen. Siehe auch 1 Thess. 4, 6.) Anmerckungen. 1. Es fraget sich nun alhier zweyerley: 1) ob denn alles Rechten und Processiren unter den Christen verboten sey? und 2) wo dieses nicht ist, wie denn der Ermahnung Pauli ein Genüge ge- schehe? 2. Daß nicht alle Gerichts-Handelungen verboten sind, das zeigen die folgenden Gründe an: a. Die von GOTT geschehene Verord- nung der Obrigkeit und Gerichte, die zum Zweck hat, daß ein ieder bey seinem ihm zukom- menden Recht und Gute wider allen unbilligen Anspruch und allen Schaden geschützet werde: da hingegen, wo Unterthanen ihre Obrigkeit nicht in ihrer gerechten Sache zum Schutz zu im- ploriren hätten, ihr Amt größten Theils dahin fiele. b. Der Muthwille ungerechter Leu- te; als welcher dadurch, daß man sich nach den Regeln des Christenthums wider sie mit dem Schutze der Obrigkeit nicht zu verwahren habe, über alle die Massen zunehmen würde: Und also auch c. die Gefahr und der Schade der Be- drängten, darein sie ohnfehlbar würden gesetzet werden. d. Die dem Gesetz der Natur ge- mässe Vorschrift, welche GOTT in seinem Worte, als dem aufgeklärten Natur-Gesetze, der Obrigkeit zum Schutz und zur Hülfe der Be- drängten gegeben hat. Man sehe unter andern 2 B. Mos. 19, 21. seqq. 22, 9. 23, 1. 2. 3. 5 B. Mos. 25, 1. 2 Chron. 19, 5. seqq. Rom. 13, 1. seqq. da es unter andern von der Obrigkeit heißt: Sie ist GOttes Dienerin, dir zu gute. Hierzu kömmt e. das Exempel Pauli, der sich selbst in gewissen Fällen der heidnischen Obrigkeit zum Schutz bedienet, ja endlich gar an den Käyser appelliret hat, und zwar wider die Juden Ap. Gesch. 22, 25. 23, 17. 25, 10. 11. 26, 32. Auch ist, was die ietzige und schon längst vorhergehende Zeiten betrift, f. zu mercken, daß, da wir nicht mehr unter einer heidnischen, sondern Christli- chen Obrigkeit stehen, das Aergerniß, davon der Apostel in Ansehung der Heyden redet, auch guten Theils wegfällt. 3. Damit man aber der Vermahnung Pauli mit Wahrnehmung seines Gewissens nachkomme, ist folgendes zu beobachten: a. Man hat bey einem uns zugefügten Unrecht zuvorderst sein Gemüth durch die Gnade und durch den Frie- den GOttes in Ruhe und Gelassenheit zu be- wahren. b. Man hat nach aller Möglichkeit den Weg zur gütlichen Entscheidung zu suchen, auch wol eine der Rechte nicht unkundige Christliche und unparteyische Person zum gütlichen Schieds- Mann vorzuschlagen, und wann es beyde Par- teyen auf seine Erkäntniß wollen ankommen las- sen, ihn das Geschäfte in aller Stille aufzutra- gen, und bey seiner Meinung zu acquiesci- [Spaltenumbruch] ren. c. Man hat auch lieber einigen Schaden über sich zu nehmen, und einiges Unrecht zu er- tragen, ehe man die Sache vor Gerichte suche. Jst aber dieses gewisser Umstände und wichtiger Ursachen wegen unvermeidlich, so hat man dem Proceß seinen Lauf, der zwar gemeiniglich leider sehr gekrümmet ist, zu lassen, und dabey sein Hertz in aller Liebe und Friedfertigkeit gegen sei- nen Gegenpart zu behalten. V. 9. Wisset ihr nicht (ihr wisset es ja gar V. 10. Lasset euch nicht verführen, (weder Anmerckungen. 1. Diese Laster sind alle also beschaffen, daß sie einen, der darinnen, oder auch in einem von denselben lebet, und folglich auch die herrschende Wurtzel zu allen andern in sich hat, von dem Reiche GOttes ausschliessen. Und ob die Men- schen dieses gleich wissen, so sind doch zwey dar- unter, welcher sie sich, da sie die übrigen, ausser der groben Abgötterey und Räuberey mehrern Theils heimlich begehen, und sich ihrer schämen, gar nicht entsehen, als der Geitz und die Trunckenheit. Dannenhero von denselben noch ins besondere etwas zu erinnern ist. 2. Der Geitz ist zwar ein scheinbares oder ein solches Laster, dabey der Mensch äusserlich die
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 6, v. 9. 10. [Spaltenumbruch]
