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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 1. 2. 3. an die Thessalonicher.
Das Andere Capitel,
Darinnen
Der Apostel, mit Vorstellung dessen, wie er unter den
Thessalonichern sein Apostel-Amt geführet/ ihnen seinen recht väterlichen und
mütterlichen Affect der Liebe bezeuget/ um so viel mehr/ da sie das Wort
von ihm so willig aufgenommen: daher er denn ein sehnliches Ver-
langen trage/ sie wieder zu besuchen.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

DEnn auch ihr wisset, lieben Brü-
der, von unserm Eingange zu
euch, daß er nicht vergeblich
gewesen.
(wie bey vielen andern,
da ihr das Wort auch so gar unter
vieler Trübsal mit Freuden aufgenommen habet.
Cap. 1, 5. 9. und es angesehen, als hätte es euch
GOTT selbst verkündiget c. 2, 13. dieses wisset
ihr selbst so viel besser, als andere c. 1, 9. so viel
mehr Erfahrung ihr in und an euch davon ha-
bet.)

Anmerckung.

Was der Apostel, zu mehrer Erläuterung des-
sen, was er schon im ersten Capitel, sonderlich v. 5.
9. von seinem Eingange bey den Thessalonichern
bezeuget hatte, alhie also setzet, daß er sich auf
ihre eigene Erfahrung berufet, das führet er
nun dergestalt aus, daß er erstlich vom 2ten Vers
bis auf den 13ten vorstellet, wie er sein Amt, da-
mit es nicht vergeblich seyn möchte, unter ihnen
geführet habe: und denn v. 13. u. f. wie es von
ihnen in aller Folgsamkeit angenommen worden.

V. 2.

Sondern, als wir zuvor gelitten hat-
ten, und geschmähet gewesen waren zu
Philippen, (wie ihr wisset) waren wir
dennoch freudig in unserm GOtt,
(der
zwar aller Menschen GOTT ist, aber doch
von einem ieden Gläubigen insonderheit als sein
GOtt erkannt wird, daß man mit gläubiger Zu-
eignung sagen kan: mein GOtt! unser GOtt!)
bey euch zu sagen das Evangelium GOttes
(welches nach der geschehenen theuren Beylage
und anbefohlnen Amts-Verrichtung auch unser
Evangelium ist c. 1, 5.) und grossen kämpfen.
(oder vielem Kampfe, pollo agoni.)

Anmerckungen.

1. Daß der Apostel die Vorstellung von sei-
ner Amts-Führung mit der particula alla,
sondern, anhebet, und also einen Gegensatz ma-
chet von dem, daß sein Eingang bey den Thes-
salonichern nicht vergeblich gewesen sey, damit
zeiget er an, daß er von seiner Seite dazu keine
Gelegenheit gegeben habe; und daß, wo der
Vortrag des Evangelii so leer abgehet, die
Schuld, ausser den Zuhörern, auch grossen
theils an dem Lehrer liege, daß der entweder
[Spaltenumbruch] selbst keine recht-geistliche Tüchtigkeit dazu habe,
noch sich im Amte mit einem lautern Sinn getreu
erweise, und dabey folglich auch das Creutz
scheue.

2. Was der Apostel von seinen Leiden zu
Philippen anführet, davon kan man nachlesen
Ap. Gesch. c. 16, 22. u. f. denn da wurden sie
nach abgerissenen Kleidern gestäupet, und in das
tiefste Gefängniß geleget; aber auch recht wun-
derbar daraus errettet.

3. Mit der Redens-Art: Freudig seyn
in GOtt,
zeiget der Apostel an, daß er die innere
Glaubens-Freudigkeit, und die daher entstehen-
de Freymündigkeit im Reden, nicht allein habe
gehabt von GOtt, sondern auch gebraucht in
GOtt,
in der innigsten Vereinigung und Ge-
meinschaft mit ihm.

4. Es war doch aber diese gläubige Frey-
müthigkeit nicht ohne vielen Kampf, welchen
das äusserliche Ungewitter der Verfolgung ver-
ursachte: als darinn der Apostel nicht allein für
sich selbst gewesen, sondern auch unter vieler Ar-
beit, Sorge und Mühe, dahin zu sehen hatte,
daß dem Satan allewege Abbruch geschehen,
und, was er zur Verhinderung des guten suchte,
nicht gelingen möchte. Darum gleichwie einer
kan äusserliche Ruhe und doch dabey ein nieder-
geschlagenes Gemüth haben, so kan einer wohl
in der Freudigkeit und dabey auch zugleich im
Kampfe stehen. Kan doch ein Kriegsmann
wohl mit aller Freymüthigkeit zum Treffen ge-
hen, und darinnen einen Sieg nach dem andern
erhalten, obgleich nicht ohne vielen Kampf.
Siehe auch Phil. 1, 30. Col. 2, 1.

