Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cap. 8. v. 8.-12. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] dens, mit den dazu gesetzten Worten eine Ursa-
che anzeigen von dem, daß GOTT mit dem
Volcke nicht als ein Vater, sondern als ein
harter HErr, nach dem Hebräischen Worte
[fremdsprachliches Material], verfahren. Hingegen aber den Unge-
horsam des Volcks zur Ursache anzuführen, war-
um GOTT die alte Oeconomie aufgehoben,
und die neue eingeführet, will sich nicht wohl
schicken. Es folget nun eine mehrere Erklärung
von der neuen Oeconomie, die bey dem Pro-
pheten also lautet.

V. 10.

Denn das ist das Testament, das ich
machen will dem Hause Jsrael (und Juda
v. 8. ja, nach ihrem Exempel, dem gantzen
menschlichen Geschlechte) nach diesen Tagen
(der alten Oeconomie) spricht der HERR
(der Gesetz-Geber, und auch der Erlöser und
Seligmacher) ich will (durch meinen Geist,
oder dessen Salbung und kräftige Wirckung)
geben mein Gesetz in ihren Sinn, und in
ihr Hertz (an statt der steinern Tafeln) will
ich es schreiben (also daß ich ihnen die Lust und
auch die Kraft gebe nach demselben einher zuge-
hen) und will (in dieser Heyls-Ordnung) ihr
GOtt seyn (und mich nach der neuen Oeco-
nomie sonderlich als ihren geistlichen Erlöser
und den Hohenpriester, nach der Gleichheit
Melchisedech, erweisen) und sie sollen mein
(geistlich erlösetes) Volck seyn (das auserwehl-
te Geschlecht, das Königliche Priesterthum,
das heilige Volck, das Volck des Eigenthums,
1 Pet. 2, 9.)

Anmerckungen.

1. Daß GOtt mit den Worten: ich will
mein Gesetz in ihr Hertz schreiben, sehe auf
die Tafeln des Gesetzes, darein er sein Gesetz
geschrieben, oder selbst eingegraben, erkennet
leichtlich iederman. Wir haben aber dabey
folgende Stücke, mit der Application auf den
geistlichen Verstand, wohl zu mercken:

a. Die ersten Tafeln bereitete GOTT selbst,
grub auch selbst die zehen Gebote darein. 2 B.
Mos. 32, 16. Dieses war eine Figur von der
Schöpfung des Menschen nach dem Eben-
bilde GOttes: als welches, wie ein ins Hertz
geschriebenes Gesetze, der Mensch nebst sei-
nem Wesen selbst nicht weniger von GOTT
hatte, als Moses die Tafeln mit dem darinn
geschriebenen Gesetze von GOtt.
b. GOTT gab die Gesetzes-Tafeln Mosi an
das Volck: und foderte damit das dem
menschlichen Geschlechte anerschafne Eben-
bild, oder einen demselben gemäßen vollkomm-
nen Dienst, unter der Verheissung des Le-
bens, aber auch mit gerechter Androhung des
ewigen Todes bey dem Ungehorsam. 3 B. M.
18, 5. 4 B. M. 27, 26.
c. Als Moses mit diesen Gesetzes-Tafeln vom
Berge Sinai herab kam, und das Volck in
einer entsetzlichen Abweichung von GOTT
stunde: erschrack er darüber dergestalt, daß
er vor grossem Unmuth und Kummer dieselbe
[Spaltenumbruch] fallen ließ; da sie denn in Stücken zerbrochen.
2 B. Mos. 32, 17. u. f. Welches ein Nachbild
war von dem Sünden-Fall des menschlichen
Geschlechts, dadurch sie das Ebenbild GOt-
tes, als das eingeschriebene Gesetz, verlohren
haben.
d. Die Tafeln wurden wieder hergestellet; aber
also, daß neue gehauen wurden; und zwar von
Mose, und GOTT selbst das Gesetz in diesel-
be schrieb c. 34, 1. welches eine Figur war
von dem, daß GOTT bey der Wiederauf-
richtung seines Ebenbildes zwar der mensch-
lichen Anführung sich bediene, aber doch
selbst das Gesetz in unser Hertz schreibe, und al-
so dieses ein Werck seiner eigenen Kraft sey.
Wie es denn auch alhier heißt: Jch will
geben mein Gesetz in ihren Sinn, und in
ihr Hertz will ichs schreiben.

