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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, 16-19.
[Spaltenumbruch] Verstellung nach dem bösen Grunde des falschen
Hertzens, auf lauter Betrug gehen.) Ottern-
Gift ist unter ihren Lippen,
(nach Psalm
140, 4. sie sind von Natur durch die Sünde
Kinder des Teufels, nach dessen Willen sie thun
Joh. 8, 44. 1 Joh. 2, 8. 10. des Teufels, der
den Namen der Otter und der Schlangen füh-
ret Gen. 3. 3 Cor. 11, 3. Apoc. 12, 9. 20, 2.
daher sie auch Otter-Gezüchte genennet wer-
den Matth. 3, 7. 23, 33. als die den geistlichen
Seelen-Gift der herrschenden Sünde und Ver-
leumdung dergestalt unter ihren Lippen haben,
daß, wenn sich dieselbe nur regen, etwas schäd-
liches hervor gehet.) v. 14. Jhr Mund ist
voll Fluchens und Bitterkeit
) damit sie, als
mit einem Gift und mit einer Seuche ihren
Nechsten gleichsam anstecken. Siehe Psalm 10,
7.) v. 15. Jhre Füsse sind (nach dem Triebe
des feindseligen und mörderischen Hertzens) ei-
lend
(und fertig) Blut zu vergiessen, (und al-
so den Leib zu diesem Zwecke fortzutragen. Sie-
he Prov. 1, 16. Jes. 59, 7. daher diese Worte ge-
nommen sind.)

V. 16. 17. 18.

Jhr Weg (alles ihr Vornehmen und
Thun, ihr gantzer Wandel) ist eitel Unfall
und Hertzeleid,
(sie gehen damit um, wie sie
andern nur lauter Unfall und Hertzeleid zurich-
ten mögen, womit sie denn ihr eigenes Unglück
und Verderben häufen, nach Jes. 59, 7.) v. 17.
Und den Weg des Friedens (ibid. v. 8. dar-
auf lauter Friedfertigkeit, auch Friede und Heil
für die Seele in GOtt und mit GOtt ist, und
der da der schmale heißt, welcher zum Leben füh-
ret Matth. 7, 14.) wissen sie nicht (sind auch
meistentheils also geartet, daß sie ihn nicht er-
kennen und gehen wollen, wenn er ihnen schon
gezeiget wird: sondern dafür gehen sie lieber in
die Jrre Jes. 53, 6. und folgen ihren blinden Lei-
tern nach, und machen sich und andern lauter
Unruhe.) v. 18. Es ist keine Furcht GOt-
tes vor ihren Augen
(nach Psalm 35, 2. Gen.
20, 11. sie glauben und stellen sich die Allgegen-
wart GOttes nicht also vor, daß sie davon zur
Ehrfurcht vor ihm, und zum heiligen Wandel,
auch zur Verabscheung der Sünde einen tiefen
Eindruck hätten, vielmehr, als vor der Gegen-
wart eines ansehnlichen und ehrwürdigen Man-
nes, vor dem man Scheu träget, dieses und je-
nes böse zu thun oder zu reden.)

Anmerckungen.

1. Der Apostel anatomiret gleichsam den
im Verderben liegenden alten Menschen, und
zeiget, daß durch und durch, gleichsam vom
Haupte bis zum Fusse, nichts geistlich gesundes
an ihm sey. Denn v. 9. 10. redet er überhaupt
von dem Verderben, so da bestehet in der Sün-
de und in der Ermangelung der Gerechtigkeit.
Darauf kömmt er v. 11. auf die Haupt-Kräfte
der Seele, auf den Verstand und den Willen,
mit der Anzeige, daß der Mensch von Natur
weder GOtt recht erkenne, noch auch nach ihm
also frage, wie es sich gebühret: und daß er da-
her in einer gäntzlichen Abweichung von GOtt
[Spaltenumbruch] und Untüchtigkeit zu allem Guten sich befinde.
v. 12. Da nun aus solchem verderbten Grunde
nichts als böses herkommen kan, so kömmt er v.
13 --17. auf die effectus, oder bösen Früchte,
welche von solcher caussa entstehen. Da er denn
vorstellet, wie dieselbe durch ihren Schlund,
durch ihre Zunge und Lippen, durch ihren Mund
und ihre Füsse auf ihren sündlichen Wegen her-
vor kommen. Und zuletzt kömmt er v. 18. wie-
der zurück auf die Ermangelung alles Guten in
ihrer Seele, als die gantz ohne die wahre Furcht
GOttes sey.

