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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] welches an den Dingen dieser Welt, an Au-
gen-Lust, Fleisches-Lust und hoffärtigen Leben,
nach dem verderbten Geschmack der Seele, in
die Sinne fällt; und hingegen das Unsichtbare
wo nicht gar verleugnen, doch für ungewiß,
und also auch für gering achten. Da wir doch
gleichwol unserm vornehmsten Theile nach, nem-
lich nach dem innern Menschen, selbst ein un-
sichtbares, und doch ein wahrhaftig existiren-
des und unvergängliches Wesen, oder unsterb-
liche Geister sind; und daher billig die nechste
Anleitung nehmen solten, fleißig an die unsicht-
baren und ewigen Dinge zu gedencken. Gehet
[Spaltenumbruch] aber der Glaube, als ein göttliches Leben, zum
göttlichen Lichte in uns auf, so wird er uns gleich-
sam zum rechten Fern-Glase, dadurch wir aus
der Zeit in die Ewigkeit sehen.

2. Lieber Mensch, da, was sichtbar ist,
zeitlich ist, so hange dein Hertz an keine Crea-
tur, sie habe auch Namen, wie sie wolle: und,
wenn sie dir von GOTT gegeben wird, so ge-
brauche sie also, daß du mit dem Hertzen an
GOTT bleibest, die Creatur aber könnest und
gerne wollest fahren lassen, wenn es seiner hei-
ligen und gütigen Providentz also beliebet.

Das fünfte Capitel/
Darinnen der Apostel erstlich in der vorhergehenden Mate-
rie von dem Absehen aufs Ewige fortfähret/ und anzeiget/ wie er so
wol in Ansehung dessen/ als auch der von CHristo geschehenen
Erlösung und Versöhnung des menschlichen Geschlechts sein
Apostel-Amt in aller Treue und Lauterkeit
führe.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

WJr wissen aber, so unser ir-
disch Haus dieser Hütten

(unser sterblicher Leib) zerbro-
chen wird,
(durch den zeitli-
chen Tod,) daß wir einen
Bau haben von GOtt erbauet, ein Haus,
nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im
Himmel.

Anmerckungen.
1. Der c. 4, v. 16. also benennete äusser-
liche Mensch,
und das v. 7. gedachte irdische
Geväß,
wird alhier genennet das irdische
Haus der Hütten.
Ein Haus heisset es in
Ansehung dessen, daß der Leib eine Wohnung
der Seelen ist. Sie ist aber eine solche Woh-
nung, welche mit dem innern Menschen, der
Seele, aufs genaueste vereiniget ist, also daß
die Seele nach ihrem eignen Gefallen diese
Wohnung nicht verlassen kan, sie doch aber
auch selbst durch angelegte Gewalt und äusserli-
che Hülfs-Mittel nicht zerbrechen muß. Und
dieses Haus heißt irdisch, weil es von der Er-
den anfänglich genommen, noch ietzo irdisch ist, von
der Erden genehret wird, und wieder zur Er-
den werden muß. Ein Haus der Hütten aber
heißt es in Ansehung der Kürtze und der Zer-
brechlichkeit, welche sich bey der Bewohnung
und bey dem Hause selbst befindet. Denn gleich-
wie eine Hütte, z. E. eines Hirten, bald auf-
geschlagen, bald wieder von einander genom-
men, oder aufgehoben wird: so ists bald um
unser Leben geschehen, heute roth, morgen todt.
Hiob Cap. 4, 19. heißt es in Leimen-Hütten
wohnen.
2. Durch den Bau von GOtt erbauet,
[Spaltenumbruch] oder durch das nicht mit Händen gemachte
Haus,
das ewig ist im Himmel, wird wol am
nechsten auf den Sitz der Auserwehlten selbst,
den sie in der Herrlichkeit haben, gesehen: sin-
temal alhier die Rede ist von dem, was die Glau-
bigen haben werden, so bald sie aus der irdi-
schen Hütte dieses Leibes werden ausgezogen
seyn. Und sind die Worte vom Gebäude und
Hause um des vorher gesetzten Gleichnisses wil-
len also gebrauchet worden, und ist wol damit
zugleich auf das himmlische Jerusalem gesehen.
Auch weiset es der folgende Text aus, daß der
Apostel redet von dem Stande, in welchen die
Glaubigen so fort nach Ablegung des Leibes ge-
langen. Wozu denn zu seiner Zeit auch der ver-
klärte Leib kömmt. Es gehöret hieher, was un-
ser Heiland saget Joh. 14. Jn meines Vaters
Hause sind viel Wohnungen
etc. Und Pau-
lus Hebr. 11, 10. Durch den Glauben ist A-
braham ein Fremdling gewesen in dem
perheissenen Lande, und wohnete in Hüt-
ten mit Jsaac und Jacob, den Miterben
derselben Verheissung. Denn er wartete
auf eine Stadt, die einen Grund hat, de-
ren Baumeister und Schöpfer GOtt ist.