2. Es ist diese mit den Worten von Ein-
schreibung des Gesetzes ins Hertze bezeichnete
Gnade eigentlich die gratia medicinalis, die
unsern innern Seelen-Schaden, der sich bis zum
geistlichen Tode erstrecket, in uns ausheilet und
uns aus dem geistlichen Tode erwecket, und mit
dem wahren Glauben, als dem geistlichen Le-
ben und Lichte begabet, und also uns neu gebie-
ret aus GOTT und mit solchen geistlichen
Gnaden-Kräften beseliget, durch welche man
nach dem heiligen Gesetze GOttes, und also
nach GOTT selbst gesinnet, auch vermögend
wird, nach dem Gesetze GOttes, ob gleich noch
in vieler Unvollkommenheit, doch nach der Wahr-
heit einherzugehen. Ezech. 36, 26. 27. heißt es
davon: Jch will euch ein neu Hertz und ei-
nen neuen Geist in euch geben, und will
das steinerne Hertz aus eurem Fleische hin-
weg nehmen, und euch ein fleischern Hertz
geben. Jch will solche Leute aus euch ma-
chen, die in meinen Geboten wandeln, und
meine Rechte halten und darnach thun.
Sonderlich gehöret zur fernern Erläuterung
hieher, was Paulus von den Corinthern, als
einem solchen Briefe Christi, schreibet, der
durchs Predigt-Amt zubereitet und ge-
schrieben sey mit dem Geist des lebendigen
GOttes, nicht in steinern Tafeln, sondern
in fleischern Tafeln des Hertzens. 2 Cor. 3,
2. 3.

3. Die Worte: ich will ihr GOtt seyn,
und sie sollen mein Volck seyn, sind Worte
des Bundes, welchen GOTT schon im Abra-
ham mit dem Judischen Volcke, ja allen zum
Glauben an den Meßiam zubringenden übrigen
Völckern auf Erden gemachet hatte 1 B. Mos.
17, 2. u. f. davon man auch conferiren kan
2 B. Mos. 19, 5. 6. 3 B. Mos. 26, 12. Jer. 31, 1.
Zach. 8, 8. 2 Cor. 6, 16. Tit. 2, 14. 2 Pet. 2, 9.
Offenb. 21, 3. Und daher nennete sich GOtt auch
einen GOtt Abrahams, Jsaacs und Jacobs
2 B. Mos. 3, 6. 15.

V. 11. 12.

Und soll nicht lehren iemand seinen
Nächsten, noch jemand seinen Bruder, und

sagen:
U u 2

Cap. 8. v. 8.-12. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] dens, mit den dazu geſetzten Worten eine Urſa-
che anzeigen von dem, daß GOTT mit dem
Volcke nicht als ein Vater, ſondern als ein
harter HErr, nach dem Hebraͤiſchen Worte
[fremdsprachliches Material], verfahren. Hingegen aber den Unge-
horſam des Volcks zur Urſache anzufuͤhren, war-
um GOTT die alte Oeconomie aufgehoben,
und die neue eingefuͤhret, will ſich nicht wohl
ſchicken. Es folget nun eine mehrere Erklaͤrung
von der neuen Oeconomie, die bey dem Pro-
pheten alſo lautet.

V. 10.

Denn das iſt das Teſtament, das ich
machen will dem Hauſe Jſrael (und Juda
v. 8. ja, nach ihrem Exempel, dem gantzen
menſchlichen Geſchlechte) nach dieſen Tagen
(der alten Oeconomie) ſpricht der HERR
(der Geſetz-Geber, und auch der Erloͤſer und
Seligmacher) ich will (durch meinen Geiſt,
oder deſſen Salbung und kraͤftige Wirckung)
geben mein Geſetz in ihren Sinn, und in
ihr Hertz (an ſtatt der ſteinern Tafeln) will
ich es ſchreiben (alſo daß ich ihnen die Luſt und
auch die Kraft gebe nach demſelben einher zuge-
hen) und will (in dieſer Heyls-Ordnung) ihr
GOtt ſeyn (und mich nach der neuen Oeco-
nomie ſonderlich als ihren geiſtlichen Erloͤſer
und den Hohenprieſter, nach der Gleichheit
Melchiſedech, erweiſen) und ſie ſollen mein
(geiſtlich erloͤſetes) Volck ſeyn (das auserwehl-
te Geſchlecht, das Koͤnigliche Prieſterthum,
das heilige Volck, das Volck des Eigenthums,
1 Pet. 2, 9.)

