Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
an die Corinthier.

§. I.

[Spaltenumbruch]

BEy dieser Frage ist zuvörderst zu be-
dauren, daß auch unter denen,
sowol Theologis, als Iuris Con-
sultis,
welche die Polygamie und
die licentiam der Ehescheidung
nach dem götlichen Worte, sonderlich des N. T.
für verbothen halten, sich manche gefunden, die
da zugegeben, daß beydes nach dem Rechte der
Natur zugelassen sey. Welche Meynung denn
zwar daher erträglich ist, weil sie beyden hinge-
gen das göttliche Wort nachdrücklich opponi-
r
en. Daß sie doch aber gar nicht richtig sey, das
ist hier kürtzlich zu erweisen. Dieses nun darzu-
thun, ist nicht nöthig, daß ich mich erst in die
Untersuchung der unterschiedlichen Meynungen
vom principio iuris naturae einlasse: wiewol,
wenn es die jetzige Abhandelung litte, gar leicht-
lich zu zeigen wäre, daß die Polygamie mit der
licentia diuortiorum wider ein jedes principium
juris naturae,
so dafür gehalten wird, streite.
Denn weil doch eine jede nicht gar absurde Mey-
nung vom principio juris naturae zum wenigsten
etwas wahres in sich hat; so streitet daher die ge-
dachte Vielweiberey nebst der licentia diuortio-
rum
auch mit diesen principiis; doch mit dem ei-
nen mehr, mit dem andern weniger. Es soll
hingegen für jetzo genug seyn, nur ein eintziges
postulatum, als die propositionem maiorem zum
Grunde dieses Erweises zu legen, und denn dar-
auf die propositionem minorem zu bauen, und
hernach die rationes iustae consequentiae wider ei-
nige objectiones, oder exceptiones, zu vindi-
ci
ren.

§. II. Das Postulatum ist dieses: Was
GOTT, als
Auctor der menschlichen Na-
tur und des Natur-Gesetzes, als etwas
der menschlichen Natur durch die Schö-
pfung eingepflantztes und gemässes, erst-
lich im Stande der Unschuld selbst ver-
ordnet, und nach dem Sünden-Fall in sei-
nem
Moral. Gesetze wiederholet, und aus
diesem zur Zeit des N. T. wiederum mit
mehrern eingeschärfet hat, und dazu an
sich selbst also beschaffen ist, daß es dem
Ehe- und Haus-Stande, folglich auch al-
len daher entstehenden menschlichen
Socie-
t
äten und dem gantzen menschlichen Ge-
schlechte in allen Ständen höchstnöthig
und nützlich; das Gegentheil aber demsel-
ben schädlich ist; das gehöret zum Na-
tur-Gesetze, und wird allerdings vom
Natur-Gesetze erfodert. Das Gegen-
theil davon aber streitet wider das Na-
tur-Gesetz.
Dieses Postulatum wird hoffent-
lich ein jeder stehen lassen, der nicht auch wider
die gesunde Vernunft leugnen will, daß GOtt
selbst Auctor sey, wie der Natur, also auch des
demselben eingepflantzten Gesetzes der Natur;
und hingegen sich scheuet, dasjenige für ein Ge-
setz der menschlichen Natur, oder für etwas dem
Gesetze der Natur gemässes, auszugeben, was
doch der menschlichen Natur, und darinnen in-
sonderheit dem Ehe-Stande und allen daher
[Spaltenumbruch] entstehenden menschlichen Societäten, folglich
dem gantzen menschlichen Geschlechte, in allen
Ständen höchst schädlich ist, und von GOTT
in seinem Moral-Gesetze, welches ohne das
nichts anders ist, als ein aufgeklärtes Natur-
Gesetze, verbothen worden. Und also ist dieses
unleugbare postulatum mit allem Rechte für ein
datum anzunehmen: und es kan ein jeder nach
diesem postulato, als der propositione majore, die
application im minore auf die einfache Ehe zwi-
schen einem einigen Manne und einem einigen
Weibe, wider die Polygamie, und auf ihre Un-
zertrennlichkeit wider die Ehescheidungen, selbst
machen.