den Bruͤdern, (das thut ihr andern Theils,und verſuͤndiget euch alſo noch mehr, als die, welche kein Unrecht leiden wollen: da ihr das Unrecht ſo gar niemanden zufuͤgen ſollet, daß ihr vielmehr bereit ſeyn ſollet, es zu ertragen. Siehe auch 1 Theſſ. 4, 6.) Anmerckungen. 1. Es fraget ſich nun alhier zweyerley: 1) ob denn alles Rechten und Proceſſiren unter den Chriſten verboten ſey? und 2) wo dieſes nicht iſt, wie denn der Ermahnung Pauli ein Genuͤge ge- ſchehe? 2. Daß nicht alle Gerichts-Handelungen verboten ſind, das zeigen die folgenden Gruͤnde an: a. Die von GOTT geſchehene Verord- nung der Obrigkeit und Gerichte, die zum Zweck hat, daß ein ieder bey ſeinem ihm zukom- menden Recht und Gute wider allen unbilligen Anſpruch und allen Schaden geſchuͤtzet werde: da hingegen, wo Unterthanen ihre Obrigkeit nicht in ihrer gerechten Sache zum Schutz zu im- ploriren haͤtten, ihr Amt groͤßten Theils dahin fiele. b. Der Muthwille ungerechter Leu- te; als welcher dadurch, daß man ſich nach den Regeln des Chriſtenthums wider ſie mit dem Schutze der Obrigkeit nicht zu verwahren habe, uͤber alle die Maſſen zunehmen wuͤrde: Und alſo auch c. die Gefahr und der Schade der Be- draͤngten, darein ſie ohnfehlbar wuͤrden geſetzet werden. d. Die dem Geſetz der Natur ge- maͤſſe Vorſchrift, welche GOTT in ſeinem Worte, als dem aufgeklaͤrten Natur-Geſetze, der Obrigkeit zum Schutz und zur Huͤlfe der Be- draͤngten gegeben hat. Man ſehe unter andern 2 B. Moſ. 19, 21. ſeqq. 22, 9. 23, 1. 2. 3. 5 B. Moſ. 25, 1. 2 Chron. 19, 5. ſeqq. Rom. 13, 1. ſeqq. da es unter andern von der Obrigkeit heißt: Sie iſt GOttes Dienerin, dir zu gute. Hierzu koͤmmt e. das Exempel Pauli, der ſich ſelbſt in gewiſſen Faͤllen der heidniſchen Obrigkeit zum Schutz bedienet, ja endlich gar an den Kaͤyſer appelliret hat, und zwar wider die Juden Ap. Geſch. 22, 25. 23, 17. 25, 10. 11. 26, 32. Auch iſt, was die ietzige und ſchon laͤngſt vorhergehende Zeiten betrift, f. zu mercken, daß, da wir nicht mehr unter einer heidniſchen, ſondern Chriſtli- chen Obrigkeit ſtehen, das Aergerniß, davon der Apoſtel in Anſehung der Heyden redet, auch guten Theils wegfaͤllt. 3. Damit man aber der Vermahnung Pauli mit Wahrnehmung ſeines Gewiſſens nachkomme, iſt folgendes zu beobachten: a. Man hat bey einem uns zugefuͤgten Unrecht zuvorderſt ſein Gemuͤth durch die Gnade und durch den Frie- den GOttes in Ruhe und Gelaſſenheit zu be- wahren. b. Man hat nach aller Moͤglichkeit den Weg zur guͤtlichen Entſcheidung zu ſuchen, auch wol eine der Rechte nicht unkundige Chriſtliche und unparteyiſche Perſon zum guͤtlichen Schieds- Mann vorzuſchlagen, und wann es beyde Par- teyen auf ſeine Erkaͤntniß wollen ankommen laſ- ſen, ihn das Geſchaͤfte in aller Stille aufzutra- gen, und bey ſeiner Meinung zu acquieſci- [Spaltenumbruch] ren. c. Man hat auch lieber einigen Schaden uͤber ſich zu nehmen, und einiges Unrecht zu er- tragen, ehe man die Sache vor Gerichte ſuche. Jſt aber dieſes gewiſſer Umſtaͤnde und wichtiger Urſachen wegen unvermeidlich, ſo hat man dem Proceß ſeinen Lauf, der zwar gemeiniglich leider ſehr gekruͤmmet iſt, zu laſſen, und dabey ſein Hertz in aller Liebe und Friedfertigkeit gegen ſei- nen Gegenpart zu behalten. V. 9. Wiſſet ihr nicht (ihr wiſſet es ja gar V. 10. Laſſet euch nicht verfuͤhren, (weder Anmerckungen. 1. Dieſe Laſter ſind alle alſo beſchaffen, daß ſie einen, der darinnen, oder auch in einem von denſelben lebet, und folglich auch die herrſchende Wurtzel zu allen andern in ſich hat, von dem Reiche GOttes ausſchlieſſen. Und ob die Men- ſchen dieſes gleich wiſſen, ſo ſind doch zwey dar- unter, welcher ſie ſich, da ſie die uͤbrigen, auſſer der groben Abgoͤtterey und Raͤuberey mehrern Theils heimlich begehen, und ſich ihrer ſchaͤmen, gar nicht entſehen, als der Geitz und die Trunckenheit. Dannenhero von denſelben noch ins beſondere etwas zu erinnern iſt. 2. Der Geitz iſt zwar ein ſcheinbares oder ein ſolches Laſter, dabey der Menſch aͤuſſerlich die
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 6, v. 9. 10.
