[Spaltenumbruch]Fleiß beweise, die Hoffnung vest zu behal- ten bis ans Ende. u. s. w.
V. 10.
Denn GOtt (auf dessen Bewahrung es bey eurer eignen Treue zuvorderst ankömmt) ist nicht ungerecht, daß er (wider seine Ver- heissung von seiner bewahrenden Gnade und von der gnädigen Belohnung aller Treue) vergesse eures Wercks und Arbeit der Liebe, die ihr bewiesen habet an seinem Namen (in der Gläubigen Bekänntniß, die ihr vom Evangelio und dem Christenthum auch unter dem Creutze abgeleget habet) da ihr den Heiligen die- netet, und noch dienet. (Da ihr euch nicht al- lein für euch selbst treu erwiesen sondern euch auch der nothleidenden Mitglieder so gar getreulich angenommen habet; sonderlich alsdenn, wenn sie um der Wahrheit Willen sind bedrenget und verjaget worden, und ihre Zuflucht zu euch ge- nommen haben.)
Anmerckungen.
1. Der Apostel führet mit diesen Worten einen Grund an, so wol von seiner eigenen Zuver- sicht, welche er wegen der Beharrung der gläubi- gen Hebräer trug; als auch von dem Vertrauen, welches sie selbst ihrer Beharrung wegen fassen konnten; und nimmt es her von der Treue GOt- tes, vermöge welcher er seine Verheissung er- fülle.
2. Ob denn nun gleich der Verheissungen GOttes nicht ausdrücklich gedacht wird, so wer- den wir doch in den Worten: GOtt ist nicht ungerecht, daß er vergesse, dem Verstande nach darauf gewiesen. Die Verheissung aber ist gedoppelt, theils von der Treue GOttes, uns im guten immer mehr zu stärcken und dadurch zu bewahren, theils von der künftigen Gnaden- Belohnung unserer eigenen Treue. Und also sind solche Verheissungen ein vester Grund der Zuversicht von der beständigen Beharrung und von der darinnen statt findenden Gewißheit der Seligkeit. Sie liegen aber in der wesentlichen Eigenschaft der Liebe und Gnade GOttes und sind in vielen nicht unbekannten Sprüchen der heiligen Schrift alten und neuen Testaments be- zeuget.
3. Weil nun, wenn GOtt solche Verheis- sungen nicht erfüllete, solches eine Art der Unge- rechtigkeit seyn würde; so spricht der Apostel, GOtt sey nicht ungerecht, derselben und dabey der von den Hebräern bisher erwiesenen Treue zu vergessen Daraus wir zugleich sehen, daß die Gerechtigkeit GOttes auch die Wahrheit, oder Wahrhaftigkeit und Treue, seine Verheis- sungen zu erfüllen, in sich halte.
4. GOtt vergisset des ausgeübten guten so gar nicht, daß er vielmehr desselben mit gnädi- gem Wohlgefallen eingedenck ist, und es beloh- net. Das aber des nicht vergessens gedacht wird, kömmt daher, weil ein Mensch bey seiner Schwachgläubigkeit zu meinen pfleget, als ver- gesse GOtt seiner. Und also ist ein solcher Auß- druck der Anfechtung entgegen gesetzet.
[Spaltenumbruch]
5. Durch das Wort Werck verstehet der Apostel wol fürnemlich das Werck, das ist, die rechte Realitaet, soliditaet und Kraft des Glau- bens, wie dieser bewiesen war in freudiger Be- kenntniß, auch unter allerley Leyden: sintemal er dieses Werck von der Arbeit der Liebe unter- scheidet, auch 1 Thess. 1, 3. bey dem Worte Werck des Glaubens ausdrücklich gedencket. Wo selbst von dieser gar nachdrücklichen Redens-Art, wie auch von der Arbeit der Liebe ein mehrers nachzulesen ist.
6. Weil uns GOtt mit so vielen Gnaden- Gaben zieret, so ist es so viel billiger, daß man dagegen suche seinen Namen bey sich und bey an- dern nach allem Vermögen zu verherrlichen. Wel- ches denn ist, Glauben und Liebe beweisen eis to onoma autou~, an, oder gegen seinen Namen, das ist, gegen ihn selbst, in Ansehung aller seiner wesentlichen Eigenschaften und der daher entste- henden grossen Wercke, zu deren Bezeichnung GOtt sich auch mit den herrlichsten und trostrei- chesten Namen vorstellet, als da er heißt: ein Schöpfer, Erhalter und Regierer aller Dinge, ein Vater, Richter, Heyland, König, Hirte u. s. w.
