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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 6, v. 2-6. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] der rechte Hohe-Priester zu deinem Opfer für
dasselbe auch die Vorbitte hinzu gethan, und dich
im Gebet zum öftern finden lassen:) und habe
dir am Tage des Heils geholfen
(in dem Lau-
fe deines Prophetischen Lehr-Amts und Melchi-
sedechi
schen Priesterthums habe ich mit so vielen
Wunder-Wercken, und mit der Auferweckung
von den Todten demselben den rechten Nachdruck
gegeben, und damit bezeuget, daß du von mir
gesandt worden, das Werck der Erlösung auszu-
richten, und das verlorne Heil wieder zu brin-
gen.) Sehet, diß ist die angenehme Zeit,
ietzt ist der Tag des Heils.

Anmerckungen.
1. Nachdem der Apostel einen Ort von den
Zeiten des Meßiä angeführet hat, darinnen
GOtt der Vater selbst gegen den Sohn dieselbe
als eine rechte Gnaden-Zeit benennet, so thut er
in den letztern, als seinen Worten, die Application
hinzu auf die Corinthier.
2. Die Zeit des gnädigen Wohlgefallens,
welches GOTT in CHristo dem Versöhner an
dem menschlichen Geschlecht bezeuget hat, heißt
auch euprosdektos, das ist, eine solche, welche
ihrer Vortreflichkeit wegen in dem, was sie brin-
get, aller willigen Annehmung werth ist. Siehe
auch Rom. 13, 11. 12.
3. Diese angenehme Zeit, dieser Tag des
Heils, welcher insgemein auf die Zeiten des neuen
Testaments gehet, führet für einen ieden Men-
schen einen besondern periodum mit sich, wor-
innen er berufen wird. Wem nun die Gnade
dadurch so nahe geleget wird, daß er sich dadurch
bey dieser und jener Gelegenheit erwecket findet,
der versaume sie ja nicht; und um so viel weni-
ger, ie nöthiger und heilsamer sie ihm ist, und ie
schneller sie vorbey gehet. Wer wolte sich gegen
sein eignes Heil so wegern und streuben?
V. 3.

Lasset uns aber niemand (en medeni in
keinem Stücke) irgend ein Aergerniß ge-
ben, auf daß unser Amt nicht verlästert
werde.

Anmerckungen.
1. Der Connexion nach stehet der andere
Vers gleichsam in parenthesi, und hanget dieser
Vers mit dem ersten also zusammen: parakalou~-
men didontes, wir ermahnen euch - - also, daß wir
selbst kein Aergerniß geben etc. Es ist demnach
Lutheri Ubersetzung darnach einzurichten, als
welcher alhier eine neue Rede anhebet. Wie-
wol auch dieses dem Verstande an sich selbst we-
nig benimmt. Gleiche Verbindung findet sich
zwischen dem vierten, auch folgenden, und dem
ersten Verse.
2. Da siehet man aber aus diesem Zusam-
menhange, daß, wer andere mit Nachdruck er-
mahnen will, ihnen selbst in allem mit einem gu-
ten Exempel vorgehen muß.
3. Daß der Apostel alhier abermal, wie
schon vor dem in den vorigen Capiteln, wieder
auf sein Amt kömmt, und bey der Unschuld seines
Wandels seiner Leiden gedencket, das thut er wol
[Spaltenumbruch] um derjenigen bösen und falschen Lehrer willen,
welchen es an beyden fehlete, und die doch man-
che Verwirrung wie anderwärtig, also auch in
der Corinthischen Gemeine anrichteten.
4. Ein anders ist kein Aergerniß geben,
ein anders vollkommen und ohne Sünde seyn.
Denn jenes findet auch bey der Unvollkommen-
heit statt, und bestehet darinnen, daß man nicht
etwas thue, welches andern zum Anstoß, auch
wol böser Nachfolge gereichet. Nun ist es zwar
gut, wenn ein Lehrer von solchen Aergernissen frey
ist: allein es ist noch lange nicht genug. Denn
was ists sonderlich, wenn er äusserlich einen ein-
gezogenen und ehrbaren Wandel führet? Es
muß ein erbaulicher Wandel dazu kommen, dar-
innen man nicht allein das Böse äusserlich unter-
lasse, sondern auch das Gute thue, und zwar nach
der rechten Quelle der Gnade, also daß er sich von
bloß natürlichen ehrbaren Wercken unterscheide.
Daß der Apostel an statt des ärgerlichen einen
solchen erbaulichen fordert, und selbst dargestellet
habe, zeiget der Context an in dem Nachfol-
genden.
5. Es gehet aber diese Erinnerung nicht al-
lein auf die Personen der Lehrer und anderer
Haus-Väter, sondern auch auf Jhre Familien,
daß sie auch bey den ihrigen alles Aergernisses zu
verhüten bemühet seyn sollen.
6. Es ist zwar ein falscher Schluß, den man
von der Person auf das Amt machet, welches sie
führet: unter dessen wird er doch gar häufig ge-
machet, und ist auch nicht zu verwundern bey Leu-
ten, welchen es zum wahren Urtheil am Licht und
Recht fehlet. Wie denn wol die allergemeine-
ste und grösseste Ursache von der Verachtung des
Lehr-Amts diese ist, daß Lehrer durch so viele
Aergernisse sich und ihr Amt selbst so verächtlich
machen. Womit denn auch fast aller Eingang
und Segen bey den Zuhörern gehindert wird:
und zwar so viel mehr, so viel weniger die ärger-
lich lebende in dem Stande sind, den gantzen
Rath GOttes recht zu erkennen und ihn lauter-
lich vorzutragen.
7. Nächst dem von unserm Heylande auf
die Aergernisse gesetzten grossen Wehe, soll einen
die Betrachtung dessen davon zurück halten, daß
man durch dieselbe auch wol noch nach seinem
Tode sündiget, oder andere sündigen machet.
V. 4. 5. 6.

