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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 2, v. 14. 15. an die Epheser.
[Spaltenumbruch] 7, 2. der auch sonderlich durch den König Sa-
lomo,
der seinen Namen vom Frieden hatte,
und im vollen Frieden regierte, vorgebildet
worden.
2. Dieser Friede wurde zuerst durch die
heiligen Engel, als himmlische Heerolde bey der
Geburt CHristi ausgerufen Luc. 2, 14. da es
hiesse: Friede auf Erden! Und unser Heiland
priese ihn seinen Jüngern an, da er sagte: Den
Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe
ich euch: nicht gebe ich euch, wie die Welt
giebet.
Joh. 14, 27. Und c. 16, 33. Solches
habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir
Friede habet.
Und da er durch seinen Ver-
söhnungs-Tod uns den Frieden erworben hatte,
so war es mehr als ein blosser und gemeiner
Gruß, wenn er nach seiner Auferstehung zu den
Jüngern sagte: Friede sey mit euch Joh. 20,
19. 21. Und was die Apostel für einen Eindruck
von dem durch CHristum erworbenen Frieden
gehabt haben, siehet man unter andern auch son-
derlich aus dem Anfange ihrer Briefe, da sie den
Christlichen Gemeinen wie die Gnade, also auch
den Frieden von GOTT dem Vater und dem
HErrn CHristo JESU anwünschen. Ja daß
das gantze Evangelium gleichsam in den Frieden
GOttes zusammen gefasset wird, siehet man wie
aus der Sache selbst, also auch aus dem Orte Ap.
Gesch. 10, 36. da es heißt: GOTT hat ver-
kündigen lassen den Frieden durch JEsum
CHristum; welcher ist ein HERR über
alles.
3. Zwar spricht unser Heiland Matth. 10,
34. Jhr sollt nicht wähnen, daß ich kom-
men bin, Friede zu senden auf Erden
u. s. w.
allein alhier verstehet er durch den Frieden äus-
serliche gute und ruhige Tage nach dem Fleische;
und zeiget an, daß er solche zu verschaffen nicht
gekommen sey, und daß man solche bey dem Ev-
angelio, so da nur auf den Seelen-Frieden gehe,
ob es auch wol an sich friedfertige Menschen ma-
che, nicht zu suchen habe.
4. Es lieget aber in den Worten, wenn der
HErr JEsus selbst unser Friede genennet wird,
dieser besondere Nachdruck, daß wir den Frieden
mit GOTT nicht anders erlangen, als in sol-
cher gläubigen Gemeinschaft mit CHristo, da-
durch er mit uns, und wir mit ihm vereiniget
werden, also daß, wer den HErrn JEsum hat,
auch den Frieden in ihm habe, und ausser der
Gemeinschaft mit JESU kein Friede sey.
5. Das Ceremonial-Gesetze war nebst der
dazu gehörigen Beschneidung wie eine zwischen
den Heiden und Jüden, als gleichsam zwischen
zweyen Häusern, aufgeführte Scheide-Wand;
wodurch diese von jenen dergestalt unterschieden
wurden, daß sie sich solchen grossen Unterscheid
wider die göttliche Intention auch zu einer Wi-
drigkeit gegen einander dienen liessen. Es schei-
net der Apostel mit den Worten von der Scheide-
Wand, oder dem zwischen Juden u. Heiden gezo-
genen Zaun wol zu sehen auf den Unterscheid, der
im Tempel zu Jerusalem zwischen dem Vorhofe
der Juden und Heiden war: davon JOSEPHUS
de bello Jud. L. VI. c. VI.
kan nachgelesen wer-
den.
