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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 13-15.
[Spaltenumbruch] gensatz auf das Vorbild, da niemand sich selbst
opfern konte, sondern an seiner statt ein Christum
repraesentirendes Opfer bringen muste. Und da
die Ceremonialischen Opfer, ihrer Natur nach,
eigentlich nur geopfert wurden, und sich leident-
lich verhielten, ist Christus nicht allein selbst das
Opfer worden, so sich in aller Willigkeit hat dar-
gestellet, sondern auch der Hohepriester selbst.

9. GOtt, dem das Opfer geschehen, ist
der Dreyeinige GOtt, nach dem einigen göttli-
chen Wesen betrachtet. Und da der Sohn GOt-
tes davon ungetrennet ist, so hat er das Opfer auch
sich selbst, so fern er mit dem Vater und Heili-
gen Geiste eines wesens ist, gebracht. Und ist das
gar keine Contradiction; sintemal der Sohn
GOttes anders nach seinem göttlichen Wesen,
anders nach seiner Natur zu betrachten ist; und
also als eine besondere Person das hat thun kön-
nen, was auf das mit dem Vater und Heiligen
Geiste gemeinschaftliche Wesen gehet. Zumal,
wenn er noch dazu in angenommener menschlichen
Natur betrachtet wird: als darinnen er einen
Advocaten, Bürgen und Mittler abgeben kön-
nen, ob er gleich nach der göttlichen Natur selbst
der Richter war.

10. Der Grund von der Nothwendigkeit
dieses zubringenden Opfers war auf Seiten des
menschlichen Geschlechts theils die in der Sünde
liegende und zur Strafe führende grosse Schuld,
theils die Unmöglichkeit des eignen Abtrages: auf
Seiten GOttes seine unwandelbare richterliche
Gerechtigkeit. Dieser ist nun durch das Lösegeld
Christi ein völliger Abtrag zur Versöhnung ge-
schehen.

11. Das Gewissen des Menschen, wenn
es durch die richterliche Forderung des Gesetzes al-
so aufgewecket wird, daß der Mensch dadurch
recht zu sich selbst kömmt, und sein grosses Sün-
den-Elend erkennet und fühlet, findet sich durch
die Sünde sehr verunreiniget und sehr ver-
schuldet, darüber auch sehr geängstiget und verun-
ruhiget. Und folglich so bestehet die Reinigung
des Gewissens zuvorderst in einer solchen Ent-
schuldigung, wodurch die ewige Satisfaction,
und Erlösung in der Rechtfertigung, oder in der
Zurechnung des Lösegeldes Christi, oder seiner
erworbenen Gerechtigkeit, und in der nicht Zu-
rechnung, oder Vergebung der Sünden, zur
Application kömmt. Denn dadurch wird das
Gewissen gereiniget und auch beruhiget. Dieses
erkante, suchte und erhielte David bereits unter
der alten Oeconomie, wenn er Ps. 51, 3. 4. 5.
sagte: GOtt sey mir gnädig nach deiner
Güte, und tilge meine Sünde nach deiner
grossen Barmhertzigkeit, wasche mich wohl
von meiner Missethat, und reinige mich
von meiner Sünde. Denn ich erkenne mei-
ne Sünde, und meine Missethat ist immer
vor mir.
u. s. w. Und unter andern Oertern,
des neuen Testaments gehören sonderlich hieher
folgende: 1 Joh. 1, 7. Das Blut JEsu Chri-
sti, des Sohnes GOttes, machet uns rein
von aller Sünde.
Offenb. 1, 5. Christus
hat uns geliebet, und gewaschen von den
Sünden mit seinem Blute.
Und da die Ap-
[Spaltenumbruch] plication
von solchem waschen ein Werck des
Glaubens ist, also daß durch denselben ein iegli-
cher Gläubiger sich selbst wäschet, so heißt es von
ihnen Offenb. 7, 14. Sie haben ihre Klei-
der gewaschen und haben ihre Kleider helle
gemacht im Blute des Lammes.