Anmerckungen.

1. Daß GOtt mit den Worten: ich will
mein Geſetz in ihr Hertz ſchreiben, ſehe auf
die Tafeln des Geſetzes, darein er ſein Geſetz
geſchrieben, oder ſelbſt eingegraben, erkennet
leichtlich iederman. Wir haben aber dabey
folgende Stuͤcke, mit der Application auf den
geiſtlichen Verſtand, wohl zu mercken:

a. Die erſten Tafeln bereitete GOTT ſelbſt,
grub auch ſelbſt die zehen Gebote darein. 2 B.
Moſ. 32, 16. Dieſes war eine Figur von der
Schoͤpfung des Menſchen nach dem Eben-
bilde GOttes: als welches, wie ein ins Hertz
geſchriebenes Geſetze, der Menſch nebſt ſei-
nem Weſen ſelbſt nicht weniger von GOTT
hatte, als Moſes die Tafeln mit dem darinn
geſchriebenen Geſetze von GOtt.
b. GOTT gab die Geſetzes-Tafeln Moſi an
das Volck: und foderte damit das dem
menſchlichen Geſchlechte anerſchafne Eben-
bild, odeꝛ einen demſelben gemaͤßen vollkomm-
nen Dienſt, unter der Verheiſſung des Le-
bens, aber auch mit gerechter Androhung des
ewigen Todes bey dem Ungehorſam. 3 B. M.
18, 5. 4 B. M. 27, 26.
c. Als Moſes mit dieſen Geſetzes-Tafeln vom
Berge Sinai herab kam, und das Volck in
einer entſetzlichen Abweichung von GOTT
ſtunde: erſchrack er daruͤber dergeſtalt, daß
er vor groſſem Unmuth und Kummer dieſelbe
[Spaltenumbruch] fallen ließ; da ſie denn in Stuͤcken zerbrochen.
2 B. Moſ. 32, 17. u. f. Welches ein Nachbild
war von dem Suͤnden-Fall des menſchlichen
Geſchlechts, dadurch ſie das Ebenbild GOt-
tes, als das eingeſchriebene Geſetz, verlohren
haben.
d. Die Tafeln wurden wieder hergeſtellet; aber
alſo, daß neue gehauen wurden; und zwar von
Moſe, und GOTT ſelbſt das Geſetz in dieſel-
be ſchrieb c. 34, 1. welches eine Figur war
von dem, daß GOTT bey der Wiederauf-
richtung ſeines Ebenbildes zwar der menſch-
lichen Anfuͤhrung ſich bediene, aber doch
ſelbſt das Geſetz in unſer Hertz ſchreibe, und al-
ſo dieſes ein Werck ſeiner eigenen Kraft ſey.
Wie es denn auch alhier heißt: Jch will
geben mein Geſetz in ihren Sinn, und in
ihr Hertz will ichs ſchreiben.

2. Es iſt dieſe mit den Worten von Ein-
ſchreibung des Geſetzes ins Hertze bezeichnete
Gnade eigentlich die gratia medicinalis, die
unſern innern Seelen-Schaden, der ſich bis zum
geiſtlichen Tode erſtrecket, in uns ausheilet und
uns aus dem geiſtlichen Tode erwecket, und mit
dem wahren Glauben, als dem geiſtlichen Le-
ben und Lichte begabet, und alſo uns neu gebie-
ret aus GOTT und mit ſolchen geiſtlichen
Gnaden-Kraͤften beſeliget, durch welche man
nach dem heiligen Geſetze GOttes, und alſo
nach GOTT ſelbſt geſinnet, auch vermoͤgend
wird, nach dem Geſetze GOttes, ob gleich noch
in vieler Unvollkommenheit, doch nach der Wahꝛ-
heit einherzugehen. Ezech. 36, 26. 27. heißt es
davon: Jch will euch ein neu Hertz und ei-
nen neuen Geiſt in euch geben, und will
das ſteinerne Hertz aus eurem Fleiſche hin-
weg nehmen, und euch ein fleiſchern Hertz
geben. Jch will ſolche Leute aus euch ma-
chen, die in meinen Geboten wandeln, und
meine Rechte halten und darnach thun.
Sonderlich gehoͤret zur fernern Erlaͤuterung
hieher, was Paulus von den Corinthern, als
einem ſolchen Briefe Chriſti, ſchreibet, der
durchs Predigt-Amt zubereitet und ge-
ſchrieben ſey mit dem Geiſt des lebendigen
GOttes, nicht in ſteinern Tafeln, ſondern
in fleiſchern Tafeln des Hertzens. 2 Cor. 3,
2. 3.

