Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 11, 2. [Spaltenumbruch]
Thorheit ist; so kömmt es daher, daß Paulusspricht, man solle, oder werde, ihm eine Thorheit zu gute halten: wie er denn wider seinen Willen seiner Arbeit und Verdienste gedencken muste. Siehe auch c. 12, 6. da er spricht: So ich mich rühmen wolte, thäte ich darum nicht thö- richt: denn ich wolte die Wahrheit sa- gen. V. 2. Denn ich eifere um euch (wider die Anmerckungen. 1. Die ersten Worte dieses Verses gehö- ren eigentlich noch zu den vorhergehenden Wor- ten, als ein Erweis, warum die Corinthier es an Pauld zu vertragen hätten, daß er für sich eine Schutz-Rede mache, nemlich es geschehe nicht seinet, sondern ihrentwegen. 2. Und das, was er ihrentwegen thue, drucket er aus mit dem Worte zelo, ich eife- re; welche Art zu reden hergenommen ist von den Ehemännern, welche ihre Ehegattinne recht innig lieben, und daher billig auch eine solche Gegen-Liebe fordern: und gleichwie ihre Liebe nur allein auf die Person ihrer Weiber gehet, sie auch nur allein von ihnen wollen geliebet seyn, und also, da sie von beyden Seiten auf eine gantz ungetheilte Liebe gehen, es weder leiden können, noch wollen, daß ihre Weiber von andern Män- nern ungeziemend geliebet werden, oder sie die- sen mit einer ehelichen Liebe, die sodenn keine ehe- liche, sondern eine ehebrecherische Liebe seyn würde, zugethan seyn sollen: und demnach, wo sie dieses erfahren, dagegen im gerechten Ei- fer entzündet werden, und solche unrechtmäßige Neben-Liebe mit allem Ernst zu verhindern su- chen. Nun war zwar Paulus nicht als ein geist- licher Ehemann der Corinthier anzusehen, son- dern allein CHristus: da er doch aber gleichsam der Brautwerber und Brautführer des HErrn CHristi war, der auf des Ehemanns Recht zu sehen und zu halten hatte, so eignet er sich daher des rechtmäßigen Ehemanns Eifer zu, und ver- tritt darinnen seine Stelle. 3. Und gleichwie der Apostel solcher Ge- stalt die Befugniß seiner Schutz-Rede behaup- tet: so bezeuget er dieselbe auch noch nachdrück- licher mit dem Beysatze des Worts GOttes, wenn er spricht: ich eifere üm euch theou~ zelo, mit GOttes Eifer, das ist, mit einem Eifer, dazu mich GOtt erwecket, und den ich gegen euch um GOttes willen führe. Womit er denn also auch die Lauterkeit seines Eifers darthut, und die Corinthier zu überzeugen suchet, wie es ihme nicht um sich selbst, sondern um das Heil ihrer Seelen und um GOtt zu thun sey. Man erwe- ge hiebey das Exempel eines rechtmäßigen Eifers an Pinea, obwol in einer andern Sache: da es [Spaltenumbruch] heißt: Pineas hat meinen Grimm von den Kindern Jsrael gewendet mit seinem Ei- fer um mich. Darum siehe, ich gebe ihm meinen Bund des Friedens etc. 1 B. Mos. 25, 11. 4. Gleichwie der Apostel diese Worte vom Eifer zum Erweise seines rechtmäßigen Zwecks bey seiner Apologie gebrauchet: also halten die folgenden Worte einen Erweis davon in sich, daß er in einem rechtmäßigen Eifer um und für die Corinthier stehe, wenn er spricht: Denn ich habe euch vertrauet u. f. welche gedop- pelte Argumentation erfoderte, daß er an bey- den Orten die particulam denn setzte. Denn wie die ersten Worte in Ansehung der vorherge- henden ein Erweis sind von einem Satze: also werden sie in Ansehung der folgenden ein neuer Satz, der darauf auch erwiesen wird. Wel- che Structur der Rede in Pauli Briefen, und auch sonst im gemeinen Leben sehr gebräuchlich ist. 5. Die letztern Worte des Verses können füglich also übersetzet werden: Denn ich habe euch zubereitet, euch einem einigen Man- ne, nemlich CHristo, als eine keusche Jung- frau, darzustellen. 