V. 3.

Denn unsere Ermahnung (nebst allem
übrigen Vortrage des Worts) ist nicht ge-
wesen
(hergekommen) zu Jrrthum, (ekpla-
nes, aus Jrrthum, dem Verstande nach, als
wenn wir eine falsche Lehre zum Grunde gehabt
hätten) noch (dem Willen nach) zur Unrei-
nigkeit
(ex akartharsias, aus Unreinigkeit,
aus einem unreinen und unlautern Zweck, und
aus fleischlichen Affecten,) noch mit List.
(ou"te en oolo, noch ist sie geschehen betrüglicher
Weise, euch hinter das Licht zu führen.)

Anmer-
B 3
Cap. 2. v. 1. 2. 3. an die Theſſalonicher.
Das Andere Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel, mit Vorſtellung deſſen, wie er unter den
Theſſalonichern ſein Apoſtel-Amt gefuͤhret/ ihnen ſeinen recht vaͤterlichen und
muͤtterlichen Affect der Liebe bezeuget/ um ſo viel mehr/ da ſie das Wort
von ihm ſo willig aufgenommen: daher er denn ein ſehnliches Ver-
langen trage/ ſie wieder zu beſuchen.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

DEnn auch ihr wiſſet, lieben Bruͤ-
der, von unſerm Eingange zu
euch, daß er nicht vergeblich
geweſen.
(wie bey vielen andern,
da ihr das Wort auch ſo gar unter
vieler Truͤbſal mit Freuden aufgenommen habet.
Cap. 1, 5. 9. und es angeſehen, als haͤtte es euch
GOTT ſelbſt verkuͤndiget c. 2, 13. dieſes wiſſet
ihr ſelbſt ſo viel beſſer, als andere c. 1, 9. ſo viel
mehr Erfahrung ihr in und an euch davon ha-
bet.)

Anmerckung.

Was der Apoſtel, zu mehrer Erlaͤuterung deſ-
ſen, was er ſchon im erſten Capitel, ſonderlich v. 5.
9. von ſeinem Eingange bey den Theſſalonichern
bezeuget hatte, alhie alſo ſetzet, daß er ſich auf
ihre eigene Erfahrung berufet, das fuͤhret er
nun dergeſtalt aus, daß er erſtlich vom 2ten Vers
bis auf den 13ten vorſtellet, wie er ſein Amt, da-
mit es nicht vergeblich ſeyn moͤchte, unter ihnen
gefuͤhret habe: und denn v. 13. u. f. wie es von
ihnen in aller Folgſamkeit angenommen worden.

V. 2.

Sondern, als wir zuvor gelitten hat-
ten, und geſchmaͤhet geweſen waren zu
Philippen, (wie ihr wiſſet) waren wir
dennoch freudig in unſerm GOtt,
(der
zwar aller Menſchen GOTT iſt, aber doch
von einem ieden Glaͤubigen inſonderheit als ſein
GOtt erkannt wird, daß man mit glaͤubiger Zu-
eignung ſagen kan: mein GOtt! unſer GOtt!)
bey euch zu ſagen das Evangelium GOttes
(welches nach der geſchehenen theuren Beylage
und anbefohlnen Amts-Verrichtung auch unſer
Evangelium iſt c. 1, 5.) und groſſen kaͤmpfen.
(oder vielem Kampfe, πολλῷ ἀγῶνι.)

Anmerckungen.

1. Daß der Apoſtel die Vorſtellung von ſei-
ner Amts-Fuͤhrung mit der particula ἀλλὰ,
ſondern, anhebet, und alſo einen Gegenſatz ma-
chet von dem, daß ſein Eingang bey den Theſ-
ſalonichern nicht vergeblich geweſen ſey, damit
zeiget er an, daß er von ſeiner Seite dazu keine
Gelegenheit gegeben habe; und daß, wo der
Vortrag des Evangelii ſo leer abgehet, die
Schuld, auſſer den Zuhoͤrern, auch groſſen
theils an dem Lehrer liege, daß der entweder
[Spaltenumbruch] ſelbſt keine recht-geiſtliche Tuͤchtigkeit dazu habe,
noch ſich im Amte mit einem lautern Sinn getreu
erweiſe, und dabey folglich auch das Creutz
ſcheue.

