Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 2-4. [Spaltenumbruch]
Schläfrigkeit und der Zerstreuung entgegen, underfodert eine rechte Sammlung und Zusammen- haltung aller Gemüths-Kräfte, und eine Be- wahrung der Sinne vor aller Ausschweifung. 4. Und weil der Mensch sich allezeit mit- ten im Genuß der Wohlthaten befindet, so hat er auch Ursache, sein Gebet allezeit mit einer Dancksagung zu verrichten. 5. Eben diese Erinnerung giebet der Apo- stel auch den Ephesiern; und zwar noch mit nachdrücklichern Worten, wenn er cap. 6, 18. spricht: Betet stets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist. Und wachet dazu mit allem Anhalten und Flehen für al- le Heiligen, u. f. Siehe auch Luc. 18, 1. u. f. Rom. 12, 12. Phil. 4, 6. 1 Thess. 5, 17. u. s. w. 6. Vor allen Dingen muß der Haupt- Grund, der einen fürnemlich zum Gebet fein willig und recht frölich machen kan, wohl erwo- gen werden, welcher ist, daß man das Gebet nicht allein als eine gesetzliche und anbefohlne Pflicht, sondern auch als eine besondere Ev- angelische Wohlthat, und als ein grosses Recht und Privilegium, und also als ein Stück der Seligkeit ansehe, daß man einen freyen Zugang zu GOTT hat, und sich desselben zu aller Zeit und in allem Anliegen bedienen kan. V. 3. 4. Und betet zugleich auch für uns (mich Anmerckungen. 1. die Fürbitte für andere ist ein Erweis der gliederlichen Gemeinschaft, darinnen man mit ihnen an dem geistlichen Leibe CHristi ste- het. 2. Die Fürbitte ist auch die allerlauter- ste Ubung der Liebe gegen den Nechsten. Denn in derselben suchet man nicht allein seine Wohl- fahrt, sonderlich die geistliche, zu befordern, sondern man übet die Liebe auch dergestalt aus, daß es der andere gemeiniglich nicht einmal weiß. Und also geschiehet sie ohne Absichten in aller Lauterkeit und Einfalt. 3. Jst iemand voller hertzlicher Liebe ge- gen seinen Nechsten, und hat sonst keine Gele- genheit, sie auszuüben, so wende er sich zur Für- bitte für ihn, und halte damit an, so beweiset er ihm einen grossen und GOTT angenehmen Liebes-Dienst. 4. Nichts ist, was einen zur Fürbitte mehr bewegen kan, als theils das Exempel CHristi, der zur Rechten GOttes mit seiner Hohenpriesterlichen Fürbitte uns vertritt, und in dessen Fürbitte man sich mit der seinen gleich- sam recht legen muß, daß sie recht erhörlich sey: theils die Gemeinschaft des Geistes und des Segens, darein man sich durch die Fürbitte für andere dergestalt setzet, daß, ie mehr man für [Spaltenumbruch] sie betet, ie mehr man auch ihrer Fürbitte ge- niesset und den Segen davon auf sich appliciren kan. 5. Es ist auch die Materie von der Fürbit- te gar tröstlich in Anfechtungen, und sonder- lich in Versuchungen, da man meinet, entwe- der gar nicht recht, oder doch nicht erhörlich be- ten zu können. Denn da kömmt uns die Für- bitte so vieler andern Glieder CHristi, und son- derlich CHristi selbst, zu statten. 6. Man hat auch sonderlich für die zu be- ten, welchen GOTT in seiner Kirche ein wich- tiges Amt anvertrauet hat, wenn man sich schon von der Tüchtigkeit und Treue derselben versi- chert hält, auch vielen Segen von ihnen siehet. Man könte zwar gedencken, als gebrauchten sie der Fürbitte nicht: aber sie gebrauchen solche gar wohl. Denn haben sie gleich viel Gnaden- Kräfte und Treue: so sind sie auch mehrern An- läufen und Versuchungen unterworfen, und haben mehr Gnade von GOTT nöthig, als andere. 