den Bruͤdern, (das thut ihr andern Theils,
und verſuͤndiget euch alſo noch mehr, als die,
welche kein Unrecht leiden wollen: da ihr das
Unrecht ſo gar niemanden zufuͤgen ſollet, daß ihr
vielmehr bereit ſeyn ſollet, es zu ertragen. Siehe
auch 1 Theſſ. 4, 6.)
Anmerckungen.
1. Es fraget ſich nun alhier zweyerley: 1) ob
denn alles Rechten und Proceſſiren unter den
Chriſten verboten ſey? und 2) wo dieſes nicht iſt,
wie denn der Ermahnung Pauli ein Genuͤge ge-
ſchehe?
2. Daß nicht alle Gerichts-Handelungen
verboten ſind, das zeigen die folgenden Gruͤnde
an: a. Die von GOTT geſchehene Verord-
nung der Obrigkeit und Gerichte, die zum
Zweck hat, daß ein ieder bey ſeinem ihm zukom-
menden Recht und Gute wider allen unbilligen
Anſpruch und allen Schaden geſchuͤtzet werde:
da hingegen, wo Unterthanen ihre Obrigkeit
nicht in ihrer gerechten Sache zum Schutz zu im-
ploriren haͤtten, ihr Amt groͤßten Theils dahin
fiele. b. Der Muthwille ungerechter Leu-
te; als welcher dadurch, daß man ſich nach den
Regeln des Chriſtenthums wider ſie mit dem
Schutze der Obrigkeit nicht zu verwahren habe,
uͤber alle die Maſſen zunehmen wuͤrde: Und alſo
auch c. die Gefahr und der Schade der Be-
draͤngten, darein ſie ohnfehlbar wuͤrden geſetzet
werden. d. Die dem Geſetz der Natur ge-
maͤſſe Vorſchrift, welche GOTT in ſeinem
Worte, als dem aufgeklaͤrten Natur-Geſetze,
der Obrigkeit zum Schutz und zur Huͤlfe der Be-
draͤngten gegeben hat. Man ſehe unter andern
2 B. Moſ. 19, 21. ſeqq. 22, 9. 23, 1. 2. 3. 5 B.
Moſ. 25, 1. 2 Chron. 19, 5. ſeqq. Rom. 13, 1. ſeqq.
da es unter andern von der Obrigkeit heißt: Sie
iſt GOttes Dienerin, dir zu gute. Hierzu
koͤmmt e. das Exempel Pauli, der ſich ſelbſt in
gewiſſen Faͤllen der heidniſchen Obrigkeit zum
Schutz bedienet, ja endlich gar an den Kaͤyſer
appelliret hat, und zwar wider die Juden Ap.
Geſch. 22, 25. 23, 17. 25, 10. 11. 26, 32. Auch
iſt, was die ietzige und ſchon laͤngſt vorhergehende
Zeiten betrift, f. zu mercken, daß, da wir nicht
mehr unter einer heidniſchen, ſondern Chriſtli-
chen Obrigkeit ſtehen, das Aergerniß, davon
der Apoſtel in Anſehung der Heyden redet, auch
guten Theils wegfaͤllt.