7. Der Name GOttes und die Heiligen stehen zusammen: sintemal diese es sind, durch welche und an welchen der Name des HErrn ver- herrlichet wird. Und was man ihnen thut, das nimmt der HErr an, als hätte man es ihm selbst gethan. Matth. 25.
8. Die Heiligen hat man nicht erst im Himmel zu suchen, und zu finden, sondern schon auf Erden. Denn wer nicht alhier schon ein Heiliger wird, ob gleich noch in grosser Unvoll- kommenheit, doch nach der Wahrheit, der wird es im Himmel nicht werden. Das Creutz aber machet, oder characterisiret doch, die besten Hei- ligen, wie bey den Hebräern.
9. Es müssen, wie anderwärtig, also auch sonderlich in den Morgen-Ländern viele besondere Leiden über die gläubigen Juden ergangen seyn; doch an einem Orte mehr, als an dem andern, wie es zu geschehen pfleget: daß daher diejenigen, welche die Noth gar nicht, oder doch nicht so hart getroffen, Gelegenheit und Ursache gehabt haben, sich der Bedrängten anzunehmen. Von beyderley Sorten heißt es unten c. 10, 33. Jhr seyd zum Theil selbst durch Schmach und Trübsal ein Schauspiel worden, zum Theil habet ihr Gemeinschaft gehabt mit denen, denen es also gehet. Und von diesem allen muß Paulus zu Rom viele Nachricht eingezogen haben. Da- zu denn auch die grossen Commercia, welche das grosse und Volck-reiche Rom dazumal mit den Orientalischen Ländern hatte, gedienet hat.
10. Und wie wohl lautet es von den gläubi- gen Hebräern, wenn der Apostel saget: da ihr denn Heiligen dienetet, oder ihnen gedienet habet, und noch dienet. Denn auf die Be- harrung im Guten kömmt es an. O wie übel lau- tet es hingegen, wenn es heißt: Demas hat zwar GOtt geliebet, aber nun nicht mehr.
11. Man
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 6. v. 7-10.
[Spaltenumbruch]Fleiß beweiſe, die Hoffnung veſt zu behal- ten bis ans Ende. u. ſ. w.
V. 10.
Denn GOtt (auf deſſen Bewahrung es bey eurer eignen Treue zuvorderſt ankoͤmmt) iſt nicht ungerecht, daß er (wider ſeine Ver- heiſſung von ſeiner bewahrenden Gnade und von der gnaͤdigen Belohnung aller Treue) vergeſſe eures Wercks und Arbeit der Liebe, die ihr bewieſen habet an ſeinem Namen (in der Glaͤubigen Bekaͤnntniß, die ihr vom Evangelio und dem Chriſtenthum auch unter dem Creutze abgeleget habet) da ihr den Heiligen die- netet, und noch dienet. (Da ihr euch nicht al- lein fuͤr euch ſelbſt treu erwieſen ſondern euch auch der nothleidenden Mitglieder ſo gar getreulich angenommen habet; ſonderlich alsdenn, wenn ſie um der Wahrheit Willen ſind bedrenget und verjaget worden, und ihre Zuflucht zu euch ge- nommen haben.)
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel fuͤhret mit dieſen Worten einen Grund an, ſo wol von ſeiner eigenen Zuver- ſicht, welche er wegen der Beharrung der glaͤubi- gen Hebraͤer trug; als auch von dem Vertrauen, welches ſie ſelbſt ihrer Beharrung wegen faſſen konnten; und nimmt es her von der Treue GOt- tes, vermoͤge welcher er ſeine Verheiſſung er- fuͤlle.
2. Ob denn nun gleich der Verheiſſungen GOttes nicht ausdruͤcklich gedacht wird, ſo wer- den wir doch in den Worten: GOtt iſt nicht ungerecht, daß er vergeſſe, dem Verſtande nach darauf gewieſen. Die Verheiſſung aber iſt gedoppelt, theils von der Treue GOttes, uns im guten immer mehr zu ſtaͤrcken und dadurch zu bewahren, theils von der kuͤnftigen Gnaden- Belohnung unſerer eigenen Treue. Und alſo ſind ſolche Verheiſſungen ein veſter Grund der Zuverſicht von der beſtaͤndigen Beharrung und von der darinnen ſtatt findenden Gewißheit der Seligkeit. Sie liegen aber in der weſentlichen Eigenſchaft der Liebe und Gnade GOttes und ſind in vielen nicht unbekannten Spruͤchen der heiligen Schrift alten und neuen Teſtaments be- zeuget.