§. III. Da nun aber die auf den Ehe-
Stand, und darinnen auf die polygamie gehen-
de propositio minor unterschiedliche membra
hat, und das erste membrum auf den Stand
der Unschuld gehet,
daß nemlich GOtt, als
der Auctor der menschlichen Natur, und des ihr
eingepflantzten, auch nöthigen, und gemässen
Natur-Gesetzes, die Ehe nur allein zwischen
zween Personen, als unauflöslich verordnet,
und dagegen folglich alle polygamie und will-
kührliche Ehescheidung verbothen und verwor-
fen habe; das ist bereits oben bey der Erklärung
und Rettung des Orts Gen. 2. mit mehrern er-
wiesen.

§. IV. Das zweyte membrum proposi-
tionis minoris
gehet auf dieses ersten Gesetzes
Wiederholung: wie solche nach dem Sün-
den-Fall im göttlichen Moral-Gesetze, als dem
aufgeklärten Natur-Gesetze, geschehen, dieses aber
der Vielweiberey und Ehescheidungen entgegen
stehe. Und diese Wiederholung findet man zu-
vörderst im sechsten Gebot, du solt nicht ehe-
brechen.
Daß aber nicht allein mit dem will-
kührlichen divortio, wenn theils der Scheiden-
de, theils die Geschiedene, wie zu geschehen
pfleget, sich anderwärtig wieder verheyrathet,
sondern auch mit der polygamie, ein Ehebruch
begangen werde, das ist oben aus Christi Wor-
ten deutlich genug erwiesen. Und wird hoffent-
lich niemand, der auch nur eine natürliche Furcht
vor GOtt und dem Sohn GOttes hat, und
ihn, wie den Sinaitischen Gesetzgeber (der als
der Engel des HErrn, nachdem er Mosi den
Befehl ertheilet von Ausführung des Jsraeliti-
schen, als seines Volcks, Exod. 3. in der Wol-
cken-Säule vor ihnen herging, sie durch das
rothe Meer Exod. 13. 14. 15. und hernach durch
die Wüsten unter vielen Wundern bis an den
Berg Sinai führete, und, nachdem er sich in
gedachter Wolcken-Seule auf diesem Berge
gesetzet hatte, in und aus derselben mit grosser
Majestät das Gesetze gab) niemand, sage ich,
der auch nur eine natürliche Furcht vor dem
Sohn GOttes hat, und ihn, wie für den Si-
naitischen Gesetzgeber, also auch für den rechten
Ausleger und künftigen executorem des gege-
benen Gesetzes und für Richter des menschlichen
Geschlechts hält, wird sich unterstehen zu leug-

nen,
an die Corinthier.

§. I.

[Spaltenumbruch]

BEy dieſer Frage iſt zuvoͤrderſt zu be-
dauren, daß auch unter denen,
ſowol Theologis, als Iuris Con-
ſultis,
welche die Polygamie und
die licentiam der Eheſcheidung
nach dem goͤtlichen Worte, ſonderlich des N. T.
fuͤr verbothen halten, ſich manche gefunden, die
da zugegeben, daß beydes nach dem Rechte der
Natur zugelaſſen ſey. Welche Meynung denn
zwar daher ertraͤglich iſt, weil ſie beyden hinge-
gen das goͤttliche Wort nachdruͤcklich opponi-
r
en. Daß ſie doch aber gar nicht richtig ſey, das
iſt hier kuͤrtzlich zu erweiſen. Dieſes nun darzu-
thun, iſt nicht noͤthig, daß ich mich erſt in die
Unterſuchung der unterſchiedlichen Meynungen
vom principio iuris naturæ einlaſſe: wiewol,
wenn es die jetzige Abhandelung litte, gar leicht-
lich zu zeigen waͤre, daß die Polygamie mit der
licentia diuortiorum wider ein jedes principium
juris naturæ,
ſo dafuͤr gehalten wird, ſtreite.
Denn weil doch eine jede nicht gar abſurde Mey-
nung vom principio juris naturæ zum wenigſten
etwas wahres in ſich hat; ſo ſtreitet daher die ge-
dachte Vielweiberey nebſt der licentia diuortio-
rum
auch mit dieſen principiis; doch mit dem ei-
nen mehr, mit dem andern weniger. Es ſoll
hingegen fuͤr jetzo genug ſeyn, nur ein eintziges
poſtulatum, als die propoſitionem maiorem zum
Grunde dieſes Erweiſes zu legen, und denn dar-
auf die propoſitionem minorem zu bauen, und
hernach die rationes iuſtæ conſequentiæ wider ei-
nige objectiones, oder exceptiones, zu vindi-
ci
ren.