3. Die Worte: ich will ihr GOtt ſeyn,
und ſie ſollen mein Volck ſeyn, ſind Worte
des Bundes, welchen GOTT ſchon im Abra-
ham mit dem Judiſchen Volcke, ja allen zum
Glauben an den Meßiam zubringenden uͤbrigen
Voͤlckern auf Erden gemachet hatte 1 B. Moſ.
17, 2. u. f. davon man auch conferiren kan
2 B. Moſ. 19, 5. 6. 3 B. Moſ. 26, 12. Jer. 31, 1.
Zach. 8, 8. 2 Cor. 6, 16. Tit. 2, 14. 2 Pet. 2, 9.
Offenb. 21, 3. Und daher nennete ſich GOtt auch
einen GOtt Abrahams, Jſaacs und Jacobs
2 B. Moſ. 3, 6. 15.

V. 11. 12.

Und ſoll nicht lehren iemand ſeinen
Naͤchſten, noch jemand ſeinen Bruder, und

ſagen:
U u 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0341" n="339"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 8. v. 8.-12. an die Hebra&#x0364;er.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#aq">dens,</hi> mit den dazu ge&#x017F;etzten Worten eine Ur&#x017F;a-<lb/>
che anzeigen von dem, daß GOTT mit dem<lb/>
Volcke nicht als ein Vater, &#x017F;ondern als ein<lb/>
harter HErr, nach dem Hebra&#x0364;i&#x017F;chen Worte<lb/><foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm"/></foreign>, verfahren. Hingegen aber den Unge-<lb/>
hor&#x017F;am des Volcks zur Ur&#x017F;ache anzufu&#x0364;hren, war-<lb/>
um GOTT die alte <hi rendition="#aq">Oeconomi</hi>e aufgehoben,<lb/>
und die neue eingefu&#x0364;hret, will &#x017F;ich nicht wohl<lb/>
&#x017F;chicken. Es folget nun eine mehrere Erkla&#x0364;rung<lb/>
von der neuen <hi rendition="#aq">Oeconomi</hi>e, die bey dem Pro-<lb/>
pheten al&#x017F;o lautet.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 10.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Denn das i&#x017F;t das Te&#x017F;tament, das ich<lb/>
machen will dem Hau&#x017F;e J&#x017F;rael</hi> (und Juda<lb/>
v. 8. ja, nach ihrem Exempel, dem gantzen<lb/>
men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte) <hi rendition="#fr">nach die&#x017F;en Tagen</hi><lb/>
(der alten <hi rendition="#aq">Oeconomi</hi>e) <hi rendition="#fr">&#x017F;pricht der HERR</hi><lb/>
(der Ge&#x017F;etz-Geber, und auch der Erlo&#x0364;&#x017F;er und<lb/>
Seligmacher) <hi rendition="#fr">ich will</hi> (durch meinen Gei&#x017F;t,<lb/>
oder de&#x017F;&#x017F;en Salbung und kra&#x0364;ftige Wirckung)<lb/><hi rendition="#fr">geben mein Ge&#x017F;etz in ihren Sinn, und in<lb/>
ihr Hertz</hi> (an &#x017F;tatt der &#x017F;teinern Tafeln) <hi rendition="#fr">will<lb/>
ich es &#x017F;chreiben</hi> (al&#x017F;o daß ich ihnen die Lu&#x017F;t und<lb/>
auch die Kraft gebe nach dem&#x017F;elben einher zuge-<lb/>
hen) <hi rendition="#fr">und will</hi> (in die&#x017F;er Heyls-Ordnung) <hi rendition="#fr">ihr<lb/>
GOtt &#x017F;eyn</hi> (und mich nach der neuen <hi rendition="#aq">Oeco-<lb/>
nomi</hi>e &#x017F;onderlich als ihren gei&#x017F;tlichen Erlo&#x0364;&#x017F;er<lb/>
und den Hohenprie&#x017F;ter, nach der Gleichheit<lb/>
Melchi&#x017F;edech, erwei&#x017F;en) <hi rendition="#fr">und &#x017F;ie &#x017F;ollen mein</hi><lb/>
