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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 3, 16-18. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] Volck, oder ihr Hertz bekehren wird, oder wird
bekehret haben, so wird die Decke hinweg ge-
than. Was dawider eingewendet wird,
kömmt nur auf eine bloß buchstäbliche Erkänt-
niß an; als welche vor der wahren Bekehrung
wohl vorher gehen kan. Jmgleichen kömmt es
an auf einige Funcken, oder Strahlen des geist-
lichen Lichts, welche auch vor der Bekehrung
bey den guten Bewegungen des Willens statt
finden, aber zu keinem rechten Stände der geist-
lichen Erkäntniß kommen, es sey denn, daß
der Wille den Bewegungen Platz gebe, und
sich aus dem geistlichen Tode zum geistlichen Le-
ben bringen lasse.
7. Da es nun eine solche Beschaffenheit
mit der wahren Erleuchtung und der lebendigen
Erkäntniß GOttes hat, daß sie nicht erlanget
wird, als nur in der Ordnung der Bekehrung,
so ist leichtlich zu erachten, daß auch leider dem
größten Theile des Christen-Volckes bey ihrem
mündlichen Bekäntnisse von und zu CHristo ei-
ne gedoppelte dicke Decke vor den Augen liege;
nemlich die eine so sehr vieler an der groben Un-
wissenheit GOttes und göttlicher Dinge; und
die andere an der bloß buchstäblichen Erkäntniß
selbst, oder an dem geistlichen Tode und wirck-
lichen Unglauben; als bey welchem sich keine an-
dere, als nur buchstäbliche und historische Er-
käntniß finden kan. Und o wie unbekant ist
nicht solchen Buchstäblern CHristus, sein Wort,
sein Reich und seine Gemeinschaft nach der
Kraft, daß sie sich davor auch wol gar fürchten,
als vor einer fremden Lehre!
V. 17.

Denn der HErr (Gr. der HErr aber) ist
der Geist: wo aber der Geist des HErrn
ist, da ist Freyheit.

Anmerckungen.
1. Der HERR, von dem alhie die Rede
ist, ist JEsus CHristus; als in dem die
Decke aufhöret v. 14. und zu dem das Hertz der
Jsraeliten noch soll bekehret werden v. 16. Die-
ser wird auch sonst im neuen Testament durch
und durch zu etliche hundert mal genannt o Ku-
rios, Jehovah, der HERR: wie er denn auch
gleich hierauf im folgenden Vers von seinem
Geiste
unterschieden wird.
2. Wenn der HErr, das ist, CHristus,
alhie genennet wird to pneuma, der Geist,
so wird zwar mit diesem Worte an einigen Or-
ten seine göttliche Natur, angezeiget; Rom. 1,
4. 1 Cor. 15, 45. 1 Tim. 3, 16. Hebr. 9, 14.
1 Pet. 3, 18. Allein diese Bedeutung des
Worts schicket sich alhie nicht wohl. Und noch
weniger kan dadurch der Heilige Geist verstanden
werden; sintemal man von der andern Person
in der hochgelobten Gottheit nicht sagen kan,
daß sie die dritte, oder der Heilige Geist sey.
Und folglich ist nichts füglicher, als daß man sa-
ge, es werde, im Gegensatze auf das Wort
Buchstaben, damit v. 6. die vorige, oder
alte, Mosaische Oeconomie benennet worden,
alhie mit dem Worte Geist sonderlich auf die
neue geistliche Oeconomie, oder auf das neue
[Spaltenumbruch] Testament
gesehen: und sey Geist alhie so viel
als Evangelium, wovon es v. 6. heißt, daß
der Geist, und also der Heilige Geist durch das-
selbe lebendig machet. Man sehe diesen Gegen-
satz zwischen Buchstaben und Geist auch Rom. 2,
29. desgleichen Joh. 6, 63. da es heißt: Der
Geist ist, der da lebendig machet. Die
Worte, die ich rede, die sind Geist und Le-
ben.
Jmgleichen 1 Joh. 5, 6. Der Geist ists,
der da zeuget, daß Geist Wahrheit ist.
Und
also heißt es, wenn Paulus spricht: Der HErr
ist der Geist,
so viel: der HErr CHristus, als
des Buchstabens oder Gesetzes Ende, ist an sich
selbst lauter Evangelium, und voll vom Evange-
lio, welches einen Dienst im Geiste und in der
Wahrheit erfodert. Gleichwie er auch mit
Nachdruck von sich selbst saget: Jch bin die
Auferstehung und das Leben
Joh. 11, 25.
