Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 15, v. 16-19. [Spaltenumbruch]
wahr; sintemal man dadurch GOtt dasjenigezuschriebe, so er doch nicht gethan hätte. Da nun aber dieses alles bey den Corinthiern veste stunde, nemlich die Wahrheit des Apostolischen Zeugnisses, und deroselben, wie auch der daher geschöpften Glaubens-Kraft und Frucht zur Seligkeit; diese Wahrheiten aber mit der von der Auferstehung der Todten aufs genaueste verknüpfet waren: so machet er von jenen einen Schluß auf diese. Er will demnach so viel sa- gen: Meine Lieben, welcher Satz von der Be- schaffenheit ist, daß dadurch die Evangelische Haupt-Lehre von der Auferstehung Christi, da- neben auch alle Kraft und Frucht unsers Apostel- Amts und eures Glaubens über einen Haufen gehet, der Satz ist irrig und schädlich; als der allen Grund umreisset. Nun aber ist der Satz von verleugneter Auferstehung der Todten von solcher Beschaffenheit. Und eben darum ist er höchst irrig und schädlich. Und hingegen ist die Auferstehung der Todten so gewiß, so gewiß die Auferstehung Christi ist, so wahrhaftig davon unser Apostolisches Zeugniß lautet, und so vest darauf euer Glaube gegründet ist. V. 16-18. Denn so die Todten nicht auferstehen, Anmerckung. Der Apostel wiederholet die vorige Argu- V. 19. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Anmerckungen. 1. Es scheinen dieselbe, welche die Aufer- stehung der Leiber verleugnet haben, auch die Unsterblichkeit und die Verherrlichung der See- [Spaltenumbruch] le in Zweifel gezogen zu haben, also, daß sie nur alles auf dieses Leben geführet haben. Da denn Paulus zeiget, wie durch diese Grund- Jrrthümer das gantze so vest gegründete Chri- stenthum mit verleugnet werde; und wie ge- wiß man der Auferstehung der Todten zu erwar- ten habe; und folglich, wie daher noch so viel gewisser der ohne das unsterblichen Seele ein anders und ewiges Leben bevorstehe. 2. Ginge aber die Hoffnung der Christen nur auf dieses zeitliche Leben, so hätten sie nicht allein alles Elend, welches dasselbe in allerhand menschlichen Fällen mit sich bringet, mit den Unchristen gemein, sondern sie hätten auch die- ses vor ihnen noch besonders, daß sie sich um Christi willen mit Verleugnung ihrer selbst und der Welt, so manches zeitlichen Vergnügens und Vortheils begäben, und noch dazu so vielen Haß und Verfolgung über sich ergehen liessen. 3. Zwar möchte man gedencken, ein Chri- ste habe doch gleichwol schon in dieser Welt GOttes und seiner Gemeinschaft dergestalt zu geniessen, daß er darinnen schon selig sey, Ruhe und Friede seiner Seele, ja das Reich GOttes schon in sich habe; und daher sey er schon in die- ser Welt viel besser daran, als ein Unchriste, der eines theils dessen ermangelt, und andern theils ein Sclave seiner ungebrochenen Affecten und ihme selbst schon vielmal und in manchen Stü- cken gleichsam eine Hölle sey. Nun ist dieses an sich selbst zwar wahr, allein, wenn die Lehre von der Auferstehung Christi, und der darauf gebaueten Auferstehung der Todten, auch die von dem ewigen Freuden-Leben nichts wäre; und ein Mensch dennoch an Christum glaubte, so würde solches nur ein nichtiger Glaube seyn, und er auch von dem Gnaden-Reiche GOttes in der Seele nichts haben, noch erfahren. 