(gei&#x017F;tlich erlo&#x0364;&#x017F;etes) <hi rendition="#fr">Volck &#x017F;eyn</hi> (das auserwehl-<lb/>
te Ge&#x017F;chlecht, das Ko&#x0364;nigliche Prie&#x017F;terthum,<lb/>
das heilige Volck, das Volck des Eigenthums,<lb/>
1 Pet. 2, 9.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Daß GOtt mit den Worten: <hi rendition="#fr">ich will<lb/>
mein Ge&#x017F;etz in ihr Hertz &#x017F;chreiben,</hi> &#x017F;ehe auf<lb/>
die Tafeln des Ge&#x017F;etzes, darein er &#x017F;ein Ge&#x017F;etz<lb/>
ge&#x017F;chrieben, oder &#x017F;elb&#x017F;t eingegraben, erkennet<lb/>
leichtlich iederman. Wir haben aber dabey<lb/>
folgende Stu&#x0364;cke, mit der <hi rendition="#aq">Application</hi> auf den<lb/>
gei&#x017F;tlichen Ver&#x017F;tand, wohl zu mercken:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Die er&#x017F;ten Tafeln bereitete GOTT &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
grub auch &#x017F;elb&#x017F;t die zehen Gebote darein. 2 B.<lb/>
Mo&#x017F;. 32, 16. Die&#x017F;es war eine Figur von der<lb/>
Scho&#x0364;pfung des Men&#x017F;chen nach dem Eben-<lb/>
bilde GOttes: als welches, wie ein ins Hertz<lb/>
ge&#x017F;chriebenes Ge&#x017F;etze, der Men&#x017F;ch neb&#x017F;t &#x017F;ei-<lb/>
nem We&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t nicht weniger von GOTT<lb/>
hatte, als Mo&#x017F;es die Tafeln mit dem darinn<lb/>
ge&#x017F;chriebenen Ge&#x017F;etze von GOtt.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> GOTT gab die Ge&#x017F;etzes-Tafeln Mo&#x017F;i an<lb/>
das Volck: und foderte damit das dem<lb/>
men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte aner&#x017F;chafne Eben-<lb/>
bild, ode&#xA75B; einen dem&#x017F;elben gema&#x0364;ßen vollkomm-<lb/>
nen Dien&#x017F;t, unter der Verhei&#x017F;&#x017F;ung des Le-<lb/>
bens, aber auch mit gerechter Androhung des<lb/>
ewigen Todes bey dem Ungehor&#x017F;am. 3 B. M.<lb/>
18, 5. 4 B. M. 27, 26.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Als Mo&#x017F;es mit die&#x017F;en Ge&#x017F;etzes-Tafeln vom<lb/>
Berge Sinai herab kam, und das Volck in<lb/>
einer ent&#x017F;etzlichen Abweichung von GOTT<lb/>
&#x017F;tunde: er&#x017F;chrack er daru&#x0364;ber derge&#x017F;talt, daß<lb/>
er vor gro&#x017F;&#x017F;em Unmuth und Kummer die&#x017F;elbe<lb/><cb/>
fallen ließ; da &#x017F;ie denn in Stu&#x0364;cken zerbrochen.<lb/>
2 B. Mo&#x017F;. 32, 17. u. f. Welches ein Nachbild<lb/>
war von dem Su&#x0364;nden-Fall des men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechts, dadurch &#x017F;ie das Ebenbild GOt-<lb/>
tes, als das einge&#x017F;chriebene Ge&#x017F;etz, verlohren<lb/>
haben.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Die Tafeln wurden wieder herge&#x017F;tellet; aber<lb/>
al&#x017F;o, daß neue gehauen wurden; und zwar von<lb/>
Mo&#x017F;e, und GOTT &#x017F;elb&#x017F;t das Ge&#x017F;etz in die&#x017F;el-<lb/>
be &#x017F;chrieb c. 34, 1. welches eine Figur war<lb/>
von dem, daß GOTT bey der Wiederauf-<lb/>
