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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 21.
[Spaltenumbruch] ist: Gleichwie man gewohnet ist, iemanden des
Nachdrucks wegen, mit dem Namen dieser und
jener Tugend, oder dieses und jenes Lasters selbst
zu nennen.
5. Da wir nun wissen, wie Christus ist
für uns zur Sünde gemachet;
so ist daraus
leichtlich zu erkennen, wie es zu verstehen sey,
wenn es dagegen heißt: Auf daß wir wür-
den in ihm die Gerechtigkeit, die vor GOtt
gilt.
Welches recht zu fassen, folgendes zu
mercken ist:
a. Wie die Sünden-Schuld bey Christo ge-
wesen, so ist auch die Gerechtigkeit bey
uns. Nun aber war die Sünden-Schuld
nicht sein eigen, daß sie von Natur in ihm
gewesen, und er sie selbst gehabt hätte, son-
dern fremde, oder die unsrige. Also ist auch
die Gerechtigkeit, damit wir vor GOTT
bestehen, nicht unser eigen, die wir von Na-
tur besässen, oder uns durch unsern Fleiß selbst
zu wege gebracht hätten, sondern es ist eine
fremde, nemlich Christi.
b. Bey dieser fremden Schuld und fremden
Gerechtigkeit findet sich nun die Zurech-
nung,
nach dem Grunde der Substitution,
oder Surrogation, da CHristus an unsere
statt
getreten, und wir nicht weniger auch
an seine Stelle kommen, oder vor GOtt,
wegen seines Löse-Geldes, in ihm angesehen
werden. Denn gleichwie unsere Schuld
durch eine Zurechnung auf ihn gekommen;
also kömmt seine durch das Löse-Geld uns er-
worbene Gerechtigkeit auf uns: so viel unser
sich dieselbe mit wahrem Glauben in der Ord-
nung der Wiedergeburt zueignen.
6. Und eben dieses ists, was Paulus sonst
mit den Worten rechtfertigen, gerecht ma-
chen, Sünde vergeben
und dergleichen mehr
fast in allen Briefen aufs nachdrücklichste be-
zeichnet, sonderlich in dem Briefe an die Rö-
mer c. 3. 4. und auch c. 5, v. 6. seqq. auch v. 15.
seqq. da er dem ersten Adam, der die Sün-
de in die Welt gebracht, den andern, CHri-
stum,
als den Erwerber der Gerechtigkeit ent-
gegen setzet: und zwar dergestalt, daß gleichwie
durch Adam in der Ordnung der fleischlichen
Geburt, der Zurechnung nach, auf uns gekom-
men eine fremde Sünden-Schuld; also in
der Ordnung der Wiedergeburt gleichfals zu ei-
ner Zurechnung auf uns komme eine fremde
Gerechtigkeit,
nemlich Christi.
7. Es ist also wohl zu mercken, daß Pau-
lus saget: Auf daß wir würden in ihm die Ge-
rechtigkeit. Denn damit zeiget er nicht allein
an, daß CHristus sey die Ursache, oder der
Erwerber unserer Gerechtigkeit und Seligkeit,
und daß wir solche von ihm haben; sondern er
gehet damit auch auf die Ordnung, in welcher
wir der Gerechtigkeit CHristi theilhaftig wer-
den, oder in welcher die Zurechnung statt ha-
be: nemlich man müsse in CHristo seyn, und
erfunden werden. Wie denn aber? daß man
an ihn glaube, und durch den Glauben sich sein
Verdienst zueigne. Wie kömmt man aber zu
[Spaltenumbruch] diesem Glauben? Durch die Wiedergeburt, da
der Glaube als ein geistlich Leben und als ein
geistliches Licht in uns angezündet wird, also
daß wir dadurch als die Reben in den Wein-
stock gepfropfet und zu neuen Creaturen wer-
den. Wie denn daher Paulus v. 17. saget:
Jst iemand in CHristo, so ist er eine neue
Creatur.
Auf welche Art denn dem schnöden
und leider so sehr gemeinen Mißbrauche dieser
so herrlichen und so Kraft- und Trost-vollen Ev-
angelischen Haupt-Lehre von der Rechtfertigung
oder Zurechnung der Gerechtigkeit Christi aufs
kräftigste vorgebauet wird.
8. Es lieget denn ferner auch ein grosser
Nachdruck darinnen, daß die Glaubigen, die
in CHristo sind, oder sich als die Glieder des
Leibes an das hochgelobte Haupt hangen und
halten, dergestalt für gerecht erkannt und ge-
sprochen worden, daß sie auch GOTT als die
Gerechtigkeit selbst, das ist, als solche, die
in Ansehung CHristi in dem allervollkommen-
sten Grad vor ihm gerecht sind, ansiehet: gleich-
wie CHristus wegen der auf sich geladenen
Sünde des menschlichen Geschlechts, als die
Sünde geachtet worden.
