Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 5, 16-18. an die Epheser. [Spaltenumbruch]
ren, ja wohl schon bey mehrern Alter, so kräftigberuffen ist. Da es schon Schade genug ist, daß man vor der Bekehrung die Zeit so übel anleget, auch in der Kindheit so viel Jahre bey dem Un- verstande verstrichen sind, und ein grosser Theil des gantzen Lebens durch den Schlaf zugebracht wird. 6. Zur Erläuterung dieses Orts dienen nicht wenig die Worte Petri 1 Ep. 4, 2. daß er hinfort, was noch hinterstelliger Zeit im Fleisch ist, nicht der Menschen Lüsten, sondern dem Willen GOttes Lebe. Denn es ist genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens zugebracht haben nach heidni- schem Willen u. s. w. Siehe auch Rom. 13, 13. 7. Die Zeit ist böse, nicht an sich selbst, sondern in Ansehung der Sünde in den Men- schen, dadurch sie böse wird, d. i. allerhand Hinderungen mit sich führet, und einem wider die Ausübung des thätigen Christenthums in den Weg wirft: und daher muß man sich oft davon mit allem Ernst losreissen, und sich da- durch vom Guten nicht abhalten lassen. Und solte uns dieser und jener Vortheil, diese und jene Gunst der Menschen wollen von der nützlichen Anwendung der Zeit abhalten, so muß solches alles verleugnet und mit solchem heilsamen Schaden die Zeit gleichsam gelöset werden. 8. Leute, die ihrer äusserlichen, GOtt an sich selbst nicht mißfälligen, Lebens-Art wegen mit Arbeit dermassen überhäuffet sind, daß sie sich oft kaum die gehörige Zeit zum Essen, ge- schweige zur Betrachtung des göttlichen Worts, oder Lesung der heiligen Schrift und zum Ge- bet nehmen können, die haben vor andern nö- thig die Zeit auszukaufen, und gleichsam zu steh- len, d. i. dahin zu sehen, daß sie hie und da et- was davon zur geistlichen Ubung gewinnen mö- gen, sonderlich zu einer Sammlung des Her- tzens in der Gegenwart GOttes. Und was sich denn gewisser Umstände wegen dißfalls nicht will thun lassen, das müssen sie auf diese Art desto mehr suchen einzubringen, daß sie mitten unter ihren Geschäften ihr Hertz zum öftern zu GOtt erheben, und dieselbe in der Furcht GOt- tes verrichten: welches zwar ohne das geschehen muß. 9. Jst die Zeit so theuer und kostbar, und so sorgfältig anzulegen; wie wollen denn die Müßiggänger ihren Müßiggang, und die Spieler ihre Spiele, damit sie so viel Zeit gantz unnützlicher Weise verderben, immermehr vor GOtt und Menschen verantworten? Und wie albern lautet es nicht, wenn sie ihre eitele Spiel- Lust damit entschuldigen und rechtfertigen wol- len, daß sie sagen, sie spieleten ja nicht ums Geld, oder aus Gewinnsucht, sondern nur aus Zeitvertreib. Gerade, als wäre die Zeit eine so unnütze Sache, welche man also verschleu- dern müste! Und als wäre an der Zeit nicht noch vielmehr gelegen, als am Gelde. 10. Unweise Menschen klagen immer über böse Zeiten, und sie legen die Zeit doch nicht wohl an, verursachen auch wohl selbst, daß sie so arg ist. Weise aber wissen sich also in [Spaltenumbruch] dieselbe zu schicken, daß sie ihnen zum besten die- nen muß. 11. Man sehe von der bösen Zeit auch 1 B. Mos. 47, 9. da Jacob spricht: Die Zeit mei- ner Wallfahrt ist hundert und dreyßig Jahr. Wenig und böse ist die Zeit mei- nes Lebens u. s. w. Siehe auch Ps. 49, 9. und Amos 5, 13. Auf welche Stellen Paulus wol mit mag gesehen haben. Von den letztern bösen Zeiten redet er 2 Tim. 3, 1. Die Grie- chische Redens-Art exagorazein ton kairon fin- det sich Dan. 2, 8. da es heißt: Frist suchen. Paulus gebrauchet sie auch Col. 4, 5. V. 17. Darum (da es so böse und Hinderungs- Anmerckungen. 