Sondern in allen Dingen lasset uns
beweisen als die Diener GOttes, in grosser

(polle vieler) Geduld, (unter vielen Leiden) in
Trübsalen, in Nöthen, in Aengsten.
V. 5.
Jn Schlagen, in Gefängnissen, in Aufruh-
ren,
(en akatastasiais, in Tumulten und an-
dern Unruhen, da wir keine beständige Stäte ha-
ben, sondern von einem Orte zum andern gejaget
werden,) in Arbeit, in Wachen, in Fasten,
V. 6. Jn Keuschheit, in Erkäntniß (und
Christlicher Vorsichtigkeit) in Langmuth, in
Freundlichkeit, in dem Heiligen Geiste, in
ungefarbter Liebe.

Anmerckungen.
1. Man siehet alhier, was zum rechtschaf-
nen
E e e 3

Cap. 6, v. 2-6. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] der rechte Hohe-Prieſter zu deinem Opfer fuͤr
daſſelbe auch die Vorbitte hinzu gethan, und dich
im Gebet zum oͤftern finden laſſen:) und habe
dir am Tage des Heils geholfen
(in dem Lau-
fe deines Prophetiſchen Lehr-Amts und Melchi-
ſedechi
ſchen Prieſterthums habe ich mit ſo vielen
Wunder-Wercken, und mit der Auferweckung
von den Todten demſelben den rechten Nachdruck
gegeben, und damit bezeuget, daß du von mir
geſandt worden, das Werck der Erloͤſung auszu-
richten, und das verlorne Heil wieder zu brin-
gen.) Sehet, diß iſt die angenehme Zeit,
ietzt iſt der Tag des Heils.

Anmerckungen.
1. Nachdem der Apoſtel einen Ort von den
Zeiten des Meßiaͤ angefuͤhret hat, darinnen
GOtt der Vater ſelbſt gegen den Sohn dieſelbe
als eine rechte Gnaden-Zeit benennet, ſo thut er
in den letztern, als ſeinen Worten, die Application
hinzu auf die Corinthier.
2. Die Zeit des gnaͤdigen Wohlgefallens,
welches GOTT in CHriſto dem Verſoͤhner an
dem menſchlichen Geſchlecht bezeuget hat, heißt
auch ἐυπρόσδεκτος, das iſt, eine ſolche, welche
ihrer Vortreflichkeit wegen in dem, was ſie brin-
get, aller willigen Annehmung werth iſt. Siehe
auch Rom. 13, 11. 12.
3. Dieſe angenehme Zeit, dieſer Tag des
Heils, welcher insgemein auf die Zeiten des neuen
Teſtaments gehet, fuͤhret fuͤr einen ieden Men-
ſchen einen beſondern periodum mit ſich, wor-
innen er berufen wird. Wem nun die Gnade
dadurch ſo nahe geleget wird, daß er ſich dadurch
bey dieſer und jener Gelegenheit erwecket findet,
der verſaume ſie ja nicht; und um ſo viel weni-
ger, ie noͤthiger und heilſamer ſie ihm iſt, und ie
ſchneller ſie vorbey gehet. Wer wolte ſich gegen
ſein eignes Heil ſo wegern und ſtreuben?
V. 3.