richtung &#x017F;eines Ebenbildes zwar der men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Anfu&#x0364;hrung &#x017F;ich bediene, aber doch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t das Ge&#x017F;etz in un&#x017F;er Hertz &#x017F;chreibe, und al-<lb/>
&#x017F;o die&#x017F;es ein Werck &#x017F;einer eigenen Kraft &#x017F;ey.<lb/>
Wie es denn auch alhier heißt: <hi rendition="#fr">Jch will<lb/>
geben mein Ge&#x017F;etz in ihren Sinn, und in<lb/>
ihr Hertz will ichs &#x017F;chreiben.</hi></item>
              </list><lb/>
              <p>2. Es i&#x017F;t die&#x017F;e mit den Worten von Ein-<lb/>
&#x017F;chreibung des Ge&#x017F;etzes ins Hertze bezeichnete<lb/>
Gnade eigentlich die <hi rendition="#aq">gratia medicinalis,</hi> die<lb/>
un&#x017F;ern innern Seelen-Schaden, der &#x017F;ich bis zum<lb/>
gei&#x017F;tlichen Tode er&#x017F;trecket, in uns ausheilet und<lb/>
uns aus dem gei&#x017F;tlichen Tode erwecket, und mit<lb/>
dem wahren Glauben, als dem gei&#x017F;tlichen Le-<lb/>
ben und Lichte begabet, und al&#x017F;o uns neu gebie-<lb/>
ret aus GOTT und mit &#x017F;olchen gei&#x017F;tlichen<lb/>
Gnaden-Kra&#x0364;ften be&#x017F;eliget, durch welche man<lb/>
nach dem heiligen Ge&#x017F;etze GOttes, und al&#x017F;o<lb/>
nach GOTT &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;innet, auch vermo&#x0364;gend<lb/>
wird, nach dem Ge&#x017F;etze GOttes, ob gleich noch<lb/>
in vieler Unvollkommenheit, doch nach der Wah&#xA75B;-<lb/>
heit einherzugehen. Ezech. 36, 26. 27. heißt es<lb/>
davon: <hi rendition="#fr">Jch will euch ein neu Hertz und ei-<lb/>
nen neuen Gei&#x017F;t in euch geben, und will<lb/>
das &#x017F;teinerne Hertz aus eurem Flei&#x017F;che hin-<lb/>
weg nehmen, und euch ein flei&#x017F;chern Hertz<lb/>
geben. Jch will &#x017F;olche Leute aus euch ma-<lb/>
chen, die in meinen Geboten wandeln, und<lb/>
meine Rechte halten und darnach thun.</hi><lb/>
Sonderlich geho&#x0364;ret zur fernern Erla&#x0364;uterung<lb/>
hieher, was Paulus von den Corinthern, als<lb/>
einem &#x017F;olchen <hi rendition="#fr">Briefe Chri&#x017F;ti,</hi> &#x017F;chreibet, <hi rendition="#fr">der<lb/>
durchs Predigt-Amt zubereitet und ge-<lb/>
&#x017F;chrieben &#x017F;ey mit dem Gei&#x017F;t des lebendigen<lb/>
GOttes, nicht in &#x017F;teinern Tafeln, &#x017F;ondern<lb/>
in flei&#x017F;chern Tafeln des Hertzens.</hi> 2 Cor. 3,<lb/>
2. 3.</p><lb/>
              <p>3. Die Worte: <hi rendition="#fr">ich will ihr GOtt &#x017F;eyn,<lb/>
und &#x017F;ie &#x017F;ollen mein Volck &#x017F;eyn,</hi> &#x017F;ind Worte<lb/>
des Bundes, welchen GOTT &#x017F;chon im Abra-<lb/>
ham mit dem Judi&#x017F;chen Volcke, ja allen zum<lb/>
Glauben an den Meßiam zubringenden u&#x0364;brigen<lb/>
Vo&#x0364;lckern auf Erden gemachet hatte 1 B. Mo&#x017F;.<lb/>
17, 2. u. f. davon man auch <hi rendition="#aq">conferir</hi>en kan<lb/>
2 B. Mo&#x017F;. 19, 5. 6. 3 B. Mo&#x017F;. 26, 12. Jer. 31, 1.<lb/>
Zach. 8, 8. 2 Cor. 6, 16. Tit. 2, 14. 2 Pet. 2, 9.<lb/>
