Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Erklärung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 17-20.
[Spaltenumbruch] da GOTT Paulum schon von Mutter Leibe an,
ja schon von Ewigkeit her zum Apostel-Amte ver-
ordnet hatte, er ihm doch eine solche Wut und
einen solchen Grimm wider die Kirche CHristi
zugelassen hat. Allein gleichwie das Böse von
Pauli eigenem Willen und eigener Schuld her-
rührete: so war die Gnade so viel grösser, durch
welche demselben Einhalt geschahe; und mußte
das vorhergegangene Böse zu so viel mehrerer
Verherrlichung des Namens GOttes gereichen.
Wie denn die halsstarrigen Juden nach der Auf-
erstehung Christi woldurch nichts mehr von dem
Evangelio überzeuget werden konten, als durch
das so gar sonderbare Exempel Pauli.
3. Paulus spricht, GOTT, nemlich der
himmlische Vater, habe seinen Sohn in ihm
geoffenbaret.
Und in der Geschicht von der
Bekehrung Pauli Ap. Gesch. 9, 4. u. f. stehet,
daß der Sohn GOttes selbst sich ihm geoffenba-
ret habe, da er bey umleuchtenden Lichte gesaget:
Saul! Saul! was verfolgest du mich?
Jch bin JESUS, den du verfolgest!
u.
s. w. Wenn man nun beydes zusammen hält,
so erkennet man daraus die Einigkeit des göttli-
chen Wesens, nach welcher der Vater war im
Sohn, und der Sohn im Vater Joh. 14, 9. u. f.
und nach welcher die Berufung des Sohnes auch
war die Berufung des Vaters: wie er auch v. 1.
bezeuget hat.
4. Fleisch und Blut heisset hier nicht das
sündliche Verderben, welches in dem Men-
schen ist, also, daß mit Fleisch und Blut sich be-
sprechen, so viel sey, als eine Sache nach irdi-
schen und fleischlichen principiis und Absichten
überlegen. Wie denn auch die Redens-Art
Fleisch und Blut in der heiligen Schrift nir-
gends also genommen wird, wie das Wort
Fleisch an manchen Orten. Hingegen heißt
Fleisch und Blut so viel, als ein blosser sterbli-
cher Mensch:
als z. E. Matth. 16, 17. Simon,
Jonas Sohn, Fleisch und Blut hat dir das
nicht geoffenbaret, sondern mein Vater
im Himmel.
Da man siehet, wie die Offen-
barung GOttes der Unterweisung eines blossen
Menschen also entgegen gesetzet wird, wie alhier
im gantzen Context geschichet, da Paulus bezeu-
get, er sey zum Apostel-Amte nicht von Men-
schen, sondern von GOTT berufen und unter-
richtet worden. Und wenn es Eph. 6, 12. heißt:
Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu
kämpfen, sondern
u. f. so siehet man wohl,
daß durch Fleisch und Blut das schädliche Ver-
derben nicht kan verstanden werden, als womit
wir genug zu streiten haben; sondern daß es so
viel sey, als mit blossen Menschen, oder leibli-
chen Feinden, welchen die geistlichen und mäch-
tigern entgegen gesetzet werden. Sie auch 1 Cor.
15, 50. alwo vom Fleische und Blute gesaget
wird, daß es das Reich GOttes nicht ererben
könne: aber nach dem Contexte nichts anders
heißt, als daß die menschliche und sterbliche Na-
tur, nach ihrer ietzigen Verweslichkeit, ohne der-
selben Ablegung durch den Tod, das Unsterbliche
und Unverwesliche nicht anziehen könne. Wie
denn auch in dem Orte Hebr. 2, 14. die Redens-
Art, daß die Kinder Fleisch und Blut haben,
[Spaltenumbruch] und der liebste Heiland solches gleicher Massen an
sich genommen, gleichfalls nichts anders, als
die menschliche Natur verstanden werden kan.
Es ist demnach, wie aus dem Texte und Contexte
der Worte Pauli, also auch aus andern Oertern
der heiligen Schrift gantz klar, daß Paulus durch
Fleisch und Blut, mit welchem er sich nicht be-
sprochen habe, nichts anders, als blosse Menschen
und menschliche Anführung verstehe.
V. 18.