3. Und obwol in den folgenden Worten mit
auf die Person des Heiligen Geistes so vielmehr
gesehen wird, so vielmehr der Heilige Geist sich
das Evangelium zueignet, und dadurch CHri-
stum verkläret, auch darauf v. 18. von der Per-
son des Heiligen Geistes selbst gantz deutlich ver-
standen wird: so behält man doch auch billig in
diesen Worten eben den vorigen Verstand: sin-
temal sie also wiederholet werden, daß daraus
etwas neues geschlossen wird, nemlich wo der
HErr ist oder gläubig angenommen wird, da sey
das Evangelium; wo aber das Evangelium ist,
da sey eine der Knechtschaft des Buchstabens oder
der Mosaischen Oeconomie entgegen gesetzte
Freyheit. Und das ist, was Paulus meinet,
wenn er saget: Das Gesetz des Geistes (das
Evangelium) des Lebens in CHristo JESU
hat mich frey gemachet vom Gesetz der
Sünden und des Todes.
Rom. 8, 2.
4. Und diese geistliche Freyheit ist eins
der uns von CHristo erworbenen und im Evan-
gelio angepriesenen rechten Haupt-Güter.
Denn durch dieselbe sind wir dergestalt von der
Schuld und Strafe, auch Herrschaft der Sün-
de und Gewalt des Teufels, wie auch vom Flu-
che und Zwange des Gesetzes und der Strafge-
rechtigkeit GOttes befreyet, daß wir in der
Gnade und Gemeinschaft GOttes stehen und
ihm mit einem willigen Hertzen dienen.
V. 18.

Nun aber spiegelt sich in uns allen des
HErrn Klarheit mit aufgedecktem Ange-
sichte, und wir werden verkläret in das-
selbige Bild, von einer Klarheit zu der an-
dern, als vom Geiste des HErrn.

Anmerckungen.
1. Ein ieder siehet, daß in diesem herrli-
chen Orte die Worte hergenommen sind von den
bald bedeckten, bald unbedeckten und gläntzen-
den Angesichte Mosis; nicht weniger auch von
dem, was von dem Vorhange und von der Hin-
wegnehmung der vor den Augen der Jüden han-
genden Decke gesaget worden. Denselben aber
desto besser einzusehen, haben wir nach einander
auf diese fünf Stücke zu mercken: was da sey:
a. Das aufgedeckte Angesicht:
b. Der
A a a 3
Cap. 3, 16-18. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] Volck, oder ihr Hertz bekehren wird, oder wird
bekehret haben, ſo wird die Decke hinweg ge-
than. Was dawider eingewendet wird,
koͤmmt nur auf eine bloß buchſtaͤbliche Erkaͤnt-
niß an; als welche vor der wahren Bekehrung
wohl vorher gehen kan. Jmgleichen koͤmmt es
an auf einige Funcken, oder Strahlen des geiſt-
lichen Lichts, welche auch vor der Bekehrung
bey den guten Bewegungen des Willens ſtatt
finden, aber zu keinem rechten Staͤnde der geiſt-
lichen Erkaͤntniß kommen, es ſey denn, daß
der Wille den Bewegungen Platz gebe, und
ſich aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Le-
ben bringen laſſe.
7. Da es nun eine ſolche Beſchaffenheit
mit der wahren Erleuchtung und der lebendigen
Erkaͤntniß GOttes hat, daß ſie nicht erlanget
wird, als nur in der Ordnung der Bekehrung,
ſo iſt leichtlich zu erachten, daß auch leider dem
groͤßten Theile des Chriſten-Volckes bey ihrem
muͤndlichen Bekaͤntniſſe von und zu CHriſto ei-
ne gedoppelte dicke Decke vor den Augen liege;
nemlich die eine ſo ſehr vieler an der groben Un-
wiſſenheit GOttes und goͤttlicher Dinge; und
die andere an der bloß buchſtaͤblichen Erkaͤntniß
ſelbſt, oder an dem geiſtlichen Tode und wirck-
lichen Unglauben; als bey welchem ſich keine an-
dere, als nur buchſtaͤbliche und hiſtoriſche Er-
kaͤntniß finden kan. Und o wie unbekant iſt
nicht ſolchen Buchſtaͤblern CHriſtus, ſein Wort,
ſein Reich und ſeine Gemeinſchaft nach der
Kraft, daß ſie ſich davor auch wol gar fuͤrchten,
als vor einer fremden Lehre!