Laſſet uns aber niemand (ἐν μηδενὶ in
keinem Stuͤcke) irgend ein Aergerniß ge-
ben, auf daß unſer Amt nicht verlaͤſtert
werde.

Anmerckungen.
1. Der Connexion nach ſtehet der andere
Vers gleichſam in parentheſi, und hanget dieſer
Vers mit dem erſten alſo zuſammen: παρακαλου῀-
μεν διδόντες, wir ermahnen euch ‒ ‒ alſo, daß wir
ſelbſt kein Aergerniß geben ꝛc. Es iſt demnach
Lutheri Uberſetzung darnach einzurichten, als
welcher alhier eine neue Rede anhebet. Wie-
wol auch dieſes dem Verſtande an ſich ſelbſt we-
nig benimmt. Gleiche Verbindung findet ſich
zwiſchen dem vierten, auch folgenden, und dem
erſten Verſe.
2. Da ſiehet man aber aus dieſem Zuſam-
menhange, daß, wer andere mit Nachdruck er-
mahnen will, ihnen ſelbſt in allem mit einem gu-
ten Exempel vorgehen muß.
3. Daß der Apoſtel alhier abermal, wie
ſchon vor dem in den vorigen Capiteln, wieder
auf ſein Amt koͤmmt, und bey der Unſchuld ſeines
Wandels ſeiner Leiden gedencket, das thut er wol
[Spaltenumbruch] um derjenigen boͤſen und falſchen Lehrer willen,
welchen es an beyden fehlete, und die doch man-
che Verwirrung wie anderwaͤrtig, alſo auch in
der Corinthiſchen Gemeine anrichteten.
4. Ein anders iſt kein Aergerniß geben,
ein anders vollkommen und ohne Suͤnde ſeyn.
Denn jenes findet auch bey der Unvollkommen-
heit ſtatt, und beſtehet darinnen, daß man nicht
etwas thue, welches andern zum Anſtoß, auch
wol boͤſer Nachfolge gereichet. Nun iſt es zwar
gut, wenn ein Lehrer von ſolchen Aergerniſſen frey
iſt: allein es iſt noch lange nicht genug. Denn
was iſts ſonderlich, wenn er aͤuſſerlich einen ein-
gezogenen und ehrbaren Wandel fuͤhret? Es
muß ein erbaulicher Wandel dazu kommen, dar-
innen man nicht allein das Boͤſe aͤuſſerlich unter-
laſſe, ſondern auch das Gute thue, und zwar nach
der rechten Quelle der Gnade, alſo daß er ſich von
bloß natuͤrlichen ehrbaren Wercken unterſcheide.
Daß der Apoſtel an ſtatt des aͤrgerlichen einen
ſolchen erbaulichen fordert, und ſelbſt dargeſtellet
habe, zeiget der Context an in dem Nachfol-
genden.
5. Es gehet aber dieſe Erinnerung nicht al-
lein auf die Perſonen der Lehrer und anderer
Haus-Vaͤter, ſondern auch auf Jhre Familien,
daß ſie auch bey den ihrigen alles Aergerniſſes zu
verhuͤten bemuͤhet ſeyn ſollen.
6. Es iſt zwar ein falſcher Schluß, den man
von der Perſon auf das Amt machet, welches ſie
fuͤhret: unter deſſen wird er doch gar haͤufig ge-
machet, und iſt auch nicht zu verwundern bey Leu-
ten, welchen es zum wahren Urtheil am Licht und
Recht fehlet. Wie denn wol die allergemeine-
ſte und groͤſſeſte Urſache von der Verachtung des
Lehr-Amts dieſe iſt, daß Lehrer durch ſo viele
Aergerniſſe ſich und ihr Amt ſelbſt ſo veraͤchtlich
machen. Womit denn auch faſt aller Eingang
und Segen bey den Zuhoͤrern gehindert wird:
und zwar ſo viel mehr, ſo viel weniger die aͤrger-
lich lebende in dem Stande ſind, den gantzen
Rath GOttes recht zu erkennen und ihn lauter-
lich vorzutragen.
7. Naͤchſt dem von unſerm Heylande auf
die Aergerniſſe geſetzten groſſen Wehe, ſoll einen
die Betrachtung deſſen davon zuruͤck halten, daß
man durch dieſelbe auch wol noch nach ſeinem
Tode ſuͤndiget, oder andere ſuͤndigen machet.
V. 4. 5. 6.