9. Daß aber die für uns erworbene Ge-
rechtigkeit CHristi
genennet wird die Ge-
rechtigkeit GOttes,
welches Lutherus dem
Verstande nach gar recht übersetzet hat, die
vor GOTT gilt,
kömmt daher, weil sie
GOTT an unserer statt angenommen, als ein
Löse-Geld, und daß sie uns GOTT zurechnet,
als ein göttliches Geschenck, welches unserer
eignen Gerechtigkeit, die nichtig ist, entgegen
stehet. Und also hat auch die Ubersetzung Lu-
theri,
dem Verstande nach, ihre Richtigkeit;
sintemal diese Gerechtigkeit allein vor GOTT
gilt. Es gebrauchet Paulus auch anderwärtig
diese Redens-Art, als Rom. 1, 17. Denn da
er v. 16. gesaget hatte, wie daß das Evangelium
eine Kraft GOttes sey zur Seligkeit den Glau-
bigen; so spricht er darauf: Sintemal dar-
innen offenbaret wird
dikaiosune Theou~, die
Gerechtigkeit GOttes,
Luth. die vor GOtt
gilt, welche kömmt aus Glauben in Glau-
ben,
oder durch den Glauben ergriffen wird.
Also auch cap. 3, 21. 22. Es ist ohne Zuthun
des Gesetzes
dikaiosune tou~ Theou~, die Gerech-
tigkeit GOttes,
Luth. die vor GOtt gilt,
offenbaret, und bezeuget durch das Ge-
setz und die Propheten.
Jch sage aber von
solcher dikaiosune Theou~ Gerechtigkeit Gottes,
Luth. vor GOTT, die da kommt durch
den Glauben an JEsum CHristum zu al-
len, und auf alle, die da gläuben.
Sie-
he auch v. 24. 25. 26. Ferner cap. 10, 3. Die
Juden erkennen nicht
dikaiosunen tou~ Theou~,
die Gerechtigkeit GOttes, Luth. die vor
GOTT gilt, und trachten ihre eigene Ge-
rechtigkeit aufzurichten, und sind
te di-
kaiosune tou~ Theou~, der Gerechtigkeit GOt-
tes,
Luth. die vor GOTT gilt, nicht un-
terthan.
V. 4. Denn CHristus ist des
Gesetzes Ende, wer an den gläuber, der
ist gerecht,
eis dikaiosunen, zur Gerechtig-
keit einem ieden Glaubigen.
Und eben diese
Gerech-
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 21.
[Spaltenumbruch] iſt: Gleichwie man gewohnet iſt, iemanden des
Nachdrucks wegen, mit dem Namen dieſer und
jener Tugend, oder dieſes und jenes Laſters ſelbſt
zu nennen.
5. Da wir nun wiſſen, wie Chriſtus iſt
fuͤr uns zur Suͤnde gemachet;
ſo iſt daraus
leichtlich zu erkennen, wie es zu verſtehen ſey,
wenn es dagegen heißt: Auf daß wir wuͤr-
den in ihm die Gerechtigkeit, die vor GOtt
gilt.
Welches recht zu faſſen, folgendes zu
mercken iſt:
a. Wie die Suͤnden-Schuld bey Chriſto ge-
weſen, ſo iſt auch die Gerechtigkeit bey
uns. Nun aber war die Suͤnden-Schuld
nicht ſein eigen, daß ſie von Natur in ihm
geweſen, und er ſie ſelbſt gehabt haͤtte, ſon-
dern fremde, oder die unſrige. Alſo iſt auch
die Gerechtigkeit, damit wir vor GOTT
beſtehen, nicht unſer eigen, die wir von Na-
tur beſaͤſſen, oder uns durch unſern Fleiß ſelbſt
zu wege gebracht haͤtten, ſondern es iſt eine
fremde, nemlich Chriſti.
b. Bey dieſer fremden Schuld und fremden
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nung,
nach dem Grunde der Subſtitution,
oder Surrogation, da CHriſtus an unſere
ſtatt
getreten, und wir nicht weniger auch
an ſeine Stelle kommen, oder vor GOtt,
wegen ſeines Loͤſe-Geldes, in ihm angeſehen
werden. Denn gleichwie unſere Schuld
durch eine Zurechnung auf ihn gekommen;
alſo koͤmmt ſeine durch das Loͤſe-Geld uns er-
worbene Gerechtigkeit auf uns: ſo viel unſer
ſich dieſelbe mit wahrem Glauben in der Ord-
nung der Wiedergeburt zueignen.