3. Weil nun, wenn GOtt ſolche Verheiſ- ſungen nicht erfuͤllete, ſolches eine Art der Unge- rechtigkeit ſeyn wuͤrde; ſo ſpricht der Apoſtel, GOtt ſey nicht ungerecht, derſelben und dabey der von den Hebraͤern bisher erwieſenen Treue zu vergeſſen Daraus wir zugleich ſehen, daß die Gerechtigkeit GOttes auch die Wahrheit, oder Wahrhaftigkeit und Treue, ſeine Verheiſ- ſungen zu erfuͤllen, in ſich halte.
4. GOtt vergiſſet des ausgeuͤbten guten ſo gar nicht, daß er vielmehr deſſelben mit gnaͤdi- gem Wohlgefallen eingedenck iſt, und es beloh- net. Das aber des nicht vergeſſens gedacht wird, koͤmmt daher, weil ein Menſch bey ſeiner Schwachglaͤubigkeit zu meinen pfleget, als ver- geſſe GOtt ſeiner. Und alſo iſt ein ſolcher Auß- druck der Anfechtung entgegen geſetzet.
[Spaltenumbruch]
5. Durch das Wort Werck verſtehet der Apoſtel wol fuͤrnemlich das Werck, das iſt, die rechte Realitæt, ſoliditæt und Kraft des Glau- bens, wie dieſer bewieſen war in freudiger Be- kenntniß, auch unter allerley Leyden: ſintemal er dieſes Werck von der Arbeit der Liebe unter- ſcheidet, auch 1 Theſſ. 1, 3. bey dem Worte Werck des Glaubens ausdruͤcklich gedencket. Wo ſelbſt von dieſer gar nachdruͤcklichen Redens-Art, wie auch von der Arbeit der Liebe ein mehrers nachzuleſen iſt.
6. Weil uns GOtt mit ſo vielen Gnaden- Gaben zieret, ſo iſt es ſo viel billiger, daß man dagegen ſuche ſeinen Namen bey ſich und bey an- dern nach allem Vermoͤgen zu verherrlichen. Wel- ches denn iſt, Glauben und Liebe beweiſen εἰς τὸ ὄνομα ἀυτου῀, an, oder gegen ſeinen Namen, das iſt, gegen ihn ſelbſt, in Anſehung aller ſeiner weſentlichen Eigenſchaften und der daher entſte- henden groſſen Wercke, zu deren Bezeichnung GOtt ſich auch mit den herrlichſten und troſtrei- cheſten Namen vorſtellet, als da er heißt: ein Schoͤpfer, Erhalter und Regierer aller Dinge, ein Vater, Richter, Heyland, Koͤnig, Hirte u. ſ. w.
7. Der Name GOttes und die Heiligen ſtehen zuſammen: ſintemal dieſe es ſind, durch welche und an welchen der Name des HErrn ver- herrlichet wird. Und was man ihnen thut, das nimmt der HErr an, als haͤtte man es ihm ſelbſt gethan. Matth. 25.
8. Die Heiligen hat man nicht erſt im Himmel zu ſuchen, und zu finden, ſondern ſchon auf Erden. Denn wer nicht alhier ſchon ein Heiliger wird, ob gleich noch in groſſer Unvoll- kommenheit, doch nach der Wahrheit, der wird es im Himmel nicht werden. Das Creutz aber machet, oder characteriſiret doch, die beſten Hei- ligen, wie bey den Hebraͤern.