12. Es ist aber wohl zu mercken, daß, wenn
gesaget wird, daß die Reinigung des Gewissens
von den todten Wercken geschehe, damit
zugleich die Ordnung angewiesen werde, in
welcher man solcher Reinigung theilhaftig wird,
nemlich in der wahren Bekehrung, da man
zuvorderst den geistlichen Tod und die daher ent-
stehende todte Wercke in und an sich erkennet,
und ihnen durch die Kraft der Wiedergeburt ab-
stirbet. Denn daß man ohne diese Ordnung zu
der Reinigung des Gewissens nicht gelangen kön-
ne, ist auch daraus offenbar, daß man sonst in der
herrschenden Sünde immer ein böses Gewissen
behalten, und die Gnade der Reinigung auf
Muthwillen ziehen würde. Und da die Reinigung
nicht kan appliciret werden, als durch den Glau-
ben, der Glaube aber ein göttliches Leben und ein
göttliches Licht in der Seele ist, welches in der
gründlichen Aenderung des Hertzens in uns auf-
gehet; so siehet man wohl, wie heilig diese Lehre
auch in ihrem rechten Gebrauche sey.

13. Und eben dieses wird damit so viel mehr
bestätiget, so viel ausdrücklicher Paulus den
Zweck und die Frucht der Reinigung des Gewis-
sens setzet in dem dem lebendigen GOtt zu lei-
stenden Dienste:
als womit er auf die wahre
Heiligung gehet, und diese aus ihrer rechten Evan-
gelischen Qvelle der Rechtfertigung in der Ord-
nung wahrer Bekehrung herleitet. Und dieses ists,
was Paulus an so vielen Orten immer zusammen
setzet, sonderlich Tit. 2, 14. wenn er spricht:
Christus hat sich selbst für uns gegeben,
daß er uns erlösete von aller Ungerech-
tigkeit und reinigte ihm selbst ein Volck
zum Eigenthum, das fleißig wäre zu gu-
ten Wercken.
Siehe auch Hebr. 10. 22.

V. 15.

Und darum ist er auch ein Mittler des
neuen Testaments
(wie Moses und der Leviti-
sche Hohe-Priester des alten Testaments) auf
daß durch den Tod, so geschehen ist zur
Erlösung von den Ubertretungen, die da
unter dem ersten Testamente waren
(und
durch das Blut der Opfer-Thiere nicht konten
hinweg genommen werden) die, so berufen
sind
(also, daß sie der Berufungs-Gnade Gehör
geben, sich dadurch zum Glauben bringen lassen
und folgen) das (schon den Alt-Vätern) ver-
heissene ewige Erbe empfahen.

Anmerckungen.

1. Die menschliche Natur ist durch die
Sünde so sehr verderbet worden, daß ohne den
Mittler zwischen GOtt und ihr keine Vereini-
gung kan hergestellet werden. Denn GOtt ist
die wesentliche Heiligkeit und Gerechtigkeit: der
Mensch ist zwar seinem Wesen nach an sich selbst
noch ein gutes Geschöpfe GOttes, aber doch von

gantz

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 13-15.
[Spaltenumbruch] genſatz auf das Vorbild, da niemand ſich ſelbſt
opfern konte, ſondern an ſeiner ſtatt ein Chriſtum
repræſentirendes Opfer bringen muſte. Und da
die Ceremonialiſchen Opfer, ihrer Natur nach,
eigentlich nur geopfert wurden, und ſich leident-
lich verhielten, iſt Chriſtus nicht allein ſelbſt das
Opfer worden, ſo ſich in aller Willigkeit hat dar-
geſtellet, ſondern auch der Hoheprieſter ſelbſt.