2. Wenn auch schon solche Ausbrüche sich
nicht bey einem ieden Menschen bey einander be-
finden; so lieget der Grund davon doch in einem
jeden, und äussert sich derselbe auch bald auf eine
gröbere, bald auf eine subtilere Art, also, daß
sich keiner davon ausnehmen kan: zumal da es
bey wenigen Ausbrüchen oft mehr an der Gele-
genheit und dem Vermögen, als am bösen Wil-
len fehlet.

V. 19.

Wir wissen aber, daß, was das Ge-
setz
(das Moral-Gesetze, wie es nicht allein in
die Zehen Gebote verfasset, sondern auch in den
Büchern des Alten Testaments vielfältig er-
läutert und eingeschärfet ist) saget, das saget
es denen, die unter dem Gesetze sind,
(das
ist zuvorderst den Juden, welchen das Gesetz ge-
geben ist, also daß sich diese von den Heiden,
deren eben so arger Zustand in den angeführten
Schrift-Stellen mit bezeichnet, und ohne das
oben im ersten Capitel bereits mit mehrern be-
schrieben worden, in Ansehung des natürlichen
Verderbens nicht ausnehmen können) auf daß
aller
(sich vor GOtt in vermeinter eigner Ge-
rechtigkeit selbst rühmender) Mund (so wol der
Jüden, als der Heiden) verstopfet, (oder ver-
schlossen) werde, (daß er sich im eitlen Ruhm
eigner Verdienste, gegen das Evangelium von
Nothwendigkeit der Gnade in Christo, mit Fug
und Recht nicht aufthun könne) und alle Welt
(und also die Juden und Heiden ohne alle Aus-
nahme, alle Menschen, wie sie ausser Christo
und der Gnade der verderbten Natur nach anzu-
sehen sind) GOtt schuldig sey, (nach der An-
klage des Gesetzes dem gerechten Straf-Gerich-
te GOttes zur Verdammniß dergestalt unter-
worfen sey, daß sie sich davon noch weniger los-
machen kan, als ein in seinen Ketten und Ban-
den vor das Gericht gestelleter tief verschuldeter
Delinquent: und demnach ein ieder mit bußfer-
tigem Hertzen zu erkennen hat, daß er eines Mitt-
lers und Erlösers, der ihn vor Gericht vertrete,
höchstbenöthigt sey.

Anmerckungen.
1. Es ist, wie schon zuvor v. 9. gedacht, die-
ser Ort wohl zu mercken, als darinnen der
Schluß lieget von der bisherigen gantzen Tra-
ctation.
Denn nachdem der Apostel im Ein-
gange des Briefes bis an den 17. vers eine kurtze
Vorstellung von seinem Apostolischen Amt und
vom Evangelio gethan hatte, und darauf erwei-
sen wolte, wie unentbehrlich dasselbe aller Welt,
oder