6. Diese Zubereitung bestunde nun dar- innen, daß er sich durch die Predigt von CHri- sto um ihre Gewinnung und Bekehrung bearbei- tet hatte. Und gleichwie die Corinthier, wie leider alle Menschen von Natur, vor ihrer Be- kehrung mit ihrer Liebe an sich selbst und an der Welt ausser sich gehangen hatten, und dieselbe also gantz unrein, ja recht abgöttisch war; so wurde durch Pauli Zubereitung dieses Band zer- trennet, und in der wahren Hertzens-Aenderung und Reinigung die Liebe auf CHristum gefüh- ret. Auf welche Art denn durch diese Zuberei- tung gleichsam eine rechte Vertrauung und Ver- lobung der Corinthier an CHristum vorging. Denn da hieß es nach 2 Cor. 5, 20. Wir sind Botschafter an CHristus Statt: Denn GOtt vermahnet durch uns. So bitten wir nun an CHristi Statt: Lasset euch versöhnen mit GOtt! ja lasset euch vermäh- len mit CHristo! 7. O ein schönes Bild von dem Amte recht- schaffner Lehrer! Sie sind Christi Braut- werber an alle ihre Zuhörer, um sie entweder erst zu CHristo zu führen, oder in dem genauen Bande der geistlichen Vermählung zu unterhal- ten und zu bevestigen. Welches getreue Lehrer antreiben kan, ja keine eintzige Seele zu versäu- men, und die Zubereitung und Zuführung ja recht zu machen. 8. Es fordern rechtschaffne Knechte GOt- tes, ja auch alle Neben-Christen, welche an andern zur Bekehrung arbeiten, diesen und ihren Zuhörern im Namen CHristi gleichsam das Ja- Wort ab, daß sie sich an CHristum ergeben und mit ihm verloben sollen. Wohl dem Zuhö- rer, der die treue Arbeit eines Lehrers also an- siehet! 9. Es kan aber keiner mit Paulo ein solches Werck der Anwerbung mit Nachdruck und in rechter Lauterkeit verrichten, es sey denn, daß er auch Pauli Sinn, und bey solchem einen gött-
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 11, 2. [Spaltenumbruch]
Thorheit iſt; ſo koͤmmt es daher, daß Paulusſpricht, man ſolle, oder werde, ihm eine Thorheit zu gute halten: wie er denn wider ſeinen Willen ſeiner Arbeit und Verdienſte gedencken muſte. Siehe auch c. 12, 6. da er ſpricht: So ich mich ruͤhmen wolte, thaͤte ich darum nicht thoͤ- richt: denn ich wolte die Wahrheit ſa- gen. V. 2. Denn ich eifere um euch (wider die Anmerckungen. 1. Die erſten Worte dieſes Verſes gehoͤ- ren eigentlich noch zu den vorhergehenden Wor- ten, als ein Erweis, warum die Corinthier es an Pauld zu vertragen haͤtten, daß er fuͤr ſich eine Schutz-Rede mache, nemlich es geſchehe nicht ſeinet, ſondern ihrentwegen. 2. Und das, was er ihrentwegen thue, drucket er aus mit dem Worte ζηλῶ, ich eife- re; welche Art zu reden hergenommen iſt von den Ehemaͤnnern, welche ihre Ehegattinne recht innig lieben, und daher billig auch eine ſolche Gegen-Liebe fordern: und gleichwie ihre Liebe nur allein auf die Perſon ihrer Weiber gehet, ſie auch nur allein von ihnen wollen geliebet ſeyn, und alſo, da ſie von beyden Seiten auf eine gantz ungetheilte Liebe gehen, es weder leiden koͤnnen, noch wollen, daß ihre Weiber von andern Maͤn- nern ungeziemend geliebet werden, oder ſie die- ſen mit einer ehelichen Liebe, die ſodenn keine ehe- liche, ſondern eine ehebrecheriſche Liebe ſeyn wuͤrde, zugethan ſeyn ſollen: und demnach, wo ſie dieſes erfahren, dagegen im gerechten Ei- fer entzuͤndet werden, und ſolche unrechtmaͤßige Neben-Liebe mit allem Ernſt zu verhindern ſu- chen. Nun war zwar Paulus nicht als ein geiſt- licher Ehemann der Corinthier anzuſehen, ſon- dern allein CHriſtus: da er doch aber gleichſam der Brautwerber und Brautfuͤhrer des HErrn CHriſti war, der auf des Ehemanns Recht zu ſehen und zu halten hatte, ſo eignet er ſich daher des rechtmaͤßigen Ehemanns Eifer zu, und ver- tritt darinnen ſeine Stelle. 