Sondern in allen Dingen laſſet uns
beweiſen als die Diener GOttes, in groſſer

(πολλῇ vieler) Geduld, (unter vielen Leiden) in
Truͤbſalen, in Noͤthen, in Aengſten.
V. 5.
Jn Schlagen, in Gefaͤngniſſen, in Aufruh-
ren,
(ἐν ἀκαταϛασίαις, in Tumulten und an-
dern Unruhen, da wir keine beſtaͤndige Staͤte ha-
ben, ſondern von einem Orte zum andern gejaget
werden,) in Arbeit, in Wachen, in Faſten,
V. 6. Jn Keuſchheit, in Erkaͤntniß (und
Chriſtlicher Vorſichtigkeit) in Langmuth, in
Freundlichkeit, in dem Heiligen Geiſte, in
ungefarbter Liebe.

Anmerckungen.
1. Man ſiehet alhier, was zum rechtſchaf-
nen
E e e 3
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[405/0433] Cap. 6, v. 2-6. an die Corinthier. der rechte Hohe-Prieſter zu deinem Opfer fuͤr daſſelbe auch die Vorbitte hinzu gethan, und dich im Gebet zum oͤftern finden laſſen:) und habe dir am Tage des Heils geholfen (in dem Lau- fe deines Prophetiſchen Lehr-Amts und Melchi- ſedechiſchen Prieſterthums habe ich mit ſo vielen Wunder-Wercken, und mit der Auferweckung von den Todten demſelben den rechten Nachdruck gegeben, und damit bezeuget, daß du von mir geſandt worden, das Werck der Erloͤſung auszu- richten, und das verlorne Heil wieder zu brin- gen.) Sehet, diß iſt die angenehme Zeit, ietzt iſt der Tag des Heils. Anmerckungen. 1. Nachdem der Apoſtel einen Ort von den Zeiten des Meßiaͤ angefuͤhret hat, darinnen GOtt der Vater ſelbſt gegen den Sohn dieſelbe als eine rechte Gnaden-Zeit benennet, ſo thut er in den letztern, als ſeinen Worten, die Application hinzu auf die Corinthier. 2. Die Zeit des gnaͤdigen Wohlgefallens, welches GOTT in CHriſto dem Verſoͤhner an dem menſchlichen Geſchlecht bezeuget hat, heißt auch ἐυπρόσδεκτος, das iſt, eine ſolche, welche ihrer Vortreflichkeit wegen in dem, was ſie brin- get, aller willigen Annehmung werth iſt. Siehe auch Rom. 13, 11. 12. 3. Dieſe angenehme Zeit, dieſer Tag des Heils, welcher insgemein auf die Zeiten des neuen Teſtaments gehet, fuͤhret fuͤr einen ieden Men- ſchen einen beſondern periodum mit ſich, wor- innen er berufen wird. Wem nun die Gnade dadurch ſo nahe geleget wird, daß er ſich dadurch bey dieſer und jener Gelegenheit erwecket findet, der verſaume ſie ja nicht; und um ſo viel weni- ger, ie noͤthiger und heilſamer ſie ihm iſt, und ie ſchneller ſie vorbey gehet. Wer wolte ſich gegen ſein eignes Heil ſo wegern und ſtreuben? V. 3. Laſſet uns aber niemand (ἐν μηδενὶ in keinem Stuͤcke) irgend ein Aergerniß ge- ben, auf daß unſer Amt nicht verlaͤſtert werde. Anmerckungen. 1. Der Connexion nach ſtehet der andere Vers gleichſam in parentheſi, und hanget dieſer Vers mit dem erſten alſo zuſammen: παρακαλου῀- μεν διδόντες, wir ermahnen euch ‒ ‒ alſo, daß wir ſelbſt kein Aergerniß geben ꝛc. Es iſt demnach Lutheri Uberſetzung darnach einzurichten, als welcher alhier eine neue Rede anhebet. Wie- wol auch dieſes dem Verſtande an ſich ſelbſt we- nig benimmt. Gleiche Verbindung findet ſich zwiſchen dem vierten, auch folgenden, und dem erſten Verſe. 