7. Wie Paulus gar nichts aus sich gema- chet habe, siehet man auch daraus, daß, ob er gleich ein Apostel war und der besondern Einge- bung und Regierung des Heiligen Geistes sich bey seinem Vortrage des Evangelii versichert halten konte, er sich doch nichts desto weniger die Fürbitte der Gläubigen ausbittet: wie er auch in andern Briefen thut; sonderlich Eph. 6, 19. 2 Thess. 3, 1. 8. Weil unser Heiland gesaget hat: Wer da hat, (und das, was er hat, recht gebrau- chet,) dem wird gegeben werden, daß er die Fülle habe Matth. 13, 12. 25, 29. so will Paulus diese Verheissung insonderheit an der geöffneten Thüre des Worts gerne immer mehr erfüllet sehen. Denn was ihm zu Rom in den Banden bereits für eine grosse Thür war geöff- net worden, das sehe man zuvorderst aus Ap. Gesch. 28, 30. 31. da es heißt: Paulus blieb zwey Jahre in seinem eigenen Gedinge, und nahm auf alle, die zu ihm einkamen: er predigte das Reich GOttes und lehre- te von dem HErrn JEsu mit aller Freu- digkeit unverboten. Deßgleichen aus Phil. 1, 12. 13. 14. da er spricht: Jch lasse euch aber wissen, lieben Brüder, daß wie es um mich stehet, das ist nur mehr zur Förderung des Evangelii gerathen, also daß meine Bande offenbar worden sind in CHristo in dem gantzen Richt-Hause, (am gantzen Käy- serlichen Hofe,) und bey den andern allen, und viele Brüder in dem HERRN aus meinen Banden Zuversicht gewonnen, de- sto dürstiger worden sind, das Wort zu reden ohne Scheu. Und was schon für eine grosse Thür zur wircklichen Gewinnung der Seelen am Käyserlichen Hofe muß aufgethan seyn, siehet man sonderlich daraus, wenn er unten c. 4, 22. die Philipper auch von gläubi- gen Hof-Leuten grüsset und spricht: Es grüs- sen euch alle Heiligen, sonderlich die von des Käysers Hause. 9. Da
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 2-4. [Spaltenumbruch]
Schlaͤfrigkeit und der Zerſtreuung entgegen, underfodert eine rechte Sammlung und Zuſammen- haltung aller Gemuͤths-Kraͤfte, und eine Be- wahrung der Sinne vor aller Ausſchweifung. 4. Und weil der Menſch ſich allezeit mit- ten im Genuß der Wohlthaten befindet, ſo hat er auch Urſache, ſein Gebet allezeit mit einer Danckſagung zu verrichten. 5. Eben dieſe Erinnerung giebet der Apo- ſtel auch den Epheſiern; und zwar noch mit nachdruͤcklichern Worten, wenn er cap. 6, 18. ſpricht: Betet ſtets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geiſt. Und wachet dazu mit allem Anhalten und Flehen fuͤr al- le Heiligen, u. f. Siehe auch Luc. 18, 1. u. f. Rom. 12, 12. Phil. 4, 6. 1 Theſſ. 5, 17. u. ſ. w. 6. Vor allen Dingen muß der Haupt- Grund, der einen fuͤrnemlich zum Gebet fein willig und recht froͤlich machen kan, wohl erwo- gen werden, welcher iſt, daß man das Gebet nicht allein als eine geſetzliche und anbefohlne Pflicht, ſondern auch als eine beſondere Ev- angeliſche Wohlthat, und als ein groſſes Recht und Privilegium, und alſo als ein Stuͤck der Seligkeit anſehe, daß man einen freyen Zugang zu GOTT hat, und ſich deſſelben zu aller Zeit und in allem Anliegen bedienen kan. V. 3. 4. Und betet zugleich auch fuͤr uns (mich Anmerckungen. 1. die Fuͤrbitte fuͤr andere iſt ein Erweis der gliederlichen Gemeinſchaft, darinnen man mit ihnen an dem geiſtlichen Leibe CHriſti ſte- het. 2. Die Fuͤrbitte iſt auch die allerlauter- ſte Ubung der Liebe gegen den Nechſten. Denn in derſelben ſuchet man nicht allein ſeine Wohl- fahrt, ſonderlich die geiſtliche, zu befordern, ſondern man uͤbet die Liebe auch dergeſtalt aus, daß es der andere gemeiniglich nicht einmal weiß. Und alſo geſchiehet ſie ohne Abſichten in aller Lauterkeit und Einfalt. 