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 16-19.
[Spaltenumbruch] Verſtellung nach dem boͤſen Grunde des falſchen
Hertzens, auf lauter Betrug gehen.) Ottern-
Gift iſt unter ihren Lippen,
(nach Pſalm
140, 4. ſie ſind von Natur durch die Suͤnde
Kinder des Teufels, nach deſſen Willen ſie thun
Joh. 8, 44. 1 Joh. 2, 8. 10. des Teufels, der
den Namen der Otter und der Schlangen fuͤh-
ret Gen. 3. 3 Cor. 11, 3. Apoc. 12, 9. 20, 2.
daher ſie auch Otter-Gezuͤchte genennet wer-
den Matth. 3, 7. 23, 33. als die den geiſtlichen
Seelen-Gift der herrſchenden Suͤnde und Ver-
leumdung dergeſtalt unter ihren Lippen haben,
daß, wenn ſich dieſelbe nur regen, etwas ſchaͤd-
liches hervor gehet.) v. 14. Jhr Mund iſt
voll Fluchens und Bitterkeit
) damit ſie, als
mit einem Gift und mit einer Seuche ihren
Nechſten gleichſam anſtecken. Siehe Pſalm 10,
7.) v. 15. Jhre Fuͤſſe ſind (nach dem Triebe
des feindſeligen und moͤrderiſchen Hertzens) ei-
lend
(und fertig) Blut zu vergieſſen, (und al-
ſo den Leib zu dieſem Zwecke fortzutragen. Sie-
he Prov. 1, 16. Jeſ. 59, 7. daher dieſe Worte ge-
nommen ſind.)

V. 16. 17. 18.

Jhr Weg (alles ihr Vornehmen und
Thun, ihr gantzer Wandel) iſt eitel Unfall
und Hertzeleid,
(ſie gehen damit um, wie ſie
andern nur lauter Unfall und Hertzeleid zurich-
ten moͤgen, womit ſie denn ihr eigenes Ungluͤck
und Verderben haͤufen, nach Jeſ. 59, 7.) v. 17.
Und den Weg des Friedens (ibid. v. 8. dar-
auf lauter Friedfertigkeit, auch Friede und Heil
fuͤr die Seele in GOtt und mit GOtt iſt, und
der da der ſchmale heißt, welcher zum Leben fuͤh-
ret Matth. 7, 14.) wiſſen ſie nicht (ſind auch
meiſtentheils alſo geartet, daß ſie ihn nicht er-
kennen und gehen wollen, wenn er ihnen ſchon
gezeiget wird: ſondern dafuͤr gehen ſie lieber in
die Jrre Jeſ. 53, 6. und folgen ihren blinden Lei-
tern nach, und machen ſich und andern lauter
Unruhe.) v. 18. Es iſt keine Furcht GOt-
tes vor ihren Augen
(nach Pſalm 35, 2. Gen.
20, 11. ſie glauben und ſtellen ſich die Allgegen-
wart GOttes nicht alſo vor, daß ſie davon zur
Ehrfurcht vor ihm, und zum heiligen Wandel,
auch zur Verabſcheung der Suͤnde einen tiefen
Eindruck haͤtten, vielmehr, als vor der Gegen-
wart eines anſehnlichen und ehrwuͤrdigen Man-
nes, vor dem man Scheu traͤget, dieſes und je-
nes boͤſe zu thun oder zu reden.)

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel anatomiret gleichſam den
im Verderben liegenden alten Menſchen, und
zeiget, daß durch und durch, gleichſam vom
Haupte bis zum Fuſſe, nichts geiſtlich geſundes
an ihm ſey. Denn v. 9. 10. redet er uͤberhaupt
von dem Verderben, ſo da beſtehet in der Suͤn-
de und in der Ermangelung der Gerechtigkeit.
Darauf koͤmmt er v. 11. auf die Haupt-Kraͤfte
der Seele, auf den Verſtand und den Willen,
mit der Anzeige, daß der Menſch von Natur
weder GOtt recht erkenne, noch auch nach ihm
alſo frage, wie es ſich gebuͤhret: und daß er da-
her in einer gaͤntzlichen Abweichung von GOtt
[Spaltenumbruch] und Untuͤchtigkeit zu allem Guten ſich befinde.
v. 12. Da nun aus ſolchem verderbten Grunde
nichts als boͤſes herkommen kan, ſo koͤmmt er v.
13 ‒‒17. auf die effectus, oder boͤſen Fruͤchte,
welche von ſolcher cauſſa entſtehen. Da er denn
vorſtellet, wie dieſelbe durch ihren Schlund,
durch ihre Zunge und Lippen, durch ihren Mund
und ihre Fuͤſſe auf ihren ſuͤndlichen Wegen her-
vor kommen. Und zuletzt koͤmmt er v. 18. wie-
der zuruͤck auf die Ermangelung alles Guten in
ihrer Seele, als die gantz ohne die wahre Furcht
GOttes ſey.