Darnach über drey Jahren (von der
Bekehrung an zu rechnen) kam ich gen Jeru-
salem, Petrum
(nicht erst um Rath zu fragen,
wie ich mich im Apostel-Amte zu verhalten hätte,
und also von ihm zu lernen, sondern) zu schauen
(seine Bekantschaft zu suchen, und, wie von ihm
zu hören, wie es um die Kirche GOttes daselbst
stehe, als auch ihm von dem, was mit mir in A-
rabien und zu Damascus zu zweyen malen vorge-
gangen, Nachricht zu ertheilen) und blieb funf-
zehen Tage bey ihm.

Anmerckung.

Von dieser Reise nach Jerusalem ist es zu
verstehen, was Lucas Ap. Gesch. 9, 26. u. f. er-
zehlet, wie Paulus nach Jerusalem gekommen,
und von Barnaba zu den Aposteln geführet u. s.
w. Da er vorher nicht gedencket, wie daß Paulus
sich mehrere Zeit in Arabien aufgehalten, und da-
selbst das Evangelium verkündiget habe. Und
bey dieser ersten Anwesenheit zu Jerusalem ist es
geschehen, daß Paulus, als er im Tempel gebe-
tet, entzücket worden, und von dem HERRN
JESU diese Worte gehöret: Eile, mache dich
behend von Jerusalem hinaus. Denn sie
werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von
mir
u. s. w. Welches mit dem überein kömmt,
was c. 9, 29. stehet, daß ihm bis auf den Tod
nachgestellet worden.

V. 19.

Der andern Apostel aber sahe ich (zu
Jerusalem) keinen (weil sie des Evangelii hal-
ber sich anderwärtig aufgehalten) ohne Jaco-
bum, des HErrn
(JEsu) Bruder

Anmerckung.

Es waren unter den Aposteln zweene Jaco-
bi: der eine Jacobus, Zebedäi Sohn, und ein
Bruder Johannis, der andere des Alphäi Sohn
Matth. 4, 21. 10, 2. 3. Der erste wurde auf Be-
fehl Herodis zu Jerusalem enthauptet Ap. Gesch.
12, 2. und der andere ist alhier gemeinet, dessen
auch Ap. Gesch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. gedacht
wird: als welcher der Jerusalemschen Gemeine
am längsten vorgestanden, auch den bekanten
Brief geschrieben hat, und ein Bruder des
HErrn
heißt. Des HErrn Bruder heißt
er, weil er mit CHristo von Seiten Mariä, oder
Josephs, nahe verwandt gewesen. Es wird auch
sonst jener major, dieser minor genennet.

V. 20.

Was ich euch aber schreibe (wie ins-
gemein, also insonderheit von dem, daß ich das