3. Damit man aber der Vermahnung
Pauli mit Wahrnehmung ſeines Gewiſſens
nachkomme, iſt folgendes zu beobachten: a. Man
hat bey einem uns zugefuͤgten Unrecht zuvorderſt
ſein Gemuͤth durch die Gnade und durch den Frie-
den GOttes in Ruhe und Gelaſſenheit zu be-
wahren. b. Man hat nach aller Moͤglichkeit den
Weg zur guͤtlichen Entſcheidung zu ſuchen, auch
wol eine der Rechte nicht unkundige Chriſtliche
und unparteyiſche Perſon zum guͤtlichen Schieds-
Mann vorzuſchlagen, und wann es beyde Par-
teyen auf ſeine Erkaͤntniß wollen ankommen laſ-
ſen, ihn das Geſchaͤfte in aller Stille aufzutra-
gen, und bey ſeiner Meinung zu acquieſci-
ren. c. Man hat auch lieber einigen Schaden
uͤber ſich zu nehmen, und einiges Unrecht zu er-
tragen, ehe man die Sache vor Gerichte ſuche.
Jſt aber dieſes gewiſſer Umſtaͤnde und wichtiger
Urſachen wegen unvermeidlich, ſo hat man dem
Proceß ſeinen Lauf, der zwar gemeiniglich leider
ſehr gekruͤmmet iſt, zu laſſen, und dabey ſein
Hertz in aller Liebe und Friedfertigkeit gegen ſei-
nen Gegenpart zu behalten.
V. 9.
Wiſſet ihr nicht (ihr wiſſet es ja gar
wohl; thut aber, als wuͤßtet ihr es nicht,) daß
die Ungerechten (welche den Mangel der rech-
ten Glaubens-Gerechtigkeit durch die Ungerech-
keit ihres Lebens an den Tag legen) werden das
Reich GOttes (das Reich der Herrlichkeit)
nicht ererben?) (weil ſie keine Kinder und
Freunde GOttes ſind; als welchen das Erbtheil
allein zugehoͤret, und weil ſie nicht im Reiche der
Gnade ſtehen. Rom. 8, 17. Gal. 4, 7.
V. 10.
Laſſet euch nicht verfuͤhren, (weder
durch eure eigne verfuͤhriſche Luſt und Einbil-
dung, noch anderer ihre loſe Uberredung, als haͤt-
te weder die Ungerechtigkeit, noch eine andere
Suͤnde etwas auf ſich, ſondern koͤnne wol bey
dem Chriſtenthum beſtehen:) weder die Hu-
rer, noch die Abgoͤttiſchen, noch die Ehe-
brecher, noch die Weichlinge und Knaben-
Schaͤnder, (die auch wider die verderbte Na-
tur ſelbſt in Sodomitiſchen Suͤnden leben, und
ihre eigne Leiber an ihnen ſelbſt ſchaͤnden.)
Noch die Diebe, noch die Geitzigen, noch
die Trunckenbolde, noch die Laͤſterer, noch
die Raͤuber, (ſo lange ſie ſolche bleiben, und ſich
nicht von Hertzen zu GOtt bekehren, wenn ſie ſich
ſchon aͤuſſerlich zur Chriſtlichen Kirche bekennen)
werden das Reich GOttes ererben (als wel-
ches ihnen auch, vermoͤge des auf die Ubertreter
der 10 Gebote geſetzten Fluches, in vielen andern
Orten der Heil. Schrift abgeſprochen wird, als
Leuten, in welchen der Satan ſein Werck hat,
und ſie geiſtlicher Weiſe beſitzet. Siehe Gal.
5, 19. 20. 21. Eph. 5, 5. 6. 1 Theſſ. 4, 6. 1 Tim.
1, 9. 10. Hebr. 12, 14. Offenb. 22, 15. Ferner
3 B. Moſ. 18, 22. 20, 13. Rom. 1, 26, 27. 31.
Gal. 6, 7. 8. ꝛc.)
Anmerckungen.
1. Dieſe Laſter ſind alle alſo beſchaffen, daß
ſie einen, der darinnen, oder auch in einem von
denſelben lebet, und folglich auch die herrſchende
Wurtzel zu allen andern in ſich hat, von dem
Reiche GOttes ausſchlieſſen. Und ob die Men-
ſchen dieſes gleich wiſſen, ſo ſind doch zwey dar-
unter, welcher ſie ſich, da ſie die uͤbrigen, auſſer
der groben Abgoͤtterey und Raͤuberey mehrern
Theils heimlich begehen, und ſich ihrer ſchaͤmen,
gar nicht entſehen, als der Geitz und die
Trunckenheit. Dannenhero von denſelben
noch ins beſondere etwas zu erinnern iſt.
2. Der Geitz iſt zwar ein ſcheinbares oder
ein ſolches Laſter, dabey der Menſch aͤuſſerlich
die
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