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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 7, v. 27-30. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] 7, 2. von dem Weibe saget, daß sie an das Ge-
setz gebunden sey, so lange der Mann lebet, das
gilt auch allerdings mit gleicher Verbindung
von dem Ehe-Manne: wie wir alhier sehen.

2. Und also haben wir hier ein neues Ver-
bot, welches den willkührlichen Ehescheidungen
entgegen stehet, und mit dem überein kömmt,
was wir davon oben schon gesehen haben.

V. 28.

So du aber freyest, (du mögest die Ga-
be der Enthaltung haben, oder nicht; wie denn
deßwegen, daß man sie hat, niemand sich des
Ehestandes entschlagen darf, derselbe auch in
manchen Umständen zur Pflege nöthig, oder
doch sehr dienlich ist,) sündigest du nicht,
(was die Sache selbst betrifft; ob du dich gleich
mit übereilter Wahl und mit deinen Absichten,
die du dabey hast, leichtlich versündigen kanst;
wenn du nicht alles in genauer Prüfung vor dem
HErrn thust,) und so eine Jungfrau (oder
auch Wittwe nach v. 8.) freyet, sündiget sie
nicht: doch werden solche leibliche Trüb-
sal haben,
(sonderlich das weibliche Geschlecht;
sintemal ausser den gemeinen Beschwerlichkei-
ten die Ehe-Weiber bey ihrem schwanger-ge-
hen, ihrer Geburt, und bey ihrem Säugen,
auch bey der Pflege der zartesten Kinder oft Tag
und Nacht viel ausstehen, wenn sie ihrem Ge-
wissen nach der mütterlichen Liebe ein Genügen
thun wollen. Es hat doch aber auch die Weis-
heit GOttes in die Natur des weiblichen Ge-
schlechts eine solche eheliche und mütterliche Lie-
be zu dem Manne und zu den Kindern geleget,
dadurch ihr endlich alles erträglich wird:) ich
verschonete aber euer gerne,
(darum ich de-
nen, welche es fassen können, Matth. 19, 11. 12.
den Rath gebe zum ledigen Leben.)

Anmerckung.

Es ist wahr, daß der Ehestand vieles mit
sich führet, welches einen davon abschrecken
könte. Allein es ist auch nicht zu leugnen, daß,
wenn Ehe-Leute eines Sinnes sind, und mit
einander GOTT fürchten, sie einander auch
die Last sehr erleichtern können; also daß einem
manches leichter wird in der Ehe gemeinschaft-
lich zu ertragen, als es einem andern in seinem
einsamen Leben ausser der Ehe ist.

V. 29.

Das sage ich aber, lieben Brüder, die
Zeit ist kurtz,
(und also wohl anzulegen.)
Weiter ist das die Meinung, die da Wei-
ber haben, daß sie seyn, als hätten sie kei-
ne,
(daß sie dieselbe mit Verleugnung und Ge-
lassenheit haben; zwar ihnen in ergebenster Lie-
be anhangen; iedoch aber in dem HErrn und
also, daß sie sich bereit halten, dieselbe nach
dem Willen GOttes wieder zu verlieren. Jn
welcher Fassung denn auch die Weiber gegen ih-
re Männer stehen müssen.)

Anmerckungen.
1. Es lassen sich diese Worte; oti o kairos
sunestalmenos to loipon estin, weil die Zeit
[Spaltenumbruch] sehr kurtz ins künftige ist,
füglich als eine
parenthesis ansehen, und ist der Verstand die-
ser, daß diejenigen, welche unter den Erwach-
senen zu Corinthen zum Glauben an CHristum
gebracht waren, noch eine kurtze Zeit ihres Le-
bens vor sich hätten; so wol in Ansehung der
kurtzen Lebens-Zeit insgemein, als auch in Be-
trachtung dessen, daß mancher noch vor dem na-
türlichen Ziel des menschlichen Alters gar leicht-
lich aus der Zeit in die Ewigkeit gerücket werden
könte: daher man alles, was zu diesem Leben
gehöret, mit gehöriger Verleugnung besitzen
müsse.
2. Wenn nun angeführte Worte in pa-
renthesi
gesetzet werden, so ist der gantze Vers
mit ihnen also zu übersetzen: Dieses sage ich
aber, Brüder,
(weil die Zeit im übrigen,
oder die noch übrige Zeit kurtz ist,) daß die,
welche Weiber haben, seyn mögen, als hät-
ten sie keine.
3. Es giebet in der Ehe gar leicht zwey ex-
trema,
oder gar merckliche Abwege: der eine ist
in der Uneinigkeit, da einer des andern müde
ist, ja ein Theil dem andern viel Kummer und
Hertzeleid machet, also daß solchen Eheleuten,
zumal wo sie alle beyde fast gleiche Schuld tra-
gen, ihr Ehestand gleichsam schon zur halben
Hölle wird; oder bey ihnen doch, an statt des
Vergnügens, fast lauter Verdruß ist. Der
andere bestehet in der gar zu grossen Anhäng-
lichkeit,
da man das Geschöpf fast mehr lie-
bet, als den Schöpfer, sich auch von desselben
Sterblichkeit nicht genugsame Vorstellung ma-
chet; und daher, wenn durch den Tod eine
Trennung geschiehet, in der Traurigkeit keine
Maaß zu halten weiß. Und also ist die von
Paulo alhier anbefohlne Mittel-Strasse die
beste.
V. 30.