Evan-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 17-20.
[Spaltenumbruch] da GOTT Paulum ſchon von Mutter Leibe an,
ja ſchon von Ewigkeit her zum Apoſtel-Amte ver-
ordnet hatte, er ihm doch eine ſolche Wut und
einen ſolchen Grimm wider die Kirche CHriſti
zugelaſſen hat. Allein gleichwie das Boͤſe von
Pauli eigenem Willen und eigener Schuld her-
ruͤhrete: ſo war die Gnade ſo viel groͤſſer, durch
welche demſelben Einhalt geſchahe; und mußte
das vorhergegangene Boͤſe zu ſo viel mehrerer
Verherrlichung des Namens GOttes gereichen.
Wie denn die halsſtarrigen Juden nach der Auf-
erſtehung Chriſti woldurch nichts mehr von dem
Evangelio uͤberzeuget werden konten, als durch
das ſo gar ſonderbare Exempel Pauli.
3. Paulus ſpricht, GOTT, nemlich der
himmliſche Vater, habe ſeinen Sohn in ihm
geoffenbaret.
Und in der Geſchicht von der
Bekehrung Pauli Ap. Geſch. 9, 4. u. f. ſtehet,
daß der Sohn GOttes ſelbſt ſich ihm geoffenba-
ret habe, da er bey umleuchtenden Lichte geſaget:
Saul! Saul! was verfolgeſt du mich?
Jch bin JESUS, den du verfolgeſt!
u.
ſ. w. Wenn man nun beydes zuſammen haͤlt,
ſo erkennet man daraus die Einigkeit des goͤttli-
chen Weſens, nach welcher der Vater war im
Sohn, und der Sohn im Vater Joh. 14, 9. u. f.
und nach welcher die Berufung des Sohnes auch
war die Berufung des Vaters: wie er auch v. 1.
bezeuget hat.
4. Fleiſch und Blut heiſſet hier nicht das
ſuͤndliche Verderben, welches in dem Men-
ſchen iſt, alſo, daß mit Fleiſch und Blut ſich be-
ſprechen, ſo viel ſey, als eine Sache nach irdi-
ſchen und fleiſchlichen principiis und Abſichten
uͤberlegen. Wie denn auch die Redens-Art
Fleiſch und Blut in der heiligen Schrift nir-
gends alſo genommen wird, wie das Wort
Fleiſch an manchen Orten. Hingegen heißt
Fleiſch und Blut ſo viel, als ein bloſſer ſterbli-
cher Menſch:
als z. E. Matth. 16, 17. Simon,
Jonas Sohn, Fleiſch und Blut hat dir das
nicht geoffenbaret, ſondern mein Vater
im Himmel.
Da man ſiehet, wie die Offen-
barung GOttes der Unterweiſung eines bloſſen
Menſchen alſo entgegen geſetzet wird, wie alhier
im gantzen Context geſchichet, da Paulus bezeu-
get, er ſey zum Apoſtel-Amte nicht von Men-
ſchen, ſondern von GOTT berufen und unter-
richtet worden. Und wenn es Eph. 6, 12. heißt:
Wir haben nicht mit Fleiſch und Blut zu
kaͤmpfen, ſondern
u. f. ſo ſiehet man wohl,
daß durch Fleiſch und Blut das ſchaͤdliche Ver-
derben nicht kan verſtanden werden, als womit
wir genug zu ſtreiten haben; ſondern daß es ſo
viel ſey, als mit bloſſen Menſchen, oder leibli-
chen Feinden, welchen die geiſtlichen und maͤch-
tigern entgegen geſetzet werden. Sie auch 1 Cor.
15, 50. alwo vom Fleiſche und Blute geſaget
wird, daß es das Reich GOttes nicht ererben
koͤnne: aber nach dem Contexte nichts anders
heißt, als daß die menſchliche und ſterbliche Na-
tur, nach ihrer ietzigen Verweslichkeit, ohne der-
ſelben Ablegung durch den Tod, das Unſterbliche
und Unverwesliche nicht anziehen koͤnne. Wie
denn auch in dem Orte Hebr. 2, 14. die Redens-
Art, daß die Kinder Fleiſch und Blut haben,
[Spaltenumbruch] und der liebſte Heiland ſolches gleicher Maſſen an
ſich genommen, gleichfalls nichts anders, als
die menſchliche Natur verſtanden werden kan.
Es iſt demnach, wie aus dem Texte und Contexte
der Worte Pauli, alſo auch aus andern Oertern
der heiligen Schrift gantz klar, daß Paulus durch
Fleiſch und Blut, mit welchem er ſich nicht be-
ſprochen habe, nichts anders, als bloſſe Menſchen
und menſchliche Anfuͤhrung verſtehe.
V. 18.

Darnach uͤber drey Jahren (von der
Bekehrung an zu rechnen) kam ich gen Jeru-
ſalem, Petrum
(nicht erſt um Rath zu fragen,
wie ich mich im Apoſtel-Amte zu verhalten haͤtte,
und alſo von ihm zu lernen, ſondern) zu ſchauen
(ſeine Bekantſchaft zu ſuchen, und, wie von ihm
zu hoͤren, wie es um die Kirche GOttes daſelbſt
ſtehe, als auch ihm von dem, was mit mir in A-
rabien und zu Damaſcus zu zweyen malen vorge-
gangen, Nachricht zu ertheilen) und blieb funf-
zehen Tage bey ihm.

Anmerckung.

Von dieſer Reiſe nach Jeruſalem iſt es zu
verſtehen, was Lucas Ap. Geſch. 9, 26. u. f. er-
zehlet, wie Paulus nach Jeruſalem gekommen,
und von Barnaba zu den Apoſteln gefuͤhret u. ſ.
w. Da er vorher nicht gedencket, wie daß Paulus
ſich mehrere Zeit in Arabien aufgehalten, und da-
ſelbſt das Evangelium verkuͤndiget habe. Und
bey dieſer erſten Anweſenheit zu Jeruſalem iſt es
geſchehen, daß Paulus, als er im Tempel gebe-
tet, entzuͤcket worden, und von dem HERRN
JESU dieſe Worte gehoͤret: Eile, mache dich
behend von Jeruſalem hinaus. Denn ſie
werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von
mir
u. ſ. w. Welches mit dem uͤberein koͤmmt,
was c. 9, 29. ſtehet, daß ihm bis auf den Tod
nachgeſtellet worden.