3. Und gleichwie der Apoſtel ſolcher Ge- ſtalt die Befugniß ſeiner Schutz-Rede behaup- tet: ſo bezeuget er dieſelbe auch noch nachdruͤck- licher mit dem Beyſatze des Worts GOttes, wenn er ſpricht: ich eifere uͤm euch θεου῀ ζήλῳ, mit GOttes Eifer, das iſt, mit einem Eifer, dazu mich GOtt erwecket, und den ich gegen euch um GOttes willen fuͤhre. Womit er denn alſo auch die Lauterkeit ſeines Eifers darthut, und die Corinthier zu uͤberzeugen ſuchet, wie es ihme nicht um ſich ſelbſt, ſondern um das Heil ihrer Seelen und um GOtt zu thun ſey. Man erwe- ge hiebey das Exempel eines rechtmaͤßigen Eifers an Pinea, obwol in einer andern Sache: da es [Spaltenumbruch] heißt: Pineas hat meinen Grimm von den Kindern Jſrael gewendet mit ſeinem Ei- fer um mich. Darum ſiehe, ich gebe ihm meinen Bund des Friedens ꝛc. 1 B. Moſ. 25, 11. 4. Gleichwie der Apoſtel dieſe Worte vom Eifer zum Erweiſe ſeines rechtmaͤßigen Zwecks bey ſeiner Apologie gebrauchet: alſo halten die folgenden Worte einen Erweis davon in ſich, daß er in einem rechtmaͤßigen Eifer um und fuͤr die Corinthier ſtehe, wenn er ſpricht: Denn ich habe euch vertrauet u. f. welche gedop- pelte Argumentation erfoderte, daß er an bey- den Orten die particulam denn ſetzte. Denn wie die erſten Worte in Anſehung der vorherge- henden ein Erweis ſind von einem Satze: alſo werden ſie in Anſehung der folgenden ein neuer Satz, der darauf auch erwieſen wird. Wel- che Structur der Rede in Pauli Briefen, und auch ſonſt im gemeinen Leben ſehr gebraͤuchlich iſt. 5. Die letztern Worte des Verſes koͤnnen fuͤglich alſo uͤberſetzet werden: Denn ich habe euch zubereitet, euch einem einigen Man- ne, nemlich CHriſto, als eine keuſche Jung- frau, darzuſtellen. 6. Dieſe Zubereitung beſtunde nun dar- innen, daß er ſich durch die Predigt von CHri- ſto um ihre Gewinnung und Bekehrung bearbei- tet hatte. Und gleichwie die Corinthier, wie leider alle Menſchen von Natur, vor ihrer Be- kehrung mit ihrer Liebe an ſich ſelbſt und an der Welt auſſer ſich gehangen hatten, und dieſelbe alſo gantz unrein, ja recht abgoͤttiſch war; ſo wurde durch Pauli Zubereitung dieſes Band zer- trennet, und in der wahren Hertzens-Aenderung und Reinigung die Liebe auf CHriſtum gefuͤh- ret. Auf welche Art denn durch dieſe Zuberei- tung gleichſam eine rechte Vertrauung und Ver- lobung der Corinthier an CHriſtum vorging. Denn da hieß es nach 2 Cor. 5, 20. Wir ſind Botſchafter an CHriſtus Statt: Denn GOtt vermahnet durch uns. So bitten wir nun an CHriſti Statt: Laſſet euch verſoͤhnen mit GOtt! ja laſſet euch vermaͤh- len mit CHriſto! 7. O ein ſchoͤnes Bild von dem Amte recht- ſchaffner Lehrer! Sie ſind Chriſti Braut- werber an alle ihre Zuhoͤrer, um ſie entweder erſt zu CHriſto zu fuͤhren, oder in dem genauen Bande der geiſtlichen Vermaͤhlung zu unterhal- ten und zu beveſtigen. Welches getreue Lehrer antreiben kan, ja keine eintzige Seele zu verſaͤu- men, und die Zubereitung und Zufuͤhrung ja recht zu machen. 8. Es fordern rechtſchaffne Knechte GOt- tes, ja auch alle Neben-Chriſten, welche an andern zur Bekehrung arbeiten, dieſen und ihren Zuhoͤrern im Namen CHriſti gleichſam das Ja- Wort ab, daß ſie ſich an CHriſtum ergeben und mit ihm verloben ſollen. Wohl dem Zuhoͤ- rer, der die treue Arbeit eines Lehrers alſo an- ſiehet! 9. Es kan aber keiner mit Paulo ein ſolches Werck der Anwerbung mit Nachdruck und in rechter Lauterkeit verrichten, es ſey denn, daß er auch Pauli Sinn, und bey ſolchem einen goͤtt-
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Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 11, 2.