[Spaltenumbruch]
V. 15.

Jndem, daß er durch sein Fleisch (durch
seinen in den Versöhnungs-Tod dahin gegebe-
nen Leib, durch sein Blut v. 13.) wegnahm die
Feindschaft
(in welcher GOTT, Vermöge sei-
ner Straf-Gerechtigkeit, gegen das menschliche
Geschlecht stunde) nemlich das Gesetz, so in
Geboten gestellet war
(alle Levitische Cere-
monial-
Satzungen, welche eine Anzeigung wa-
ren von solcher Feindschaft, gleichwie sie uns hin-
gegen auch die Freundschaft GOttes vorstelleten)
auf daß er aus zween (Juden und Heiden)
einen (ena) neuen Menschen in ihm selber
schaffete
(sie also zur Wiedergeburt brächte,
daß er sie dadurch zugleich in seine heilige Ge-
meinschaft zöge) und Friede machete (derge-
stalt, daß er den durch die Versöhnung gemachten
Frieden mit GOTT auch in ihnen und unter ih-
nen aufrichtete.

Anmerckungen.
1. Das Wort Feindschaft pfleget zwar
hier und v. 16. gemeiniglich von dem Widerwil-
len, worinnen Juden und Heiden gegen einan-
der gestanden, verstanden zu werden: allein diß
ist viel zu wenig. Denn die Feindschaft wird
alhier dem Frieden entgegen gesetzet; als dessen
zu dreymal gedacht wird, nemlich v. 14. 15. 17.
Nun aber wird durch den Frieden die Versöh-
nung mit allen ihren Früchten angezeiget. Dan-
nenhero durch die Feindschaft alhier billig zu
verstehen ist derjenige Unfriede, welcher in der
Sünde lieget, und wie den Menschen zum
Feinde wider GOTT Rom. 8, 7. also auch
GOTT, Vermöge seiner Heiligkeit und unwan-
wandelbaren Gerechtigkeit, zum Feinde wider
den Menschen machet. Diesen Unfrieden hat
CHristus aufgehoben, und damit zu wege ge-
bracht, daß, so bald der erworbene Friede in der
rechten Heils-Ordnung von Juden und Heiden
angenommen wird, auch der Widerwille und
Unterscheid zwischen ihnen aufhöret.
2. Da durch die Worte, nomon entolon,
das Gesetz der Gebote, das Ceremonial-Gese-
tze
zu verstehen ist, so nimmt man das mit der
praeposition en dazu gesetze Wort dogmasi billig
also an, daß dadurch das Ceremonial-Gesetz er-
kläret wird, nemlich für ein solches, welches in
willkührlichen und daher auch leichtlich wieder
aufzuhebenden Satzungen bestanden; in Satzun-
gen, welche GOTT verordnet, nicht wie das
Moral-Gesetz, nach seiner unwandelbaren Natur,
sondern kata to dokoun auto, (Hebr. 12, 10.)
nach seinem Gutdüncken. Daß also diese Bedeu-
tung des Worts mit der notione grammatica
des Stamm-Worts dokeo, puto, existimo, über-
ein kömmt. Wie denn auch daher das Wort
dogma Luc. 2, 1. und Ap. Gesch. 17, 7. von käy-
serlichen Verordnungen stehet, und to dogmati-
zein Col. 2, 20. so viel heißt, als Ceremonien
einführen. Es ist auch die Art der Construction
also gantz gewöhnlich, ob gleich das Wort onta
nicht dabey stehet.
3. Der Apostel verknüpfet die Feindschaft
mit dem Ceremonial-Gesetze in Ansehung der
Abthuung deßwegen, weil dieses Gesetz dadurch,
daß
J i i i 3
Cap. 2, v. 14. 15. an die Epheſer.
[Spaltenumbruch] 7, 2. der auch ſonderlich durch den Koͤnig Sa-
lomo,
der ſeinen Namen vom Frieden hatte,
und im vollen Frieden regierte, vorgebildet
worden.