V. 19.

Der andern Apoſtel aber ſahe ich (zu
Jeruſalem) keinen (weil ſie des Evangelii hal-
ber ſich anderwaͤrtig aufgehalten) ohne Jaco-
bum, des HErrn
(JEſu) Bruder

Anmerckung.

Es waren unter den Apoſteln zweene Jaco-
bi: der eine Jacobus, Zebedaͤi Sohn, und ein
Bruder Johannis, der andere des Alphaͤi Sohn
Matth. 4, 21. 10, 2. 3. Der erſte wurde auf Be-
fehl Herodis zu Jeruſalem enthauptet Ap. Geſch.
12, 2. und der andere iſt alhier gemeinet, deſſen
auch Ap. Geſch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. gedacht
wird: als welcher der Jeruſalemſchen Gemeine
am laͤngſten vorgeſtanden, auch den bekanten
Brief geſchrieben hat, und ein Bruder des
HErrn
heißt. Des HErrn Bruder heißt
er, weil er mit CHriſto von Seiten Mariaͤ, oder
Joſephs, nahe verwandt geweſen. Es wird auch
ſonſt jener major, dieſer minor genennet.

V. 20.

Was ich euch aber ſchreibe (wie ins-
gemein, alſo inſonderheit von dem, daß ich das

Evan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0522" n="494"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 1, v. 17-20.</hi></hi></fw><lb/><cb/>
da GOTT Paulum &#x017F;chon von Mutter Leibe an,<lb/>
ja &#x017F;chon von Ewigkeit her zum Apo&#x017F;tel-Amte ver-<lb/>
ordnet hatte, er ihm doch eine &#x017F;olche Wut und<lb/>
einen &#x017F;olchen Grimm wider die Kirche CHri&#x017F;ti<lb/>
zugela&#x017F;&#x017F;en hat. Allein gleichwie das Bo&#x0364;&#x017F;e von<lb/>
Pauli eigenem Willen und eigener Schuld her-<lb/>
ru&#x0364;hrete: &#x017F;o war die Gnade &#x017F;o viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, durch<lb/>
welche dem&#x017F;elben Einhalt ge&#x017F;chahe; und mußte<lb/>
das vorhergegangene Bo&#x0364;&#x017F;e zu &#x017F;o viel mehrerer<lb/>
Verherrlichung des Namens GOttes gereichen.<lb/>
Wie denn die hals&#x017F;tarrigen Juden nach der Auf-<lb/>
er&#x017F;tehung Chri&#x017F;ti woldurch nichts mehr von dem<lb/>
Evangelio u&#x0364;berzeuget werden konten, als durch<lb/>
das &#x017F;o gar &#x017F;onderbare Exempel Pauli.</item><lb/>
                <item>3. Paulus &#x017F;pricht, <hi rendition="#fr">GOTT</hi>, nemlich der<lb/>
himmli&#x017F;che Vater, <hi rendition="#fr">habe &#x017F;einen Sohn in ihm<lb/>
geoffenbaret.</hi> Und in der Ge&#x017F;chicht von der<lb/>
Bekehrung Pauli Ap. Ge&#x017F;ch. 9, 4. u. f. &#x017F;tehet,<lb/>
daß der Sohn GOttes &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich ihm geoffenba-<lb/>
ret habe, da er bey umleuchtenden Lichte ge&#x017F;aget:<lb/><hi rendition="#fr">Saul! Saul! was verfolge&#x017F;t du mich?<lb/>
Jch bin JESUS, den du verfolge&#x017F;t!</hi> u.<lb/>
&#x017F;. w. Wenn man nun beydes zu&#x017F;ammen ha&#x0364;lt,<lb/>
&#x017F;o erkennet man daraus die Einigkeit des go&#x0364;ttli-<lb/>
chen We&#x017F;ens, nach welcher der Vater war im<lb/>
Sohn, und der Sohn im Vater Joh. 14, 9. u. f.<lb/>
und nach welcher die Berufung des Sohnes auch<lb/>
war die Berufung des Vaters: wie er auch v. 1.<lb/>
bezeuget hat.</item><lb/>
                <item>4. <hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch</hi> und <hi rendition="#fr">Blut</hi> hei&#x017F;&#x017F;et hier nicht das<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;u&#x0364;ndliche Verderben,</hi> welches in dem Men-<lb/>