Und die da weinen, (über das Absterben
eines Ehegatten, oder eines Kindes, oder über
einen Unfall betrübet sind, es möge dabey zu
den Thränen kommen, oder nicht; daß sie nem-
lich seyn mögen) als weineten sie nicht, (die
da die Traurigkeit zu mäßigen wissen, daß es
auch in diesem Stücke von ihnen heissen könne:
Als die Traurigen, aber dabey doch in dem
HErrn allezeit frölich 2 Cor. 6, 10.) und die
sich freuen
(über den Ehegatten, über die Kin-
der, und über alles übrige, welches ihnen in
der Ehe und in dem übrigen menschlichen Leben
nach GOTTes gnädigem Willen und zugleich
auch nach ihrem Wunsch gutes und fröliches be-
gegnet,) als freueten sie sich nicht, (oder
nur also, daß, wenn ihnen GOTT diese und
jene Materie ihrer Freude wieder entziehen wür-
de, sie mit Hiob sagen könten: Der HERR
hats gegeben, der HERR hats genom-
men: der Name des HERRN sey gelo-
bet!
c. 1, 21.) und die da kaufen, (sich et-
was eignes, wie man zu reden pfleget, der Fa-
milie wegen anschaffen, oder auch sonst im Han-
del und Wandel zeitlicher Dinge stehen, und
vieles zu verkehren haben, wie zu Corinthen, als
in einer berühmten Handels-Stadt geschahe,)

als
H h

Cap. 7, v. 27-30. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] 7, 2. von dem Weibe ſaget, daß ſie an das Ge-
ſetz gebunden ſey, ſo lange der Mann lebet, das
gilt auch allerdings mit gleicher Verbindung
von dem Ehe-Manne: wie wir alhier ſehen.

2. Und alſo haben wir hier ein neues Ver-
bot, welches den willkuͤhrlichen Eheſcheidungen
entgegen ſtehet, und mit dem uͤberein koͤmmt,
was wir davon oben ſchon geſehen haben.

V. 28.

So du aber freyeſt, (du moͤgeſt die Ga-
be der Enthaltung haben, oder nicht; wie denn
deßwegen, daß man ſie hat, niemand ſich des
Eheſtandes entſchlagen darf, derſelbe auch in
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doch ſehr dienlich iſt,) ſuͤndigeſt du nicht,
(was die Sache ſelbſt betrifft; ob du dich gleich
mit uͤbereilter Wahl und mit deinen Abſichten,
die du dabey haſt, leichtlich verſuͤndigen kanſt;
wenn du nicht alles in genauer Pruͤfung vor dem
HErrn thuſt,) und ſo eine Jungfrau (oder
auch Wittwe nach v. 8.) freyet, ſuͤndiget ſie
nicht: doch werden ſolche leibliche Truͤb-
ſal haben,
(ſonderlich das weibliche Geſchlecht;
ſintemal auſſer den gemeinen Beſchwerlichkei-
ten die Ehe-Weiber bey ihrem ſchwanger-ge-
hen, ihrer Geburt, und bey ihrem Saͤugen,
auch bey der Pflege der zarteſten Kinder oft Tag
und Nacht viel ausſtehen, wenn ſie ihrem Ge-
wiſſen nach der muͤtterlichen Liebe ein Genuͤgen
thun wollen. Es hat doch aber auch die Weis-
heit GOttes in die Natur des weiblichen Ge-
ſchlechts eine ſolche eheliche und muͤtterliche Lie-
be zu dem Manne und zu den Kindern geleget,
dadurch ihr endlich alles ertraͤglich wird:) ich
verſchonete aber euer gerne,
(darum ich de-
nen, welche es faſſen koͤnnen, Matth. 19, 11. 12.
den Rath gebe zum ledigen Leben.)