§. II. Das Poſtulatum iſt dieſes: Was
GOTT, als
Auctor der menſchlichen Na-
tur und des Natur-Geſetzes, als etwas
der menſchlichen Natur durch die Schoͤ-
pfung eingepflantztes und gemaͤſſes, erſt-
lich im Stande der Unſchuld ſelbſt ver-
ordnet, und nach dem Suͤnden-Fall in ſei-
nem
Moral. Geſetze wiederholet, und aus
dieſem zur Zeit des N. T. wiederum mit
mehrern eingeſchaͤrfet hat, und dazu an
ſich ſelbſt alſo beſchaffen iſt, daß es dem
Ehe- und Haus-Stande, folglich auch al-
len daher entſtehenden menſchlichen
Socie-
t
aͤten und dem gantzen menſchlichen Ge-
ſchlechte in allen Staͤnden hoͤchſtnoͤthig
und nuͤtzlich; das Gegentheil aber demſel-
ben ſchaͤdlich iſt; das gehoͤret zum Na-
tur-Geſetze, und wird allerdings vom
Natur-Geſetze erfodert. Das Gegen-
theil davon aber ſtreitet wider das Na-
tur-Geſetz.
Dieſes Poſtulatum wird hoffent-
lich ein jeder ſtehen laſſen, der nicht auch wider
die geſunde Vernunft leugnen will, daß GOtt
ſelbſt Auctor ſey, wie der Natur, alſo auch des
demſelben eingepflantzten Geſetzes der Natur;
und hingegen ſich ſcheuet, dasjenige fuͤr ein Ge-
ſetz der menſchlichen Natur, oder fuͤr etwas dem
Geſetze der Natur gemaͤſſes, auszugeben, was
doch der menſchlichen Natur, und darinnen in-
ſonderheit dem Ehe-Stande und allen daher
[Spaltenumbruch] entſtehenden menſchlichen Societaͤten, folglich
dem gantzen menſchlichen Geſchlechte, in allen
Staͤnden hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, und von GOTT
in ſeinem Moral-Geſetze, welches ohne das
nichts anders iſt, als ein aufgeklaͤrtes Natur-
Geſetze, verbothen worden. Und alſo iſt dieſes
unleugbare poſtulatum mit allem Rechte fuͤr ein
datum anzunehmen: und es kan ein jeder nach
dieſem poſtulato, als der propoſitione majore, die
application im minore auf die einfache Ehe zwi-
ſchen einem einigen Manne und einem einigen
Weibe, wider die Polygamie, und auf ihre Un-
zertrennlichkeit wider die Eheſcheidungen, ſelbſt
machen.

§. III. Da nun aber die auf den Ehe-
Stand, und darinnen auf die polygamie gehen-
de propoſitio minor unterſchiedliche membra
hat, und das erſte membrum auf den Stand
der Unſchuld gehet,
daß nemlich GOtt, als
der Auctor der menſchlichen Natur, und des ihr
eingepflantzten, auch noͤthigen, und gemaͤſſen
Natur-Geſetzes, die Ehe nur allein zwiſchen
zween Perſonen, als unaufloͤslich verordnet,
und dagegen folglich alle polygamie und will-
kuͤhrliche Eheſcheidung verbothen und verwor-
fen habe; das iſt bereits oben bey der Erklaͤrung
und Rettung des Orts Gen. 2. mit mehrern er-
wieſen.

§. IV. Das zweyte membrum propoſi-
tionis minoris
gehet auf dieſes erſten Geſetzes
Wiederholung: wie ſolche nach dem Suͤn-
den-Fall im goͤttlichen Moral-Geſetze, als dem
aufgeklaͤrten Natur-Geſetze, geſchehen, dieſes aber
der Vielweiberey und Eheſcheidungen entgegen
ſtehe. Und dieſe Wiederholung findet man zu-
voͤrderſt im ſechſten Gebot, du ſolt nicht ehe-
brechen.
