Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 3, v. 10. 11. an die Colosser.
[Spaltenumbruch] serlicher Mensch gleich verweset, so wird
doch der innerliche von Tage zu Tage er-
neuert.
Da wir sehen, daß der innere und
der neue Mensch nicht einerley ist, weil der in-
nere
Mensch erneuret wird. Und wenn denn
der innerliche, oder inwendige Mensch, erneuret
ist, oder erneuret wird, so gebrauchet er noch im-
mer fernerer Erneuerung und Stärckung. Dar-
um Pauli Gebet für die Ephesier c. 3, 16. dahin
ging, daß sie möchten starck werden durch
den Geist GOTTes an dem inwendigen
Menschen.
Die Parallel-Oerter von der Er-
neuerung zum Ebenbilde GOttes sehe man 2.
Cor. 3, 18. Eph. 3, 22-24.
V. 11.

Da nicht ist Grieche, Jüde, Beschnei-
dung, Vorhaut, Ungrieche, Scytha,
Knecht, Freyer; sondern alles
(was man
nur zur Seligkeit nöthig hat,) und in allen
(solchen Lenten von unterschiedlichen Völckern
und Arten) CHristus (allein, ohne daß die
Heidnische Philosophie, oder die Jüdische Be-
schneidung, etwas dazu beytrage.)

Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach mit dem vor-
hergehenden will der Apostel so viel sagen: opou
da, bey dem Geschäffte der Seligkeit und Er-
neuerung des Menschen zum Ebenbilde GOttes,
gilt kein Unterscheid der Nationen und darinnen
des äusserlichen Standes, als wenn iemand an
demselben an sich selbst ein Mittel und eine be-
sondere Förderung, oder eine Hinderung zum
Reiche GOttes hätte, sondern es kömmt dar-
inn alles bey allen allein auf CHristum an.
Weder der Heidnische Philosophus, noch der
Jüdische Gesetz-Eiverer hat etwas, das ihm an
sich selbst ohne CHristum zum Reiche GOttes
beforderlich wäre: noch der, welchem beydes
fehlet, hat deswegen einen Mangel an dem We-
ge und an den Mitteln zur Seligkeit, weil es
alles allein auf CHristum ankömmt.
2. Der Apostel machet einen vierfachen
Unterscheid der Leute. Erstlich nennet er Grie-
chen
und Jüden; da jene auf die Philoso-
phie,
diese auf die Beschneidung, und auf ih-
ren übrigen, im verdienstlichen Verstande ge-
nommenen, gesetzlichen Gehorsam alles ankom-
men liessen. Der andere Unterscheid dienet zur
Erläuterung des ersten, da die Jüden die Be-
schneidung,
die Griechen, oder Heiden die
Vorhaut genennet werden. Der dritte Un-
terscheid, Barbar, Scythe, wird zur Erläu-
terung des Worts Vorhaut, oder des Hei-
denthums hinzu gesetzet: da es denn von allen
ungriechischen Heiden heißt, daß sie sind Bar-
bari, Leute, die einer andern, als der Grie-
chischen Sprache sind; und zwar gegen Mor-
gen und Mittag; gegen Mitternacht aber die
Scythen, ein sehr altes und grosses Volck, da-
durch alle mitternächtige Völcker verstanden
werden. Und da für die abendländische Na-
tionen kein besonders Wort gesetzet ist, so ver-
stehet man sie füglich unter dem gemeinen Na-
[Spaltenumbruch] men der Vorhaut. Der vierte Unterscheid ist
hergenommen von dem Stande aller solcher
Völcker, nach welchem sie entweder in der Frey-
heit,
oder in der leibeigenen Knechtschaft
stunden.
3. Gleichwie nun dieser vielfache Unter-
scheid zum Reiche GOTT es nichts thut, und
daran an sich selbst weder hinderlich ist, wenn er
nur nicht hinderlich gemachet wird; noch eine
Beforderung bringet: so heißt es hingegen: Al-
les und in allen CHristus. CHristus ist
alles, da in ihm die gantze Fülle der Gott-
heit leibhaftig wohnet
c. 2, 9. und daher, weil
man aus seiner Fülle nimmt Gnade um Gna-
de, und alle Glieder aus ihm, und von ihm,
dem hochgelobten Haupte, erfüllet werden c. 2,
v. 10. Joh. 1, 16. so ist er uns alles und schen-
cket uns alles:
als der uns von GOTT ge-
machet ist zur Weisheit, zur Gerechtigkeit,
zur Heiligung und zur Erlösung.