Siehe Apoc. 21. vom himmlischen Jerusalem,
sonderlich v. 2. 14. seqq. Von dem sterblichen
Leibe aber, als von einer leicht aufzuhebenden
oder aus einander zu nehmenden Hütte, redet
gar nachdrücklich Petrus, wenn er 2 Ep. c. 1,
v. 13. 14. spricht: Jch achte es billig zu
seyn, so lange ich in dieser Hütten bin, euch
zu erwecken und zu erinnern. Denn ich
weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen
muß.
3. Es

Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] welches an den Dingen dieſer Welt, an Au-
gen-Luſt, Fleiſches-Luſt und hoffaͤrtigen Leben,
nach dem verderbten Geſchmack der Seele, in
die Sinne faͤllt; und hingegen das Unſichtbare
wo nicht gar verleugnen, doch fuͤr ungewiß,
und alſo auch fuͤr gering achten. Da wir doch
gleichwol unſerm vornehmſten Theile nach, nem-
lich nach dem innern Menſchen, ſelbſt ein un-
ſichtbares, und doch ein wahrhaftig exiſtiren-
des und unvergaͤngliches Weſen, oder unſterb-
liche Geiſter ſind; und daher billig die nechſte
Anleitung nehmen ſolten, fleißig an die unſicht-
baren und ewigen Dinge zu gedencken. Gehet
[Spaltenumbruch] aber der Glaube, als ein goͤttliches Leben, zum
goͤttlichen Lichte in uns auf, ſo wird er uns gleich-
ſam zum rechten Fern-Glaſe, dadurch wir aus
der Zeit in die Ewigkeit ſehen.

2. Lieber Menſch, da, was ſichtbar iſt,
zeitlich iſt, ſo hange dein Hertz an keine Crea-
tur, ſie habe auch Namen, wie ſie wolle: und,
wenn ſie dir von GOTT gegeben wird, ſo ge-
brauche ſie alſo, daß du mit dem Hertzen an
GOTT bleibeſt, die Creatur aber koͤnneſt und
gerne wolleſt fahren laſſen, wenn es ſeiner hei-
ligen und guͤtigen Providentz alſo beliebet.

Das fuͤnfte Capitel/
Darinnen der Apoſtel erſtlich in der vorhergehenden Mate-
rie von dem Abſehen aufs Ewige fortfaͤhret/ und anzeiget/ wie er ſo
wol in Anſehung deſſen/ als auch der von CHriſto geſchehenen
Erloͤſung und Verſoͤhnung des menſchlichen Geſchlechts ſein
Apoſtel-Amt in aller Treue und Lauterkeit
fuͤhre.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

WJr wiſſen aber, ſo unſer ir-
diſch Haus dieſer Huͤtten

(unſer ſterblicher Leib) zerbro-
chen wird,
(durch den zeitli-
chen Tod,) daß wir einen
Bau haben von GOtt erbauet, ein Haus,
nicht mit Haͤnden gemacht, das ewig iſt im
Himmel.