Daß aber nicht allein mit dem will-
kuͤhrlichen divortio, wenn theils der Scheiden-
de, theils die Geſchiedene, wie zu geſchehen
pfleget, ſich anderwaͤrtig wieder verheyrathet,
ſondern auch mit der polygamie, ein Ehebruch
begangen werde, das iſt oben aus Chriſti Wor-
ten deutlich genug erwieſen. Und wird hoffent-
lich niemand, der auch nur eine natuͤrliche Furcht
vor GOtt und dem Sohn GOttes hat, und
ihn, wie den Sinaitiſchen Geſetzgeber (der als
der Engel des HErrn, nachdem er Moſi den
Befehl ertheilet von Ausfuͤhrung des Jſraeliti-
ſchen, als ſeines Volcks, Exod. 3. in der Wol-
cken-Saͤule vor ihnen herging, ſie durch das
rothe Meer Exod. 13. 14. 15. und hernach durch
die Wuͤſten unter vielen Wundern bis an den
Berg Sinai fuͤhrete, und, nachdem er ſich in
gedachter Wolcken-Seule auf dieſem Berge
geſetzet hatte, in und aus derſelben mit groſſer
Majeſtaͤt das Geſetze gab) niemand, ſage ich,
der auch nur eine natuͤrliche Furcht vor dem
Sohn GOttes hat, und ihn, wie fuͤr den Si-
naitiſchen Geſetzgeber, alſo auch fuͤr den rechten
Ausleger und kuͤnftigen executorem des gege-
benen Geſetzes und fuͤr Richter des menſchlichen
Geſchlechts haͤlt, wird ſich unterſtehen zu leug-

nen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0275" n="247"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">an die Corinthier.</hi> </fw><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">§. <hi rendition="#aq">I.</hi></hi> </p><lb/>
          <cb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>Ey die&#x017F;er Frage i&#x017F;t zuvo&#x0364;rder&#x017F;t zu be-<lb/>
dauren, daß auch unter denen,<lb/>
&#x017F;owol <hi rendition="#aq">Theologis,</hi> als <hi rendition="#aq">Iuris Con-<lb/>
&#x017F;ultis,</hi> welche die <hi rendition="#aq">Polygami</hi>e und<lb/>
die <hi rendition="#aq">licentiam</hi> der Ehe&#x017F;cheidung<lb/>
nach dem go&#x0364;tlichen Worte, &#x017F;onderlich des <hi rendition="#aq">N. T.</hi><lb/>
fu&#x0364;r verbothen halten, &#x017F;ich manche gefunden, die<lb/>
da zugegeben, daß beydes nach dem Rechte der<lb/>
Natur zugela&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey. Welche Meynung denn<lb/>
zwar daher ertra&#x0364;glich i&#x017F;t, weil &#x017F;ie beyden hinge-<lb/>
gen das go&#x0364;ttliche Wort nachdru&#x0364;cklich <hi rendition="#aq">opponi-<lb/>
r</hi>en. Daß &#x017F;ie doch aber gar nicht richtig &#x017F;ey, das<lb/>
i&#x017F;t hier ku&#x0364;rtzlich zu erwei&#x017F;en. Die&#x017F;es nun darzu-<lb/>
thun, i&#x017F;t nicht no&#x0364;thig, daß ich mich er&#x017F;t in die<lb/>
Unter&#x017F;uchung der unter&#x017F;chiedlichen Meynungen<lb/>
vom <hi rendition="#aq">principio iuris naturæ</hi> einla&#x017F;&#x017F;e: wiewol,<lb/>
wenn es die jetzige Abhandelung litte, gar leicht-<lb/>
lich zu zeigen wa&#x0364;re, daß die <hi rendition="#aq">Polygami</hi>e mit der<lb/><hi rendition="#aq">licentia diuortiorum</hi> wider ein jedes <hi rendition="#aq">principium<lb/>
juris naturæ,</hi> &#x017F;o dafu&#x0364;r gehalten wird, &#x017F;treite.<lb/>
Denn weil doch eine jede nicht gar <hi rendition="#aq">ab&#x017F;urde</hi> Mey-<lb/>
nung vom <hi rendition="#aq">principio juris naturæ</hi> zum wenig&#x017F;ten<lb/>
etwas wahres in &#x017F;ich hat; &#x017F;o &#x017F;treitet daher die ge-<lb/>
dachte Vielweiberey neb&#x017F;t der <hi rendition="#aq">licentia diuortio-<lb/>
rum</hi> auch mit die&#x017F;en <hi rendition="#aq">principiis;</hi> doch mit dem ei-<lb/>