1. Es kan gar leicht geschehen, daß einer, der wircklich erleuchtet und weise ist, und die Klugheit der Gerechten hat, sich durch allerhand Veranlassungen der bösen Zeit läßt mit hinreis- sen, daß er in seinem Wandel, wider die Er- mahnung v. 15. keine rechte akri[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]eian beweiset, sondern gar unweislich handelt. Darum man wohl über sich zu wachen und zu beten hat. Hätte es Paulus nicht schon an manchen also erfahren, und noch mehr besorget, so würde er diese Warnung nicht gegeben haben. 2. Ja der Mensch hält oft etwas für den Willen GOttes, da er meinet, diß und das, was er vornimmt und thut, sey dem Willen GOttes gar gemäß; und er fehlet doch wol, und findet, bey genauer Selbst-Prüfung, daß er sei- nen eignen Willen für den göttlichen angesehen habe. Darum die Prüfung so viel nöthiger ist. Man sehe davon Rom. 12, 2. Phil. 1, 9-11. Und von dem Willen GOttes heißt es 1 Thess. 4, 3. daß er unsere Heiligung sey, oder dar- auf gehe. V. 18. Und sauffet euch nicht voll Weins, Anmerckungen. 1. Der Wein ist ein solches Wasser, wel- ches nicht die Menschen durch Kunst zum neh- renden Geträncke zubereiten, wie man am Bier siehet; sondern welches GOTT selbst aus der O o o o 2
Cap. 5, 16-18. an die Epheſer. [Spaltenumbruch]
ren, ja wohl ſchon bey mehrern Alter, ſo kraͤftigberuffen iſt. Da es ſchon Schade genug iſt, daß man vor der Bekehrung die Zeit ſo uͤbel anleget, auch in der Kindheit ſo viel Jahre bey dem Un- verſtande verſtrichen ſind, und ein groſſer Theil des gantzen Lebens durch den Schlaf zugebracht wird. 6. Zur Erlaͤuterung dieſes Orts dienen nicht wenig die Worte Petri 1 Ep. 4, 2. daß er hinfort, was noch hinterſtelliger Zeit im Fleiſch iſt, nicht der Menſchen Luͤſten, ſondern dem Willen GOttes Lebe. Denn es iſt genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens zugebracht haben nach heidni- ſchem Willen u. ſ. w. Siehe auch Rom. 13, 13. 7. Die Zeit iſt boͤſe, nicht an ſich ſelbſt, ſondern in Anſehung der Suͤnde in den Men- ſchen, dadurch ſie boͤſe wird, d. i. allerhand Hinderungen mit ſich fuͤhret, und einem wider die Ausuͤbung des thaͤtigen Chriſtenthums in den Weg wirft: und daher muß man ſich oft davon mit allem Ernſt losreiſſen, und ſich da- durch vom Guten nicht abhalten laſſen. Und ſolte uns dieſer und jener Vortheil, dieſe und jene Gunſt der Menſchen wollen von der nuͤtzlichen Anwendung der Zeit abhalten, ſo muß ſolches alles verleugnet und mit ſolchem heilſamen Schaden die Zeit gleichſam geloͤſet werden. 