4. Wenn aber der Apostel den Grund un- sers Glaubens und Heils in der Auferstehung Christi setzet, so darf man gar nicht gedencken, daß er damit dem Versöhnungs-Tode Christi zu nahe rede, oder demselben nichts, oder doch zu wenig zuschreibe. Denn obgleich der Tod Chri- sti an sich selbst ewig gültig ist; so würde doch unser Glaube sich auf den Tod, als einen zu unserer Versöhnung gültigen, nicht gründen können, woferne die Gültigkeit des Todes nicht durch die Auferstehung wäre erwiesen worden. Denn nachdem Christus als der Bürge sich für uns würgen lassen, so hat GOtt eben damit, daß er den in den Tod dahin gegebnen Mittler wie- der ins Leben, und zwar mit einem verklärten Leibe, dargestellet hat, aufs nachdrücklichste bezeuget, wie daß er seinen Tod zum vollgülti- gen Löse-Geld angenommen habe, und daß das Werck der durch den Tod geschehenen Erlösung zum Siege und zur gewissen Frucht unserer künf- tigen Auferstehung und Verherrlichung nach Leib und Seele hinaus geführet sey. Daher Pau- lus spricht Rom. 4, 25. Christus ist um un- serer Sünde willen dahin gegeben, und um unserer Gerechtigkeit willen auferwe- cket. (dia ten dikaiosin emon, um unserer Ge- rechtmachung willen, damit wir vermöge der Auferstehung Christi durch den auf den Ver- söh-
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, v. 16-19. [Spaltenumbruch]
wahr; ſintemal man dadurch GOtt dasjenigezuſchriebe, ſo er doch nicht gethan haͤtte. Da nun aber dieſes alles bey den Corinthiern veſte ſtunde, nemlich die Wahrheit des Apoſtoliſchen Zeugniſſes, und deroſelben, wie auch der daher geſchoͤpften Glaubens-Kraft und Frucht zur Seligkeit; dieſe Wahrheiten aber mit der von der Auferſtehung der Todten aufs genaueſte verknuͤpfet waren: ſo machet er von jenen einen Schluß auf dieſe. Er will demnach ſo viel ſa- gen: Meine Lieben, welcher Satz von der Be- ſchaffenheit iſt, daß dadurch die Evangeliſche Haupt-Lehre von der Auferſtehung Chriſti, da- neben auch alle Kraft und Frucht unſers Apoſtel- Amts und eures Glaubens uͤber einen Haufen gehet, der Satz iſt irrig und ſchaͤdlich; als der allen Grund umreiſſet. Nun aber iſt der Satz von verleugneter Auferſtehung der Todten von ſolcher Beſchaffenheit. Und eben darum iſt er hoͤchſt irrig und ſchaͤdlich. Und hingegen iſt die Auferſtehung der Todten ſo gewiß, ſo gewiß die Auferſtehung Chriſti iſt, ſo wahrhaftig davon unſer Apoſtoliſches Zeugniß lautet, und ſo veſt darauf euer Glaube gegruͤndet iſt. V. 16-18. Denn ſo die Todten nicht auferſtehen, Anmerckung. Der Apoſtel wiederholet die vorige Argu- V. 19. Hoffen wir allein in dieſem Leben auf Anmerckungen. 1. Es ſcheinen dieſelbe, welche die Aufer- ſtehung der Leiber verleugnet haben, auch die Unſterblichkeit und die Verherrlichung der See- [Spaltenumbruch] le in Zweifel gezogen zu haben, alſo, daß ſie nur alles auf dieſes Leben gefuͤhret haben. Da denn Paulus zeiget, wie durch dieſe Grund- Jrrthuͤmer das gantze ſo veſt gegruͤndete Chri- ſtenthum mit verleugnet werde; und wie ge- wiß man der Auferſtehung der Todten zu erwar- ten habe; und folglich, wie daher noch ſo viel gewiſſer der ohne das unſterblichen Seele ein anders und ewiges Leben bevorſtehe. 2. Ginge aber die Hoffnung der Chriſten nur auf dieſes zeitliche Leben, ſo haͤtten ſie nicht allein alles Elend, welches daſſelbe in allerhand menſchlichen Faͤllen mit ſich bringet, mit den Unchriſten gemein, ſondern ſie haͤtten auch die- ſes vor ihnen noch beſonders, daß ſie ſich um Chriſti willen mit Verleugnung ihrer ſelbſt und der Welt, ſo manches zeitlichen Vergnuͤgens und Vortheils begaͤben, und noch dazu ſo vielen Haß und Verfolgung uͤber ſich ergehen lieſſen. 3. Zwar moͤchte man gedencken, ein Chri- ſte habe doch gleichwol ſchon in dieſer Welt GOttes und ſeiner Gemeinſchaft dergeſtalt zu genieſſen, daß er darinnen ſchon ſelig ſey, Ruhe und Friede ſeiner Seele, ja das Reich GOttes ſchon in ſich habe; und daher ſey er ſchon in die- ſer Welt viel beſſer daran, als ein Unchriſte, der eines theils deſſen ermangelt, und andern theils ein Sclave ſeiner ungebrochenen Affecten und ihme ſelbſt ſchon vielmal und in manchen Stuͤ- cken gleichſam eine Hoͤlle ſey. Nun iſt dieſes an ſich ſelbſt zwar wahr, allein, wenn die Lehre von der Auferſtehung Chriſti, und der darauf gebaueten Auferſtehung der Todten, auch die von dem ewigen Freuden-Leben nichts waͤre; und ein Menſch dennoch an Chriſtum glaubte, ſo wuͤrde ſolches nur ein nichtiger Glaube ſeyn, und er auch von dem Gnaden-Reiche GOttes in der Seele nichts haben, noch erfahren. 