nen mehr, mit dem andern weniger. Es &#x017F;oll<lb/>
hingegen fu&#x0364;r jetzo genug &#x017F;eyn, nur ein eintziges<lb/><hi rendition="#aq">po&#x017F;tulatum,</hi> als die <hi rendition="#aq">propo&#x017F;itionem maiorem</hi> zum<lb/>
Grunde die&#x017F;es Erwei&#x017F;es zu legen, und denn dar-<lb/>
auf die <hi rendition="#aq">propo&#x017F;itionem minorem</hi> zu bauen, und<lb/>
hernach die <hi rendition="#aq">rationes iu&#x017F;tæ con&#x017F;equentiæ</hi> wider ei-<lb/>
nige <hi rendition="#aq">objectiones,</hi> oder <hi rendition="#aq">exceptiones,</hi> zu <hi rendition="#aq">vindi-<lb/>
ci</hi>ren.</p><lb/>
          <p>§. <hi rendition="#aq">II.</hi> Das <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulatum</hi> i&#x017F;t die&#x017F;es: <hi rendition="#fr">Was<lb/>
GOTT, als</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Auctor</hi></hi> <hi rendition="#fr">der men&#x017F;chlichen Na-<lb/>
tur und des Natur-Ge&#x017F;etzes, als etwas<lb/>
der men&#x017F;chlichen Natur durch die Scho&#x0364;-<lb/>
pfung eingepflantztes und gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;es, er&#x017F;t-<lb/>
lich im Stande der Un&#x017F;chuld &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
ordnet, und nach dem Su&#x0364;nden-Fall in &#x017F;ei-<lb/>
nem</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Moral.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;etze wiederholet, und aus<lb/>
die&#x017F;em zur Zeit des N. T. wiederum mit<lb/>
mehrern einge&#x017F;cha&#x0364;rfet hat, und dazu an<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t al&#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t, daß es dem<lb/>
Ehe- und Haus-Stande, folglich auch al-<lb/>
len daher ent&#x017F;tehenden men&#x017F;chlichen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Socie-<lb/>
t</hi></hi><hi rendition="#fr">a&#x0364;ten und dem gantzen men&#x017F;chlichen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechte in allen Sta&#x0364;nden ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thig<lb/>
und nu&#x0364;tzlich; das Gegentheil aber dem&#x017F;el-<lb/>
ben &#x017F;cha&#x0364;dlich i&#x017F;t; das geho&#x0364;ret zum Na-<lb/>
tur-Ge&#x017F;etze, und wird allerdings vom<lb/>
Natur-Ge&#x017F;etze erfodert. Das Gegen-<lb/>
theil davon aber &#x017F;treitet wider das Na-<lb/>
tur-Ge&#x017F;etz.</hi> Die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulatum</hi> wird hoffent-<lb/>
lich ein jeder &#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en, der nicht auch wider<lb/>
die ge&#x017F;unde Vernunft leugnen will, daß GOtt<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">Auctor</hi> &#x017F;ey, wie der Natur, al&#x017F;o auch des<lb/>
dem&#x017F;elben eingepflantzten Ge&#x017F;etzes der Natur;<lb/>
und hingegen &#x017F;ich &#x017F;cheuet, dasjenige fu&#x0364;r ein Ge-<lb/>
&#x017F;etz der men&#x017F;chlichen Natur, oder fu&#x0364;r etwas dem<lb/>
Ge&#x017F;etze der Natur gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;es, auszugeben, was<lb/>
doch der men&#x017F;chlichen Natur, und darinnen in-<lb/>
&#x017F;onderheit dem Ehe-Stande und allen daher<lb/><cb/>
ent&#x017F;tehenden men&#x017F;chlichen Societa&#x0364;ten, folglich<lb/>
dem gantzen men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte, in allen<lb/>