2. Dieſer Friede wurde zuerſt durch die
heiligen Engel, als himmliſche Heerolde bey der
Geburt CHriſti ausgerufen Luc. 2, 14. da es
hieſſe: Friede auf Erden! Und unſer Heiland
prieſe ihn ſeinen Juͤngern an, da er ſagte: Den
Frieden laſſe ich euch, meinen Frieden gebe
ich euch: nicht gebe ich euch, wie die Welt
giebet.
Joh. 14, 27. Und c. 16, 33. Solches
habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir
Friede habet.
Und da er durch ſeinen Ver-
ſoͤhnungs-Tod uns den Frieden erworben hatte,
ſo war es mehr als ein bloſſer und gemeiner
Gruß, wenn er nach ſeiner Auferſtehung zu den
Juͤngern ſagte: Friede ſey mit euch Joh. 20,
19. 21. Und was die Apoſtel fuͤr einen Eindruck
von dem durch CHriſtum erworbenen Frieden
gehabt haben, ſiehet man unter andern auch ſon-
derlich aus dem Anfange ihrer Briefe, da ſie den
Chriſtlichen Gemeinen wie die Gnade, alſo auch
den Frieden von GOTT dem Vater und dem
HErrn CHriſto JESU anwuͤnſchen. Ja daß
das gantze Evangelium gleichſam in den Frieden
GOttes zuſammen gefaſſet wird, ſiehet man wie
aus der Sache ſelbſt, alſo auch aus dem Orte Ap.
Geſch. 10, 36. da es heißt: GOTT hat ver-
kuͤndigen laſſen den Frieden durch JEſum
CHriſtum; welcher iſt ein HERR uͤber
alles.
3. Zwar ſpricht unſer Heiland Matth. 10,
34. Jhr ſollt nicht waͤhnen, daß ich kom-
men bin, Friede zu ſenden auf Erden
u. ſ. w.
allein alhier verſtehet er durch den Frieden aͤuſ-
ſerliche gute und ruhige Tage nach dem Fleiſche;
und zeiget an, daß er ſolche zu verſchaffen nicht
gekommen ſey, und daß man ſolche bey dem Ev-
angelio, ſo da nur auf den Seelen-Frieden gehe,
ob es auch wol an ſich friedfertige Menſchen ma-
che, nicht zu ſuchen habe.
4. Es lieget aber in den Worten, wenn der
HErr JEſus ſelbſt unſer Friede genennet wird,
dieſer beſondere Nachdruck, daß wir den Frieden
mit GOTT nicht anders erlangen, als in ſol-
cher glaͤubigen Gemeinſchaft mit CHriſto, da-
durch er mit uns, und wir mit ihm vereiniget
werden, alſo daß, wer den HErrn JEſum hat,
auch den Frieden in ihm habe, und auſſer der
Gemeinſchaft mit JESU kein Friede ſey.
5. Das Ceremonial-Geſetze war nebſt der
dazu gehoͤrigen Beſchneidung wie eine zwiſchen
den Heiden und Juͤden, als gleichſam zwiſchen
zweyen Haͤuſern, aufgefuͤhrte Scheide-Wand;
wodurch dieſe von jenen dergeſtalt unterſchieden
wurden, daß ſie ſich ſolchen groſſen Unterſcheid
wider die goͤttliche Intention auch zu einer Wi-
drigkeit gegen einander dienen lieſſen. Es ſchei-
net der Apoſtel mit den Worten von der Scheide-
Wand, oder dem zwiſchen Juden u. Heiden gezo-
genen Zaun wol zu ſehen auf den Unterſcheid, der
im Tempel zu Jeruſalem zwiſchen dem Vorhofe
der Juden und Heiden war: davon JOSEPHUS
de bello Jud. L. VI. c. VI.
kan nachgeleſen wer-
den.