&#x017F;chen i&#x017F;t, al&#x017F;o, daß mit Flei&#x017F;ch und Blut &#x017F;ich be-<lb/>
&#x017F;prechen, &#x017F;o viel &#x017F;ey, als eine Sache nach irdi-<lb/>
&#x017F;chen und flei&#x017F;chlichen <hi rendition="#aq">principiis</hi> und Ab&#x017F;ichten<lb/>
u&#x0364;berlegen. Wie denn auch die Redens-Art<lb/><hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch und Blut</hi> in der heiligen Schrift nir-<lb/>
gends al&#x017F;o genommen wird, wie das Wort<lb/><hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch</hi> an manchen Orten. Hingegen heißt<lb/><hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch</hi> und <hi rendition="#fr">Blut</hi> &#x017F;o viel, als ein blo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#fr">&#x017F;terbli-<lb/>
cher Men&#x017F;ch:</hi> als z. E. Matth. 16, 17. <hi rendition="#fr">Simon,<lb/>
Jonas Sohn, Flei&#x017F;ch und Blut hat dir das<lb/>
nicht geoffenbaret, &#x017F;ondern mein Vater<lb/>
im Himmel.</hi> Da man &#x017F;iehet, wie die Offen-<lb/>
barung GOttes der Unterwei&#x017F;ung eines blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Men&#x017F;chen al&#x017F;o entgegen ge&#x017F;etzet wird, wie alhier<lb/>
im gantzen <hi rendition="#aq">Context</hi> ge&#x017F;chichet, da Paulus bezeu-<lb/>
get, er &#x017F;ey zum Apo&#x017F;tel-Amte nicht von Men-<lb/>
&#x017F;chen, &#x017F;ondern von GOTT berufen und unter-<lb/>
richtet worden. Und wenn es Eph. 6, 12. heißt:<lb/><hi rendition="#fr">Wir haben nicht mit Flei&#x017F;ch und Blut zu<lb/>
ka&#x0364;mpfen, &#x017F;ondern</hi> u. f. &#x017F;o &#x017F;iehet man wohl,<lb/>
daß durch <hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch</hi> und <hi rendition="#fr">Blut</hi> das &#x017F;cha&#x0364;dliche Ver-<lb/>
derben nicht kan ver&#x017F;tanden werden, als womit<lb/>
wir genug zu &#x017F;treiten haben; &#x017F;ondern daß es &#x017F;o<lb/>
viel &#x017F;ey, als mit blo&#x017F;&#x017F;en Men&#x017F;chen, oder leibli-<lb/>
chen Feinden, welchen die gei&#x017F;tlichen und ma&#x0364;ch-<lb/>
tigern entgegen ge&#x017F;etzet werden. Sie auch 1 Cor.<lb/>
15, 50. alwo vom <hi rendition="#fr">Flei&#x017F;che und Blute</hi> ge&#x017F;aget<lb/>
wird, daß es das Reich GOttes nicht ererben<lb/>
ko&#x0364;nne: aber nach dem <hi rendition="#aq">Context</hi>e nichts anders<lb/>
heißt, als daß die men&#x017F;chliche und &#x017F;terbliche Na-<lb/>
tur, nach ihrer ietzigen Verweslichkeit, ohne der-<lb/>
&#x017F;elben Ablegung durch den Tod, das Un&#x017F;terbliche<lb/>
und Unverwesliche nicht anziehen ko&#x0364;nne. Wie<lb/>
denn auch in dem Orte Hebr. 2, 14. die Redens-<lb/>
Art, daß die Kinder <hi rendition="#fr">Flei&#x017F;ch</hi> und <hi rendition="#fr">Blut</hi> haben,<lb/><cb/>
und der lieb&#x017F;te Heiland &#x017F;olches gleicher Ma&#x017F;&#x017F;en an<lb/>
&#x017F;ich genommen, gleichfalls nichts anders, als<lb/>
die men&#x017F;chliche Natur ver&#x017F;tanden werden kan.<lb/>
Es i&#x017F;t demnach, wie aus dem <hi rendition="#aq">Text</hi>e und <hi rendition="#aq">Context</hi>e<lb/>
der Worte Pauli, al&#x017F;o auch aus andern Oertern<lb/>
der heiligen Schrift gantz klar, daß Paulus durch<lb/>
Flei&#x017F;ch und Blut, mit welchem er &#x017F;ich nicht be-<lb/>