2. Da ſiehet man aber aus dieſem Zuſam- menhange, daß, wer andere mit Nachdruck er- mahnen will, ihnen ſelbſt in allem mit einem gu- ten Exempel vorgehen muß. 3. Daß der Apoſtel alhier abermal, wie ſchon vor dem in den vorigen Capiteln, wieder auf ſein Amt koͤmmt, und bey der Unſchuld ſeines Wandels ſeiner Leiden gedencket, das thut er wol um derjenigen boͤſen und falſchen Lehrer willen, welchen es an beyden fehlete, und die doch man- che Verwirrung wie anderwaͤrtig, alſo auch in der Corinthiſchen Gemeine anrichteten. 4. Ein anders iſt kein Aergerniß geben, ein anders vollkommen und ohne Suͤnde ſeyn. Denn jenes findet auch bey der Unvollkommen- heit ſtatt, und beſtehet darinnen, daß man nicht etwas thue, welches andern zum Anſtoß, auch wol boͤſer Nachfolge gereichet. Nun iſt es zwar gut, wenn ein Lehrer von ſolchen Aergerniſſen frey iſt: allein es iſt noch lange nicht genug. Denn was iſts ſonderlich, wenn er aͤuſſerlich einen ein- gezogenen und ehrbaren Wandel fuͤhret? Es muß ein erbaulicher Wandel dazu kommen, dar- innen man nicht allein das Boͤſe aͤuſſerlich unter- laſſe, ſondern auch das Gute thue, und zwar nach der rechten Quelle der Gnade, alſo daß er ſich von bloß natuͤrlichen ehrbaren Wercken unterſcheide. Daß der Apoſtel an ſtatt des aͤrgerlichen einen ſolchen erbaulichen fordert, und ſelbſt dargeſtellet habe, zeiget der Context an in dem Nachfol- genden. 5. Es gehet aber dieſe Erinnerung nicht al- lein auf die Perſonen der Lehrer und anderer Haus-Vaͤter, ſondern auch auf Jhre Familien, daß ſie auch bey den ihrigen alles Aergerniſſes zu verhuͤten bemuͤhet ſeyn ſollen. 6. Es iſt zwar ein falſcher Schluß, den man von der Perſon auf das Amt machet, welches ſie fuͤhret: unter deſſen wird er doch gar haͤufig ge- machet, und iſt auch nicht zu verwundern bey Leu- ten, welchen es zum wahren Urtheil am Licht und Recht fehlet. Wie denn wol die allergemeine- ſte und groͤſſeſte Urſache von der Verachtung des Lehr-Amts dieſe iſt, daß Lehrer durch ſo viele Aergerniſſe ſich und ihr Amt ſelbſt ſo veraͤchtlich machen. Womit denn auch faſt aller Eingang und Segen bey den Zuhoͤrern gehindert wird: und zwar ſo viel mehr, ſo viel weniger die aͤrger- lich lebende in dem Stande ſind, den gantzen Rath GOttes recht zu erkennen und ihn lauter- lich vorzutragen. 7. Naͤchſt dem von unſerm Heylande auf die Aergerniſſe geſetzten groſſen Wehe, ſoll einen die Betrachtung deſſen davon zuruͤck halten, daß man durch dieſelbe auch wol noch nach ſeinem Tode ſuͤndiget, oder andere ſuͤndigen machet. V. 4. 5. 6. Sondern in allen Dingen laſſet uns beweiſen als die Diener GOttes, in groſſer (πολλῇ vieler) Geduld, (unter vielen Leiden) in Truͤbſalen, in Noͤthen, in Aengſten. V. 5. Jn Schlagen, in Gefaͤngniſſen, in Aufruh- ren, (ἐν ἀκαταϛασίαις, in Tumulten und an- dern Unruhen, da wir keine beſtaͤndige Staͤte ha- ben, ſondern von einem Orte zum andern gejaget werden,) in Arbeit, in Wachen, in Faſten, V. 6. Jn Keuſchheit, in Erkaͤntniß (und Chriſtlicher Vorſichtigkeit) in Langmuth, in Freundlichkeit, in dem Heiligen Geiſte, in ungefarbter Liebe. Anmerckungen. 1. Man ſiehet alhier, was zum rechtſchaf- nen E e e 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/433>, abgerufen am 24.11.2024.