3. Jſt iemand voller hertzlicher Liebe ge- gen ſeinen Nechſten, und hat ſonſt keine Gele- genheit, ſie auszuuͤben, ſo wende er ſich zur Fuͤr- bitte fuͤr ihn, und halte damit an, ſo beweiſet er ihm einen groſſen und GOTT angenehmen Liebes-Dienſt. 4. Nichts iſt, was einen zur Fuͤrbitte mehr bewegen kan, als theils das Exempel CHriſti, der zur Rechten GOttes mit ſeiner Hohenprieſterlichen Fuͤrbitte uns vertritt, und in deſſen Fuͤrbitte man ſich mit der ſeinen gleich- ſam recht legen muß, daß ſie recht erhoͤrlich ſey: theils die Gemeinſchaft des Geiſtes und des Segens, darein man ſich durch die Fuͤrbitte fuͤr andere dergeſtalt ſetzet, daß, ie mehr man fuͤr [Spaltenumbruch] ſie betet, ie mehr man auch ihrer Fuͤrbitte ge- nieſſet und den Segen davon auf ſich appliciren kan. 5. Es iſt auch die Materie von der Fuͤrbit- te gar troͤſtlich in Anfechtungen, und ſonder- lich in Verſuchungen, da man meinet, entwe- der gar nicht recht, oder doch nicht erhoͤrlich be- ten zu koͤnnen. Denn da koͤmmt uns die Fuͤr- bitte ſo vieler andern Glieder CHriſti, und ſon- derlich CHriſti ſelbſt, zu ſtatten. 6. Man hat auch ſonderlich fuͤr die zu be- ten, welchen GOTT in ſeiner Kirche ein wich- tiges Amt anvertrauet hat, wenn man ſich ſchon von der Tuͤchtigkeit und Treue derſelben verſi- chert haͤlt, auch vielen Segen von ihnen ſiehet. Man koͤnte zwar gedencken, als gebrauchten ſie der Fuͤrbitte nicht: aber ſie gebrauchen ſolche gar wohl. Denn haben ſie gleich viel Gnaden- Kraͤfte und Treue: ſo ſind ſie auch mehrern An- laͤufen und Verſuchungen unterworfen, und haben mehr Gnade von GOTT noͤthig, als andere. 7. Wie Paulus gar nichts aus ſich gema- chet habe, ſiehet man auch daraus, daß, ob er gleich ein Apoſtel war und der beſondern Einge- bung und Regierung des Heiligen Geiſtes ſich bey ſeinem Vortrage des Evangelii verſichert halten konte, er ſich doch nichts deſto weniger die Fuͤrbitte der Glaͤubigen ausbittet: wie er auch in andern Briefen thut; ſonderlich Eph. 6, 19. 2 Theſſ. 3, 1. 8. Weil unſer Heiland geſaget hat: Wer da hat, (und das, was er hat, recht gebrau- chet,) dem wird gegeben werden, daß er die Fuͤlle habe Matth. 13, 12. 25, 29. ſo will Paulus dieſe Verheiſſung inſonderheit an der geoͤffneten Thuͤre des Worts gerne immer mehr erfuͤllet ſehen. Denn was ihm zu Rom in den Banden bereits fuͤr eine groſſe Thuͤr war geoͤff- net worden, das ſehe man zuvorderſt aus Ap. Geſch. 28, 30. 31. da es heißt: Paulus blieb zwey Jahre in ſeinem eigenen Gedinge, und nahm auf alle, die zu ihm einkamen: er predigte das Reich GOttes und lehre- te von dem HErrn JEſu mit aller Freu- digkeit unverboten. Deßgleichen aus Phil. 1, 12. 13. 14. da er ſpricht: Jch laſſe euch aber wiſſen, lieben Bruͤder, daß wie es um mich ſtehet, das iſt nur mehr zur Foͤrderung des Evangelii gerathen, alſo daß meine Bande offenbar worden ſind in CHriſto in dem gantzen Richt-Hauſe, (am gantzen Kaͤy- ſerlichen Hofe,) und bey den andern allen, und viele Bruͤder in dem HERRN aus meinen Banden Zuverſicht gewonnen, de- ſto duͤrſtiger worden ſind, das Wort zu reden ohne Scheu. Und was ſchon fuͤr eine groſſe Thuͤr zur wircklichen Gewinnung der Seelen am Kaͤyſerlichen Hofe muß aufgethan ſeyn, ſiehet man ſonderlich daraus, wenn er unten c. 4, 22. die Philipper auch von glaͤubi- gen Hof-Leuten gruͤſſet und ſpricht: Es gruͤſ- ſen euch alle Heiligen, ſonderlich die von des Kaͤyſers Hauſe. 9. Da
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 2-4.