[Spaltenumbruch]
V. 15.

Jndem, daß er durch ſein Fleiſch (durch
ſeinen in den Verſoͤhnungs-Tod dahin gegebe-
nen Leib, durch ſein Blut v. 13.) wegnahm die
Feindſchaft
(in welcher GOTT, Vermoͤge ſei-
ner Straf-Gerechtigkeit, gegen das menſchliche
Geſchlecht ſtunde) nemlich das Geſetz, ſo in
Geboten geſtellet war
(alle Levitiſche Cere-
monial-
Satzungen, welche eine Anzeigung wa-
ren von ſolcher Feindſchaft, gleichwie ſie uns hin-
gegen auch die Freundſchaft GOttes vorſtelleten)
auf daß er aus zween (Juden und Heiden)
einen (ἕνα) neuen Menſchen in ihm ſelber
ſchaffete
(ſie alſo zur Wiedergeburt braͤchte,
daß er ſie dadurch zugleich in ſeine heilige Ge-
meinſchaft zoͤge) und Friede machete (derge-
ſtalt, daß er den durch die Verſoͤhnung gemachten
Frieden mit GOTT auch in ihnen und unter ih-
nen aufrichtete.

Anmerckungen.
1. Das Wort Feindſchaft pfleget zwar
hier und v. 16. gemeiniglich von dem Widerwil-
len, worinnen Juden und Heiden gegen einan-
der geſtanden, verſtanden zu werden: allein diß
iſt viel zu wenig. Denn die Feindſchaft wird
alhier dem Frieden entgegen geſetzet; als deſſen
zu dreymal gedacht wird, nemlich v. 14. 15. 17.
Nun aber wird durch den Frieden die Verſoͤh-
nung mit allen ihren Fruͤchten angezeiget. Dan-
nenhero durch die Feindſchaft alhier billig zu
verſtehen iſt derjenige Unfriede, welcher in der
Suͤnde lieget, und wie den Menſchen zum
Feinde wider GOTT Rom. 8, 7. alſo auch
GOTT, Vermoͤge ſeiner Heiligkeit und unwan-
wandelbaren Gerechtigkeit, zum Feinde wider
den Menſchen machet. Dieſen Unfrieden hat
CHriſtus aufgehoben, und damit zu wege ge-
bracht, daß, ſo bald der erworbene Friede in der
rechten Heils-Ordnung von Juden und Heiden
angenommen wird, auch der Widerwille und
Unterſcheid zwiſchen ihnen aufhoͤret.
2. Da durch die Worte, νόμον ἐντολῶν,
das Geſetz der Gebote, das Ceremonial-Geſe-
tze
zu verſtehen iſt, ſo nimmt man das mit der
præpoſition ἐν dazu geſetze Wort δόγμασι billig
alſo an, daß dadurch das Ceremonial-Geſetz er-
klaͤret wird, nemlich fuͤr ein ſolches, welches in
willkuͤhrlichen und daher auch leichtlich wieder
aufzuhebenden Satzungen beſtanden; in Satzun-
gen, welche GOTT verordnet, nicht wie das
Moral-Geſetz, nach ſeiner unwandelbaren Natur,
ſondern κατὰ τὸ δοκοῦν ἁυτῷ, (Hebr. 12, 10.)
nach ſeinem Gutduͤncken. Daß alſo dieſe Bedeu-
tung des Worts mit der notione grammatica
des Stamm-Worts δοκέω, puto, exiſtimo, uͤber-
ein koͤmmt. Wie denn auch daher das Wort
δόγμα Luc. 2, 1. und Ap. Geſch. 17, 7. von kaͤy-
ſerlichen Verordnungen ſtehet, und τὸ δογματί-
ζειν Col. 2, 20. ſo viel heißt, als Ceremonien
einfuͤhren. Es iſt auch die Art der Conſtruction
alſo gantz gewoͤhnlich, ob gleich das Wort ὄντα
nicht dabey ſtehet.
