Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 10, v. 26-30. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
(so doch nur etwa 8 Jahr vorher geschehen) wolverstanden worden alles, was für Götzen- Opfer, oder für solche Speise, die damit einige Gemeinschaft hatte, gehalten worden; sinte- mal die wirckliche Theilnehmung an dem eigent- lichen Götzen-Wercke allezeit verbothen blieb, als eine Sache, wodurch das Heidenthum vom Christenthum am meisten unterschieden war. Es ist auch zu bemercken, daß der Apostolische Ausspruch eigentlich nur auf die Gemeinen zu Antiochia, auch in Syria und Cilicia gegangen. Und ob er wol auch auf einige noch andere be- nachbarte Länder, wo es die Sache selbst also erfodert hat, appliciret ist, wie aus Act. 16, 4. zu sehen: so ist es doch damit auf die Corin- thische Gemeine, die auch wol nicht so viel gewe- sene Juden gehabt hat, als die Asiatischen, nicht gemeinet gewesen, sonderlich im Forgange der Zeit, da das Levitische Satzungs-Wesen, daher die Jrrungen entstunden, immer mehr solte begraben werden. V. 26. Denn die Erde ist des HErrn und V. 27. So aber jemand von den Ungläubigen Anmerckungen. 1. Der Apostel will es weder rathen, noch 2. Aber ein anders war es, wo einer sich V. 28. Wo aber jemand (etwan ein dabey sich V. 29. Jch sage aber vom Gewissen nicht V. 30. Denn so ichs mit Dancksagung genies- ursa- N n 3
Cap. 10, v. 26-30. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
(ſo doch nur etwa 8 Jahr vorher geſchehen) wolverſtanden worden alles, was fuͤr Goͤtzen- Opfer, oder fuͤr ſolche Speiſe, die damit einige Gemeinſchaft hatte, gehalten worden; ſinte- mal die wirckliche Theilnehmung an dem eigent- lichen Goͤtzen-Wercke allezeit verbothen blieb, als eine Sache, wodurch das Heidenthum vom Chriſtenthum am meiſten unterſchieden war. Es iſt auch zu bemercken, daß der Apoſtoliſche Ausſpruch eigentlich nur auf die Gemeinen zu Antiochia, auch in Syria und Cilicia gegangen. Und ob er wol auch auf einige noch andere be- nachbarte Laͤnder, wo es die Sache ſelbſt alſo erfodert hat, appliciret iſt, wie aus Act. 16, 4. zu ſehen: ſo iſt es doch damit auf die Corin- thiſche Gemeine, die auch wol nicht ſo viel gewe- ſene Juden gehabt hat, als die Aſiatiſchen, nicht gemeinet geweſen, ſonderlich im Forgange der Zeit, da das Levitiſche Satzungs-Weſen, daher die Jrrungen entſtunden, immer mehr ſolte begraben werden. V. 26. Denn die Erde iſt des HErrn und V. 27. So aber jemand von den Unglaͤubigen Anmerckungen. 1. Der Apoſtel will es weder rathen, noch 2. Aber ein anders war es, wo einer ſich V. 28. Wo aber jemand (etwan ein dabey ſich V. 29. Jch ſage aber vom Gewiſſen nicht V. 30. Denn ſo ichs mit Danckſagung genieſ- urſa- N n 3
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Cap. 10, v. 26-30. an die Corinthier.
(ſo doch nur etwa 8 Jahr vorher geſchehen) wol
verſtanden worden alles, was fuͤr Goͤtzen-
Opfer, oder fuͤr ſolche Speiſe, die damit einige
Gemeinſchaft hatte, gehalten worden; ſinte-
mal die wirckliche Theilnehmung an dem eigent-
lichen Goͤtzen-Wercke allezeit verbothen blieb,
als eine Sache, wodurch das Heidenthum vom
Chriſtenthum am meiſten unterſchieden war.
Es iſt auch zu bemercken, daß der Apoſtoliſche
Ausſpruch eigentlich nur auf die Gemeinen zu
Antiochia, auch in Syria und Cilicia gegangen.
Und ob er wol auch auf einige noch andere be-
nachbarte Laͤnder, wo es die Sache ſelbſt alſo
erfodert hat, appliciret iſt, wie aus Act. 16, 4.
zu ſehen: ſo iſt es doch damit auf die Corin-
thiſche Gemeine, die auch wol nicht ſo viel gewe-
ſene Juden gehabt hat, als die Aſiatiſchen,
nicht gemeinet geweſen, ſonderlich im Forgange
der Zeit, da das Levitiſche Satzungs-Weſen,
daher die Jrrungen entſtunden, immer mehr
ſolte begraben werden.
V. 26.
Denn die Erde iſt des HErrn und
was darinnen iſt (καὶ τὸ πλήρωμα ἀυτῆς, und
ihre Fuͤlle, das iſt aller ihr Reichthum, aller
ihr Vorrath, oder alles, was darinnen iſt, was
daraus waͤchſet, und was ſich darauf nehret, wie
die Menſchen und alles Vieh. Jſt es aber des
HErrn, als des Schoͤpfers und des Erhalters,
ſo iſt es nicht des Goͤtzen, der ohne das nichts iſt,
und nichts verunreinigen kan; und alſo hat
man alles, was ein Geſchoͤpfe GOttes iſt, auch
dafuͤr zu erkennen und anzunehmen, nichts an ſich
fuͤr verwerflich zu halten, ſondern alles mit
Danckſagung frey zu genieſſen. 1 Tim. 4, 4.