8. Leute, die ihrer aͤuſſerlichen, GOtt an ſich ſelbſt nicht mißfaͤlligen, Lebens-Art wegen mit Arbeit dermaſſen uͤberhaͤuffet ſind, daß ſie ſich oft kaum die gehoͤrige Zeit zum Eſſen, ge- ſchweige zur Betrachtung des goͤttlichen Worts, oder Leſung der heiligen Schrift und zum Ge- bet nehmen koͤnnen, die haben vor andern noͤ- thig die Zeit auszukaufen, und gleichſam zu ſteh- len, d. i. dahin zu ſehen, daß ſie hie und da et- was davon zur geiſtlichen Ubung gewinnen moͤ- gen, ſonderlich zu einer Sammlung des Her- tzens in der Gegenwart GOttes. Und was ſich denn gewiſſer Umſtaͤnde wegen dißfalls nicht will thun laſſen, das muͤſſen ſie auf dieſe Art deſto mehr ſuchen einzubringen, daß ſie mitten unter ihren Geſchaͤften ihr Hertz zum oͤftern zu GOtt erheben, und dieſelbe in der Furcht GOt- tes verrichten: welches zwar ohne das geſchehen muß. 9. Jſt die Zeit ſo theuer und koſtbar, und ſo ſorgfaͤltig anzulegen; wie wollen denn die Muͤßiggaͤnger ihren Muͤßiggang, und die Spieler ihre Spiele, damit ſie ſo viel Zeit gantz unnuͤtzlicher Weiſe verderben, immermehr vor GOtt und Menſchen verantworten? Und wie albern lautet es nicht, wenn ſie ihre eitele Spiel- Luſt damit entſchuldigen und rechtfertigen wol- len, daß ſie ſagen, ſie ſpieleten ja nicht ums Geld, oder aus Gewinnſucht, ſondern nur aus Zeitvertreib. Gerade, als waͤre die Zeit eine ſo unnuͤtze Sache, welche man alſo verſchleu- dern muͤſte! Und als waͤre an der Zeit nicht noch vielmehr gelegen, als am Gelde. 10. Unweiſe Menſchen klagen immer uͤber boͤſe Zeiten, und ſie legen die Zeit doch nicht wohl an, verurſachen auch wohl ſelbſt, daß ſie ſo arg iſt. Weiſe aber wiſſen ſich alſo in [Spaltenumbruch] dieſelbe zu ſchicken, daß ſie ihnen zum beſten die- nen muß. 11. Man ſehe von der boͤſen Zeit auch 1 B. Moſ. 47, 9. da Jacob ſpricht: Die Zeit mei- ner Wallfahrt iſt hundert und dreyßig Jahr. Wenig und boͤſe iſt die Zeit mei- nes Lebens u. ſ. w. Siehe auch Pſ. 49, 9. und Amos 5, 13. Auf welche Stellen Paulus wol mit mag geſehen haben. Von den letztern boͤſen Zeiten redet er 2 Tim. 3, 1. Die Grie- chiſche Redens-Art ἐξαγοραζειν τὸν καιρὸν fin- det ſich Dan. 2, 8. da es heißt: Friſt ſuchen. Paulus gebrauchet ſie auch Col. 4, 5. V. 17. Darum (da es ſo boͤſe und Hinderungs- Anmerckungen. 1. Es kan gar leicht geſchehen, daß einer, der wircklich erleuchtet und weiſe iſt, und die Klugheit der Gerechten hat, ſich durch allerhand Veranlaſſungen der boͤſen Zeit laͤßt mit hinreiſ- ſen, daß er in ſeinem Wandel, wider die Er- mahnung v. 15. keine rechte ἀκρί[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ειαν beweiſet, ſondern gar unweislich handelt. Darum man wohl uͤber ſich zu wachen und zu beten hat. Haͤtte es Paulus nicht ſchon an manchen alſo erfahren, und noch mehr beſorget, ſo wuͤrde er dieſe Warnung nicht gegeben haben. 2. Ja der Menſch haͤlt oft etwas fuͤr den Willen GOttes, da er meinet, diß und das, was er vornimmt und thut, ſey dem Willen GOttes gar gemaͤß; und er fehlet doch wol, und findet, bey genauer Selbſt-Pruͤfung, daß er ſei- nen eignen Willen fuͤr den goͤttlichen angeſehen habe. Darum die Pruͤfung ſo viel noͤthiger iſt. Man ſehe davon Rom. 12, 2. Phil. 1, 9-11. Und von dem Willen GOttes heißt es 1 Theſſ. 4, 3. daß er unſere Heiligung ſey, oder dar- auf gehe. V. 18. Und ſauffet euch nicht voll Weins, Anmerckungen. 1. Der Wein iſt ein ſolches Waſſer, wel- ches nicht die Menſchen durch Kunſt zum neh- renden Getraͤncke zubereiten, wie man am Bier ſiehet; ſondern welches GOTT ſelbſt aus der O o o o 2
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Cap. 5, 16-18. an die Epheſer.