&#x017F;prochen habe, nichts anders, als blo&#x017F;&#x017F;e Men&#x017F;chen<lb/>
und men&#x017F;chliche Anfu&#x0364;hrung ver&#x017F;tehe.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 18.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Darnach u&#x0364;ber drey Jahren</hi> (von der<lb/>
Bekehrung an zu rechnen) <hi rendition="#fr">kam ich gen Jeru-<lb/>
&#x017F;alem, Petrum</hi> (nicht er&#x017F;t um Rath zu fragen,<lb/>
wie ich mich im Apo&#x017F;tel-Amte zu verhalten ha&#x0364;tte,<lb/>
und al&#x017F;o von ihm zu lernen, &#x017F;ondern) <hi rendition="#fr">zu &#x017F;chauen</hi><lb/>
(&#x017F;eine Bekant&#x017F;chaft zu &#x017F;uchen, und, wie von ihm<lb/>
zu ho&#x0364;ren, wie es um die Kirche GOttes da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;tehe, als auch ihm von dem, was mit mir in A-<lb/>
rabien und zu Dama&#x017F;cus zu zweyen malen vorge-<lb/>
gangen, Nachricht zu ertheilen) <hi rendition="#fr">und blieb funf-<lb/>
zehen Tage bey ihm.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Von die&#x017F;er Rei&#x017F;e nach Jeru&#x017F;alem i&#x017F;t es zu<lb/>
ver&#x017F;tehen, was Lucas Ap. Ge&#x017F;ch. 9, 26. u. f. er-<lb/>
zehlet, wie Paulus nach Jeru&#x017F;alem gekommen,<lb/>
und von Barnaba zu den Apo&#x017F;teln gefu&#x0364;hret u. &#x017F;.<lb/>
w. Da er vorher nicht gedencket, wie daß Paulus<lb/>
&#x017F;ich mehrere Zeit in Arabien aufgehalten, und da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t das Evangelium verku&#x0364;ndiget habe. Und<lb/>
bey die&#x017F;er er&#x017F;ten Anwe&#x017F;enheit zu Jeru&#x017F;alem i&#x017F;t es<lb/>
ge&#x017F;chehen, daß Paulus, als er im Tempel gebe-<lb/>
tet, entzu&#x0364;cket worden, und von dem HERRN<lb/>
JESU die&#x017F;e Worte geho&#x0364;ret: <hi rendition="#fr">Eile, mache dich<lb/>
behend von Jeru&#x017F;alem hinaus. Denn &#x017F;ie<lb/>
werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von<lb/>
mir</hi> u. &#x017F;. w. Welches mit dem u&#x0364;berein ko&#x0364;mmt,<lb/>
was c. 9, 29. &#x017F;tehet, daß ihm bis auf den Tod<lb/>
nachge&#x017F;tellet worden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 19.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Der andern Apo&#x017F;tel aber &#x017F;ahe ich</hi> (zu<lb/>
Jeru&#x017F;alem) <hi rendition="#fr">keinen</hi> (weil &#x017F;ie des Evangelii hal-<lb/>
ber &#x017F;ich anderwa&#x0364;rtig aufgehalten) <hi rendition="#fr">ohne Jaco-<lb/>
bum, des HErrn</hi> (JE&#x017F;u) <hi rendition="#fr">Bruder</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Es waren unter den Apo&#x017F;teln zweene Jaco-<lb/>
bi: der eine Jacobus, Zebeda&#x0364;i Sohn, und ein<lb/>
Bruder Johannis, der andere des Alpha&#x0364;i Sohn<lb/>
Matth. 4, 21. 10, 2. 3. Der er&#x017F;te wurde auf Be-<lb/>
fehl Herodis zu Jeru&#x017F;alem enthauptet Ap. Ge&#x017F;ch.<lb/>
12, 2. und der andere i&#x017F;t alhier gemeinet, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
auch Ap. Ge&#x017F;ch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. gedacht<lb/>
wird: als welcher der Jeru&#x017F;alem&#x017F;chen Gemeine<lb/>
am la&#x0364;ng&#x017F;ten vorge&#x017F;tanden, auch den bekanten<lb/>