2. Wenn auch ſchon ſolche Ausbruͤche ſich
nicht bey einem ieden Menſchen bey einander be-
finden; ſo lieget der Grund davon doch in einem
jeden, und aͤuſſert ſich derſelbe auch bald auf eine
groͤbere, bald auf eine ſubtilere Art, alſo, daß
ſich keiner davon ausnehmen kan: zumal da es
bey wenigen Ausbruͤchen oft mehr an der Gele-
genheit und dem Vermoͤgen, als am boͤſen Wil-
len fehlet.

V. 19.

Wir wiſſen aber, daß, was das Ge-
ſetz
(das Moral-Geſetze, wie es nicht allein in
die Zehen Gebote verfaſſet, ſondern auch in den
Buͤchern des Alten Teſtaments vielfaͤltig er-
laͤutert und eingeſchaͤrfet iſt) ſaget, das ſaget
es denen, die unter dem Geſetze ſind,
(das
iſt zuvorderſt den Juden, welchen das Geſetz ge-
geben iſt, alſo daß ſich dieſe von den Heiden,
deren eben ſo arger Zuſtand in den angefuͤhrten
Schrift-Stellen mit bezeichnet, und ohne das
oben im erſten Capitel bereits mit mehrern be-
ſchrieben worden, in Anſehung des natuͤrlichen
Verderbens nicht ausnehmen koͤnnen) auf daß
aller
(ſich vor GOtt in vermeinter eigner Ge-
rechtigkeit ſelbſt ruͤhmender) Mund (ſo wol der
Juͤden, als der Heiden) verſtopfet, (oder ver-
ſchloſſen) werde, (daß er ſich im eitlen Ruhm
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Nothwendigkeit der Gnade in Chriſto, mit Fug
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(und alſo die Juden und Heiden ohne alle Aus-
nahme, alle Menſchen, wie ſie auſſer Chriſto
und der Gnade der verderbten Natur nach anzu-
ſehen ſind) GOtt ſchuldig ſey, (nach der An-
klage des Geſetzes dem gerechten Straf-Gerich-
te GOttes zur Verdammniß dergeſtalt unter-
worfen ſey, daß ſie ſich davon noch weniger los-
machen kan, als ein in ſeinen Ketten und Ban-
den vor das Gericht geſtelleter tief verſchuldeter
Delinquent: und demnach ein ieder mit bußfer-
tigem Hertzen zu erkennen hat, daß er eines Mitt-
lers und Erloͤſers, der ihn vor Gericht vertrete,
hoͤchſtbenoͤthigt ſey.