ren, ja wohl ſchon bey mehrern Alter, ſo kraͤftig
beruffen iſt. Da es ſchon Schade genug iſt, daß
man vor der Bekehrung die Zeit ſo uͤbel anleget,
auch in der Kindheit ſo viel Jahre bey dem Un-
verſtande verſtrichen ſind, und ein groſſer Theil
des gantzen Lebens durch den Schlaf zugebracht
wird.
6. Zur Erlaͤuterung dieſes Orts dienen
nicht wenig die Worte Petri 1 Ep. 4, 2. daß
er hinfort, was noch hinterſtelliger Zeit
im Fleiſch iſt, nicht der Menſchen Luͤſten,
ſondern dem Willen GOttes Lebe. Denn
es iſt genug, daß wir die vergangene Zeit
des Lebens zugebracht haben nach heidni-
ſchem Willen u. ſ. w. Siehe auch Rom.
13, 13.
7. Die Zeit iſt boͤſe, nicht an ſich ſelbſt,
ſondern in Anſehung der Suͤnde in den Men-
ſchen, dadurch ſie boͤſe wird, d. i. allerhand
Hinderungen mit ſich fuͤhret, und einem wider
die Ausuͤbung des thaͤtigen Chriſtenthums in
den Weg wirft: und daher muß man ſich oft
davon mit allem Ernſt losreiſſen, und ſich da-
durch vom Guten nicht abhalten laſſen. Und ſolte
uns dieſer und jener Vortheil, dieſe und jene
Gunſt der Menſchen wollen von der nuͤtzlichen
Anwendung der Zeit abhalten, ſo muß ſolches
alles verleugnet und mit ſolchem heilſamen
Schaden die Zeit gleichſam geloͤſet werden.
8. Leute, die ihrer aͤuſſerlichen, GOtt an
ſich ſelbſt nicht mißfaͤlligen, Lebens-Art wegen
mit Arbeit dermaſſen uͤberhaͤuffet ſind, daß ſie
ſich oft kaum die gehoͤrige Zeit zum Eſſen, ge-
ſchweige zur Betrachtung des goͤttlichen Worts,
oder Leſung der heiligen Schrift und zum Ge-
bet nehmen koͤnnen, die haben vor andern noͤ-
thig die Zeit auszukaufen, und gleichſam zu ſteh-
len, d. i. dahin zu ſehen, daß ſie hie und da et-
was davon zur geiſtlichen Ubung gewinnen moͤ-
gen, ſonderlich zu einer Sammlung des Her-
tzens in der Gegenwart GOttes. Und was ſich
denn gewiſſer Umſtaͤnde wegen dißfalls nicht
will thun laſſen, das muͤſſen ſie auf dieſe Art
deſto mehr ſuchen einzubringen, daß ſie mitten
unter ihren Geſchaͤften ihr Hertz zum oͤftern zu
GOtt erheben, und dieſelbe in der Furcht GOt-
tes verrichten: welches zwar ohne das geſchehen
muß.
9. Jſt die Zeit ſo theuer und koſtbar,
und ſo ſorgfaͤltig anzulegen; wie wollen denn
die Muͤßiggaͤnger ihren Muͤßiggang, und die
Spieler ihre Spiele, damit ſie ſo viel Zeit gantz
unnuͤtzlicher Weiſe verderben, immermehr vor
GOtt und Menſchen verantworten? Und wie
albern lautet es nicht, wenn ſie ihre eitele Spiel-
Luſt damit entſchuldigen und rechtfertigen wol-
len, daß ſie ſagen, ſie ſpieleten ja nicht ums
Geld, oder aus Gewinnſucht, ſondern nur aus
Zeitvertreib. Gerade, als waͤre die Zeit eine
ſo unnuͤtze Sache, welche man alſo verſchleu-
dern muͤſte! Und als waͤre an der Zeit nicht
noch vielmehr gelegen, als am Gelde.