Brief ge&#x017F;chrieben hat, und ein <hi rendition="#fr">Bruder des<lb/>
HErrn</hi> heißt. Des <hi rendition="#fr">HErrn Bruder</hi> heißt<lb/>
er, weil er mit CHri&#x017F;to von Seiten Maria&#x0364;, oder<lb/>
Jo&#x017F;ephs, nahe verwandt gewe&#x017F;en. Es wird auch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t jener <hi rendition="#aq">major,</hi> die&#x017F;er <hi rendition="#aq">minor</hi> genennet.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 20.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Was ich euch aber &#x017F;chreibe</hi> (wie ins-<lb/>
gemein, al&#x017F;o in&#x017F;onderheit von dem, daß ich das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Evan-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[494/0522] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 17-20. da GOTT Paulum ſchon von Mutter Leibe an, ja ſchon von Ewigkeit her zum Apoſtel-Amte ver- ordnet hatte, er ihm doch eine ſolche Wut und einen ſolchen Grimm wider die Kirche CHriſti zugelaſſen hat. Allein gleichwie das Boͤſe von Pauli eigenem Willen und eigener Schuld her- ruͤhrete: ſo war die Gnade ſo viel groͤſſer, durch welche demſelben Einhalt geſchahe; und mußte das vorhergegangene Boͤſe zu ſo viel mehrerer Verherrlichung des Namens GOttes gereichen. Wie denn die halsſtarrigen Juden nach der Auf- erſtehung Chriſti woldurch nichts mehr von dem Evangelio uͤberzeuget werden konten, als durch das ſo gar ſonderbare Exempel Pauli. 3. Paulus ſpricht, GOTT, nemlich der himmliſche Vater, habe ſeinen Sohn in ihm geoffenbaret. Und in der Geſchicht von der Bekehrung Pauli Ap. Geſch. 9, 4. u. f. ſtehet, daß der Sohn GOttes ſelbſt ſich ihm geoffenba- ret habe, da er bey umleuchtenden Lichte geſaget: Saul! Saul! was verfolgeſt du mich? Jch bin JESUS, den du verfolgeſt! u. ſ. w. Wenn man nun beydes zuſammen haͤlt, ſo erkennet man daraus die Einigkeit des goͤttli- chen Weſens, nach welcher der Vater war im Sohn, und der Sohn im Vater Joh. 14, 9. u. f. und nach welcher die Berufung des Sohnes auch war die Berufung des Vaters: wie er auch v. 1. bezeuget hat. 4. Fleiſch und Blut heiſſet hier nicht das ſuͤndliche Verderben, welches in dem Men- ſchen iſt, alſo, daß mit Fleiſch und Blut ſich be- ſprechen, ſo viel ſey, als eine Sache nach irdi- ſchen und fleiſchlichen principiis und Abſichten uͤberlegen. Wie denn auch die Redens-Art Fleiſch und Blut in der heiligen Schrift nir- gends alſo genommen wird, wie das Wort Fleiſch an manchen Orten. Hingegen heißt Fleiſch und Blut ſo viel, als ein bloſſer ſterbli- cher Menſch: als z. E. Matth. 16, 17. Simon, Jonas Sohn, Fleiſch und Blut hat dir das nicht geoffenbaret, ſondern mein Vater im Himmel. Da man ſiehet, wie die Offen- barung GOttes der Unterweiſung eines bloſſen Menſchen alſo entgegen geſetzet wird, wie alhier im gantzen Context geſchichet, da Paulus bezeu- get, er ſey zum Apoſtel-Amte nicht von Men- ſchen, ſondern von GOTT berufen und unter- richtet worden. Und wenn es Eph. 6, 12. heißt: Wir haben nicht mit Fleiſch und Blut zu kaͤmpfen, ſondern u. f. ſo ſiehet man wohl, daß durch Fleiſch und Blut das ſchaͤdliche Ver- derben nicht kan verſtanden werden, als womit wir genug zu ſtreiten haben; ſondern daß es ſo viel ſey, als mit bloſſen Menſchen, oder leibli- chen