6. Und eben dieſes iſts, was Paulus ſonſt
mit den Worten rechtfertigen, gerecht ma-
chen, Suͤnde vergeben
und dergleichen mehr
faſt in allen Briefen aufs nachdruͤcklichſte be-
zeichnet, ſonderlich in dem Briefe an die Roͤ-
mer c. 3. 4. und auch c. 5, v. 6. ſeqq. auch v. 15.
ſeqq. da er dem erſten Adam, der die Suͤn-
de in die Welt gebracht, den andern, CHri-
ſtum,
als den Erwerber der Gerechtigkeit ent-
gegen ſetzet: und zwar dergeſtalt, daß gleichwie
durch Adam in der Ordnung der fleiſchlichen
Geburt, der Zurechnung nach, auf uns gekom-
men eine fremde Suͤnden-Schuld; alſo in
der Ordnung der Wiedergeburt gleichfals zu ei-
ner Zurechnung auf uns komme eine fremde
Gerechtigkeit,
nemlich Chriſti.
7. Es iſt alſo wohl zu mercken, daß Pau-
lus ſaget: Auf daß wir wuͤrden in ihm die Ge-
rechtigkeit. Denn damit zeiget er nicht allein
an, daß CHriſtus ſey die Urſache, oder der
Erwerber unſerer Gerechtigkeit und Seligkeit,
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gehet damit auch auf die Ordnung, in welcher
wir der Gerechtigkeit CHriſti theilhaftig wer-
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be: nemlich man muͤſſe in CHriſto ſeyn, und
erfunden werden. Wie denn aber? daß man
an ihn glaube, und durch den Glauben ſich ſein
Verdienſt zueigne. Wie koͤmmt man aber zu
[Spaltenumbruch] dieſem Glauben? Durch die Wiedergeburt, da
der Glaube als ein geiſtlich Leben und als ein
geiſtliches Licht in uns angezuͤndet wird, alſo
daß wir dadurch als die Reben in den Wein-
ſtock gepfropfet und zu neuen Creaturen wer-
den. Wie denn daher Paulus v. 17. ſaget:
Jſt iemand in CHriſto, ſo iſt er eine neue
Creatur.
Auf welche Art denn dem ſchnoͤden
und leider ſo ſehr gemeinen Mißbrauche dieſer
ſo herrlichen und ſo Kraft- und Troſt-vollen Ev-
angeliſchen Haupt-Lehre von der Rechtfertigung
oder Zurechnung der Gerechtigkeit Chriſti aufs
kraͤftigſte vorgebauet wird.
8. Es lieget denn ferner auch ein groſſer
Nachdruck darinnen, daß die Glaubigen, die
in CHriſto ſind, oder ſich als die Glieder des
Leibes an das hochgelobte Haupt hangen und
halten, dergeſtalt fuͤr gerecht erkannt und ge-
ſprochen worden, daß ſie auch GOTT als die
Gerechtigkeit ſelbſt, das iſt, als ſolche, die
in Anſehung CHriſti in dem allervollkommen-
ſten Grad vor ihm gerecht ſind, anſiehet: gleich-
wie CHriſtus wegen der auf ſich geladenen
Suͤnde des menſchlichen Geſchlechts, als die
Suͤnde geachtet worden.
9. Daß aber die fuͤr uns erworbene Ge-
rechtigkeit CHriſti
genennet wird die Ge-
rechtigkeit GOttes,
welches Lutherus dem
Verſtande nach gar recht uͤberſetzet hat, die
vor GOTT gilt,
koͤmmt daher, weil ſie
GOTT an unſerer ſtatt angenommen, als ein
Loͤſe-Geld, und daß ſie uns GOTT zurechnet,
als ein goͤttliches Geſchenck, welches unſerer
eignen Gerechtigkeit, die nichtig iſt, entgegen
ſtehet. Und alſo hat auch die Uberſetzung Lu-
theri,
dem Verſtande nach, ihre Richtigkeit;
ſintemal dieſe Gerechtigkeit allein vor GOTT
gilt. Es gebrauchet Paulus auch anderwaͤrtig
dieſe Redens-Art, als Rom. 1, 17. Denn da
er v. 16. geſaget hatte, wie daß das Evangelium
eine Kraft GOttes ſey zur Seligkeit den Glau-
bigen; ſo ſpricht er darauf: Sintemal dar-
innen offenbaret wird
δικαιοσύνη Θεου῀, die
Gerechtigkeit GOttes,
Luth. die vor GOtt
gilt, welche koͤmmt aus Glauben in Glau-
ben,
oder durch den Glauben ergriffen wird.