10. Unweiſe Menſchen klagen immer
uͤber boͤſe Zeiten, und ſie legen die Zeit doch
nicht wohl an, verurſachen auch wohl ſelbſt, daß
ſie ſo arg iſt. Weiſe aber wiſſen ſich alſo in
dieſelbe zu ſchicken, daß ſie ihnen zum beſten die-
nen muß.
11. Man ſehe von der boͤſen Zeit auch 1 B.
Moſ. 47, 9. da Jacob ſpricht: Die Zeit mei-
ner Wallfahrt iſt hundert und dreyßig
Jahr. Wenig und boͤſe iſt die Zeit mei-
nes Lebens u. ſ. w. Siehe auch Pſ. 49, 9.
und Amos 5, 13. Auf welche Stellen Paulus
wol mit mag geſehen haben. Von den letztern
boͤſen Zeiten redet er 2 Tim. 3, 1. Die Grie-
chiſche Redens-Art ἐξαγοραζειν τὸν καιρὸν fin-
det ſich Dan. 2, 8. da es heißt: Friſt ſuchen.
Paulus gebrauchet ſie auch Col. 4, 5.
V. 17.
Darum (da es ſo boͤſe und Hinderungs-
volle Zeiten ſind) werdet (oder ſeyd) nicht un-
verſtaͤndig (nachdem ihr einmal ein Licht im
HErrn und weiſe geworden ſeyd) ſondern
verſtaͤndig (beweiſet eure Lichts-Kraft und
Weisheit in der That, um wohl zu pruͤfen
und zu erkennen) was da ſey des HErrn
Wille.)
Anmerckungen.
1. Es kan gar leicht geſchehen, daß einer,
der wircklich erleuchtet und weiſe iſt, und die
Klugheit der Gerechten hat, ſich durch allerhand
Veranlaſſungen der boͤſen Zeit laͤßt mit hinreiſ-
ſen, daß er in ſeinem Wandel, wider die Er-
mahnung v. 15. keine rechte ἀκρί_ ειαν beweiſet,
ſondern gar unweislich handelt. Darum
man wohl uͤber ſich zu wachen und zu beten hat.
Haͤtte es Paulus nicht ſchon an manchen alſo
erfahren, und noch mehr beſorget, ſo wuͤrde er
dieſe Warnung nicht gegeben haben.
2. Ja der Menſch haͤlt oft etwas fuͤr den
Willen GOttes, da er meinet, diß und das,
was er vornimmt und thut, ſey dem Willen
GOttes gar gemaͤß; und er fehlet doch wol, und
findet, bey genauer Selbſt-Pruͤfung, daß er ſei-
nen eignen Willen fuͤr den goͤttlichen angeſehen
habe. Darum die Pruͤfung ſo viel noͤthiger iſt.
Man ſehe davon Rom. 12, 2. Phil. 1, 9-11.
Und von dem Willen GOttes heißt es 1 Theſſ.
4, 3. daß er unſere Heiligung ſey, oder dar-
auf gehe.
V. 18.
Und ſauffet euch nicht voll Weins,
(oder eines andern ſtarcken Getraͤncks, als des
Biers und des Branteweins; und zwar weder
in der Geſellſchaft mit andern, noch daheim fuͤr
euch allein,) daraus (darin) ein unordig
(ἀσωτία recht heilloſes) Weſen (iſt und auch)
folget; ſondern werdet voll Geiſtes, (laſ-
ſet euch von dem Heiligen Geiſte, als GOttes
Tempel, alſo erfuͤllen, daß ihr zum Lobe GOttes
ausflieſſet: wie v. 19. folget.)
Anmerckungen.
1. Der Wein iſt ein ſolches Waſſer, wel-
ches nicht die Menſchen durch Kunſt zum neh-
renden Getraͤncke zubereiten, wie man am Bier
ſiehet; ſondern welches GOTT ſelbſt aus
der
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