Schlaͤfrigkeit und der Zerſtreuung entgegen, und
erfodert eine rechte Sammlung und Zuſammen-
haltung aller Gemuͤths-Kraͤfte, und eine Be-
wahrung der Sinne vor aller Ausſchweifung.
4. Und weil der Menſch ſich allezeit mit-
ten im Genuß der Wohlthaten befindet, ſo
hat er auch Urſache, ſein Gebet allezeit mit einer
Danckſagung zu verrichten.
5. Eben dieſe Erinnerung giebet der Apo-
ſtel auch den Epheſiern; und zwar noch mit
nachdruͤcklichern Worten, wenn er cap. 6, 18.
ſpricht: Betet ſtets in allem Anliegen mit
Bitten und Flehen im Geiſt. Und wachet
dazu mit allem Anhalten und Flehen fuͤr al-
le Heiligen, u. f. Siehe auch Luc. 18, 1. u. f.
Rom. 12, 12. Phil. 4, 6. 1 Theſſ. 5, 17. u. ſ. w.
6. Vor allen Dingen muß der Haupt-
Grund, der einen fuͤrnemlich zum Gebet fein
willig und recht froͤlich machen kan, wohl erwo-
gen werden, welcher iſt, daß man das Gebet
nicht allein als eine geſetzliche und anbefohlne
Pflicht, ſondern auch als eine beſondere Ev-
angeliſche Wohlthat, und als ein groſſes Recht
und Privilegium, und alſo als ein Stuͤck der
Seligkeit anſehe, daß man einen freyen Zugang
zu GOTT hat, und ſich deſſelben zu aller Zeit
und in allem Anliegen bedienen kan.
V. 3. 4.
Und betet zugleich auch fuͤr uns (mich
und Timotheum,) daß uns GOTT die Thuͤr
des Worts (noch immer weiter) aufthue,
zu reden das Geheimniß CHriſti, darum
ich auch gebunden bin, auf daß ich daſſelbe
offenbare, wie ich ſoll reden.
Anmerckungen.
1. die Fuͤrbitte fuͤr andere iſt ein Erweis
der gliederlichen Gemeinſchaft, darinnen man
mit ihnen an dem geiſtlichen Leibe CHriſti ſte-
het.
2. Die Fuͤrbitte iſt auch die allerlauter-
ſte Ubung der Liebe gegen den Nechſten. Denn
in derſelben ſuchet man nicht allein ſeine Wohl-
fahrt, ſonderlich die geiſtliche, zu befordern,
ſondern man uͤbet die Liebe auch dergeſtalt aus,
daß es der andere gemeiniglich nicht einmal weiß.
Und alſo geſchiehet ſie ohne Abſichten in aller
Lauterkeit und Einfalt.
3. Jſt iemand voller hertzlicher Liebe ge-
gen ſeinen Nechſten, und hat ſonſt keine Gele-
genheit, ſie auszuuͤben, ſo wende er ſich zur Fuͤr-
bitte fuͤr ihn, und halte damit an, ſo beweiſet
er ihm einen groſſen und GOTT angenehmen
Liebes-Dienſt.