Offenb. 21, 3. Und daher nennete &#x017F;ich GOtt auch<lb/><hi rendition="#fr">einen GOtt Abrahams, J&#x017F;aacs und Jacobs</hi><lb/>
2 B. Mo&#x017F;. 3, 6. 15.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 11. 12.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Und &#x017F;oll nicht lehren iemand &#x017F;einen<lb/>
Na&#x0364;ch&#x017F;ten, noch jemand &#x017F;einen Bruder, und</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">U u 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">&#x017F;agen:</hi> </fw><lb/>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0341] Cap. 8. v. 8.-12. an die Hebraͤer. dens, mit den dazu geſetzten Worten eine Urſa- che anzeigen von dem, daß GOTT mit dem Volcke nicht als ein Vater, ſondern als ein harter HErr, nach dem Hebraͤiſchen Worte _ , verfahren. Hingegen aber den Unge- horſam des Volcks zur Urſache anzufuͤhren, war- um GOTT die alte Oeconomie aufgehoben, und die neue eingefuͤhret, will ſich nicht wohl ſchicken. Es folget nun eine mehrere Erklaͤrung von der neuen Oeconomie, die bey dem Pro- pheten alſo lautet. V. 10. Denn das iſt das Teſtament, das ich machen will dem Hauſe Jſrael (und Juda v. 8. ja, nach ihrem Exempel, dem gantzen menſchlichen Geſchlechte) nach dieſen Tagen (der alten Oeconomie) ſpricht der HERR (der Geſetz-Geber, und auch der Erloͤſer und Seligmacher) ich will (durch meinen Geiſt, oder deſſen Salbung und kraͤftige Wirckung) geben mein Geſetz in ihren Sinn, und in ihr Hertz (an ſtatt der ſteinern Tafeln) will ich es ſchreiben (alſo daß ich ihnen die Luſt und auch die Kraft gebe nach demſelben einher zuge- hen) und will (in dieſer Heyls-Ordnung) ihr GOtt ſeyn (und mich nach der neuen Oeco- nomie ſonderlich als ihren geiſtlichen Erloͤſer und den Hohenprieſter, nach der Gleichheit Melchiſedech, erweiſen) und ſie ſollen mein (geiſtlich erloͤſetes) Volck ſeyn (das auserwehl- te Geſchlecht, das Koͤnigliche Prieſterthum, das heilige Volck, das Volck des Eigenthums, 1 Pet. 2, 9.) Anmerckungen. 1. Daß GOtt mit den Worten: ich will mein Geſetz in ihr Hertz ſchreiben, ſehe auf die Tafeln des Geſetzes, darein er ſein Geſetz geſchrieben, oder ſelbſt eingegraben, erkennet leichtlich iederman. Wir haben aber dabey folgende Stuͤcke, mit der Application auf den geiſtlichen Verſtand, wohl zu mercken: a. Die erſten Tafeln bereitete GOTT ſelbſt, grub auch ſelbſt die zehen Gebote darein. 2 B. Moſ. 32, 16. Dieſes war eine Figur von der Schoͤpfung des Menſchen nach dem Eben- bilde GOttes: als welches, wie ein ins Hertz geſchriebenes Geſetze, der Menſch nebſt ſei- nem Weſen ſelbſt nicht weniger von GOTT hatte, als Moſes die Tafeln mit dem darinn geſchriebenen Geſetze von GOtt. b. GOTT gab die Geſetzes-Tafeln Moſi an das Volck: und foderte damit das dem menſchlichen Geſchlechte anerſchafne Eben- bild, odeꝛ einen demſelben gemaͤßen vollkomm- nen Dienſt, unter der Verheiſſung des Le- bens, aber auch mit gerechter Androhung des ewigen Todes bey dem Ungehorſam. 3 B. M. 18, 5. 