2. Was der Apoſtel von ſeinen Leiden zu
Philippen anfuͤhret, davon kan man nachleſen
Ap. Geſch. c. 16, 22. u. f. denn da wurden ſie
nach abgeriſſenen Kleidern geſtaͤupet, und in das
tiefſte Gefaͤngniß geleget; aber auch recht wun-
derbar daraus errettet.

3. Mit der Redens-Art: Freudig ſeyn
in GOtt,
zeiget der Apoſtel an, daß er die innere
Glaubens-Freudigkeit, und die daher entſtehen-
de Freymuͤndigkeit im Reden, nicht allein habe
gehabt von GOtt, ſondern auch gebraucht in
GOtt,
in der innigſten Vereinigung und Ge-
meinſchaft mit ihm.

4. Es war doch aber dieſe glaͤubige Frey-
muͤthigkeit nicht ohne vielen Kampf, welchen
das aͤuſſerliche Ungewitter der Verfolgung ver-
urſachte: als darinn der Apoſtel nicht allein fuͤr
ſich ſelbſt geweſen, ſondern auch unter vieler Ar-
beit, Sorge und Muͤhe, dahin zu ſehen hatte,
daß dem Satan allewege Abbruch geſchehen,
und, was er zur Verhinderung des guten ſuchte,
nicht gelingen moͤchte. Darum gleichwie einer
kan aͤuſſerliche Ruhe und doch dabey ein nieder-
geſchlagenes Gemuͤth haben, ſo kan einer wohl
in der Freudigkeit und dabey auch zugleich im
Kampfe ſtehen. Kan doch ein Kriegsmann
wohl mit aller Freymuͤthigkeit zum Treffen ge-
hen, und darinnen einen Sieg nach dem andern
erhalten, obgleich nicht ohne vielen Kampf.
Siehe auch Phil. 1, 30. Col. 2, 1.

V. 3.

Denn unſere Ermahnung (nebſt allem
uͤbrigen Vortrage des Worts) iſt nicht ge-
weſen
(hergekommen) zu Jrrthum, (ἐκπλά-
νης, aus Jrrthum, dem Verſtande nach, als
wenn wir eine falſche Lehre zum Grunde gehabt
haͤtten) noch (dem Willen nach) zur Unrei-
nigkeit
(ἐξ ἀκαρϑαρσίας, aus Unreinigkeit,
aus einem unreinen und unlautern Zweck, und
aus fleiſchlichen Affecten,) noch mit Liſt.
(ου῎τε ἐν ὸόλῳ, noch iſt ſie geſchehen betruͤglicher
Weiſe, euch hinter das Licht zu fuͤhren.)