Anmerckungen.
1. Der c. 4, v. 16. alſo benennete aͤuſſer-
liche Menſch,
und das v. 7. gedachte irdiſche
Gevaͤß,
wird alhier genennet das irdiſche
Haus der Huͤtten.
Ein Haus heiſſet es in
Anſehung deſſen, daß der Leib eine Wohnung
der Seelen iſt. Sie iſt aber eine ſolche Woh-
nung, welche mit dem innern Menſchen, der
Seele, aufs genaueſte vereiniget iſt, alſo daß
die Seele nach ihrem eignen Gefallen dieſe
Wohnung nicht verlaſſen kan, ſie doch aber
auch ſelbſt durch angelegte Gewalt und aͤuſſerli-
che Huͤlfs-Mittel nicht zerbrechen muß. Und
dieſes Haus heißt irdiſch, weil es von der Er-
den anfaͤnglich genommen, noch ietzo irdiſch iſt, von
der Erden genehret wird, und wieder zur Er-
den werden muß. Ein Haus der Huͤtten aber
heißt es in Anſehung der Kuͤrtze und der Zer-
brechlichkeit, welche ſich bey der Bewohnung
und bey dem Hauſe ſelbſt befindet. Denn gleich-
wie eine Huͤtte, z. E. eines Hirten, bald auf-
geſchlagen, bald wieder von einander genom-
men, oder aufgehoben wird: ſo iſts bald um
unſer Leben geſchehen, heute roth, morgen todt.
Hiob Cap. 4, 19. heißt es in Leimen-Huͤtten
wohnen.
2. Durch den Bau von GOtt erbauet,
[Spaltenumbruch] oder durch das nicht mit Haͤnden gemachte
Haus,
das ewig iſt im Himmel, wird wol am
nechſten auf den Sitz der Auserwehlten ſelbſt,
den ſie in der Herrlichkeit haben, geſehen: ſin-
temal alhier die Rede iſt von dem, was die Glau-
bigen haben werden, ſo bald ſie aus der irdi-
ſchen Huͤtte dieſes Leibes werden ausgezogen
ſeyn. Und ſind die Worte vom Gebaͤude und
Hauſe um des vorher geſetzten Gleichniſſes wil-
len alſo gebrauchet worden, und iſt wol damit
zugleich auf das himmliſche Jeruſalem geſehen.
Auch weiſet es der folgende Text aus, daß der
Apoſtel redet von dem Stande, in welchen die
Glaubigen ſo fort nach Ablegung des Leibes ge-
langen. Wozu denn zu ſeiner Zeit auch der ver-
klaͤrte Leib koͤmmt. Es gehoͤret hieher, was un-
ſer Heiland ſaget Joh. 14. Jn meines Vaters
Hauſe ſind viel Wohnungen
ꝛc. Und Pau-
lus Hebr. 11, 10. Durch den Glauben iſt A-
braham ein Fremdling geweſen in dem
perheiſſenen Lande, und wohnete in Huͤt-
ten mit Jſaac und Jacob, den Miterben
derſelben Verheiſſung. Denn er wartete
auf eine Stadt, die einen Grund hat, de-
ren Baumeiſter und Schoͤpfer GOtt iſt.

Siehe Apoc. 21. vom himmliſchen Jeruſalem,
ſonderlich v. 2. 14. ſeqq. Von dem ſterblichen
Leibe aber, als von einer leicht aufzuhebenden
oder aus einander zu nehmenden Huͤtte, redet
gar nachdruͤcklich Petrus, wenn er 2 Ep. c. 1,
v. 13. 14. ſpricht: Jch achte es billig zu
ſeyn, ſo lange ich in dieſer Huͤtten bin, euch
zu erwecken und zu erinnern. Denn ich
weiß, daß ich meine Huͤtte bald ablegen
muß.
3. Es
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/410>, abgerufen am 24.11.2024.