Sta&#x0364;nden ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;dlich i&#x017F;t, und von GOTT<lb/>
in &#x017F;einem Moral-Ge&#x017F;etze, welches ohne das<lb/>
nichts anders i&#x017F;t, als ein aufgekla&#x0364;rtes Natur-<lb/>
Ge&#x017F;etze, verbothen worden. Und al&#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
unleugbare <hi rendition="#aq">po&#x017F;tulatum</hi> mit allem Rechte fu&#x0364;r ein<lb/><hi rendition="#aq">datum</hi> anzunehmen: und es kan ein jeder nach<lb/>
die&#x017F;em <hi rendition="#aq">po&#x017F;tulato,</hi> als der <hi rendition="#aq">propo&#x017F;itione majore,</hi> die<lb/><hi rendition="#aq">application</hi> im <hi rendition="#aq">minore</hi> auf die einfache Ehe zwi-<lb/>
&#x017F;chen einem einigen Manne und einem einigen<lb/>
Weibe, wider die <hi rendition="#aq">Polygami</hi>e, und auf ihre Un-<lb/>
zertrennlichkeit wider die Ehe&#x017F;cheidungen, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>§. <hi rendition="#aq">III.</hi> Da nun aber die auf den Ehe-<lb/>
Stand, und darinnen auf die <hi rendition="#aq">polygami</hi>e gehen-<lb/>
de <hi rendition="#aq">propo&#x017F;itio minor</hi> unter&#x017F;chiedliche <hi rendition="#aq">membra</hi><lb/>
hat, und das er&#x017F;te <hi rendition="#aq">membrum</hi> <hi rendition="#fr">auf den Stand<lb/>
der Un&#x017F;chuld gehet,</hi> daß nemlich GOtt, als<lb/>
der <hi rendition="#aq">Auctor</hi> der men&#x017F;chlichen Natur, und des ihr<lb/>
eingepflantzten, auch no&#x0364;thigen, und gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Natur-Ge&#x017F;etzes, die Ehe nur allein zwi&#x017F;chen<lb/>
zween Per&#x017F;onen, als unauflo&#x0364;slich verordnet,<lb/>
und dagegen folglich alle <hi rendition="#aq">polygami</hi>e und will-<lb/>
ku&#x0364;hrliche Ehe&#x017F;cheidung verbothen und verwor-<lb/>
fen habe; das i&#x017F;t bereits oben bey der Erkla&#x0364;rung<lb/>
und Rettung des Orts <hi rendition="#aq">Gen.</hi> 2. mit mehrern er-<lb/>
wie&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>§. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Das zweyte <hi rendition="#aq">membrum propo&#x017F;i-<lb/>
tionis minoris</hi> gehet auf die&#x017F;es er&#x017F;ten Ge&#x017F;etzes<lb/><hi rendition="#fr">Wiederholung:</hi> wie &#x017F;olche nach dem Su&#x0364;n-<lb/>
den-Fall im go&#x0364;ttlichen Moral-Ge&#x017F;etze, als dem<lb/>
aufgekla&#x0364;rten Natur-Ge&#x017F;etze, ge&#x017F;chehen, die&#x017F;es aber<lb/>
der Vielweiberey und Ehe&#x017F;cheidungen entgegen<lb/>
&#x017F;tehe. Und die&#x017F;e Wiederholung findet man zu-<lb/>
vo&#x0364;rder&#x017F;t im &#x017F;ech&#x017F;ten Gebot, <hi rendition="#fr">du &#x017F;olt nicht ehe-<lb/>
brechen.</hi> Daß aber nicht allein mit dem will-<lb/>
ku&#x0364;hrlichen <hi rendition="#aq">divortio,</hi> wenn theils der Scheiden-<lb/>
de, theils die Ge&#x017F;chiedene, wie zu ge&#x017F;chehen<lb/>
pfleget, &#x017F;ich anderwa&#x0364;rtig wieder verheyrathet,<lb/>
&#x017F;ondern auch mit der <hi rendition="#aq">polygami</hi>e, ein Ehebruch<lb/>
begangen werde, das i&#x017F;t oben aus Chri&#x017F;ti Wor-<lb/>
ten deutlich genug erwie&#x017F;en. Und wird hoffent-<lb/>
lich niemand, der auch nur eine natu&#x0364;rliche Furcht<lb/>
vor GOtt und dem Sohn GOttes hat, und<lb/>
ihn, wie den Sinaiti&#x017F;chen Ge&#x017F;etzgeber (der als<lb/>
der Engel des HErrn, nachdem er Mo&#x017F;i den<lb/>
Befehl ertheilet von Ausfu&#x0364;hrung des J&#x017F;raeliti-<lb/>