3. Der Apoſtel verknuͤpfet die Feindſchaft
mit dem Ceremonial-Geſetze in Anſehung der
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[621/0649] Cap. 2, v. 14. 15. an die Epheſer. 7, 2. der auch ſonderlich durch den Koͤnig Sa- lomo, der ſeinen Namen vom Frieden hatte, und im vollen Frieden regierte, vorgebildet worden. 2. Dieſer Friede wurde zuerſt durch die heiligen Engel, als himmliſche Heerolde bey der Geburt CHriſti ausgerufen Luc. 2, 14. da es hieſſe: Friede auf Erden! Und unſer Heiland prieſe ihn ſeinen Juͤngern an, da er ſagte: Den Frieden laſſe ich euch, meinen Frieden gebe ich euch: nicht gebe ich euch, wie die Welt giebet. Joh. 14, 27. Und c. 16, 33. Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Friede habet. Und da er durch ſeinen Ver- ſoͤhnungs-Tod uns den Frieden erworben hatte, ſo war es mehr als ein bloſſer und gemeiner Gruß, wenn er nach ſeiner Auferſtehung zu den Juͤngern ſagte: Friede ſey mit euch Joh. 20, 19. 21. Und was die Apoſtel fuͤr einen Eindruck von dem durch CHriſtum erworbenen Frieden gehabt haben, ſiehet man unter andern auch ſon- derlich aus dem Anfange ihrer Briefe, da ſie den Chriſtlichen Gemeinen wie die Gnade, alſo auch den Frieden von GOTT dem Vater und dem HErrn CHriſto JESU anwuͤnſchen. Ja daß das gantze Evangelium gleichſam in den Frieden GOttes zuſammen gefaſſet wird, ſiehet man wie aus der Sache ſelbſt, alſo auch aus dem Orte Ap. Geſch. 10, 36. da es heißt: GOTT hat ver- kuͤndigen laſſen den Frieden durch JEſum CHriſtum; welcher iſt ein HERR uͤber alles. 3. Zwar ſpricht unſer Heiland Matth. 10, 34. Jhr ſollt nicht waͤhnen, daß ich kom- men bin, Friede zu ſenden auf Erden u. ſ. w. allein alhier verſtehet er durch den Frieden aͤuſ- ſerliche gute und ruhige Tage nach dem Fleiſche; und zeiget an, daß er ſolche zu verſchaffen nicht gekommen ſey, und daß man ſolche bey dem Ev- angelio, ſo da nur auf den Seelen-Frieden gehe, ob es auch wol an ſich friedfertige Menſchen ma- che, nicht zu ſuchen habe. 4. Es lieget aber in den Worten, wenn der HErr JEſus ſelbſt unſer Friede genennet wird, dieſer beſondere Nachdruck, daß wir den Frieden mit GOTT nicht anders erlangen, als in ſol- cher glaͤubigen Gemeinſchaft mit CHriſto, da- durch er mit uns, und wir mit ihm vereiniget werden, alſo daß, wer den HErrn JEſum hat, auch den Frieden in ihm habe, und auſſer der Gemeinſchaft mit JESU kein Friede ſey. 5. Das Ceremonial-Geſetze war nebſt der dazu gehoͤrigen Beſchneidung wie eine zwiſchen den Heiden und Juͤden, als gleichſam zwiſchen zweyen Haͤuſern, aufgefuͤhrte Scheide-Wand; wodurch dieſe von jenen dergeſtalt unterſchieden wurden, daß ſie ſich ſolchen groſſen Unterſcheid wider die goͤttliche Intention auch zu einer Wi- drigkeit gegen einander dienen lieſſen. Es ſchei- net der Apoſtel mit den Worten von der Scheide- Wand, oder dem zwiſchen Juden u. Heiden gezo- genen Zaun wol zu ſehen auf den Unterſcheid, der im Tempel zu Jeruſalem zwiſchen dem Vorhofe der Juden und Heiden war: davon