Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 2., v. 3-6. an die Epheser. [Spaltenumbruch]
8. Der Zorn, dessen Kinder wir von Na- tur sind, ist alhier der Zorn GOttes, und ist so viel, als die Straf-Gerechtigkeit GOttes. Denn wenn diese durch Gerichte zur Execution ausbricht, so heisset sie der Zorn, oder auch der Grimm und die Rache GOttes. Ein Kind des Zorns ist nach der Redens-Art der Hebräer so viel, als einer, der mit seiner Schuld Zorn oder Strafe verdienet und über sich geladen hat: gleichwie ein Kind des Todes seyn so viel ist, als des Todes schuldig seyn. Siehe 1 Sam. 20, 31. 32. 26, 16. 2 Sam. 12, 15. Desglei- chen Matth. 23, 15. da Kinder der Höllen sind, welche mit ihren bösen Wercken die Hölle ver- dienen. 9. Nun ist es gar mercklich, daß es heißt, daß wir Kinder des Zorns sind, phusei, schon von Natur, so wie wir sie von unsern Eltern der leiblichen Geburt nach an uns haben; und also nicht erst durch die Angewöhnung und Nachfolge böser Exempel an uns nehmen; wie die Socinianer mit den alten Pelagianern vor- geben. 10. Es gehet demnach dieser Ort auf die Erb-Sünde, und zeiget an, daß dieselbe an sich selbst schon eine sehr grosse und schwere Sün- de sey; sintemal sie die Strafe GOTTes nach sich ziehet; da ein Mensch dadurch den Zorn, oder die Strafe GOttes über sich ladet; GOtt aber niemanden ohne Schuld strafet. 11. Daß die Erb-Sünde auch allgemein sey, erkennet man nicht allein aus dem allge- meinen Ursprunge, den alle Menschen durch die natürliche Geburt von Adam her haben, son- dern auch aus diesem Orte Pauli. Denn was er von den Juden gesaget hatte, das spricht er auch von den Heiden aus, wenn er saget: Gleich- wie auch die andern. V. 4. 5. 6. Aber GOTT, der da reich ist von Anmerckungen. 1. Die particula kai, welche zum Anfange des 5ten Verses stehet, läßt sich gar füglich, wie sonst vielmal, also auch alhier, durch auch ge- ben. Und da sie bey den beyden folgenden Worten, sunigeire, sunekathise stehet, so hat sie der A- postel auch bey dem vorhergehenden sunezoopoie- se des Nachdrucks wegen setzen wollen. 2. Der grosse Reichthum der Barmher- tzigkeit und Gnade GOttes fliesset von GOTT aus, gleichsam durch zweene weite Haupt-Röh- ren, oder Ströhme: davon der eine gehet auf die zugerechnete Gerechtigkeit Christi; der andere auf die Kraft des Heiligen Geistes, wodurch wir wie zum Besitz und Genuß der Gerechtigkeit, also auch zur wahren Erneuerung und Anrich- tung des Ebenbildes GOttes in uns kommen: daß also diese Erbarmungs-volle Gnade GOt- tes ist gratia forensis zur Gerechtmachung, und medicinalis, zur Heiligung und wahren innern Genesung unserer Seelen. 3. Von dem Reichthum der Barmhertzig- tzigkeit sehe man unter andern sonderlich die Oer- ter Exod. 34, 6. 7. HErr, HErr, GOTT, barmhertzig und gnädig, und geduldig, und von grosser Gnade und Treue, der du beweisest Gnade in tausend Glied, und vergiebst Missethat, Ubertretung und Sünde. Jmgleichen Psalm. 