V. 17.

Denn der HErr (Gr. der HErr aber) iſt
der Geiſt: wo aber der Geiſt des HErrn
iſt, da iſt Freyheit.

Anmerckungen.
1. Der HERR, von dem alhie die Rede
iſt, iſt JEſus CHriſtus; als in dem die
Decke aufhoͤret v. 14. und zu dem das Hertz der
Jſraeliten noch ſoll bekehret werden v. 16. Die-
ſer wird auch ſonſt im neuen Teſtament durch
und durch zu etliche hundert mal genannt ὁ Κύ-
ριος, Jehovah, der HERR: wie er denn auch
gleich hierauf im folgenden Vers von ſeinem
Geiſte
unterſchieden wird.
2. Wenn der HErr, das iſt, CHriſtus,
alhie genennet wird τὸ πνεῦμα, der Geiſt,
ſo wird zwar mit dieſem Worte an einigen Or-
ten ſeine goͤttliche Natur, angezeiget; Rom. 1,
4. 1 Cor. 15, 45. 1 Tim. 3, 16. Hebr. 9, 14.
1 Pet. 3, 18. Allein dieſe Bedeutung des
Worts ſchicket ſich alhie nicht wohl. Und noch
weniger kan dadurch der Heilige Geiſt verſtanden
werden; ſintemal man von der andern Perſon
in der hochgelobten Gottheit nicht ſagen kan,
daß ſie die dritte, oder der Heilige Geiſt ſey.
Und folglich iſt nichts fuͤglicher, als daß man ſa-
ge, es werde, im Gegenſatze auf das Wort
Buchſtaben, damit v. 6. die vorige, oder
alte, Moſaiſche Oeconomie benennet worden,
alhie mit dem Worte Geiſt ſonderlich auf die
neue geiſtliche Oeconomie, oder auf das neue
[Spaltenumbruch] Teſtament
geſehen: und ſey Geiſt alhie ſo viel
als Evangelium, wovon es v. 6. heißt, daß
der Geiſt, und alſo der Heilige Geiſt durch daſ-
ſelbe lebendig machet. Man ſehe dieſen Gegen-
ſatz zwiſchen Buchſtaben und Geiſt auch Rom. 2,
29. desgleichen Joh. 6, 63. da es heißt: Der
Geiſt iſt, der da lebendig machet. Die
Worte, die ich rede, die ſind Geiſt und Le-
ben.
Jmgleichen 1 Joh. 5, 6. Der Geiſt iſts,
der da zeuget, daß Geiſt Wahrheit iſt.
Und
alſo heißt es, wenn Paulus ſpricht: Der HErr
iſt der Geiſt,
ſo viel: der HErr CHriſtus, als
des Buchſtabens oder Geſetzes Ende, iſt an ſich
ſelbſt lauter Evangelium, und voll vom Evange-
lio, welches einen Dienſt im Geiſte und in der
Wahrheit erfodert. Gleichwie er auch mit
Nachdruck von ſich ſelbſt ſaget: Jch bin die
Auferſtehung und das Leben
Joh. 11, 25.
3. Und obwol in den folgenden Worten mit
auf die Perſon des Heiligen Geiſtes ſo vielmehr
geſehen wird, ſo vielmehr der Heilige Geiſt ſich
das Evangelium zueignet, und dadurch CHri-
ſtum verklaͤret, auch darauf v. 18. von der Per-
ſon des Heiligen Geiſtes ſelbſt gantz deutlich ver-
ſtanden wird: ſo behaͤlt man doch auch billig in
dieſen Worten eben den vorigen Verſtand: ſin-
temal ſie alſo wiederholet werden, daß daraus
etwas neues geſchloſſen wird, nemlich wo der
HErr iſt oder glaͤubig angenommen wird, da ſey
das Evangelium; wo aber das Evangelium iſt,
da ſey eine der Knechtſchaft des Buchſtabens oder
der Moſaiſchen Oeconomie entgegen geſetzte
Freyheit. Und das iſt, was Paulus meinet,
wenn er ſaget: Das Geſetz des Geiſtes (das
Evangelium) des Lebens in CHriſto JESU
hat mich frey gemachet vom Geſetz der
Suͤnden und des Todes.
Rom. 8, 2.