Anmerckungen.
1. Es iſt, wie ſchon zuvor v. 9. gedacht, die-
ſer Ort wohl zu mercken, als darinnen der
Schluß lieget von der bisherigen gantzen Tra-
ctation.
Denn nachdem der Apoſtel im Ein-
gange des Briefes bis an den 17. vers eine kurtze
Vorſtellung von ſeinem Apoſtoliſchen Amt und
vom Evangelio gethan hatte, und darauf erwei-
ſen wolte, wie unentbehrlich daſſelbe aller Welt,
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[50/0078] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 16-19. Verſtellung nach dem boͤſen Grunde des falſchen Hertzens, auf lauter Betrug gehen.) Ottern- Gift iſt unter ihren Lippen, (nach Pſalm 140, 4. ſie ſind von Natur durch die Suͤnde Kinder des Teufels, nach deſſen Willen ſie thun Joh. 8, 44. 1 Joh. 2, 8. 10. des Teufels, der den Namen der Otter und der Schlangen fuͤh- ret Gen. 3. 3 Cor. 11, 3. Apoc. 12, 9. 20, 2. daher ſie auch Otter-Gezuͤchte genennet wer- den Matth. 3, 7. 23, 33. als die den geiſtlichen Seelen-Gift der herrſchenden Suͤnde und Ver- leumdung dergeſtalt unter ihren Lippen haben, daß, wenn ſich dieſelbe nur regen, etwas ſchaͤd- liches hervor gehet.) v. 14. Jhr Mund iſt voll Fluchens und Bitterkeit) damit ſie, als mit einem Gift und mit einer Seuche ihren Nechſten gleichſam anſtecken. Siehe Pſalm 10, 7.) v. 15. Jhre Fuͤſſe ſind (nach dem Triebe des feindſeligen und moͤrderiſchen Hertzens) ei- lend (und fertig) Blut zu vergieſſen, (und al- ſo den Leib zu dieſem Zwecke fortzutragen. Sie- he Prov. 1, 16. Jeſ. 59, 7. daher dieſe Worte ge- nommen ſind.) V. 16. 17. 18. Jhr Weg (alles ihr Vornehmen und Thun, ihr gantzer Wandel) iſt eitel Unfall und Hertzeleid, (ſie gehen damit um, wie ſie andern nur lauter Unfall und Hertzeleid zurich- ten moͤgen, womit ſie denn ihr eigenes Ungluͤck und Verderben haͤufen, nach Jeſ. 59, 7.) v. 17. Und den Weg des Friedens (ibid. v. 8. dar- auf lauter Friedfertigkeit, auch Friede und Heil fuͤr die Seele in GOtt und mit GOtt iſt, und der da der ſchmale heißt, welcher zum Leben fuͤh- ret Matth. 7, 14.) wiſſen ſie nicht (ſind auch meiſtentheils alſo geartet, daß ſie ihn nicht er- kennen und gehen wollen, wenn er ihnen ſchon gezeiget wird: ſondern dafuͤr gehen ſie lieber in die Jrre Jeſ. 53, 6. und folgen ihren blinden Lei- tern nach, und machen ſich und andern lauter Unruhe.) v. 18. Es iſt keine Furcht GOt- tes vor ihren Augen (nach Pſalm 35, 2. Gen. 20, 11. ſie glauben und ſtellen ſich die Allgegen- wart GOttes nicht alſo vor, daß ſie davon zur Ehrfurcht vor ihm, und zum heiligen Wandel, auch zur Verabſcheung der Suͤnde einen tiefen Eindruck haͤtten, vielmehr, als vor der Gegen- wart eines anſehnlichen und ehrwuͤrdigen Man- nes, vor dem man Scheu traͤget, dieſes und je- nes boͤſe zu thun oder zu reden.) Anmerckungen. 1. Der Apoſtel anatomiret gleichſam den im Verderben liegenden alten Menſchen, und zeiget, daß durch und durch, gleichſam vom Haupte bis zum Fuſſe, nichts geiſtlich geſundes an ihm ſey. Denn v. 9. 