Anmerckung.

Es iſt wahr, daß der Eheſtand vieles mit
ſich fuͤhret, welches einen davon abſchrecken
koͤnte. Allein es iſt auch nicht zu leugnen, daß,
wenn Ehe-Leute eines Sinnes ſind, und mit
einander GOTT fuͤrchten, ſie einander auch
die Laſt ſehr erleichtern koͤnnen; alſo daß einem
manches leichter wird in der Ehe gemeinſchaft-
lich zu ertragen, als es einem andern in ſeinem
einſamen Leben auſſer der Ehe iſt.

V. 29.

Das ſage ich aber, lieben Bruͤder, die
Zeit iſt kurtz,
(und alſo wohl anzulegen.)
Weiter iſt das die Meinung, die da Wei-
ber haben, daß ſie ſeyn, als haͤtten ſie kei-
ne,
(daß ſie dieſelbe mit Verleugnung und Ge-
laſſenheit haben; zwar ihnen in ergebenſter Lie-
be anhangen; iedoch aber in dem HErrn und
alſo, daß ſie ſich bereit halten, dieſelbe nach
dem Willen GOttes wieder zu verlieren. Jn
welcher Faſſung denn auch die Weiber gegen ih-
re Maͤnner ſtehen muͤſſen.)

Anmerckungen.
1. Es laſſen ſich dieſe Worte; ὅτι ὁ καιρὸς
συνεσταλμένος τὸ λοιπόν ἐστιν, weil die Zeit
[Spaltenumbruch] ſehr kurtz ins kuͤnftige iſt,
fuͤglich als eine
parentheſis anſehen, und iſt der Verſtand die-
ſer, daß diejenigen, welche unter den Erwach-
ſenen zu Corinthen zum Glauben an CHriſtum
gebracht waren, noch eine kurtze Zeit ihres Le-
bens vor ſich haͤtten; ſo wol in Anſehung der
kurtzen Lebens-Zeit insgemein, als auch in Be-
trachtung deſſen, daß mancher noch vor dem na-
tuͤrlichen Ziel des menſchlichen Alters gar leicht-
lich aus der Zeit in die Ewigkeit geruͤcket werden
koͤnte: daher man alles, was zu dieſem Leben
gehoͤret, mit gehoͤriger Verleugnung beſitzen
muͤſſe.
2. Wenn nun angefuͤhrte Worte in pa-
rentheſi
geſetzet werden, ſo iſt der gantze Vers
mit ihnen alſo zu uͤberſetzen: Dieſes ſage ich
aber, Bruͤder,
(weil die Zeit im uͤbrigen,
oder die noch uͤbrige Zeit kurtz iſt,) daß die,
welche Weiber haben, ſeyn moͤgen, als haͤt-
ten ſie keine.
3. Es giebet in der Ehe gar leicht zwey ex-
trema,
oder gar merckliche Abwege: der eine iſt
in der Uneinigkeit, da einer des andern muͤde
iſt, ja ein Theil dem andern viel Kummer und
Hertzeleid machet, alſo daß ſolchen Eheleuten,
zumal wo ſie alle beyde faſt gleiche Schuld tra-
gen, ihr Eheſtand gleichſam ſchon zur halben
Hoͤlle wird; oder bey ihnen doch, an ſtatt des
Vergnuͤgens, faſt lauter Verdruß iſt. Der
andere beſtehet in der gar zu groſſen Anhaͤng-
lichkeit,
da man das Geſchoͤpf faſt mehr lie-
bet, als den Schoͤpfer, ſich auch von deſſelben
Sterblichkeit nicht genugſame Vorſtellung ma-
chet; und daher, wenn durch den Tod eine
Trennung geſchiehet, in der Traurigkeit keine
Maaß zu halten weiß. Und alſo iſt die von
Paulo alhier anbefohlne Mittel-Straſſe die
beſte.
V. 30.