Alſo auch cap. 3, 21. 22. Es iſt ohne Zuthun
des Geſetzes
δικαιοσύνη του῀ Θεου῀, die Gerech-
tigkeit GOttes,
Luth. die vor GOtt gilt,
offenbaret, und bezeuget durch das Ge-
ſetz und die Propheten.
Jch ſage aber von
ſolcher δικαιοσύνῃ Θεου῀ Gerechtigkeit Gottes,
Luth. vor GOTT, die da kommt durch
den Glauben an JEſum CHriſtum zu al-
len, und auf alle, die da glaͤuben.
Sie-
he auch v. 24. 25. 26. Ferner cap. 10, 3. Die
Juden erkennen nicht
δικαιοσύνην του῀ Θεου῀,
die Gerechtigkeit GOttes, Luth. die vor
GOTT gilt, und trachten ihre eigene Ge-
rechtigkeit aufzurichten, und ſind
τῇ δι-
καιοσύνῃ του῀ Θεου῀, der Gerechtigkeit GOt-
tes,
Luth. die vor GOTT gilt, nicht un-
terthan.
V. 4. Denn CHriſtus iſt des
Geſetzes Ende, wer an den glaͤuber, der
iſt gerecht,
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[402/0430] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 21. iſt: Gleichwie man gewohnet iſt, iemanden des Nachdrucks wegen, mit dem Namen dieſer und jener Tugend, oder dieſes und jenes Laſters ſelbſt zu nennen. 5. Da wir nun wiſſen, wie Chriſtus iſt fuͤr uns zur Suͤnde gemachet; ſo iſt daraus leichtlich zu erkennen, wie es zu verſtehen ſey, wenn es dagegen heißt: Auf daß wir wuͤr- den in ihm die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt. Welches recht zu faſſen, folgendes zu mercken iſt: a. Wie die Suͤnden-Schuld bey Chriſto ge- weſen, ſo iſt auch die Gerechtigkeit bey uns. Nun aber war die Suͤnden-Schuld nicht ſein eigen, daß ſie von Natur in ihm geweſen, und er ſie ſelbſt gehabt haͤtte, ſon- dern fremde, oder die unſrige. Alſo iſt auch die Gerechtigkeit, damit wir vor GOTT beſtehen, nicht unſer eigen, die wir von Na- tur beſaͤſſen, oder uns durch unſern Fleiß ſelbſt zu wege gebracht haͤtten, ſondern es iſt eine fremde, nemlich Chriſti. b. Bey dieſer fremden Schuld und fremden Gerechtigkeit findet ſich nun die Zurech- nung, nach dem Grunde der Subſtitution, oder Surrogation, da CHriſtus an unſere ſtatt getreten, und wir nicht weniger auch an ſeine Stelle kommen, oder vor GOtt, wegen ſeines Loͤſe-Geldes, in ihm angeſehen werden. Denn gleichwie unſere Schuld durch eine Zurechnung auf ihn gekommen; alſo koͤmmt ſeine durch das Loͤſe-Geld uns er- worbene Gerechtigkeit auf uns: ſo viel unſer ſich dieſelbe mit wahrem Glauben in der Ord- nung der Wiedergeburt zueignen. 6. Und eben dieſes iſts, was Paulus ſonſt mit den Worten rechtfertigen, gerecht ma- chen, Suͤnde vergeben und dergleichen mehr faſt in allen Briefen aufs nachdruͤcklichſte be- zeichnet, ſonderlich in dem Briefe an die Roͤ- mer c. 3. 4. und auch c. 5, v. 6. ſeqq. auch v. 15. ſeqq. da er dem erſten Adam, der die Suͤn- de in die Welt gebracht, den andern, CHri- ſtum, als den Erwerber der Gerechtigkeit ent- gegen ſetzet: und zwar dergeſtalt, daß gleichwie durch Adam in der Ordnung der fleiſchlichen Geburt, der Zurechnung nach, auf uns gekom- men eine fremde Suͤnden-Schuld; alſo in der Ordnung der Wiedergeburt gleichfals zu ei- ner Zurechnung auf uns komme eine fremde Gerechtigkeit, nemlich Chriſti. 