1 Cor. 1,
30. Daher Paulus Phil. 4, 13. sagen konte:
Jch vermag alles durch den, der mich
mächtig machet, CHristum.
Und Johan-
nes spricht daher 1. Ep. c. 2, 27. von den Gläubi-
gen: Jhr habt die Salbung von dem, der
da heilig ist
(von CHristo) und wisset al-
les.
4. Gleichwie CHristus ist alles: also ist
er auch alles in allen, nemlich vorgedachten
Menschen, ohne Unterscheid der Nationen und
der Stände. Und er ist ihnen dergestalt alles,
daß ihnen alles sein erworbenes Heil also soll zu
gute kommen, daß er dadurch in ihnen eine Ge-
stalt gewinne, und immer mehr verkläret wer-
de. Es siehet demnach Paulus mit dem Wört-
lein in auf die Vereinigung und Gemeinschaft
CHristi mit den Gläubigen, daß wie sie sind in
CHristo,
so will CHristus auch in ihnen
seyn.
5. Es sind dieses sehr schöne Worte, und
dienen sie zur fernern Application. Da Chri-
stus mit seinen Heils-Gütern alles zur geheilig-
ten Ehre und Würde, zur gereinigten Lust
und Freude, zum wahren und beständigen
Reichthum ist; so stirbet ein gläubiges Glied
CHristi dem Ehr- und Geld-Geitze, auch der
fleischlichen Wollust gerne und willig ab, weil
es etwas bessers in CHristo hat.
6. Hingegen wer sich aus den eitlen Din-
gen dieser Welt noch etwas grosses machet, dem
ist CHristus in der That gleichsam nichts, und
wenn er ihn gleich mit Worten über alles er-
hebet.
7. Jst CHristus ohne alle Ausnahme
nicht allein alles, sondern auch alles in allen;
so sind dieses auch gar tröstliche Worte für alle
Angefochtene und Schwache, daß er auch ihren
und in ihnen alles seyn will. Damit auch Pau-
lus selbst aufgerichtet wurde, wenn er in seinen
hohen Anfechtungen CHristum anrief, und zu
einem Troste diese Antwort empfing: Laß
dir an meiner Gnade genügen: denn mei-
ne Kraft ist in den Schwachen mächtig.

2 Cor. 12, 9.
8. Die Parallel-Oerter sind sonderlich
diese:
Rom.
J i i i i
Cap. 3, v. 10. 11. an die Coloſſer.
[Spaltenumbruch] ſerlicher Menſch gleich verweſet, ſo wird
doch der innerliche von Tage zu Tage er-
neuert.
Da wir ſehen, daß der innere und
der neue Menſch nicht einerley iſt, weil der in-
nere
Menſch erneuret wird. Und wenn denn
der innerliche, oder inwendige Menſch, erneuret
iſt, oder erneuret wird, ſo gebrauchet er noch im-
mer fernerer Erneuerung und Staͤrckung. Dar-
um Pauli Gebet fuͤr die Epheſier c. 3, 16. dahin
ging, daß ſie moͤchten ſtarck werden durch
den Geiſt GOTTes an dem inwendigen
Menſchen.
Die Parallel-Oerter von der Er-
neuerung zum Ebenbilde GOttes ſehe man 2.
Cor. 3, 18. Eph. 3, 22-24.
V. 11.

Da nicht iſt Grieche, Juͤde, Beſchnei-
dung, Vorhaut, Ungrieche, Scytha,
Knecht, Freyer; ſondern alles
(was man
nur zur Seligkeit noͤthig hat,) und in allen
(ſolchen Lenten von unterſchiedlichen Voͤlckern
und Arten) CHriſtus (allein, ohne daß die
Heidniſche Philoſophie, oder die Juͤdiſche Be-
ſchneidung, etwas dazu beytrage.)

Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach mit dem vor-
hergehenden will der Apoſtel ſo viel ſagen: ὅπου
da, bey dem Geſchaͤffte der Seligkeit und Er-
neuerung des Menſchen zum Ebenbilde GOttes,
gilt kein Unterſcheid der Nationen und darinnen
des aͤuſſerlichen Standes, als wenn iemand an
demſelben an ſich ſelbſt ein Mittel und eine be-
ſondere Foͤrderung, oder eine Hinderung zum
Reiche GOttes haͤtte, ſondern es koͤmmt dar-
inn alles bey allen allein auf CHriſtum an.