103, 2. u. f. 145, 8. und Luc. 1, 50. alwo zugleich angezeiget wird, welche der Gnade fähig sind, wenn es heißt: Und seine Barmhertzigkeit währet immer für und für bey denen, die ihn fürchten. Und sonderlich v. 78. da es der hertzlichen Barmhertzigkeit GOttes zugeschrieben wird, daß uns der Aufgang aus der Höhe, CHristus, besuchet habe. 4. Pauli Hertz ist recht voll von dem Ge- schmack der Liebe GOttes gewesen: sintemal er so gar nachdrücklich davon schreibet, daß er nicht allein der Barmhertzigkeit GOttes, und zwar der reichen, gedencket, sondern auch, was ihm die Barmhertzigkeit sey, durch die Worte Lie- be und Gnade erläutert, und von der Liebe sa- get, daß uns GOTT damit geliebet, das ist, sie gar überflüßig erwiesen habe. 5. Wohl denen Grossen, Mächtigen und Reichen dieser Welt, wenn sie GOTT in dem Reichthum seiner Barmhertzigkeit, Gnade und Liebe gegen ihre Unterthanen und alle Hülfs- Bedürftige fein nachahmen. Wie uns denn unser Heiland selbst dazu ermahnet, wenn er spricht: Seyd barmhertzig, wie auch euer Vater im Himmel barmhertzig ist. Luc. 6, 36. Hingegen saget Jacobus: Es wird ein unbarmhertzig Gericht über den gehen, der nicht Barmhertzigkeit gethan hat. Jac. 2, 13. 6. Wohl
Cap. 2., v. 3-6. an die Epheſer. [Spaltenumbruch]
8. Der Zorn, deſſen Kinder wir von Na- tur ſind, iſt alhier der Zorn GOttes, und iſt ſo viel, als die Straf-Gerechtigkeit GOttes. Denn wenn dieſe durch Gerichte zur Execution ausbricht, ſo heiſſet ſie der Zorn, oder auch der Grimm und die Rache GOttes. Ein Kind des Zorns iſt nach der Redens-Art der Hebraͤer ſo viel, als einer, der mit ſeiner Schuld Zorn oder Strafe verdienet und uͤber ſich geladen hat: gleichwie ein Kind des Todes ſeyn ſo viel iſt, als des Todes ſchuldig ſeyn. Siehe 1 Sam. 20, 31. 32. 26, 16. 2 Sam. 12, 15. Desglei- chen Matth. 23, 15. da Kinder der Hoͤllen ſind, welche mit ihren boͤſen Wercken die Hoͤlle ver- dienen. 9. Nun iſt es gar mercklich, daß es heißt, daß wir Kinder des Zorns ſind, ϕύσει, ſchon von Natur, ſo wie wir ſie von unſern Eltern der leiblichen Geburt nach an uns haben; und alſo nicht erſt durch die Angewoͤhnung und Nachfolge boͤſer Exempel an uns nehmen; wie die Socinianer mit den alten Pelagianern vor- geben. 10. Es gehet demnach dieſer Ort auf die Erb-Suͤnde, und zeiget an, daß dieſelbe an ſich ſelbſt ſchon eine ſehr groſſe und ſchwere Suͤn- de ſey; ſintemal ſie die Strafe GOTTes nach ſich ziehet; da ein Menſch dadurch den Zorn, oder die Strafe GOttes uͤber ſich ladet; GOtt aber niemanden ohne Schuld ſtrafet. 11. Daß die Erb-Suͤnde auch allgemein ſey, erkennet man nicht allein aus dem allge- meinen Urſprunge, den alle Menſchen durch die natuͤrliche Geburt von Adam her haben, ſon- dern auch aus dieſem Orte Pauli. Denn was er von den Juden geſaget hatte, das ſpricht er auch von den Heiden aus, wenn er ſaget: Gleich- wie auch die andern. V. 4. 5. 6. Aber GOTT, der da reich iſt von Anmerckungen. 1. Die particula καὶ, welche zum Anfange des 5ten Verſes ſtehet, laͤßt ſich gar fuͤglich, wie ſonſt vielmal, alſo auch alhier, durch auch ge- ben. Und da ſie bey den beyden folgenden Worten, συνίγειρε, συνεκάϑισε ſtehet, ſo hat ſie der A- poſtel auch bey dem vorhergehenden συνεζωοπόιη- σε des Nachdrucks wegen ſetzen wollen. 2. Der groſſe Reichthum der Barmher- tzigkeit und Gnade GOttes flieſſet von GOTT aus, gleichſam durch zweene weite Haupt-Roͤh- ren, oder Stroͤhme: davon der eine gehet auf die zugerechnete Gerechtigkeit Chriſti; der andere auf die Kraft des Heiligen Geiſtes, wodurch wir wie zum Beſitz und Genuß der Gerechtigkeit, alſo auch zur wahren Erneuerung und Anrich- tung des Ebenbildes GOttes in uns kommen: daß alſo dieſe Erbarmungs-volle Gnade GOt- tes iſt gratia forenſis zur Gerechtmachung, und medicinalis, zur Heiligung und wahren innern Geneſung unſerer Seelen. 3. Von dem Reichthum der Barmhertzig- tzigkeit ſehe man unter andern ſonderlich die Oer- ter Exod. 34, 6. 