&#x017F;chen, als &#x017F;eines Volcks, <hi rendition="#aq">Exod.</hi> 3. in der Wol-<lb/>
cken-Sa&#x0364;ule vor ihnen herging, &#x017F;ie durch das<lb/>
rothe Meer <hi rendition="#aq">Exod.</hi> 13. 14. 15. und hernach durch<lb/>
die Wu&#x0364;&#x017F;ten unter vielen Wundern bis an den<lb/>
Berg Sinai fu&#x0364;hrete, und, nachdem er &#x017F;ich in<lb/>
gedachter Wolcken-Seule auf die&#x017F;em Berge<lb/>
ge&#x017F;etzet hatte, in und aus der&#x017F;elben mit gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t das Ge&#x017F;etze gab) niemand, &#x017F;age ich,<lb/>
der auch nur eine natu&#x0364;rliche Furcht vor dem<lb/>
Sohn GOttes hat, und ihn, wie fu&#x0364;r den Si-<lb/>
naiti&#x017F;chen Ge&#x017F;etzgeber, al&#x017F;o auch fu&#x0364;r den rechten<lb/>
Ausleger und ku&#x0364;nftigen <hi rendition="#aq">executorem</hi> des gege-<lb/>
benen Ge&#x017F;etzes und fu&#x0364;r Richter des men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechts ha&#x0364;lt, wird &#x017F;ich unter&#x017F;tehen zu leug-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0275] an die Corinthier. §. I. BEy dieſer Frage iſt zuvoͤrderſt zu be- dauren, daß auch unter denen, ſowol Theologis, als Iuris Con- ſultis, welche die Polygamie und die licentiam der Eheſcheidung nach dem goͤtlichen Worte, ſonderlich des N. T. fuͤr verbothen halten, ſich manche gefunden, die da zugegeben, daß beydes nach dem Rechte der Natur zugelaſſen ſey. Welche Meynung denn zwar daher ertraͤglich iſt, weil ſie beyden hinge- gen das goͤttliche Wort nachdruͤcklich opponi- ren. Daß ſie doch aber gar nicht richtig ſey, das iſt hier kuͤrtzlich zu erweiſen. Dieſes nun darzu- thun, iſt nicht noͤthig, daß ich mich erſt in die Unterſuchung der unterſchiedlichen Meynungen vom principio iuris naturæ einlaſſe: wiewol, wenn es die jetzige Abhandelung litte, gar leicht- lich zu zeigen waͤre, daß die Polygamie mit der licentia diuortiorum wider ein jedes principium juris naturæ, ſo dafuͤr gehalten wird, ſtreite. Denn weil doch eine jede nicht gar abſurde Mey- nung vom principio juris naturæ zum wenigſten etwas wahres in ſich hat; ſo ſtreitet daher die ge- dachte Vielweiberey nebſt der licentia diuortio- rum auch mit dieſen principiis; doch mit dem ei- nen mehr, mit dem andern weniger. Es ſoll hingegen fuͤr jetzo genug ſeyn, nur ein eintziges poſtulatum, als die propoſitionem maiorem zum Grunde dieſes Erweiſes zu legen, und denn dar- auf die propoſitionem minorem zu bauen, und hernach die rationes iuſtæ conſequentiæ wider ei- nige objectiones, oder exceptiones, zu vindi- ciren. §. II. Das Poſtulatum iſt dieſes: Was GOTT, als Auctor der menſchlichen Na- tur und des Natur-Geſetzes, als etwas der menſchlichen Natur durch die Schoͤ- pfung eingepflantztes und gemaͤſſes, erſt- lich im Stande der Unſchuld ſelbſt ver- ordnet, und nach dem Suͤnden-Fall in ſei- nem Moral. Geſetze wiederholet, und aus dieſem zur Zeit des N. T. wiederum mit mehrern eingeſchaͤrfet hat, und dazu an ſich ſelbſt alſo beſchaffen iſt, daß es dem Ehe- und Haus-Stande, folglich auch al- len daher entſtehenden menſchlichen Socie- taͤten und dem gantzen menſchlichen Ge- ſchlechte in allen Staͤnden hoͤchſtnoͤthig und nuͤtzlich; das Gegentheil aber demſel- ben ſchaͤdlich iſt; das gehoͤret zum Na- tur-Geſetze, und wird allerdings vom Natur-Geſetze erfodert. Das Gegen- theil davon aber ſtreitet wider das