9. GOtt, dem das Opfer geſchehen, iſt
der Dreyeinige GOtt, nach dem einigen goͤttli-
chen Weſen betrachtet. Und da der Sohn GOt-
tes davon ungetrennet iſt, ſo hat er das Opfer auch
ſich ſelbſt, ſo fern er mit dem Vater und Heili-
gen Geiſte eines weſens iſt, gebracht. Und iſt das
gar keine Contradiction; ſintemal der Sohn
GOttes anders nach ſeinem goͤttlichen Weſen,
anders nach ſeiner Natur zu betrachten iſt; und
alſo als eine beſondere Perſon das hat thun koͤn-
nen, was auf das mit dem Vater und Heiligen
Geiſte gemeinſchaftliche Weſen gehet. Zumal,
wenn er noch dazu in angenommener menſchlichen
Natur betrachtet wird: als darinnen er einen
Advocaten, Buͤrgen und Mittler abgeben koͤn-
nen, ob er gleich nach der goͤttlichen Natur ſelbſt
der Richter war.

10. Der Grund von der Nothwendigkeit
dieſes zubringenden Opfers war auf Seiten des
menſchlichen Geſchlechts theils die in der Suͤnde
liegende und zur Strafe fuͤhrende groſſe Schuld,
theils die Unmoͤglichkeit des eignen Abtrages: auf
Seiten GOttes ſeine unwandelbare richterliche
Gerechtigkeit. Dieſer iſt nun durch das Loͤſegeld
Chriſti ein voͤlliger Abtrag zur Verſoͤhnung ge-
ſchehen.

11. Das Gewiſſen des Menſchen, wenn
es durch die richterliche Forderung des Geſetzes al-
ſo aufgewecket wird, daß der Menſch dadurch
recht zu ſich ſelbſt koͤmmt, und ſein groſſes Suͤn-
den-Elend erkennet und fuͤhlet, findet ſich durch
die Suͤnde ſehr verunreiniget und ſehr ver-
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ruhiget. Und folglich ſo beſtehet die Reinigung
des Gewiſſens zuvorderſt in einer ſolchen Ent-
ſchuldigung, wodurch die ewige Satisfaction,
und Erloͤſung in der Rechtfertigung, oder in der
Zurechnung des Loͤſegeldes Chriſti, oder ſeiner
erworbenen Gerechtigkeit, und in der nicht Zu-
rechnung, oder Vergebung der Suͤnden, zur
Application koͤmmt. Denn dadurch wird das
Gewiſſen gereiniget und auch beruhiget. Dieſes
erkante, ſuchte und erhielte David bereits unter
der alten Oeconomie, wenn er Pſ. 51, 3. 4. 5.
ſagte: GOtt ſey mir gnaͤdig nach deiner
Guͤte, und tilge meine Suͤnde nach deiner
groſſen Barmhertzigkeit, waſche mich wohl
von meiner Miſſethat, und reinige mich
von meiner Suͤnde. Denn ich erkenne mei-
ne Suͤnde, und meine Miſſethat iſt immer
vor mir.
u. ſ. w. Und unter andern Oertern,
des neuen Teſtaments gehoͤren ſonderlich hieher
folgende: 1 Joh. 1, 7. Das Blut JEſu Chri-
ſti, des Sohnes GOttes, machet uns rein
von aller Suͤnde.
Offenb. 1, 5. Chriſtus
hat uns geliebet, und gewaſchen von den
Suͤnden mit ſeinem Blute.
Und da die Ap-
[Spaltenumbruch] plication
von ſolchem waſchen ein Werck des
Glaubens iſt, alſo daß durch denſelben ein iegli-
cher Glaͤubiger ſich ſelbſt waͤſchet, ſo heißt es von
ihnen Offenb. 7, 14. Sie haben ihre Klei-
der gewaſchen und haben ihre Kleider helle
gemacht im Blute des Lammes.