Und alſo iſt den Reinen alles rein Tit. 1, 15.
Die Redens-Art ſelbſt iſt genommen aus Pſ.
24, 1. 50, 12. Siche auch 2 B. M. 18, 5. da es
heißt: Die gantze Erde iſt mein.)
V. 27.
So aber jemand von den Unglaͤubigen
(den Heiden: denn gleichwie der Glaube das
Haupt-Stuͤcke des Chriſtenthums iſt: ſo iſt der
Unglaube nebſt der Abgoͤtterey das Hauptſtuͤck
des blinden Heidenthums) euch (als ihre nach
dem Gebluͤte Befreundte, oder auch ſonſt gewe-
ſene gute Bekannte, oder auch als ſolche, mit de-
nen ihr aͤuſſerlich einerley Gewerbe treibet) la-
det (zum Gaſtmahle in ihre Haͤuſer) und ihr
(ob ihr wol ſicherer von ihnen bleibet) wollet
(doch gewiſſer Urſachen wegen auch buͤrgerliche
und nachbarliche Freundſchaft zu unterhalten,
mit einfaͤltigen und unſchuldigen Hertzen) hin-
gehen, ſo eſſet alles, was euch vorgetragen
wird, und forſchet nicht (ob auch etwas von
Speiſen ſey, davon ein Theil zum Goͤtzen-Altar
gekommen und von den Heyden mit fuͤr ein Goͤ-
tzen-Opfer, oder fuͤr etwas von dem Goͤtzen ge-
heiligtes gehalten wird) auf daß ihr des Ge-
wiſſens verſchonet (damit nicht unter dem
Eſſen bey euch ſelbſt ein Scrupel entſtehe, ob ihr
theils eurer ſelbſt, theils der miteſſenden Heiden
wegen recht daran thnt, oder nicht. Siehe
vorher c. 8. v. 8.)
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel will es weder rathen, noch
verbieten, daß man ſolle bey den Heyden zu
Gaſte gehen, ſondern er uͤberlaͤßt es eines jeden
Pruͤfung uͤber. Denn es geſchahe, daß unter
den nechſten Bluts-Freunden und andern Be-
kannten unter den Heyden einige zu Chriſto be-
kehret wurden, und daß die uͤbrigen ihnen doch
deßwegen nicht eben aufſaͤtzig wurden, ſondern
noch immer eine gute Zuneigung zu ihnen behiel-
ten, ſie auch gerne um ſich ſahen, und mit ihnen
umgehen mochten. Da nun ein ſolcher Um-
gang, wenn er nur auf Seiten des Chriſten
vorſichtig war, oft gar gute Gelegerheit gab,
ihnen eine Liebe und Hochachtung gegen die
Chriſtliche Religion beyzubringen, ſo war der-
ſelbe freylich nicht ſo ſchlechthin zu widerrathen.
2. Aber ein anders war es, wo einer ſich
fuͤr einen Chriſten ausgab, und lebte doch noch,
wie in andern Suͤnden, alſo auch in der Abgoͤt-
terey, da muſte alle Gemeinſchaft aufgehoben
werden: wie wir oben c. 5. geſehen haben.
V. 28.
Wo aber jemand (etwan ein dabey ſich
befindender ſchwacher Bruder, um euch zu war-
nen) wuͤrde zu euch ſagen: das iſt Goͤtzen-
Opfer, ſo eſſet nicht, um deßwillen, der es
anzeiget, auf daß ihr des Gewiſſens ver-
ſchonet (damit nicht der Schwache, der es fuͤr
Suͤnde haͤlt, dadurch geaͤrgert, oder durch
euer Exempel verleitet werde, dergleichen zu
thun, aber doch mit Widerſpruch und Verun-
ruhigung des Gewiſſens.) Denn die Erde
iſt des HErrn, und was darinnen iſt, (oder
ihre Fuͤlle; das iſt, genieſſeſt du das eine nicht,
ſo haſt du doch was anders, das du genieſſen
kanſt nach der Fuͤlle und Menge der Speiſen,
welche GOtt von dem Erdreiche darreichet.
Daher wir ſehen, daß der Apoſtel dieſe Worte
alhier nicht ohne Urſache, zu Bekraͤftigung eines
von dem Vorigen unterſchiedenen Satzes, wie-
derholet.)
V. 29.
Jch ſage aber vom Gewiſſen nicht
dein ſelbſt, ſondern des andern (des ſchwaͤ-
chern Bruders; ſintemal alhier die Rede nicht
iſt von einem Heiden, als auf welchen ſich das,
was alhier vom Gewiſſen geſaget wird, nicht
wohl ſchicket) denn warum ſolte ich meine
Freyheit (als unzulaͤßig und ſuͤndlich) laſſen
urtheilen von eines andern Gewiſſen (ſo ich
doch thun wuͤrde, wenn ich mich meiner
Freyheit zum Anſtoß des andern gebrauchete.
Jch kan ja, wenn ich mich von der Speiſe, dar-
uͤber ich von dem Schwachen erinnert werde,
wohl enthalten, und wie ihn eines Anſtoſſes, alſo
auch mich eines ſolchen Urtheils von ihm, damit
er Recht zu haben vermeinet, uͤberheben.
V. 30.
Denn ſo ichs mit Danckſagung genieſ-
ſe, was ſolte ich denn verlaſtert werden
uͤber dem, dafuͤr ich dancke? (warum ſoll ich
durch unzeitigen Gebrauch meiner Freyheit ver-
urſa-
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