4. Wenn aber der Apoſtel den Grund un- ſers Glaubens und Heils in der Auferſtehung Chriſti ſetzet, ſo darf man gar nicht gedencken, daß er damit dem Verſoͤhnungs-Tode Chriſti zu nahe rede, oder demſelben nichts, oder doch zu wenig zuſchreibe. Denn obgleich der Tod Chri- ſti an ſich ſelbſt ewig guͤltig iſt; ſo wuͤrde doch unſer Glaube ſich auf den Tod, als einen zu unſerer Verſoͤhnung guͤltigen, nicht gruͤnden koͤnnen, woferne die Guͤltigkeit des Todes nicht durch die Auferſtehung waͤre erwieſen worden. Denn nachdem Chriſtus als der Buͤrge ſich fuͤr uns wuͤrgen laſſen, ſo hat GOtt eben damit, daß er den in den Tod dahin gegebnen Mittler wie- der ins Leben, und zwar mit einem verklaͤrten Leibe, dargeſtellet hat, aufs nachdruͤcklichſte bezeuget, wie daß er ſeinen Tod zum vollguͤlti- gen Loͤſe-Geld angenommen habe, und daß das Werck der durch den Tod geſchehenen Erloͤſung zum Siege und zur gewiſſen Frucht unſerer kuͤnf- tigen Auferſtehung und Verherrlichung nach Leib und Seele hinaus gefuͤhret ſey. Daher Pau- lus ſpricht Rom. 4, 25. Chriſtus iſt um un- ſerer Suͤnde willen dahin gegeben, und um unſerer Gerechtigkeit willen auferwe- cket. (διὰ τὴν δικαίωσιν ἡμῶν, um unſerer Ge- rechtmachung willen, damit wir vermoͤge der Auferſtehung Chriſti durch den auf den Ver- ſoͤh-
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, v. 16-19.
wahr; ſintemal man dadurch GOtt dasjenige
zuſchriebe, ſo er doch nicht gethan haͤtte. Da
nun aber dieſes alles bey den Corinthiern veſte
ſtunde, nemlich die Wahrheit des Apoſtoliſchen
Zeugniſſes, und deroſelben, wie auch der daher
geſchoͤpften Glaubens-Kraft und Frucht zur
Seligkeit; dieſe Wahrheiten aber mit der von
der Auferſtehung der Todten aufs genaueſte
verknuͤpfet waren: ſo machet er von jenen einen
Schluß auf dieſe. Er will demnach ſo viel ſa-
gen: Meine Lieben, welcher Satz von der Be-
ſchaffenheit iſt, daß dadurch die Evangeliſche
Haupt-Lehre von der Auferſtehung Chriſti, da-
neben auch alle Kraft und Frucht unſers Apoſtel-
Amts und eures Glaubens uͤber einen Haufen
gehet, der Satz iſt irrig und ſchaͤdlich; als der
allen Grund umreiſſet. Nun aber iſt der Satz
von verleugneter Auferſtehung der Todten von
ſolcher Beſchaffenheit. Und eben darum iſt er
hoͤchſt irrig und ſchaͤdlich. Und hingegen iſt die
Auferſtehung der Todten ſo gewiß, ſo gewiß die
Auferſtehung Chriſti iſt, ſo wahrhaftig davon
unſer Apoſtoliſches Zeugniß lautet, und ſo veſt
darauf euer Glaube gegruͤndet iſt.
V. 16-18.
Denn ſo die Todten nicht auferſtehen,
ſo iſt Chriſtus auch nicht auferſtanden.
v. 17. Jſt Chriſtus aber nicht auferſtan-
den, ſo iſt euer Glaube eitel, ſo ſeyd ihr
noch in euren Suͤnden. v. 18. So ſind
auch die, ſo in Chriſto entſchlaffen ſind,
verlohren.
Anmerckung.
Der Apoſtel wiederholet die vorige Argu-
mentation, um die Gewißheit der Auferſtehung
der Todten damit ſo vielmehr einzuſchaͤrfen.
Er fuͤhret aber bey dieſer Wiederholung neue
und eben ſo ſchaͤdliche und mit jenen verwandte
Folgen an, welche die verleugnete Auferſtehung
mit ſich fuͤhren wuͤrde: nemlich die Corinthier
wuͤrden ſolchergeſtalt bey der daher zu verleug-
nenden Auferſtehung Chriſti noch in ihren Suͤn-
den, in derſelben Herrſchaft und Schuld liegen;
es wuͤrden auch die, welche bereits in Chriſto ſe-
lig entſchlafen, wie zeitlich, alſo auch ewig ver-
lohren gegangen ſeyn. Da nun aber die
Corinthier keines von beyden zugeben konten
und wolten; ſintemal ſie der Vergebung
ihrer Suͤnden gewiß waren, ſich auch von der-
ſelben Herrſchaft befreyet wuſten, und ſich auch
von der Seligkeit der im Glauben an Chriſtum
verſtorbenen verſichert hielten: ſo konte ſie der
Apoſtel hiedurch auch von der Auferſtehung der
Todten uͤberzeugen.