4 B. M. 27, 26. c. Als Moſes mit dieſen Geſetzes-Tafeln vom Berge Sinai herab kam, und das Volck in einer entſetzlichen Abweichung von GOTT ſtunde: erſchrack er daruͤber dergeſtalt, daß er vor groſſem Unmuth und Kummer dieſelbe fallen ließ; da ſie denn in Stuͤcken zerbrochen. 2 B. Moſ. 32, 17. u. f. Welches ein Nachbild war von dem Suͤnden-Fall des menſchlichen Geſchlechts, dadurch ſie das Ebenbild GOt- tes, als das eingeſchriebene Geſetz, verlohren haben. d. Die Tafeln wurden wieder hergeſtellet; aber alſo, daß neue gehauen wurden; und zwar von Moſe, und GOTT ſelbſt das Geſetz in dieſel- be ſchrieb c. 34, 1. welches eine Figur war von dem, daß GOTT bey der Wiederauf- richtung ſeines Ebenbildes zwar der menſch- lichen Anfuͤhrung ſich bediene, aber doch ſelbſt das Geſetz in unſer Hertz ſchreibe, und al- ſo dieſes ein Werck ſeiner eigenen Kraft ſey. Wie es denn auch alhier heißt: Jch will geben mein Geſetz in ihren Sinn, und in ihr Hertz will ichs ſchreiben. 2. Es iſt dieſe mit den Worten von Ein- ſchreibung des Geſetzes ins Hertze bezeichnete Gnade eigentlich die gratia medicinalis, die unſern innern Seelen-Schaden, der ſich bis zum geiſtlichen Tode erſtrecket, in uns ausheilet und uns aus dem geiſtlichen Tode erwecket, und mit dem wahren Glauben, als dem geiſtlichen Le- ben und Lichte begabet, und alſo uns neu gebie- ret aus GOTT und mit ſolchen geiſtlichen Gnaden-Kraͤften beſeliget, durch welche man nach dem heiligen Geſetze GOttes, und alſo nach GOTT ſelbſt geſinnet, auch vermoͤgend wird, nach dem Geſetze GOttes, ob gleich noch in vieler Unvollkommenheit, doch nach der Wahꝛ- heit einherzugehen. Ezech. 36, 26. 27. heißt es davon: Jch will euch ein neu Hertz und ei- nen neuen Geiſt in euch geben, und will das ſteinerne Hertz aus eurem Fleiſche hin- weg nehmen, und euch ein fleiſchern Hertz geben. Jch will ſolche Leute aus euch ma- chen, die in meinen Geboten wandeln, und meine Rechte halten und darnach thun. Sonderlich gehoͤret zur fernern Erlaͤuterung hieher, was Paulus von den Corinthern, als einem ſolchen Briefe Chriſti, ſchreibet, der durchs Predigt-Amt zubereitet und ge- ſchrieben ſey mit dem Geiſt des lebendigen GOttes, nicht in ſteinern Tafeln, ſondern in fleiſchern Tafeln des Hertzens. 2 Cor. 3, 2. 3. 3. Die Worte: ich will ihr GOtt ſeyn, und ſie ſollen mein Volck ſeyn, ſind Worte des Bundes, welchen GOTT ſchon im Abra- ham mit dem Judiſchen Volcke, ja allen zum Glauben an den Meßiam zubringenden uͤbrigen Voͤlckern auf Erden gemachet hatte 1 B. Moſ. 17, 2. u. f. davon man auch conferiren kan 2 B. Moſ. 19, 5. 6. 3 B. Moſ. 26, 12. Jer. 31, 1. Zach. 8, 8. 2 Cor. 6, 16. Tit. 2, 14. 2 Pet. 2, 9. Offenb. 21, 3. Und daher nennete ſich GOtt auch einen GOtt Abrahams, Jſaacs und Jacobs 2 B. Moſ. 3, 6. 15. V. 11. 12. Und ſoll nicht lehren iemand ſeinen Naͤchſten, noch jemand ſeinen Bruder, und ſagen: U u 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/341
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/341>, abgerufen am 26.11.2024.