Und die da weinen, (uͤber das Abſterben
eines Ehegatten, oder eines Kindes, oder uͤber
einen Unfall betruͤbet ſind, es moͤge dabey zu
den Thraͤnen kommen, oder nicht; daß ſie nem-
lich ſeyn moͤgen) als weineten ſie nicht, (die
da die Traurigkeit zu maͤßigen wiſſen, daß es
auch in dieſem Stuͤcke von ihnen heiſſen koͤnne:
Als die Traurigen, aber dabey doch in dem
HErrn allezeit froͤlich 2 Cor. 6, 10.) und die
ſich freuen
(uͤber den Ehegatten, uͤber die Kin-
der, und uͤber alles uͤbrige, welches ihnen in
der Ehe und in dem uͤbrigen menſchlichen Leben
nach GOTTes gnaͤdigem Willen und zugleich
auch nach ihrem Wunſch gutes und froͤliches be-
gegnet,) als freueten ſie ſich nicht, (oder
nur alſo, daß, wenn ihnen GOTT dieſe und
jene Materie ihrer Freude wieder entziehen wuͤr-
de, ſie mit Hiob ſagen koͤnten: Der HERR
hats gegeben, der HERR hats genom-
men: der Name des HERRN ſey gelo-
bet!
c. 1, 21.) und die da kaufen, (ſich et-
was eignes, wie man zu reden pfleget, der Fa-
milie wegen anſchaffen, oder auch ſonſt im Han-
del und Wandel zeitlicher Dinge ſtehen, und
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in einer beruͤhmten Handels-Stadt geſchahe,)