V. 19.
Hoffen wir allein in dieſem Leben auf
Chriſtum, ſo ſind wir die Elendeſten un-
ter allen Leuten.
Anmerckungen.
1. Es ſcheinen dieſelbe, welche die Aufer-
ſtehung der Leiber verleugnet haben, auch die
Unſterblichkeit und die Verherrlichung der See-
le in Zweifel gezogen zu haben, alſo, daß ſie nur
alles auf dieſes Leben gefuͤhret haben. Da
denn Paulus zeiget, wie durch dieſe Grund-
Jrrthuͤmer das gantze ſo veſt gegruͤndete Chri-
ſtenthum mit verleugnet werde; und wie ge-
wiß man der Auferſtehung der Todten zu erwar-
ten habe; und folglich, wie daher noch ſo viel
gewiſſer der ohne das unſterblichen Seele ein
anders und ewiges Leben bevorſtehe.
2. Ginge aber die Hoffnung der Chriſten
nur auf dieſes zeitliche Leben, ſo haͤtten ſie nicht
allein alles Elend, welches daſſelbe in allerhand
menſchlichen Faͤllen mit ſich bringet, mit den
Unchriſten gemein, ſondern ſie haͤtten auch die-
ſes vor ihnen noch beſonders, daß ſie ſich um
Chriſti willen mit Verleugnung ihrer ſelbſt und
der Welt, ſo manches zeitlichen Vergnuͤgens
und Vortheils begaͤben, und noch dazu ſo vielen
Haß und Verfolgung uͤber ſich ergehen lieſſen.
3. Zwar moͤchte man gedencken, ein Chri-
ſte habe doch gleichwol ſchon in dieſer Welt
GOttes und ſeiner Gemeinſchaft dergeſtalt zu
genieſſen, daß er darinnen ſchon ſelig ſey, Ruhe
und Friede ſeiner Seele, ja das Reich GOttes
ſchon in ſich habe; und daher ſey er ſchon in die-
ſer Welt viel beſſer daran, als ein Unchriſte, der
eines theils deſſen ermangelt, und andern theils
ein Sclave ſeiner ungebrochenen Affecten und
ihme ſelbſt ſchon vielmal und in manchen Stuͤ-
cken gleichſam eine Hoͤlle ſey. Nun iſt dieſes
an ſich ſelbſt zwar wahr, allein, wenn die Lehre
von der Auferſtehung Chriſti, und der darauf
gebaueten Auferſtehung der Todten, auch die von
dem ewigen Freuden-Leben nichts waͤre; und
ein Menſch dennoch an Chriſtum glaubte, ſo
wuͤrde ſolches nur ein nichtiger Glaube ſeyn, und
er auch von dem Gnaden-Reiche GOttes in der
Seele nichts haben, noch erfahren.
4. Wenn aber der Apoſtel den Grund un-
ſers Glaubens und Heils in der Auferſtehung
Chriſti ſetzet, ſo darf man gar nicht gedencken,
daß er damit dem Verſoͤhnungs-Tode Chriſti zu
nahe rede, oder demſelben nichts, oder doch zu
wenig zuſchreibe. Denn obgleich der Tod Chri-
ſti an ſich ſelbſt ewig guͤltig iſt; ſo wuͤrde doch
unſer Glaube ſich auf den Tod, als einen zu
unſerer Verſoͤhnung guͤltigen, nicht gruͤnden
koͤnnen, woferne die Guͤltigkeit des Todes nicht
durch die Auferſtehung waͤre erwieſen worden.
Denn nachdem Chriſtus als der Buͤrge ſich fuͤr
uns wuͤrgen laſſen, ſo hat GOtt eben damit, daß
er den in den Tod dahin gegebnen Mittler wie-
der ins Leben, und zwar mit einem verklaͤrten
Leibe, dargeſtellet hat, aufs nachdruͤcklichſte
bezeuget, wie daß er ſeinen Tod zum vollguͤlti-
gen Loͤſe-Geld angenommen habe, und daß das
Werck der durch den Tod geſchehenen Erloͤſung
zum Siege und zur gewiſſen Frucht unſerer kuͤnf-
tigen Auferſtehung und Verherrlichung nach Leib
und Seele hinaus gefuͤhret ſey. Daher Pau-
lus ſpricht Rom. 4, 25. Chriſtus iſt um un-
ſerer Suͤnde willen dahin gegeben, und
um unſerer Gerechtigkeit willen auferwe-
cket. (διὰ τὴν δικαίωσιν ἡμῶν, um unſerer Ge-
rechtmachung willen, damit wir vermoͤge der
Auferſtehung Chriſti durch den auf den Ver-
ſoͤh-
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