Anmer-
B 3
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[13/0015] Cap. 2. v. 1. 2. 3. an die Theſſalonicher. Das Andere Capitel, Darinnen Der Apoſtel, mit Vorſtellung deſſen, wie er unter den Theſſalonichern ſein Apoſtel-Amt gefuͤhret/ ihnen ſeinen recht vaͤterlichen und muͤtterlichen Affect der Liebe bezeuget/ um ſo viel mehr/ da ſie das Wort von ihm ſo willig aufgenommen: daher er denn ein ſehnliches Ver- langen trage/ ſie wieder zu beſuchen. V. 1. DEnn auch ihr wiſſet, lieben Bruͤ- der, von unſerm Eingange zu euch, daß er nicht vergeblich geweſen. (wie bey vielen andern, da ihr das Wort auch ſo gar unter vieler Truͤbſal mit Freuden aufgenommen habet. Cap. 1, 5. 9. und es angeſehen, als haͤtte es euch GOTT ſelbſt verkuͤndiget c. 2, 13. dieſes wiſſet ihr ſelbſt ſo viel beſſer, als andere c. 1, 9. ſo viel mehr Erfahrung ihr in und an euch davon ha- bet.) Anmerckung. Was der Apoſtel, zu mehrer Erlaͤuterung deſ- ſen, was er ſchon im erſten Capitel, ſonderlich v. 5. 9. von ſeinem Eingange bey den Theſſalonichern bezeuget hatte, alhie alſo ſetzet, daß er ſich auf ihre eigene Erfahrung berufet, das fuͤhret er nun dergeſtalt aus, daß er erſtlich vom 2ten Vers bis auf den 13ten vorſtellet, wie er ſein Amt, da- mit es nicht vergeblich ſeyn moͤchte, unter ihnen gefuͤhret habe: und denn v. 13. u. f. wie es von ihnen in aller Folgſamkeit angenommen worden. V. 2. Sondern, als wir zuvor gelitten hat- ten, und geſchmaͤhet geweſen waren zu Philippen, (wie ihr wiſſet) waren wir dennoch freudig in unſerm GOtt, (der zwar aller Menſchen GOTT iſt, aber doch von einem ieden Glaͤubigen inſonderheit als ſein GOtt erkannt wird, daß man mit glaͤubiger Zu- eignung ſagen kan: mein GOtt! unſer GOtt!) bey euch zu ſagen das Evangelium GOttes (welches nach der geſchehenen theuren Beylage und anbefohlnen Amts-Verrichtung auch unſer Evangelium iſt c. 1, 5.) und groſſen kaͤmpfen. (oder vielem Kampfe, πολλῷ ἀγῶνι.) Anmerckungen. 1. Daß der Apoſtel die Vorſtellung von ſei- ner Amts-Fuͤhrung mit der particula ἀλλὰ, ſondern, anhebet, und alſo einen Gegenſatz ma- chet von dem, daß ſein Eingang bey den Theſ- ſalonichern nicht vergeblich geweſen ſey, damit zeiget er an, daß er von ſeiner Seite dazu keine Gelegenheit gegeben habe; und daß, wo der Vortrag des Evangelii ſo leer abgehet, die Schuld, auſſer den Zuhoͤrern, auch groſſen theils an dem Lehrer liege, daß der entweder ſelbſt keine recht-geiſtliche Tuͤchtigkeit dazu habe, noch ſich im Amte mit einem lautern Sinn getreu erweiſe, und dabey folglich auch das Creutz ſcheue. 2. Was der Apoſtel von ſeinen Leiden zu Philippen anfuͤhret, davon kan man nachleſen Ap. Geſch. c. 16, 22. u. f. denn da wurden ſie nach abgeriſſenen Kleidern geſtaͤupet, und in das tiefſte Gefaͤngniß geleget; aber auch recht wun- derbar daraus errettet. 3. Mit der Redens-Art: Freudig ſeyn in GOtt, zeiget der Apoſtel an, daß er die innere Glaubens-Freudigkeit, und die daher entſtehen- de Freymuͤndigkeit im Reden, nicht allein habe gehabt von GOtt, ſondern auch gebraucht in GOtt, in der innigſten Vereinigung und Ge- meinſchaft mit ihm. 4. Es war doch aber dieſe glaͤubige Frey- muͤthigkeit nicht ohne vielen Kampf, welchen das aͤuſſerliche Ungewitter der Verfolgung ver- urſachte: als darinn der Apoſtel nicht allein fuͤr ſich ſelbſt geweſen, ſondern auch unter vieler Ar- beit, Sorge und Muͤhe, dahin zu ſehen hatte, daß dem Satan allewege Abbruch geſchehen, und, was er zur Verhinderung des guten ſuchte, nicht gelingen moͤchte. Darum gleichwie einer kan aͤuſſerliche Ruhe und doch dabey ein nieder- geſchlagenes Gemuͤth haben, ſo kan einer wohl in der Freudigkeit und dabey auch zugleich im Kampfe ſtehen. Kan doch ein Kriegsmann wohl mit aller Freymuͤthigkeit zum Treffen ge- hen, und darinnen einen Sieg nach dem andern erhalten, obgleich nicht ohne vielen Kampf. Siehe auch Phil. 1, 30. Col. 2, 1. V. 3. Denn unſere Ermahnung (nebſt allem uͤbrigen Vortrage des Worts) iſt nicht ge- weſen (hergekommen) zu Jrrthum, (ἐκπλά- νης, aus Jrrthum, dem Verſtande nach, als wenn wir eine falſche Lehre zum Grunde gehabt haͤtten) noch (dem Willen nach) zur Unrei- nigkeit (ἐξ ἀκαρϑαρσίας, aus Unreinigkeit, aus einem unreinen und unlautern Zweck, und aus fleiſchlichen Affecten,) noch mit Liſt. (ου῎τε ἐν ὸόλῳ, noch iſt ſie geſchehen betruͤglicher Weiſe, euch hinter das Licht zu fuͤhren.) Anmer- B 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/15>, abgerufen am 21.11.2024.