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[241/0269] Cap. 7, v. 27-30. an die Corinthier. 7, 2. von dem Weibe ſaget, daß ſie an das Ge- ſetz gebunden ſey, ſo lange der Mann lebet, das gilt auch allerdings mit gleicher Verbindung von dem Ehe-Manne: wie wir alhier ſehen. 2. Und alſo haben wir hier ein neues Ver- bot, welches den willkuͤhrlichen Eheſcheidungen entgegen ſtehet, und mit dem uͤberein koͤmmt, was wir davon oben ſchon geſehen haben. V. 28. So du aber freyeſt, (du moͤgeſt die Ga- be der Enthaltung haben, oder nicht; wie denn deßwegen, daß man ſie hat, niemand ſich des Eheſtandes entſchlagen darf, derſelbe auch in manchen Umſtaͤnden zur Pflege noͤthig, oder doch ſehr dienlich iſt,) ſuͤndigeſt du nicht, (was die Sache ſelbſt betrifft; ob du dich gleich mit uͤbereilter Wahl und mit deinen Abſichten, die du dabey haſt, leichtlich verſuͤndigen kanſt; wenn du nicht alles in genauer Pruͤfung vor dem HErrn thuſt,) und ſo eine Jungfrau (oder auch Wittwe nach v. 8.) freyet, ſuͤndiget ſie nicht: doch werden ſolche leibliche Truͤb- ſal haben, (ſonderlich das weibliche Geſchlecht; ſintemal auſſer den gemeinen Beſchwerlichkei- ten die Ehe-Weiber bey ihrem ſchwanger-ge- hen, ihrer Geburt, und bey ihrem Saͤugen, auch bey der Pflege der zarteſten Kinder oft Tag und Nacht viel ausſtehen, wenn ſie ihrem Ge- wiſſen nach der muͤtterlichen Liebe ein Genuͤgen thun wollen. Es hat doch aber auch die Weis- heit GOttes in die Natur des weiblichen Ge- ſchlechts eine ſolche eheliche und muͤtterliche Lie- be zu dem Manne und zu den Kindern geleget, dadurch ihr endlich alles ertraͤglich wird:) ich verſchonete aber euer gerne, (darum ich de- nen, welche es faſſen koͤnnen, Matth. 19, 11. 12. den Rath gebe zum ledigen Leben.) Anmerckung. Es iſt wahr, daß der Eheſtand vieles mit ſich fuͤhret, welches einen davon abſchrecken koͤnte. Allein es iſt auch nicht zu leugnen, daß, wenn Ehe-Leute eines Sinnes ſind, und mit einander GOTT fuͤrchten, ſie einander auch die Laſt ſehr erleichtern koͤnnen; alſo daß einem manches leichter wird in der Ehe gemeinſchaft- lich zu ertragen, als es einem andern in ſeinem einſamen Leben auſſer der Ehe iſt. V. 29. Das ſage ich aber, lieben Bruͤder, die Zeit iſt kurtz, (und alſo wohl anzulegen.) Weiter iſt das die Meinung, die da Wei- ber haben, daß ſie ſeyn, als haͤtten ſie kei- ne, (daß ſie dieſelbe mit Verleugnung und Ge- laſſenheit haben; zwar ihnen in ergebenſter Lie- be anhangen; iedoch aber in dem HErrn und alſo, daß ſie ſich bereit halten, dieſelbe nach dem Willen GOttes wieder zu verlieren. Jn welcher Faſſung denn auch die Weiber gegen ih- re Maͤnner ſtehen muͤſſen.) Anmerckungen. 1. Es laſſen ſich dieſe Worte; ὅτι ὁ καιρὸς συνεσταλμένος τὸ λοιπόν ἐστιν, weil die Zeit ſehr kurtz ins kuͤnftige iſt, fuͤglich als eine parentheſis anſehen, und iſt der Verſtand die- ſer, daß diejenigen, welche unter den Erwach- ſenen zu Corinthen zum Glauben an CHriſtum gebracht waren, noch eine kurtze Zeit ihres Le- bens vor ſich haͤtten; ſo wol in Anſehung der kurtzen Lebens-Zeit insgemein, als auch in Be- trachtung deſſen, daß mancher noch vor dem na- tuͤrlichen Ziel des menſchlichen Alters gar leicht- lich aus der Zeit in die Ewigkeit geruͤcket werden koͤnte: daher man alles, was zu dieſem Leben gehoͤret, mit gehoͤriger Verleugnung beſitzen muͤſſe. 2. Wenn nun angefuͤhrte Worte in pa- rentheſi geſetzet werden, ſo iſt der gantze Vers mit ihnen alſo zu uͤberſetzen: Dieſes ſage ich aber, Bruͤder, (weil die Zeit im uͤbrigen, oder die noch uͤbrige Zeit kurtz iſt,) daß die, welche Weiber haben, ſeyn moͤgen, als haͤt- ten ſie keine. 3. Es giebet in der Ehe gar leicht zwey ex- trema, oder gar merckliche Abwege: der eine iſt in der Uneinigkeit, da einer des andern muͤde iſt, ja ein Theil dem andern viel Kummer und Hertzeleid machet, alſo daß ſolchen Eheleuten, zumal wo ſie alle beyde faſt gleiche Schuld tra- gen, ihr Eheſtand gleichſam ſchon zur halben Hoͤlle wird; oder bey ihnen doch, an ſtatt des Vergnuͤgens, faſt lauter Verdruß iſt. Der andere beſtehet in der gar zu groſſen Anhaͤng- lichkeit, da man das Geſchoͤpf faſt mehr lie- bet, als den Schoͤpfer, ſich auch von deſſelben Sterblichkeit nicht genugſame Vorſtellung ma- chet; und daher, wenn durch den Tod eine Trennung geſchiehet, in der Traurigkeit keine Maaß zu halten weiß. Und alſo iſt die von Paulo alhier anbefohlne Mittel-Straſſe die beſte. V. 30. Und die da weinen, (uͤber das Abſterben eines Ehegatten, oder eines Kindes, oder uͤber einen Unfall betruͤbet ſind, es moͤge dabey zu den Thraͤnen kommen, oder nicht; daß ſie nem- lich ſeyn moͤgen) als weineten ſie nicht, (die da die Traurigkeit zu maͤßigen wiſſen, daß es auch in dieſem Stuͤcke von ihnen heiſſen koͤnne: Als die Traurigen, aber dabey doch in dem HErrn allezeit froͤlich 2 Cor. 6, 10.) und die ſich freuen (uͤber den Ehegatten, uͤber die Kin- der, und uͤber alles uͤbrige, welches ihnen in der Ehe und in dem uͤbrigen menſchlichen Leben nach GOTTes gnaͤdigem Willen und zugleich auch nach ihrem Wunſch gutes und froͤliches be- gegnet,) als freueten ſie ſich nicht, (oder nur alſo, daß, wenn ihnen GOTT dieſe und jene Materie ihrer Freude wieder entziehen wuͤr- de, ſie mit Hiob ſagen koͤnten: Der HERR hats gegeben, der HERR hats genom- men: der Name des HERRN ſey gelo- bet! c. 1, 21.) und die da kaufen, (ſich et- was eignes, wie man zu reden pfleget, der Fa- milie wegen anſchaffen, oder auch ſonſt im Han- del und Wandel zeitlicher Dinge ſtehen, und vieles zu verkehren haben, wie zu Corinthen, als in einer beruͤhmten Handels-Stadt geſchahe,) als H h

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/269>, abgerufen am 25.11.2024.