Weder der Heidniſche Philoſophus, noch der
Juͤdiſche Geſetz-Eiverer hat etwas, das ihm an
ſich ſelbſt ohne CHriſtum zum Reiche GOttes
beforderlich waͤre: noch der, welchem beydes
fehlet, hat deswegen einen Mangel an dem We-
ge und an den Mitteln zur Seligkeit, weil es
alles allein auf CHriſtum ankoͤmmt.
2. Der Apoſtel machet einen vierfachen
Unterſcheid der Leute. Erſtlich nennet er Grie-
chen
und Juͤden; da jene auf die Philoſo-
phie,
dieſe auf die Beſchneidung, und auf ih-
ren uͤbrigen, im verdienſtlichen Verſtande ge-
nommenen, geſetzlichen Gehorſam alles ankom-
men lieſſen. Der andere Unterſcheid dienet zur
Erlaͤuterung des erſten, da die Juͤden die Be-
ſchneidung,
die Griechen, oder Heiden die
Vorhaut genennet werden. Der dritte Un-
terſcheid, Barbar, Scythe, wird zur Erlaͤu-
terung des Worts Vorhaut, oder des Hei-
denthums hinzu geſetzet: da es denn von allen
ungriechiſchen Heiden heißt, daß ſie ſind Bar-
bari, Leute, die einer andern, als der Grie-
chiſchen Sprache ſind; und zwar gegen Mor-
gen und Mittag; gegen Mitternacht aber die
Scythen, ein ſehr altes und groſſes Volck, da-
durch alle mitternaͤchtige Voͤlcker verſtanden
werden. Und da fuͤr die abendlaͤndiſche Na-
tionen kein beſonders Wort geſetzet iſt, ſo ver-
ſtehet man ſie fuͤglich unter dem gemeinen Na-
[Spaltenumbruch] men der Vorhaut. Der vierte Unterſcheid iſt
hergenommen von dem Stande aller ſolcher
Voͤlcker, nach welchem ſie entweder in der Frey-
heit,
oder in der leibeigenen Knechtſchaft
ſtunden.
3. Gleichwie nun dieſer vielfache Unter-
ſcheid zum Reiche GOTT es nichts thut, und
daran an ſich ſelbſt weder hinderlich iſt, wenn er
nur nicht hinderlich gemachet wird; noch eine
Beforderung bringet: ſo heißt es hingegen: Al-
les und in allen CHriſtus. CHriſtus iſt
alles, da in ihm die gantze Fuͤlle der Gott-
heit leibhaftig wohnet
c. 2, 9. und daher, weil
man aus ſeiner Fuͤlle nimmt Gnade um Gna-
de, und alle Glieder aus ihm, und von ihm,
dem hochgelobten Haupte, erfuͤllet werden c. 2,
v. 10. Joh. 1, 16. ſo iſt er uns alles und ſchen-
cket uns alles:
als der uns von GOTT ge-
machet iſt zur Weisheit, zur Gerechtigkeit,
zur Heiligung und zur Erloͤſung.
1 Cor. 1,
30. Daher Paulus Phil. 4, 13. ſagen konte:
Jch vermag alles durch den, der mich
maͤchtig machet, CHriſtum.
Und Johan-
nes ſpricht daher 1. Ep. c. 2, 27. von den Glaͤubi-
gen: Jhr habt die Salbung von dem, der
da heilig iſt
(von CHriſto) und wiſſet al-
les.
4. Gleichwie CHriſtus iſt alles: alſo iſt
er auch alles in allen, nemlich vorgedachten
Menſchen, ohne Unterſcheid der Nationen und
der Staͤnde. Und er iſt ihnen dergeſtalt alles,
daß ihnen alles ſein erworbenes Heil alſo ſoll zu
gute kommen, daß er dadurch in ihnen eine Ge-
ſtalt gewinne, und immer mehr verklaͤret wer-
de. Es ſiehet demnach Paulus mit dem Woͤrt-
lein in auf die Vereinigung und Gemeinſchaft
CHriſti mit den Glaͤubigen, daß wie ſie ſind in
CHriſto,
ſo will CHriſtus auch in ihnen
ſeyn.