Feinden, welchen die geiſtlichen und maͤch- tigern entgegen geſetzet werden. Sie auch 1 Cor. 15, 50. alwo vom Fleiſche und Blute geſaget wird, daß es das Reich GOttes nicht ererben koͤnne: aber nach dem Contexte nichts anders heißt, als daß die menſchliche und ſterbliche Na- tur, nach ihrer ietzigen Verweslichkeit, ohne der- ſelben Ablegung durch den Tod, das Unſterbliche und Unverwesliche nicht anziehen koͤnne. Wie denn auch in dem Orte Hebr. 2, 14. die Redens- Art, daß die Kinder Fleiſch und Blut haben, und der liebſte Heiland ſolches gleicher Maſſen an ſich genommen, gleichfalls nichts anders, als die menſchliche Natur verſtanden werden kan. Es iſt demnach, wie aus dem Texte und Contexte der Worte Pauli, alſo auch aus andern Oertern der heiligen Schrift gantz klar, daß Paulus durch Fleiſch und Blut, mit welchem er ſich nicht be- ſprochen habe, nichts anders, als bloſſe Menſchen und menſchliche Anfuͤhrung verſtehe. V. 18. Darnach uͤber drey Jahren (von der Bekehrung an zu rechnen) kam ich gen Jeru- ſalem, Petrum (nicht erſt um Rath zu fragen, wie ich mich im Apoſtel-Amte zu verhalten haͤtte, und alſo von ihm zu lernen, ſondern) zu ſchauen (ſeine Bekantſchaft zu ſuchen, und, wie von ihm zu hoͤren, wie es um die Kirche GOttes daſelbſt ſtehe, als auch ihm von dem, was mit mir in A- rabien und zu Damaſcus zu zweyen malen vorge- gangen, Nachricht zu ertheilen) und blieb funf- zehen Tage bey ihm. Anmerckung. Von dieſer Reiſe nach Jeruſalem iſt es zu verſtehen, was Lucas Ap. Geſch. 9, 26. u. f. er- zehlet, wie Paulus nach Jeruſalem gekommen, und von Barnaba zu den Apoſteln gefuͤhret u. ſ. w. Da er vorher nicht gedencket, wie daß Paulus ſich mehrere Zeit in Arabien aufgehalten, und da- ſelbſt das Evangelium verkuͤndiget habe. Und bey dieſer erſten Anweſenheit zu Jeruſalem iſt es geſchehen, daß Paulus, als er im Tempel gebe- tet, entzuͤcket worden, und von dem HERRN JESU dieſe Worte gehoͤret: Eile, mache dich behend von Jeruſalem hinaus. Denn ſie werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von mir u. ſ. w. Welches mit dem uͤberein koͤmmt, was c. 9, 29. ſtehet, daß ihm bis auf den Tod nachgeſtellet worden. V. 19. Der andern Apoſtel aber ſahe ich (zu Jeruſalem) keinen (weil ſie des Evangelii hal- ber ſich anderwaͤrtig aufgehalten) ohne Jaco- bum, des HErrn (JEſu) Bruder Anmerckung. Es waren unter den Apoſteln zweene Jaco- bi: der eine Jacobus, Zebedaͤi Sohn, und ein Bruder Johannis, der andere des Alphaͤi Sohn Matth. 4, 21. 10, 2. 3. Der erſte wurde auf Be- fehl Herodis zu Jeruſalem enthauptet Ap. Geſch. 12, 2. und der andere iſt alhier gemeinet, deſſen auch Ap. Geſch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. gedacht wird: als welcher der Jeruſalemſchen Gemeine am laͤngſten vorgeſtanden, auch den bekanten Brief geſchrieben hat, und ein Bruder des HErrn heißt. Des HErrn Bruder heißt er, weil er mit CHriſto von Seiten Mariaͤ, oder Joſephs, nahe verwandt geweſen. Es wird auch ſonſt jener major, dieſer minor genennet. V. 20. Was ich euch aber ſchreibe (wie ins- gemein, alſo inſonderheit von dem, daß ich das Evan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/522
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/522>, abgerufen am 24.11.2024.