10. redet er uͤberhaupt von dem Verderben, ſo da beſtehet in der Suͤn- de und in der Ermangelung der Gerechtigkeit. Darauf koͤmmt er v. 11. auf die Haupt-Kraͤfte der Seele, auf den Verſtand und den Willen, mit der Anzeige, daß der Menſch von Natur weder GOtt recht erkenne, noch auch nach ihm alſo frage, wie es ſich gebuͤhret: und daß er da- her in einer gaͤntzlichen Abweichung von GOtt und Untuͤchtigkeit zu allem Guten ſich befinde. v. 12. Da nun aus ſolchem verderbten Grunde nichts als boͤſes herkommen kan, ſo koͤmmt er v. 13 ‒‒17. auf die effectus, oder boͤſen Fruͤchte, welche von ſolcher cauſſa entſtehen. Da er denn vorſtellet, wie dieſelbe durch ihren Schlund, durch ihre Zunge und Lippen, durch ihren Mund und ihre Fuͤſſe auf ihren ſuͤndlichen Wegen her- vor kommen. Und zuletzt koͤmmt er v. 18. wie- der zuruͤck auf die Ermangelung alles Guten in ihrer Seele, als die gantz ohne die wahre Furcht GOttes ſey. 2. Wenn auch ſchon ſolche Ausbruͤche ſich nicht bey einem ieden Menſchen bey einander be- finden; ſo lieget der Grund davon doch in einem jeden, und aͤuſſert ſich derſelbe auch bald auf eine groͤbere, bald auf eine ſubtilere Art, alſo, daß ſich keiner davon ausnehmen kan: zumal da es bey wenigen Ausbruͤchen oft mehr an der Gele- genheit und dem Vermoͤgen, als am boͤſen Wil- len fehlet. V. 19. Wir wiſſen aber, daß, was das Ge- ſetz (das Moral-Geſetze, wie es nicht allein in die Zehen Gebote verfaſſet, ſondern auch in den Buͤchern des Alten Teſtaments vielfaͤltig er- laͤutert und eingeſchaͤrfet iſt) ſaget, das ſaget es denen, die unter dem Geſetze ſind, (das iſt zuvorderſt den Juden, welchen das Geſetz ge- geben iſt, alſo daß ſich dieſe von den Heiden, deren eben ſo arger Zuſtand in den angefuͤhrten Schrift-Stellen mit bezeichnet, und ohne das oben im erſten Capitel bereits mit mehrern be- ſchrieben worden, in Anſehung des natuͤrlichen Verderbens nicht ausnehmen koͤnnen) auf daß aller (ſich vor GOtt in vermeinter eigner Ge- rechtigkeit ſelbſt ruͤhmender) Mund (ſo wol der Juͤden, als der Heiden) verſtopfet, (oder ver- ſchloſſen) werde, (daß er ſich im eitlen Ruhm eigner Verdienſte, gegen das Evangelium von Nothwendigkeit der Gnade in Chriſto, mit Fug und Recht nicht aufthun koͤnne) und alle Welt (und alſo die Juden und Heiden ohne alle Aus- nahme, alle Menſchen, wie ſie auſſer Chriſto und der Gnade der verderbten Natur nach anzu- ſehen ſind) GOtt ſchuldig ſey, (nach der An- klage des Geſetzes dem gerechten Straf-Gerich- te GOttes zur Verdammniß dergeſtalt unter- worfen ſey, daß ſie ſich davon noch weniger los- machen kan, als ein in ſeinen Ketten und Ban- den vor das Gericht geſtelleter tief verſchuldeter Delinquent: und demnach ein ieder mit bußfer- tigem Hertzen zu erkennen hat, daß er eines Mitt- lers und Erloͤſers, der ihn vor Gericht vertrete, hoͤchſtbenoͤthigt ſey. Anmerckungen. 1. Es iſt, wie ſchon zuvor v. 9. gedacht, die- ſer Ort wohl zu mercken, als darinnen der Schluß lieget von der bisherigen gantzen Tra- ctation. Denn nachdem der Apoſtel im Ein- gange des Briefes bis an den 17. vers eine kurtze Vorſtellung von ſeinem Apoſtoliſchen Amt und vom Evangelio gethan hatte, und darauf erwei- ſen wolte, wie unentbehrlich daſſelbe aller Welt, oder

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/78>, abgerufen am 24.11.2024.