5. Es ſind dieſes ſehr ſchoͤne Worte, und
dienen ſie zur fernern Application. Da Chri-
ſtus mit ſeinen Heils-Guͤtern alles zur geheilig-
ten Ehre und Wuͤrde, zur gereinigten Luſt
und Freude, zum wahren und beſtaͤndigen
Reichthum iſt; ſo ſtirbet ein glaͤubiges Glied
CHriſti dem Ehr- und Geld-Geitze, auch der
fleiſchlichen Wolluſt gerne und willig ab, weil
es etwas beſſers in CHriſto hat.
6. Hingegen wer ſich aus den eitlen Din-
gen dieſer Welt noch etwas groſſes machet, dem
iſt CHriſtus in der That gleichſam nichts, und
wenn er ihn gleich mit Worten uͤber alles er-
hebet.
7. Jſt CHriſtus ohne alle Ausnahme
nicht allein alles, ſondern auch alles in allen;
ſo ſind dieſes auch gar troͤſtliche Worte fuͤr alle
Angefochtene und Schwache, daß er auch ihren
und in ihnen alles ſeyn will. Damit auch Pau-
lus ſelbſt aufgerichtet wurde, wenn er in ſeinen
hohen Anfechtungen CHriſtum anrief, und zu
einem Troſte dieſe Antwort empfing: Laß
dir an meiner Gnade genuͤgen: denn mei-
ne Kraft iſt in den Schwachen maͤchtig.

2 Cor. 12, 9.
8. Die Parallel-Oerter ſind ſonderlich
dieſe:
Rom.
J i i i i
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0829" n="801"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3, v. 10. 11. an die Colo&#x017F;&#x017F;er.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#fr">&#x017F;erlicher Men&#x017F;ch gleich verwe&#x017F;et, &#x017F;o wird<lb/>
doch der innerliche von Tage zu Tage er-<lb/>
neuert.</hi> Da wir &#x017F;ehen, daß der <hi rendition="#fr">innere</hi> und<lb/>
der <hi rendition="#fr">neue</hi> Men&#x017F;ch nicht einerley i&#x017F;t, weil der <hi rendition="#fr">in-<lb/>
nere</hi> Men&#x017F;ch <hi rendition="#fr">erneuret</hi> wird. Und wenn denn<lb/>
der innerliche, oder inwendige Men&#x017F;ch, erneuret<lb/>
i&#x017F;t, oder erneuret wird, &#x017F;o gebrauchet er noch im-<lb/>
mer fernerer Erneuerung und Sta&#x0364;rckung. Dar-<lb/>
um Pauli Gebet fu&#x0364;r die Ephe&#x017F;ier c. 3, 16. dahin<lb/>
ging, daß &#x017F;ie mo&#x0364;chten <hi rendition="#fr">&#x017F;tarck werden durch<lb/>
den Gei&#x017F;t GOTTes an dem inwendigen<lb/>
Men&#x017F;chen.</hi> Die Parallel-Oerter von der Er-<lb/>
neuerung zum Ebenbilde GOttes &#x017F;ehe man 2.<lb/>
Cor. 3, 18. Eph. 3, 22-24.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 11.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Da nicht i&#x017F;t Grieche, Ju&#x0364;de, Be&#x017F;chnei-<lb/>
dung, Vorhaut, Ungrieche, Scytha,<lb/>
Knecht, Freyer; &#x017F;ondern alles</hi> (was man<lb/>
nur zur Seligkeit no&#x0364;thig hat,) <hi rendition="#fr">und in allen</hi><lb/>
(&#x017F;olchen Lenten von unter&#x017F;chiedlichen Vo&#x0364;lckern<lb/>
und Arten) <hi rendition="#fr">CHri&#x017F;tus</hi> (allein, ohne daß die<lb/>
Heidni&#x017F;che Philo&#x017F;ophie, oder die Ju&#x0364;di&#x017F;che Be-<lb/>
&#x017F;chneidung, etwas dazu beytrage.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Der <hi rendition="#fr">Verbindung</hi> nach mit dem vor-<lb/>
hergehenden will der Apo&#x017F;tel &#x017F;o viel &#x017F;agen: &#x1F45;&#x03C0;&#x03BF;&#x03C5;<lb/>
da, bey dem Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte der Seligkeit und Er-<lb/>
neuerung des Men&#x017F;chen zum Ebenbilde GOttes,<lb/>
gilt kein Unter&#x017F;cheid der Nationen und darinnen<lb/>