9. Es muͤſſen, wie anderwaͤrtig, alſo auch ſonderlich in den Morgen-Laͤndern viele beſondere Leiden uͤber die glaͤubigen Juden ergangen ſeyn; doch an einem Orte mehr, als an dem andern, wie es zu geſchehen pfleget: daß daher diejenigen, welche die Noth gar nicht, oder doch nicht ſo hart getroffen, Gelegenheit und Urſache gehabt haben, ſich der Bedraͤngten anzunehmen. Von beyderley Sorten heißt es unten c. 10, 33. Jhr ſeyd zum Theil ſelbſt durch Schmach und Truͤbſal ein Schauſpiel worden, zum Theil habet ihr Gemeinſchaft gehabt mit denen, denen es alſo gehet. Und von dieſem allen muß Paulus zu Rom viele Nachricht eingezogen haben. Da- zu denn auch die groſſen Commercia, welche das groſſe und Volck-reiche Rom dazumal mit den Orientaliſchen Laͤndern hatte, gedienet hat.
10. Und wie wohl lautet es von den glaͤubi- gen Hebraͤern, wenn der Apoſtel ſaget: da ihr denn Heiligen dienetet, oder ihnen gedienet habet, und noch dienet. Denn auf die Be- harrung im Guten koͤmmt es an. O wie uͤbel lau- tet es hingegen, wenn es heißt: Demas hat zwar GOtt geliebet, aber nun nicht mehr.
11. Man
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[316/0318]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 6. v. 7-10.
Fleiß beweiſe, die Hoffnung veſt zu behal-
ten bis ans Ende. u. ſ. w.
V. 10.
Denn GOtt (auf deſſen Bewahrung es
bey eurer eignen Treue zuvorderſt ankoͤmmt) iſt
nicht ungerecht, daß er (wider ſeine Ver-
heiſſung von ſeiner bewahrenden Gnade und von
der gnaͤdigen Belohnung aller Treue) vergeſſe
eures Wercks und Arbeit der Liebe, die
ihr bewieſen habet an ſeinem Namen (in
der Glaͤubigen Bekaͤnntniß, die ihr vom Evangelio
und dem Chriſtenthum auch unter dem Creutze
abgeleget habet) da ihr den Heiligen die-
netet, und noch dienet. (Da ihr euch nicht al-
lein fuͤr euch ſelbſt treu erwieſen ſondern euch auch
der nothleidenden Mitglieder ſo gar getreulich
angenommen habet; ſonderlich alsdenn, wenn
ſie um der Wahrheit Willen ſind bedrenget und
verjaget worden, und ihre Zuflucht zu euch ge-
nommen haben.)
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel fuͤhret mit dieſen Worten
einen Grund an, ſo wol von ſeiner eigenen Zuver-
ſicht, welche er wegen der Beharrung der glaͤubi-
gen Hebraͤer trug; als auch von dem Vertrauen,
welches ſie ſelbſt ihrer Beharrung wegen faſſen
konnten; und nimmt es her von der Treue GOt-
tes, vermoͤge welcher er ſeine Verheiſſung er-
fuͤlle.
2. Ob denn nun gleich der Verheiſſungen
GOttes nicht ausdruͤcklich gedacht wird, ſo wer-
den wir doch in den Worten: GOtt iſt nicht
ungerecht, daß er vergeſſe, dem Verſtande
nach darauf gewieſen. Die Verheiſſung aber
iſt gedoppelt, theils von der Treue GOttes, uns
im guten immer mehr zu ſtaͤrcken und dadurch zu
bewahren, theils von der kuͤnftigen Gnaden-
Belohnung unſerer eigenen Treue. Und alſo
ſind ſolche Verheiſſungen ein veſter Grund der
Zuverſicht von der beſtaͤndigen Beharrung und
von der darinnen ſtatt findenden Gewißheit der
Seligkeit. Sie liegen aber in der weſentlichen
Eigenſchaft der Liebe und Gnade GOttes und
ſind in vielen nicht unbekannten Spruͤchen der
heiligen Schrift alten und neuen Teſtaments be-
zeuget.
3. Weil nun, wenn GOtt ſolche Verheiſ-
ſungen nicht erfuͤllete, ſolches eine Art der Unge-
rechtigkeit ſeyn wuͤrde; ſo ſpricht der Apoſtel,
GOtt ſey nicht ungerecht, derſelben und dabey der
von den Hebraͤern bisher erwieſenen Treue zu
vergeſſen Daraus wir zugleich ſehen, daß die
Gerechtigkeit GOttes auch die Wahrheit,
oder Wahrhaftigkeit und Treue, ſeine Verheiſ-
ſungen zu erfuͤllen, in ſich halte.