7. HErr, HErr, GOTT, barmhertzig und gnaͤdig, und geduldig, und von groſſer Gnade und Treue, der du beweiſeſt Gnade in tauſend Glied, und vergiebſt Miſſethat, Ubertretung und Suͤnde. Jmgleichen Pſalm. 103, 2. u. f. 145, 8. und Luc. 1, 50. alwo zugleich angezeiget wird, welche der Gnade faͤhig ſind, wenn es heißt: Und ſeine Barmhertzigkeit waͤhret immer fuͤr und fuͤr bey denen, die ihn fuͤrchten. Und ſonderlich v. 78. da es der hertzlichen Barmhertzigkeit GOttes zugeſchrieben wird, daß uns der Aufgang aus der Hoͤhe, CHriſtus, beſuchet habe. 4. Pauli Hertz iſt recht voll von dem Ge- ſchmack der Liebe GOttes geweſen: ſintemal er ſo gar nachdruͤcklich davon ſchreibet, daß er nicht allein der Barmhertzigkeit GOttes, und zwar der reichen, gedencket, ſondern auch, was ihm die Barmhertzigkeit ſey, durch die Worte Lie- be und Gnade erlaͤutert, und von der Liebe ſa- get, daß uns GOTT damit geliebet, das iſt, ſie gar uͤberfluͤßig erwieſen habe. 5. Wohl denen Groſſen, Maͤchtigen und Reichen dieſer Welt, wenn ſie GOTT in dem Reichthum ſeiner Barmhertzigkeit, Gnade und Liebe gegen ihre Unterthanen und alle Huͤlfs- Beduͤrftige fein nachahmen. Wie uns denn unſer Heiland ſelbſt dazu ermahnet, wenn er ſpricht: Seyd barmhertzig, wie auch euer Vater im Himmel barmhertzig iſt. Luc. 6, 36. Hingegen ſaget Jacobus: Es wird ein unbarmhertzig Gericht uͤber den gehen, der nicht Barmhertzigkeit gethan hat. Jac. 2, 13. 6. Wohl
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Cap. 2., v. 3-6. an die Epheſer.
8. Der Zorn, deſſen Kinder wir von Na-
tur ſind, iſt alhier der Zorn GOttes, und iſt
ſo viel, als die Straf-Gerechtigkeit GOttes.
Denn wenn dieſe durch Gerichte zur Execution
ausbricht, ſo heiſſet ſie der Zorn, oder auch der
Grimm und die Rache GOttes. Ein Kind
des Zorns iſt nach der Redens-Art der Hebraͤer
ſo viel, als einer, der mit ſeiner Schuld Zorn
oder Strafe verdienet und uͤber ſich geladen hat:
gleichwie ein Kind des Todes ſeyn ſo viel iſt,
als des Todes ſchuldig ſeyn. Siehe 1 Sam.
20, 31. 32. 26, 16. 2 Sam. 12, 15. Desglei-
chen Matth. 23, 15. da Kinder der Hoͤllen ſind,
welche mit ihren boͤſen Wercken die Hoͤlle ver-
dienen.
9. Nun iſt es gar mercklich, daß es heißt,
daß wir Kinder des Zorns ſind, ϕύσει, ſchon
von Natur, ſo wie wir ſie von unſern Eltern
der leiblichen Geburt nach an uns haben; und
alſo nicht erſt durch die Angewoͤhnung und
Nachfolge boͤſer Exempel an uns nehmen; wie
die Socinianer mit den alten Pelagianern vor-
geben.
10. Es gehet demnach dieſer Ort auf die
Erb-Suͤnde, und zeiget an, daß dieſelbe an
ſich ſelbſt ſchon eine ſehr groſſe und ſchwere Suͤn-
de ſey; ſintemal ſie die Strafe GOTTes nach
ſich ziehet; da ein Menſch dadurch den Zorn,
oder die Strafe GOttes uͤber ſich ladet; GOtt
aber niemanden ohne Schuld ſtrafet.
11. Daß die Erb-Suͤnde auch allgemein
ſey, erkennet man nicht allein aus dem allge-
meinen Urſprunge, den alle Menſchen durch die
natuͤrliche Geburt von Adam her haben, ſon-
dern auch aus dieſem Orte Pauli. Denn was
er von den Juden geſaget hatte, das ſpricht er
auch von den Heiden aus, wenn er ſaget: Gleich-
wie auch die andern.
V. 4. 5. 6.
Aber GOTT, der da reich iſt von
Barmhertzigkeit, (alſo daß, wo nach v. 3.
die Suͤnde maͤchtig worden, oder in ihrer ver-
dammlichen Macht und Kraft recht erkant wor-
den, da iſt GOTTes Gnade in CHriſto noch
maͤchtiger, oder kraͤftiger Rom. 5, 20.) durch
ſeine groſſe Liebe, damit er uns geliebet
hat, (welcher der Apoſtel c. 3, v. 18. eine Brei-
te, Laͤnge, Tiefe und Hoͤhe zuſchreibet:) v. 5.