des a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Standes, als wenn iemand an<lb/>
dem&#x017F;elben an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ein Mittel und eine be-<lb/>
&#x017F;ondere Fo&#x0364;rderung, oder eine Hinderung zum<lb/>
Reiche GOttes ha&#x0364;tte, &#x017F;ondern es ko&#x0364;mmt dar-<lb/>
inn alles bey allen allein auf CHri&#x017F;tum an.<lb/>
Weder der Heidni&#x017F;che <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus,</hi> noch der<lb/>
Ju&#x0364;di&#x017F;che Ge&#x017F;etz-Eiverer hat etwas, das ihm an<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ohne CHri&#x017F;tum zum Reiche GOttes<lb/>
beforderlich wa&#x0364;re: noch der, welchem beydes<lb/>
fehlet, hat deswegen einen Mangel an dem We-<lb/>
ge und an den Mitteln zur Seligkeit, weil es<lb/>
alles allein auf CHri&#x017F;tum anko&#x0364;mmt.</item><lb/>
                <item>2. Der Apo&#x017F;tel machet einen vierfachen<lb/>
Unter&#x017F;cheid der Leute. Er&#x017F;tlich nennet er <hi rendition="#fr">Grie-<lb/>
chen</hi> und <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;den;</hi> da jene auf die <hi rendition="#fr">Philo&#x017F;o-<lb/>
phie,</hi> die&#x017F;e auf die Be&#x017F;chneidung, und auf ih-<lb/>
ren u&#x0364;brigen, im verdien&#x017F;tlichen Ver&#x017F;tande ge-<lb/>
nommenen, ge&#x017F;etzlichen Gehor&#x017F;am alles ankom-<lb/>
men lie&#x017F;&#x017F;en. Der andere Unter&#x017F;cheid dienet zur<lb/>
Erla&#x0364;uterung des er&#x017F;ten, da die <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;den</hi> die <hi rendition="#fr">Be-<lb/>
&#x017F;chneidung,</hi> die <hi rendition="#fr">Griechen,</hi> oder Heiden die<lb/><hi rendition="#fr">Vorhaut</hi> genennet werden. Der dritte Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid, <hi rendition="#fr">Barbar, Scythe,</hi> wird zur Erla&#x0364;u-<lb/>
terung des Worts <hi rendition="#fr">Vorhaut,</hi> oder des Hei-<lb/>
denthums hinzu ge&#x017F;etzet: da es denn von allen<lb/>
ungriechi&#x017F;chen Heiden heißt, daß &#x017F;ie &#x017F;ind Bar-<lb/>
bari, Leute, die einer andern, als der Grie-<lb/>
chi&#x017F;chen Sprache &#x017F;ind; und zwar gegen Mor-<lb/>
gen und Mittag; gegen Mitternacht aber die<lb/><hi rendition="#fr">Scythen,</hi> ein &#x017F;ehr altes und gro&#x017F;&#x017F;es Volck, da-<lb/>
durch alle mitterna&#x0364;chtige Vo&#x0364;lcker ver&#x017F;tanden<lb/>
werden. Und da fu&#x0364;r die <hi rendition="#fr">abendla&#x0364;ndi&#x017F;che</hi> Na-<lb/>
tionen kein be&#x017F;onders Wort ge&#x017F;etzet i&#x017F;t, &#x017F;o ver-<lb/>
&#x017F;tehet man &#x017F;ie fu&#x0364;glich unter dem gemeinen Na-<lb/><cb/>
men der Vorhaut. Der vierte Unter&#x017F;cheid i&#x017F;t<lb/>
hergenommen von dem <hi rendition="#fr">Stande</hi> aller &#x017F;olcher<lb/>
Vo&#x0364;lcker, nach welchem &#x017F;ie entweder in der <hi rendition="#fr">Frey-<lb/>
heit,</hi> oder in der leibeigenen <hi rendition="#fr">Knecht&#x017F;chaft</hi><lb/>
&#x017F;tunden.</item><lb/>
                <item>3. Gleichwie nun die&#x017F;er vielfache Unter-<lb/>
&#x017F;cheid zum Reiche GOTT es nichts thut, und<lb/>
daran an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t weder hinderlich i&#x017F;t, wenn er<lb/>
nur nicht hinderlich gemachet wird; noch eine<lb/>