Na- tur-Geſetz. Dieſes Poſtulatum wird hoffent- lich ein jeder ſtehen laſſen, der nicht auch wider die geſunde Vernunft leugnen will, daß GOtt ſelbſt Auctor ſey, wie der Natur, alſo auch des demſelben eingepflantzten Geſetzes der Natur; und hingegen ſich ſcheuet, dasjenige fuͤr ein Ge- ſetz der menſchlichen Natur, oder fuͤr etwas dem Geſetze der Natur gemaͤſſes, auszugeben, was doch der menſchlichen Natur, und darinnen in- ſonderheit dem Ehe-Stande und allen daher entſtehenden menſchlichen Societaͤten, folglich dem gantzen menſchlichen Geſchlechte, in allen Staͤnden hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, und von GOTT in ſeinem Moral-Geſetze, welches ohne das nichts anders iſt, als ein aufgeklaͤrtes Natur- Geſetze, verbothen worden. Und alſo iſt dieſes unleugbare poſtulatum mit allem Rechte fuͤr ein datum anzunehmen: und es kan ein jeder nach dieſem poſtulato, als der propoſitione majore, die application im minore auf die einfache Ehe zwi- ſchen einem einigen Manne und einem einigen Weibe, wider die Polygamie, und auf ihre Un- zertrennlichkeit wider die Eheſcheidungen, ſelbſt machen. §. III. Da nun aber die auf den Ehe- Stand, und darinnen auf die polygamie gehen- de propoſitio minor unterſchiedliche membra hat, und das erſte membrum auf den Stand der Unſchuld gehet, daß nemlich GOtt, als der Auctor der menſchlichen Natur, und des ihr eingepflantzten, auch noͤthigen, und gemaͤſſen Natur-Geſetzes, die Ehe nur allein zwiſchen zween Perſonen, als unaufloͤslich verordnet, und dagegen folglich alle polygamie und will- kuͤhrliche Eheſcheidung verbothen und verwor- fen habe; das iſt bereits oben bey der Erklaͤrung und Rettung des Orts Gen. 2. mit mehrern er- wieſen. §. IV. Das zweyte membrum propoſi- tionis minoris gehet auf dieſes erſten Geſetzes Wiederholung: wie ſolche nach dem Suͤn- den-Fall im goͤttlichen Moral-Geſetze, als dem aufgeklaͤrten Natur-Geſetze, geſchehen, dieſes aber der Vielweiberey und Eheſcheidungen entgegen ſtehe. Und dieſe Wiederholung findet man zu- voͤrderſt im ſechſten Gebot, du ſolt nicht ehe- brechen. Daß aber nicht allein mit dem will- kuͤhrlichen divortio, wenn theils der Scheiden- de, theils die Geſchiedene, wie zu geſchehen pfleget, ſich anderwaͤrtig wieder verheyrathet, ſondern auch mit der polygamie, ein Ehebruch begangen werde, das iſt oben aus Chriſti Wor- ten deutlich genug erwieſen. Und wird hoffent- lich niemand, der auch nur eine natuͤrliche Furcht vor GOtt und dem Sohn GOttes hat, und ihn, wie den Sinaitiſchen Geſetzgeber (der als der Engel des HErrn, nachdem er Moſi den Befehl ertheilet von Ausfuͤhrung des Jſraeliti- ſchen, als ſeines Volcks, Exod. 3. in der Wol- cken-Saͤule vor ihnen herging, ſie durch das rothe Meer Exod. 13. 14. 15. und hernach durch die Wuͤſten unter vielen Wundern bis an den Berg Sinai fuͤhrete, und, nachdem er ſich in gedachter Wolcken-Seule auf dieſem Berge geſetzet hatte, in und aus derſelben mit groſſer Majeſtaͤt das Geſetze gab) niemand, ſage ich, der auch nur eine natuͤrliche Furcht vor dem Sohn GOttes hat, und ihn, wie fuͤr den Si- naitiſchen Geſetzgeber, alſo auch fuͤr den rechten Ausleger und kuͤnftigen executorem des gege- benen Geſetzes und fuͤr Richter des menſchlichen Geſchlechts haͤlt, wird ſich unterſtehen zu leug- nen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/275
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/275>, abgerufen am 16.07.2024.