Thorheit iſt; ſo koͤmmt es daher, daß Paulus
ſpricht, man ſolle, oder werde, ihm eine Thorheit
zu gute halten: wie er denn wider ſeinen Willen
ſeiner Arbeit und Verdienſte gedencken muſte.
Siehe auch c. 12, 6. da er ſpricht: So ich mich
ruͤhmen wolte, thaͤte ich darum nicht thoͤ-
richt: denn ich wolte die Wahrheit ſa-
gen.
V. 2.
Denn ich eifere um euch (wider die
Verleitung der falſchen Apoſtel) mit goͤttli-
chem (und alſo auch einem reinen, heiligen und
von allem wuͤrcklichen eigenen Ruhm entferne-
ten) Eifer. Denn ich habe euch vertrauet
einem Manne (ἑνὶ ἀνδρὶ, nur einem eintzigen
Manne, ihm allein anzuhangen,) daß ich eine
reine Jungfrau CHriſto zubraͤchte.
Anmerckungen.
1. Die erſten Worte dieſes Verſes gehoͤ-
ren eigentlich noch zu den vorhergehenden Wor-
ten, als ein Erweis, warum die Corinthier es
an Pauld zu vertragen haͤtten, daß er fuͤr ſich eine
Schutz-Rede mache, nemlich es geſchehe nicht
ſeinet, ſondern ihrentwegen.
2. Und das, was er ihrentwegen thue,
drucket er aus mit dem Worte ζηλῶ, ich eife-
re; welche Art zu reden hergenommen iſt von
den Ehemaͤnnern, welche ihre Ehegattinne recht
innig lieben, und daher billig auch eine ſolche
Gegen-Liebe fordern: und gleichwie ihre Liebe
nur allein auf die Perſon ihrer Weiber gehet, ſie
auch nur allein von ihnen wollen geliebet ſeyn,
und alſo, da ſie von beyden Seiten auf eine gantz
ungetheilte Liebe gehen, es weder leiden koͤnnen,
noch wollen, daß ihre Weiber von andern Maͤn-
nern ungeziemend geliebet werden, oder ſie die-
ſen mit einer ehelichen Liebe, die ſodenn keine ehe-
liche, ſondern eine ehebrecheriſche Liebe ſeyn
wuͤrde, zugethan ſeyn ſollen: und demnach,
wo ſie dieſes erfahren, dagegen im gerechten Ei-
fer entzuͤndet werden, und ſolche unrechtmaͤßige
Neben-Liebe mit allem Ernſt zu verhindern ſu-
chen. Nun war zwar Paulus nicht als ein geiſt-
licher Ehemann der Corinthier anzuſehen, ſon-
dern allein CHriſtus: da er doch aber gleichſam
der Brautwerber und Brautfuͤhrer des HErrn
CHriſti war, der auf des Ehemanns Recht zu
ſehen und zu halten hatte, ſo eignet er ſich daher
des rechtmaͤßigen Ehemanns Eifer zu, und ver-
tritt darinnen ſeine Stelle.