Beforderung bringet: &#x017F;o heißt es hingegen: <hi rendition="#fr">Al-<lb/>
les und in allen CHri&#x017F;tus. CHri&#x017F;tus i&#x017F;t<lb/>
alles, da in ihm die gantze Fu&#x0364;lle der Gott-<lb/>
heit leibhaftig wohnet</hi> c. 2, 9. und daher, weil<lb/>
man aus &#x017F;einer Fu&#x0364;lle nimmt Gnade um Gna-<lb/>
de, und alle Glieder aus ihm, und von ihm,<lb/>
dem hochgelobten Haupte, erfu&#x0364;llet werden c. 2,<lb/>
v. 10. Joh. 1, 16. &#x017F;o i&#x017F;t <hi rendition="#fr">er uns alles</hi> und <hi rendition="#fr">&#x017F;chen-<lb/>
cket uns alles:</hi> als der uns von GOTT ge-<lb/>
machet i&#x017F;t <hi rendition="#fr">zur Weisheit, zur Gerechtigkeit,<lb/>
zur Heiligung und zur Erlo&#x0364;&#x017F;ung.</hi> 1 Cor. 1,<lb/>
30. Daher Paulus Phil. 4, 13. &#x017F;agen konte:<lb/><hi rendition="#fr">Jch vermag alles durch den, der mich<lb/>
ma&#x0364;chtig machet, CHri&#x017F;tum.</hi> Und Johan-<lb/>
nes &#x017F;pricht daher 1. Ep. c. 2, 27. von den Gla&#x0364;ubi-<lb/>
gen: <hi rendition="#fr">Jhr habt die Salbung von dem, der<lb/>
da heilig i&#x017F;t</hi> (von CHri&#x017F;to) <hi rendition="#fr">und wi&#x017F;&#x017F;et al-<lb/>
les.</hi></item><lb/>
                <item>4. Gleichwie CHri&#x017F;tus i&#x017F;t alles: al&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
er auch alles in <hi rendition="#fr">allen,</hi> nemlich vorgedachten<lb/>
Men&#x017F;chen, ohne Unter&#x017F;cheid der Nationen und<lb/>
der Sta&#x0364;nde. Und er i&#x017F;t <hi rendition="#fr">ihnen</hi> derge&#x017F;talt alles,<lb/>
daß ihnen alles &#x017F;ein erworbenes Heil al&#x017F;o &#x017F;oll zu<lb/>
gute kommen, daß er dadurch <hi rendition="#fr">in ihnen</hi> eine Ge-<lb/>
&#x017F;talt gewinne, und immer mehr verkla&#x0364;ret wer-<lb/>
de. Es &#x017F;iehet demnach Paulus mit dem Wo&#x0364;rt-<lb/>
lein <hi rendition="#fr">in</hi> auf die Vereinigung und Gemein&#x017F;chaft<lb/>
CHri&#x017F;ti mit den Gla&#x0364;ubigen, daß wie &#x017F;ie &#x017F;ind <hi rendition="#fr">in<lb/>
CHri&#x017F;to,</hi> &#x017F;o will CHri&#x017F;tus auch <hi rendition="#fr">in ihnen</hi><lb/>
&#x017F;eyn.</item><lb/>
                <item>5. Es &#x017F;ind die&#x017F;es &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;ne Worte, und<lb/>
dienen &#x017F;ie zur fernern <hi rendition="#aq">Application.</hi> Da Chri-<lb/>
&#x017F;tus mit &#x017F;einen Heils-Gu&#x0364;tern alles zur geheilig-<lb/>
ten <hi rendition="#fr">Ehre</hi> und <hi rendition="#fr">Wu&#x0364;rde,</hi> zur gereinigten <hi rendition="#fr">Lu&#x017F;t</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Freude,</hi> zum wahren und be&#x017F;ta&#x0364;ndigen<lb/><hi rendition="#fr">Reichthum</hi> i&#x017F;t; &#x017F;o &#x017F;tirbet ein gla&#x0364;ubiges Glied<lb/>
CHri&#x017F;ti dem Ehr- und Geld-Geitze, auch der<lb/>
flei&#x017F;chlichen Wollu&#x017F;t gerne und willig ab, weil<lb/>
es etwas be&#x017F;&#x017F;ers in CHri&#x017F;to hat.</item><lb/>
                <item>6. Hingegen wer &#x017F;ich aus den eitlen Din-<lb/>
gen die&#x017F;er Welt noch etwas gro&#x017F;&#x017F;es machet, dem<lb/>
i&#x017F;t CHri&#x017F;tus in der That gleich&#x017F;am nichts, und<lb/>
wenn er ihn gleich mit Worten u&#x0364;ber alles er-<lb/>
hebet.</item><lb/>
                <item>7. J&#x017F;t CHri&#x017F;tus ohne alle Ausnahme<lb/>