JOSEPHUS de bello Jud. L. VI. c. VI. kan nachgeleſen wer- den. V. 15. Jndem, daß er durch ſein Fleiſch (durch ſeinen in den Verſoͤhnungs-Tod dahin gegebe- nen Leib, durch ſein Blut v. 13.) wegnahm die Feindſchaft (in welcher GOTT, Vermoͤge ſei- ner Straf-Gerechtigkeit, gegen das menſchliche Geſchlecht ſtunde) nemlich das Geſetz, ſo in Geboten geſtellet war (alle Levitiſche Cere- monial-Satzungen, welche eine Anzeigung wa- ren von ſolcher Feindſchaft, gleichwie ſie uns hin- gegen auch die Freundſchaft GOttes vorſtelleten) auf daß er aus zween (Juden und Heiden) einen (ἕνα) neuen Menſchen in ihm ſelber ſchaffete (ſie alſo zur Wiedergeburt braͤchte, daß er ſie dadurch zugleich in ſeine heilige Ge- meinſchaft zoͤge) und Friede machete (derge- ſtalt, daß er den durch die Verſoͤhnung gemachten Frieden mit GOTT auch in ihnen und unter ih- nen aufrichtete. Anmerckungen. 1. Das Wort Feindſchaft pfleget zwar hier und v. 16. gemeiniglich von dem Widerwil- len, worinnen Juden und Heiden gegen einan- der geſtanden, verſtanden zu werden: allein diß iſt viel zu wenig. Denn die Feindſchaft wird alhier dem Frieden entgegen geſetzet; als deſſen zu dreymal gedacht wird, nemlich v. 14. 15. 17. Nun aber wird durch den Frieden die Verſoͤh- nung mit allen ihren Fruͤchten angezeiget. Dan- nenhero durch die Feindſchaft alhier billig zu verſtehen iſt derjenige Unfriede, welcher in der Suͤnde lieget, und wie den Menſchen zum Feinde wider GOTT Rom. 8, 7. alſo auch GOTT, Vermoͤge ſeiner Heiligkeit und unwan- wandelbaren Gerechtigkeit, zum Feinde wider den Menſchen machet. Dieſen Unfrieden hat CHriſtus aufgehoben, und damit zu wege ge- bracht, daß, ſo bald der erworbene Friede in der rechten Heils-Ordnung von Juden und Heiden angenommen wird, auch der Widerwille und Unterſcheid zwiſchen ihnen aufhoͤret. 2. Da durch die Worte, νόμον ἐντολῶν, das Geſetz der Gebote, das Ceremonial-Geſe- tze zu verſtehen iſt, ſo nimmt man das mit der præpoſition ἐν dazu geſetze Wort δόγμασι billig alſo an, daß dadurch das Ceremonial-Geſetz er- klaͤret wird, nemlich fuͤr ein ſolches, welches in willkuͤhrlichen und daher auch leichtlich wieder aufzuhebenden Satzungen beſtanden; in Satzun- gen, welche GOTT verordnet, nicht wie das Moral-Geſetz, nach ſeiner unwandelbaren Natur, ſondern κατὰ τὸ δοκοῦν ἁυτῷ, (Hebr. 12, 10.) nach ſeinem Gutduͤncken. Daß alſo dieſe Bedeu- tung des Worts mit der notione grammatica des Stamm-Worts δοκέω, puto, exiſtimo, uͤber- ein koͤmmt. Wie denn auch daher das Wort δόγμα Luc. 2, 1. und Ap. Geſch. 17, 7. von kaͤy- ſerlichen Verordnungen ſtehet, und τὸ δογματί- ζειν Col. 2, 20. ſo viel heißt, als Ceremonien einfuͤhren. Es iſt auch die Art der Conſtruction alſo gantz gewoͤhnlich, ob gleich das Wort ὄντα nicht dabey ſtehet. 3. Der Apoſtel verknuͤpfet die Feindſchaft mit dem Ceremonial-Geſetze in Anſehung der Abthuung deßwegen, weil dieſes Geſetz dadurch, daß J i i i 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/649>, abgerufen am 24.11.2024.