Da wir todt waren in Suͤnden, (nach dem
wir ſchon in Adam GOTT mit abgeſtorben,
und die Erb-Suͤnde, als den geiſtlichen Tod,
in uns haben herrſchen laſſen,) hat er uns
ſamt CHriſto lebendig gemachet, (alſo daß,
wie CHriſtus unſer Haupt durch die Herrlich-
keit, oder herrliche Macht des Vaters, iſt leben-
dig gemacht, auch wir, als ſeine Glieder, ver-
moͤge ſeines verdienſtlichen Todes aus ſolchem
geiſtlichen Tode der in uns herrſchenden Erb-
Suͤnde ſind in das neue und geiſtliche Leben ver-
ſetzet worden, daß wir darinnen wandeln koͤn-
nen und ſollen Rom. 6, 4.) Denn aus Gna-
den ſeyd ihr ſelig worden, (welches, als ei-
ne hoͤchſt wichtige Sache, ich euch mit Fleiß zu
Gemuͤthe fuͤhre, damit ihr die Groͤſſe der Gna-
de GOttes recht ſchaͤtzen und wuͤrdig gebrauchen
moͤget.) V. 6. Und hat uns ſamt ihm auf-
erwecket, (alſo daß das geſchenckte neue Leben
auch zum wircklichen neuen Wandel gekommen)
und ſamt ihm in das himmliſche Weſen
geſetzet, (himmliſch geſinnet gemachet,) in
CHriſto JESU, (in der Gemeinſchaft, wel-
che wir mit ihm haben.)
Anmerckungen.
1. Die particula καὶ, welche zum Anfange
des 5ten Verſes ſtehet, laͤßt ſich gar fuͤglich, wie
ſonſt vielmal, alſo auch alhier, durch auch ge-
ben. Und da ſie bey den beyden folgenden Worten,
συνίγειρε, συνεκάϑισε ſtehet, ſo hat ſie der A-
poſtel auch bey dem vorhergehenden συνεζωοπόιη-
σε des Nachdrucks wegen ſetzen wollen.
2. Der groſſe Reichthum der Barmher-
tzigkeit und Gnade GOttes flieſſet von GOTT
aus, gleichſam durch zweene weite Haupt-Roͤh-
ren, oder Stroͤhme: davon der eine gehet auf
die zugerechnete Gerechtigkeit Chriſti; der andere
auf die Kraft des Heiligen Geiſtes, wodurch
wir wie zum Beſitz und Genuß der Gerechtigkeit,
alſo auch zur wahren Erneuerung und Anrich-
tung des Ebenbildes GOttes in uns kommen:
daß alſo dieſe Erbarmungs-volle Gnade GOt-
tes iſt gratia forenſis zur Gerechtmachung, und
medicinalis, zur Heiligung und wahren innern
Geneſung unſerer Seelen.
3. Von dem Reichthum der Barmhertzig-
tzigkeit ſehe man unter andern ſonderlich die Oer-
ter Exod. 34, 6. 7. HErr, HErr, GOTT,
barmhertzig und gnaͤdig, und geduldig,
und von groſſer Gnade und Treue, der
du beweiſeſt Gnade in tauſend Glied, und
vergiebſt Miſſethat, Ubertretung und
Suͤnde. Jmgleichen Pſalm. 103, 2. u. f. 145,
8. und Luc. 1, 50. alwo zugleich angezeiget wird,
welche der Gnade faͤhig ſind, wenn es heißt:
Und ſeine Barmhertzigkeit waͤhret immer
fuͤr und fuͤr bey denen, die ihn fuͤrchten.
Und ſonderlich v. 78. da es der hertzlichen
Barmhertzigkeit GOttes zugeſchrieben wird,
daß uns der Aufgang aus der Hoͤhe, CHriſtus,
beſuchet habe.
4. Pauli Hertz iſt recht voll von dem Ge-
ſchmack der Liebe GOttes geweſen: ſintemal er
ſo gar nachdruͤcklich davon ſchreibet, daß er nicht
allein der Barmhertzigkeit GOttes, und zwar
der reichen, gedencket, ſondern auch, was ihm
die Barmhertzigkeit ſey, durch die Worte Lie-
be und Gnade erlaͤutert, und von der Liebe ſa-
get, daß uns GOTT damit geliebet, das iſt,
ſie gar uͤberfluͤßig erwieſen habe.
5. Wohl denen Groſſen, Maͤchtigen und
Reichen dieſer Welt, wenn ſie GOTT in dem
Reichthum ſeiner Barmhertzigkeit, Gnade und
Liebe gegen ihre Unterthanen und alle Huͤlfs-
Beduͤrftige fein nachahmen. Wie uns denn
unſer Heiland ſelbſt dazu ermahnet, wenn er
ſpricht: Seyd barmhertzig, wie auch euer
Vater im Himmel barmhertzig iſt. Luc. 6,
36. Hingegen ſaget Jacobus: Es wird ein
unbarmhertzig Gericht uͤber den gehen,
der nicht Barmhertzigkeit gethan hat.
Jac. 2, 13.
6. Wohl
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