nicht allein alles, &#x017F;ondern auch alles <hi rendition="#fr">in allen;</hi><lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind die&#x017F;es auch gar tro&#x0364;&#x017F;tliche Worte fu&#x0364;r alle<lb/>
Angefochtene und Schwache, daß er auch ihren<lb/>
und in ihnen alles &#x017F;eyn will. Damit auch Pau-<lb/>
lus &#x017F;elb&#x017F;t aufgerichtet wurde, wenn er in &#x017F;einen<lb/>
hohen Anfechtungen CHri&#x017F;tum anrief, und zu<lb/>
einem Tro&#x017F;te die&#x017F;e Antwort empfing: <hi rendition="#fr">Laß<lb/>
dir an meiner Gnade genu&#x0364;gen: denn mei-<lb/>
ne Kraft i&#x017F;t in den Schwachen ma&#x0364;chtig.</hi><lb/>
2 Cor. 12, 9.</item><lb/>
                <item>8. Die Parallel-Oerter &#x017F;ind &#x017F;onderlich<lb/>
die&#x017F;e:</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">J i i i i</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Rom.</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[801/0829] Cap. 3, v. 10. 11. an die Coloſſer. ſerlicher Menſch gleich verweſet, ſo wird doch der innerliche von Tage zu Tage er- neuert. Da wir ſehen, daß der innere und der neue Menſch nicht einerley iſt, weil der in- nere Menſch erneuret wird. Und wenn denn der innerliche, oder inwendige Menſch, erneuret iſt, oder erneuret wird, ſo gebrauchet er noch im- mer fernerer Erneuerung und Staͤrckung. Dar- um Pauli Gebet fuͤr die Epheſier c. 3, 16. dahin ging, daß ſie moͤchten ſtarck werden durch den Geiſt GOTTes an dem inwendigen Menſchen. Die Parallel-Oerter von der Er- neuerung zum Ebenbilde GOttes ſehe man 2. Cor. 3, 18. Eph. 3, 22-24. V. 11. Da nicht iſt Grieche, Juͤde, Beſchnei- dung, Vorhaut, Ungrieche, Scytha, Knecht, Freyer; ſondern alles (was man nur zur Seligkeit noͤthig hat,) und in allen (ſolchen Lenten von unterſchiedlichen Voͤlckern und Arten) CHriſtus (allein, ohne daß die Heidniſche Philoſophie, oder die Juͤdiſche Be- ſchneidung, etwas dazu beytrage.) Anmerckungen. 1. Der Verbindung nach mit dem vor- hergehenden will der Apoſtel ſo viel ſagen: ὅπου da, bey dem Geſchaͤffte der Seligkeit und Er- neuerung des Menſchen zum Ebenbilde GOttes, gilt kein Unterſcheid der Nationen und darinnen des aͤuſſerlichen Standes, als wenn iemand an demſelben an ſich ſelbſt ein Mittel und eine be- ſondere Foͤrderung, oder eine Hinderung zum Reiche GOttes haͤtte, ſondern es koͤmmt dar- inn alles bey allen allein auf CHriſtum an. Weder der Heidniſche Philoſophus, noch der Juͤdiſche Geſetz-Eiverer hat etwas, das ihm an ſich ſelbſt ohne CHriſtum zum Reiche GOttes beforderlich waͤre: noch der, welchem beydes fehlet, hat deswegen einen Mangel an dem We- ge und an den Mitteln zur Seligkeit, weil es alles allein auf CHriſtum ankoͤmmt. 2. Der Apoſtel machet einen vierfachen Unterſcheid der Leute. Erſtlich nennet er Grie- chen und Juͤden; da jene auf die Philoſo- phie, dieſe auf die Beſchneidung, und auf ih- ren uͤbrigen, im verdienſtlichen Verſtande ge- nommenen, geſetzlichen Gehorſam alles ankom- men lieſſen. Der andere Unterſcheid dienet zur Erlaͤuterung des erſten, da die Juͤden die Be- ſchneidung, die Griechen, oder Heiden die Vorhaut genennet werden. Der dritte Un- terſcheid, Barbar, Scythe, wird zur Erlaͤu- terung des Worts Vorhaut, oder des Hei- denthums hinzu geſetzet: da es denn von allen ungriechiſchen Heiden heißt, daß ſie ſind Bar- bari, Leute, die einer andern, als der Grie- chiſchen Sprache ſind; und zwar gegen Mor- gen und Mittag; gegen Mitternacht aber die Scythen, ein ſehr altes und groſſes Volck, da- durch alle mitternaͤchtige Voͤlcker verſtanden werden. Und da fuͤr die abendlaͤndiſche Na- tionen kein beſonders Wort geſetzet iſt, ſo ver- ſtehet man ſie fuͤglich unter dem gemeinen Na- men der Vorhaut. Der vierte Unterſcheid iſt hergenommen von dem Stande aller ſolcher Voͤlcker, nach welchem ſie entweder in der Frey- heit, oder in der leibeigenen Knechtſchaft ſtunden. 3. Gleichwie nun dieſer vielfache Unter- ſcheid zum Reiche GOTT es nichts thut, und daran an ſich ſelbſt weder hinderlich iſt, wenn er nur nicht hinderlich gemachet wird; noch eine Beforderung bringet: ſo heißt es hingegen: Al- les und in allen CHriſtus. CHriſtus iſt alles, da in ihm die gantze Fuͤlle der Gott- heit leibhaftig wohnet c. 2, 9. und daher, weil man aus ſeiner Fuͤlle nimmt Gnade um Gna- de, und alle Glieder aus ihm, und von ihm, dem hochgelobten Haupte, erfuͤllet werden c. 2, v. 10. Joh. 1, 16. ſo iſt er uns alles und ſchen- cket uns alles: als der uns von GOTT ge- machet iſt zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erloͤſung. 1 Cor. 1, 30. Daher Paulus Phil. 4, 13. ſagen konte: Jch vermag alles durch den, der mich maͤchtig machet, CHriſtum. Und Johan- nes ſpricht daher 1. Ep. c. 2, 27. von den Glaͤubi- gen: Jhr habt die Salbung von dem, der da heilig iſt (von CHriſto) und wiſſet al- les. 4. Gleichwie CHriſtus iſt alles: alſo iſt er auch alles in allen, nemlich vorgedachten Menſchen, ohne Unterſcheid der Nationen und der Staͤnde. Und er iſt ihnen dergeſtalt alles, daß ihnen alles ſein erworbenes Heil alſo ſoll zu gute kommen, daß er dadurch in ihnen eine Ge- ſtalt gewinne, und immer mehr verklaͤret wer- de. Es ſiehet demnach Paulus mit dem Woͤrt- lein in auf die Vereinigung und Gemeinſchaft CHriſti mit den Glaͤubigen, daß wie ſie ſind in CHriſto, ſo will CHriſtus auch in ihnen ſeyn. 5. Es ſind dieſes ſehr ſchoͤne Worte, und dienen ſie zur fernern Application. Da Chri- ſtus mit ſeinen Heils-Guͤtern alles zur geheilig- ten Ehre und Wuͤrde, zur gereinigten Luſt und Freude, zum wahren und beſtaͤndigen Reichthum iſt; ſo ſtirbet ein glaͤubiges Glied CHriſti dem Ehr- und Geld-Geitze, auch der fleiſchlichen Wolluſt gerne und willig ab, weil es etwas beſſers in CHriſto hat. 6. Hingegen wer ſich aus den eitlen Din- gen dieſer Welt noch etwas groſſes machet, dem iſt CHriſtus in der That gleichſam nichts, und wenn er ihn gleich mit Worten uͤber alles er- hebet. 7. Jſt CHriſtus ohne alle Ausnahme nicht allein alles, ſondern auch alles in allen; ſo ſind dieſes auch gar troͤſtliche Worte fuͤr alle Angefochtene und Schwache, daß er auch ihren und in ihnen alles ſeyn will. Damit auch Pau- lus ſelbſt aufgerichtet wurde, wenn er in ſeinen hohen Anfechtungen CHriſtum anrief, und zu einem Troſte dieſe Antwort empfing: Laß dir an meiner Gnade genuͤgen: denn mei- ne Kraft iſt in den Schwachen maͤchtig. 2 Cor. 12, 9. 8. Die Parallel-Oerter ſind ſonderlich dieſe: Rom. J i i i i

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/829
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/829>, abgerufen am 24.11.2024.