4. Und dieſe geiſtliche Freyheit iſt eins
der uns von CHriſto erworbenen und im Evan-
gelio angeprieſenen rechten Haupt-Guͤter.
Denn durch dieſelbe ſind wir dergeſtalt von der
Schuld und Strafe, auch Herrſchaft der Suͤn-
de und Gewalt des Teufels, wie auch vom Flu-
che und Zwange des Geſetzes und der Strafge-
rechtigkeit GOttes befreyet, daß wir in der
Gnade und Gemeinſchaft GOttes ſtehen und
ihm mit einem willigen Hertzen dienen.
V. 18.

Nun aber ſpiegelt ſich in uns allen des
HErrn Klarheit mit aufgedecktem Ange-
ſichte, und wir werden verklaͤret in daſ-
ſelbige Bild, von einer Klarheit zu der an-
dern, als vom Geiſte des HErrn.

Anmerckungen.
1. Ein ieder ſiehet, daß in dieſem herrli-
chen Orte die Worte hergenommen ſind von den
bald bedeckten, bald unbedeckten und glaͤntzen-
den Angeſichte Moſis; nicht weniger auch von
dem, was von dem Vorhange und von der Hin-
wegnehmung der vor den Augen der Juͤden han-
genden Decke geſaget worden. Denſelben aber
deſto beſſer einzuſehen, haben wir nach einander
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a. Das aufgedeckte Angeſicht:
b. Der
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[373/0401] Cap. 3, 16-18. an die Corinthier. Volck, oder ihr Hertz bekehren wird, oder wird bekehret haben, ſo wird die Decke hinweg ge- than. Was dawider eingewendet wird, koͤmmt nur auf eine bloß buchſtaͤbliche Erkaͤnt- niß an; als welche vor der wahren Bekehrung wohl vorher gehen kan. Jmgleichen koͤmmt es an auf einige Funcken, oder Strahlen des geiſt- lichen Lichts, welche auch vor der Bekehrung bey den guten Bewegungen des Willens ſtatt finden, aber zu keinem rechten Staͤnde der geiſt- lichen Erkaͤntniß kommen, es ſey denn, daß der Wille den Bewegungen Platz gebe, und ſich aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Le- ben bringen laſſe. 7. Da es nun eine ſolche Beſchaffenheit mit der wahren Erleuchtung und der lebendigen Erkaͤntniß GOttes hat, daß ſie nicht erlanget wird, als nur in der Ordnung der Bekehrung, ſo iſt leichtlich zu erachten, daß auch leider dem groͤßten Theile des Chriſten-Volckes bey ihrem muͤndlichen Bekaͤntniſſe von und zu CHriſto ei- ne gedoppelte dicke Decke vor den Augen liege; nemlich die eine ſo ſehr vieler an der groben Un- wiſſenheit GOttes und goͤttlicher Dinge; und die andere an der bloß buchſtaͤblichen Erkaͤntniß ſelbſt, oder an dem geiſtlichen Tode und wirck- lichen Unglauben; als bey welchem ſich keine an- dere, als nur buchſtaͤbliche und hiſtoriſche Er- kaͤntniß finden kan. Und o wie unbekant iſt nicht ſolchen Buchſtaͤblern CHriſtus, ſein Wort, ſein Reich und ſeine Gemeinſchaft nach der Kraft, daß ſie ſich davor auch wol gar fuͤrchten, als vor einer fremden Lehre! V. 17. Denn der HErr (Gr. der HErr aber) iſt der Geiſt: wo aber der Geiſt des HErrn iſt, da iſt Freyheit. Anmerckungen. 1. Der HERR, von dem alhie die Rede iſt, iſt JEſus CHriſtus; als in dem die Decke aufhoͤret v. 14. und zu dem das Hertz der Jſraeliten noch ſoll bekehret werden v. 16. Die- ſer wird auch ſonſt im neuen Teſtament durch und durch zu etliche hundert mal genannt ὁ Κύ- ριος, Jehovah, der HERR: wie er denn auch gleich hierauf im folgenden Vers von ſeinem Geiſte unterſchieden wird. 2. Wenn der HErr, das iſt, CHriſtus, alhie genennet wird τὸ πνεῦμα, der Geiſt, ſo wird zwar mit dieſem Worte an einigen Or- ten ſeine goͤttliche Natur, angezeiget; Rom. 1, 4. 1 Cor. 15, 45. 1 Tim. 3, 16. Hebr. 9, 14. 