3. Und gleichwie der Apoſtel ſolcher Ge-
ſtalt die Befugniß ſeiner Schutz-Rede behaup-
tet: ſo bezeuget er dieſelbe auch noch nachdruͤck-
licher mit dem Beyſatze des Worts GOttes,
wenn er ſpricht: ich eifere uͤm euch θεου῀ ζήλῳ,
mit GOttes Eifer, das iſt, mit einem Eifer,
dazu mich GOtt erwecket, und den ich gegen
euch um GOttes willen fuͤhre. Womit er denn
alſo auch die Lauterkeit ſeines Eifers darthut, und
die Corinthier zu uͤberzeugen ſuchet, wie es ihme
nicht um ſich ſelbſt, ſondern um das Heil ihrer
Seelen und um GOtt zu thun ſey. Man erwe-
ge hiebey das Exempel eines rechtmaͤßigen Eifers
an Pinea, obwol in einer andern Sache: da es
heißt: Pineas hat meinen Grimm von den
Kindern Jſrael gewendet mit ſeinem Ei-
fer um mich. Darum ſiehe, ich gebe ihm
meinen Bund des Friedens ꝛc. 1 B. Moſ.
25, 11.
4. Gleichwie der Apoſtel dieſe Worte vom
Eifer zum Erweiſe ſeines rechtmaͤßigen Zwecks
bey ſeiner Apologie gebrauchet: alſo halten die
folgenden Worte einen Erweis davon in ſich,
daß er in einem rechtmaͤßigen Eifer um und fuͤr
die Corinthier ſtehe, wenn er ſpricht: Denn
ich habe euch vertrauet u. f. welche gedop-
pelte Argumentation erfoderte, daß er an bey-
den Orten die particulam denn ſetzte. Denn
wie die erſten Worte in Anſehung der vorherge-
henden ein Erweis ſind von einem Satze: alſo
werden ſie in Anſehung der folgenden ein neuer
Satz, der darauf auch erwieſen wird. Wel-
che Structur der Rede in Pauli Briefen, und auch
ſonſt im gemeinen Leben ſehr gebraͤuchlich iſt.
5. Die letztern Worte des Verſes koͤnnen
fuͤglich alſo uͤberſetzet werden: Denn ich habe
euch zubereitet, euch einem einigen Man-
ne, nemlich CHriſto, als eine keuſche Jung-
frau, darzuſtellen.
6. Dieſe Zubereitung beſtunde nun dar-
innen, daß er ſich durch die Predigt von CHri-
ſto um ihre Gewinnung und Bekehrung bearbei-
tet hatte. Und gleichwie die Corinthier, wie
leider alle Menſchen von Natur, vor ihrer Be-
kehrung mit ihrer Liebe an ſich ſelbſt und an der
Welt auſſer ſich gehangen hatten, und dieſelbe
alſo gantz unrein, ja recht abgoͤttiſch war; ſo
wurde durch Pauli Zubereitung dieſes Band zer-
trennet, und in der wahren Hertzens-Aenderung
und Reinigung die Liebe auf CHriſtum gefuͤh-
ret. Auf welche Art denn durch dieſe Zuberei-
tung gleichſam eine rechte Vertrauung und Ver-
lobung der Corinthier an CHriſtum vorging.
Denn da hieß es nach 2 Cor. 5, 20. Wir ſind
Botſchafter an CHriſtus Statt: Denn
GOtt vermahnet durch uns. So bitten
wir nun an CHriſti Statt: Laſſet euch
verſoͤhnen mit GOtt! ja laſſet euch vermaͤh-
len mit CHriſto!
7. O ein ſchoͤnes Bild von dem Amte recht-
ſchaffner Lehrer! Sie ſind Chriſti Braut-
werber an alle ihre Zuhoͤrer, um ſie entweder
erſt zu CHriſto zu fuͤhren, oder in dem genauen
Bande der geiſtlichen Vermaͤhlung zu unterhal-
ten und zu beveſtigen. Welches getreue Lehrer
antreiben kan, ja keine eintzige Seele zu verſaͤu-
men, und die Zubereitung und Zufuͤhrung ja recht
zu machen.
8. Es fordern rechtſchaffne Knechte GOt-
tes, ja auch alle Neben-Chriſten, welche an
andern zur Bekehrung arbeiten, dieſen und ihren
Zuhoͤrern im Namen CHriſti gleichſam das Ja-
Wort ab, daß ſie ſich an CHriſtum ergeben und
mit ihm verloben ſollen. Wohl dem Zuhoͤ-
rer, der die treue Arbeit eines Lehrers alſo an-
ſiehet!
9. Es kan aber keiner mit Paulo ein ſolches
Werck der Anwerbung mit Nachdruck und in
rechter Lauterkeit verrichten, es ſey denn, daß
er auch Pauli Sinn, und bey ſolchem einen
goͤtt-
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