4. Nichts iſt, was einen zur Fuͤrbitte
mehr bewegen kan, als theils das Exempel
CHriſti, der zur Rechten GOttes mit ſeiner
Hohenprieſterlichen Fuͤrbitte uns vertritt, und
in deſſen Fuͤrbitte man ſich mit der ſeinen gleich-
ſam recht legen muß, daß ſie recht erhoͤrlich ſey:
theils die Gemeinſchaft des Geiſtes und des
Segens, darein man ſich durch die Fuͤrbitte fuͤr
andere dergeſtalt ſetzet, daß, ie mehr man fuͤr
ſie betet, ie mehr man auch ihrer Fuͤrbitte ge-
nieſſet und den Segen davon auf ſich appliciren
kan.
5. Es iſt auch die Materie von der Fuͤrbit-
te gar troͤſtlich in Anfechtungen, und ſonder-
lich in Verſuchungen, da man meinet, entwe-
der gar nicht recht, oder doch nicht erhoͤrlich be-
ten zu koͤnnen. Denn da koͤmmt uns die Fuͤr-
bitte ſo vieler andern Glieder CHriſti, und ſon-
derlich CHriſti ſelbſt, zu ſtatten.
6. Man hat auch ſonderlich fuͤr die zu be-
ten, welchen GOTT in ſeiner Kirche ein wich-
tiges Amt anvertrauet hat, wenn man ſich ſchon
von der Tuͤchtigkeit und Treue derſelben verſi-
chert haͤlt, auch vielen Segen von ihnen ſiehet.
Man koͤnte zwar gedencken, als gebrauchten ſie
der Fuͤrbitte nicht: aber ſie gebrauchen ſolche
gar wohl. Denn haben ſie gleich viel Gnaden-
Kraͤfte und Treue: ſo ſind ſie auch mehrern An-
laͤufen und Verſuchungen unterworfen, und
haben mehr Gnade von GOTT noͤthig, als
andere.
7. Wie Paulus gar nichts aus ſich gema-
chet habe, ſiehet man auch daraus, daß, ob er
gleich ein Apoſtel war und der beſondern Einge-
bung und Regierung des Heiligen Geiſtes ſich
bey ſeinem Vortrage des Evangelii verſichert
halten konte, er ſich doch nichts deſto weniger
die Fuͤrbitte der Glaͤubigen ausbittet: wie er
auch in andern Briefen thut; ſonderlich Eph.
6, 19. 2 Theſſ. 3, 1.
8. Weil unſer Heiland geſaget hat: Wer
da hat, (und das, was er hat, recht gebrau-
chet,) dem wird gegeben werden, daß er
die Fuͤlle habe Matth. 13, 12. 25, 29. ſo will
Paulus dieſe Verheiſſung inſonderheit an der
geoͤffneten Thuͤre des Worts gerne immer mehr
erfuͤllet ſehen. Denn was ihm zu Rom in den
Banden bereits fuͤr eine groſſe Thuͤr war geoͤff-
net worden, das ſehe man zuvorderſt aus Ap.
Geſch. 28, 30. 31. da es heißt: Paulus blieb
zwey Jahre in ſeinem eigenen Gedinge,
und nahm auf alle, die zu ihm einkamen:
er predigte das Reich GOttes und lehre-
te von dem HErrn JEſu mit aller Freu-
digkeit unverboten. Deßgleichen aus Phil.
1, 12. 13. 14. da er ſpricht: Jch laſſe euch aber
wiſſen, lieben Bruͤder, daß wie es um mich
ſtehet, das iſt nur mehr zur Foͤrderung
des Evangelii gerathen, alſo daß meine
Bande offenbar worden ſind in CHriſto in
dem gantzen Richt-Hauſe, (am gantzen Kaͤy-
ſerlichen Hofe,) und bey den andern allen,
und viele Bruͤder in dem HERRN aus
meinen Banden Zuverſicht gewonnen, de-
ſto duͤrſtiger worden ſind, das Wort zu
reden ohne Scheu. Und was ſchon fuͤr eine
groſſe Thuͤr zur wircklichen Gewinnung der
Seelen am Kaͤyſerlichen Hofe muß aufgethan
ſeyn, ſiehet man ſonderlich daraus, wenn er
unten c. 4, 22. die Philipper auch von glaͤubi-
gen Hof-Leuten gruͤſſet und ſpricht: Es gruͤſ-
ſen euch alle Heiligen, ſonderlich die von
des Kaͤyſers Hauſe.
9. Da
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