1 Pet. 3, 18. Allein dieſe Bedeutung des Worts ſchicket ſich alhie nicht wohl. Und noch weniger kan dadurch der Heilige Geiſt verſtanden werden; ſintemal man von der andern Perſon in der hochgelobten Gottheit nicht ſagen kan, daß ſie die dritte, oder der Heilige Geiſt ſey. Und folglich iſt nichts fuͤglicher, als daß man ſa- ge, es werde, im Gegenſatze auf das Wort Buchſtaben, damit v. 6. die vorige, oder alte, Moſaiſche Oeconomie benennet worden, alhie mit dem Worte Geiſt ſonderlich auf die neue geiſtliche Oeconomie, oder auf das neue Teſtament geſehen: und ſey Geiſt alhie ſo viel als Evangelium, wovon es v. 6. heißt, daß der Geiſt, und alſo der Heilige Geiſt durch daſ- ſelbe lebendig machet. Man ſehe dieſen Gegen- ſatz zwiſchen Buchſtaben und Geiſt auch Rom. 2, 29. desgleichen Joh. 6, 63. da es heißt: Der Geiſt iſt, der da lebendig machet. Die Worte, die ich rede, die ſind Geiſt und Le- ben. Jmgleichen 1 Joh. 5, 6. Der Geiſt iſts, der da zeuget, daß Geiſt Wahrheit iſt. Und alſo heißt es, wenn Paulus ſpricht: Der HErr iſt der Geiſt, ſo viel: der HErr CHriſtus, als des Buchſtabens oder Geſetzes Ende, iſt an ſich ſelbſt lauter Evangelium, und voll vom Evange- lio, welches einen Dienſt im Geiſte und in der Wahrheit erfodert. Gleichwie er auch mit Nachdruck von ſich ſelbſt ſaget: Jch bin die Auferſtehung und das Leben Joh. 11, 25. 3. Und obwol in den folgenden Worten mit auf die Perſon des Heiligen Geiſtes ſo vielmehr geſehen wird, ſo vielmehr der Heilige Geiſt ſich das Evangelium zueignet, und dadurch CHri- ſtum verklaͤret, auch darauf v. 18. von der Per- ſon des Heiligen Geiſtes ſelbſt gantz deutlich ver- ſtanden wird: ſo behaͤlt man doch auch billig in dieſen Worten eben den vorigen Verſtand: ſin- temal ſie alſo wiederholet werden, daß daraus etwas neues geſchloſſen wird, nemlich wo der HErr iſt oder glaͤubig angenommen wird, da ſey das Evangelium; wo aber das Evangelium iſt, da ſey eine der Knechtſchaft des Buchſtabens oder der Moſaiſchen Oeconomie entgegen geſetzte Freyheit. Und das iſt, was Paulus meinet, wenn er ſaget: Das Geſetz des Geiſtes (das Evangelium) des Lebens in CHriſto JESU hat mich frey gemachet vom Geſetz der Suͤnden und des Todes. Rom. 8, 2. 4. Und dieſe geiſtliche Freyheit iſt eins der uns von CHriſto erworbenen und im Evan- gelio angeprieſenen rechten Haupt-Guͤter. Denn durch dieſelbe ſind wir dergeſtalt von der Schuld und Strafe, auch Herrſchaft der Suͤn- de und Gewalt des Teufels, wie auch vom Flu- che und Zwange des Geſetzes und der Strafge- rechtigkeit GOttes befreyet, daß wir in der Gnade und Gemeinſchaft GOttes ſtehen und ihm mit einem willigen Hertzen dienen. V. 18. Nun aber ſpiegelt ſich in uns allen des HErrn Klarheit mit aufgedecktem Ange- ſichte, und wir werden verklaͤret in daſ- ſelbige Bild, von einer Klarheit zu der an- dern, als vom Geiſte des HErrn. Anmerckungen. 1. Ein ieder ſiehet, daß in dieſem herrli- chen Orte die Worte hergenommen ſind von den bald bedeckten, bald unbedeckten und glaͤntzen- den Angeſichte Moſis; nicht weniger auch von dem, was von dem Vorhange und von der Hin- wegnehmung der vor den Augen der Juͤden han- genden Decke geſaget worden. Denſelben aber deſto beſſer einzuſehen, haben wir nach einander auf dieſe fuͤnf Stuͤcke zu mercken: was da ſey: a. Das aufgedeckte Angeſicht: b. Der A a a 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/401>, abgerufen am 16.07.2024.