7. Es iſt alſo wohl zu mercken, daß Pau- lus ſaget: Auf daß wir wuͤrden in ihm die Ge- rechtigkeit. Denn damit zeiget er nicht allein an, daß CHriſtus ſey die Urſache, oder der Erwerber unſerer Gerechtigkeit und Seligkeit, und daß wir ſolche von ihm haben; ſondern er gehet damit auch auf die Ordnung, in welcher wir der Gerechtigkeit CHriſti theilhaftig wer- den, oder in welcher die Zurechnung ſtatt ha- be: nemlich man muͤſſe in CHriſto ſeyn, und erfunden werden. Wie denn aber? daß man an ihn glaube, und durch den Glauben ſich ſein Verdienſt zueigne. Wie koͤmmt man aber zu dieſem Glauben? Durch die Wiedergeburt, da der Glaube als ein geiſtlich Leben und als ein geiſtliches Licht in uns angezuͤndet wird, alſo daß wir dadurch als die Reben in den Wein- ſtock gepfropfet und zu neuen Creaturen wer- den. Wie denn daher Paulus v. 17. ſaget: Jſt iemand in CHriſto, ſo iſt er eine neue Creatur. Auf welche Art denn dem ſchnoͤden und leider ſo ſehr gemeinen Mißbrauche dieſer ſo herrlichen und ſo Kraft- und Troſt-vollen Ev- angeliſchen Haupt-Lehre von der Rechtfertigung oder Zurechnung der Gerechtigkeit Chriſti aufs kraͤftigſte vorgebauet wird. 8. Es lieget denn ferner auch ein groſſer Nachdruck darinnen, daß die Glaubigen, die in CHriſto ſind, oder ſich als die Glieder des Leibes an das hochgelobte Haupt hangen und halten, dergeſtalt fuͤr gerecht erkannt und ge- ſprochen worden, daß ſie auch GOTT als die Gerechtigkeit ſelbſt, das iſt, als ſolche, die in Anſehung CHriſti in dem allervollkommen- ſten Grad vor ihm gerecht ſind, anſiehet: gleich- wie CHriſtus wegen der auf ſich geladenen Suͤnde des menſchlichen Geſchlechts, als die Suͤnde geachtet worden. 9. Daß aber die fuͤr uns erworbene Ge- rechtigkeit CHriſti genennet wird die Ge- rechtigkeit GOttes, welches Lutherus dem Verſtande nach gar recht uͤberſetzet hat, die vor GOTT gilt, koͤmmt daher, weil ſie GOTT an unſerer ſtatt angenommen, als ein Loͤſe-Geld, und daß ſie uns GOTT zurechnet, als ein goͤttliches Geſchenck, welches unſerer eignen Gerechtigkeit, die nichtig iſt, entgegen ſtehet. Und alſo hat auch die Uberſetzung Lu- theri, dem Verſtande nach, ihre Richtigkeit; ſintemal dieſe Gerechtigkeit allein vor GOTT gilt. Es gebrauchet Paulus auch anderwaͤrtig dieſe Redens-Art, als Rom. 1, 17. Denn da er v. 16. geſaget hatte, wie daß das Evangelium eine Kraft GOttes ſey zur Seligkeit den Glau- bigen; ſo ſpricht er darauf: Sintemal dar- innen offenbaret wird δικαιοσύνη Θεου῀, die Gerechtigkeit GOttes, Luth. die vor GOtt gilt, welche koͤmmt aus Glauben in Glau- ben, oder durch den Glauben ergriffen wird. Alſo auch cap. 3, 21. 22. Es iſt ohne Zuthun des Geſetzes δικαιοσύνη του῀ Θεου῀, die Gerech- tigkeit GOttes, Luth. die vor GOtt gilt, offenbaret, und bezeuget durch das Ge- ſetz und die Propheten. Jch ſage aber von ſolcher δικαιοσύνῃ Θεου῀ Gerechtigkeit Gottes, Luth. vor GOTT, die da kommt durch den Glauben an JEſum CHriſtum zu al- len, und auf alle, die da glaͤuben. Sie- he auch v. 24. 25. 26. Ferner cap. 10, 3. Die Juden erkennen nicht δικαιοσύνην του῀ Θεου῀, die Gerechtigkeit GOttes, Luth. die vor GOTT gilt, und trachten ihre eigene Ge- rechtigkeit aufzurichten, und ſind τῇ δι- καιοσύνῃ του῀ Θεου῀, der Gerechtigkeit GOt- tes, Luth. die vor GOTT gilt, nicht un- terthan. V. 4. Denn CHriſtus iſt des Geſetzes Ende, wer an den glaͤuber, der iſt gerecht, εἰς δικαιοσύνην, zur Gerechtig- keit einem ieden Glaubigen. Und eben dieſe Gerech-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/430>, abgerufen am 24.11.2024.