4. GOtt vergiſſet des ausgeuͤbten guten
ſo gar nicht, daß er vielmehr deſſelben mit gnaͤdi-
gem Wohlgefallen eingedenck iſt, und es beloh-
net. Das aber des nicht vergeſſens gedacht wird,
koͤmmt daher, weil ein Menſch bey ſeiner
Schwachglaͤubigkeit zu meinen pfleget, als ver-
geſſe GOtt ſeiner. Und alſo iſt ein ſolcher Auß-
druck der Anfechtung entgegen geſetzet.
5. Durch das Wort Werck verſtehet der
Apoſtel wol fuͤrnemlich das Werck, das iſt, die
rechte Realitæt, ſoliditæt und Kraft des Glau-
bens, wie dieſer bewieſen war in freudiger Be-
kenntniß, auch unter allerley Leyden: ſintemal er
dieſes Werck von der Arbeit der Liebe unter-
ſcheidet, auch 1 Theſſ. 1, 3. bey dem Worte Werck
des Glaubens ausdruͤcklich gedencket. Wo ſelbſt
von dieſer gar nachdruͤcklichen Redens-Art, wie
auch von der Arbeit der Liebe ein mehrers
nachzuleſen iſt.
6. Weil uns GOtt mit ſo vielen Gnaden-
Gaben zieret, ſo iſt es ſo viel billiger, daß man
dagegen ſuche ſeinen Namen bey ſich und bey an-
dern nach allem Vermoͤgen zu verherrlichen. Wel-
ches denn iſt, Glauben und Liebe beweiſen εἰς τὸ
ὄνομα ἀυτου῀, an, oder gegen ſeinen Namen,
das iſt, gegen ihn ſelbſt, in Anſehung aller ſeiner
weſentlichen Eigenſchaften und der daher entſte-
henden groſſen Wercke, zu deren Bezeichnung
GOtt ſich auch mit den herrlichſten und troſtrei-
cheſten Namen vorſtellet, als da er heißt: ein
Schoͤpfer, Erhalter und Regierer aller Dinge,
ein Vater, Richter, Heyland, Koͤnig, Hirte
u. ſ. w.
7. Der Name GOttes und die Heiligen
ſtehen zuſammen: ſintemal dieſe es ſind, durch
welche und an welchen der Name des HErrn ver-
herrlichet wird. Und was man ihnen thut, das
nimmt der HErr an, als haͤtte man es ihm ſelbſt
gethan. Matth. 25.
8. Die Heiligen hat man nicht erſt im
Himmel zu ſuchen, und zu finden, ſondern ſchon
auf Erden. Denn wer nicht alhier ſchon ein
Heiliger wird, ob gleich noch in groſſer Unvoll-
kommenheit, doch nach der Wahrheit, der wird
es im Himmel nicht werden. Das Creutz aber
machet, oder characteriſiret doch, die beſten Hei-
ligen, wie bey den Hebraͤern.
9. Es muͤſſen, wie anderwaͤrtig, alſo auch
ſonderlich in den Morgen-Laͤndern viele beſondere
Leiden uͤber die glaͤubigen Juden ergangen ſeyn;
doch an einem Orte mehr, als an dem andern,
wie es zu geſchehen pfleget: daß daher diejenigen,
welche die Noth gar nicht, oder doch nicht ſo hart
getroffen, Gelegenheit und Urſache gehabt haben,
ſich der Bedraͤngten anzunehmen. Von beyderley
Sorten heißt es unten c. 10, 33. Jhr ſeyd zum
Theil ſelbſt durch Schmach und Truͤbſal ein
Schauſpiel worden, zum Theil habet ihr
Gemeinſchaft gehabt mit denen, denen es
alſo gehet. Und von dieſem allen muß Paulus
zu Rom viele Nachricht eingezogen haben. Da-
zu denn auch die groſſen Commercia, welche das
groſſe und Volck-reiche Rom dazumal mit den
Orientaliſchen Laͤndern hatte, gedienet hat.
10. Und wie wohl lautet es von den glaͤubi-
gen Hebraͤern, wenn der Apoſtel ſaget: da ihr
denn Heiligen dienetet, oder ihnen gedienet
habet, und noch dienet. Denn auf die Be-
harrung im Guten koͤmmt es an. O wie uͤbel lau-
tet es hingegen, wenn es heißt: Demas hat zwar
GOtt geliebet, aber nun nicht mehr.
11. Man
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/318>, abgerufen am 28.11.2024.
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