12. Es iſt aber wohl zu mercken, daß, wenn
geſaget wird, daß die Reinigung des Gewiſſens
von den todten Wercken geſchehe, damit
zugleich die Ordnung angewieſen werde, in
welcher man ſolcher Reinigung theilhaftig wird,
nemlich in der wahren Bekehrung, da man
zuvorderſt den geiſtlichen Tod und die daher ent-
ſtehende todte Wercke in und an ſich erkennet,
und ihnen durch die Kraft der Wiedergeburt ab-
ſtirbet. Denn daß man ohne dieſe Ordnung zu
der Reinigung des Gewiſſens nicht gelangen koͤn-
ne, iſt auch daraus offenbar, daß man ſonſt in der
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behalten, und die Gnade der Reinigung auf
Muthwillen ziehen wuͤrde. Und da die Reinigung
nicht kan appliciret werden, als durch den Glau-
ben, der Glaube aber ein goͤttliches Leben und ein
goͤttliches Licht in der Seele iſt, welches in der
gruͤndlichen Aenderung des Hertzens in uns auf-
gehet; ſo ſiehet man wohl, wie heilig dieſe Lehre
auch in ihrem rechten Gebrauche ſey.

13. Und eben dieſes wird damit ſo viel mehr
beſtaͤtiget, ſo viel ausdruͤcklicher Paulus den
Zweck und die Frucht der Reinigung des Gewiſ-
ſens ſetzet in dem dem lebendigen GOtt zu lei-
ſtenden Dienſte:
als womit er auf die wahre
Heiligung gehet, und dieſe aus ihrer rechten Evan-
geliſchen Qvelle der Rechtfertigung in der Ord-
nung wahrer Bekehrung herleitet. Und dieſes iſts,
was Paulus an ſo vielen Orten immer zuſammen
ſetzet, ſonderlich Tit. 2, 14. wenn er ſpricht:
Chriſtus hat ſich ſelbſt fuͤr uns gegeben,
daß er uns erloͤſete von aller Ungerech-
tigkeit und reinigte ihm ſelbſt ein Volck
zum Eigenthum, das fleißig waͤre zu gu-
ten Wercken.
Siehe auch Hebr. 10. 22.

V. 15.

Und darum iſt er auch ein Mittler des
neuen Teſtaments
(wie Moſes und der Leviti-
ſche Hohe-Prieſter des alten Teſtaments) auf
daß durch den Tod, ſo geſchehen iſt zur
Erloͤſung von den Ubertretungen, die da
unter dem erſten Teſtamente waren
(und
durch das Blut der Opfer-Thiere nicht konten
hinweg genommen werden) die, ſo berufen
ſind
(alſo, daß ſie der Berufungs-Gnade Gehoͤr
geben, ſich dadurch zum Glauben bringen laſſen
und folgen) das (ſchon den Alt-Vaͤtern) ver-
heiſſene ewige Erbe empfahen.

Anmerckungen.

1. Die menſchliche Natur iſt durch die
Suͤnde ſo ſehr verderbet worden, daß ohne den
Mittler zwiſchen GOtt und ihr keine Vereini-
gung kan hergeſtellet werden. Denn GOtt iſt
die weſentliche Heiligkeit und Gerechtigkeit: der
Menſch iſt zwar ſeinem Weſen nach an ſich ſelbſt
noch ein gutes Geſchoͤpfe GOttes, aber doch von

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[354/0356] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 13-15. genſatz auf das Vorbild, da niemand ſich ſelbſt opfern konte, ſondern an ſeiner ſtatt ein Chriſtum repræſentirendes Opfer bringen muſte. Und da die Ceremonialiſchen Opfer, ihrer Natur nach, eigentlich nur geopfert wurden, und ſich leident- lich verhielten, iſt Chriſtus nicht allein ſelbſt das Opfer worden, ſo ſich in aller Willigkeit hat dar- geſtellet, ſondern auch der Hoheprieſter ſelbſt. 9. GOtt, dem das Opfer geſchehen, iſt der Dreyeinige GOtt, nach dem einigen goͤttli- chen Weſen betrachtet. Und da der Sohn GOt- tes davon ungetrennet iſt, ſo hat er das Opfer auch ſich ſelbſt, ſo fern er mit dem Vater und Heili- gen Geiſte eines weſens iſt, gebracht. Und iſt das gar keine Contradiction; ſintemal der Sohn GOttes anders nach ſeinem goͤttlichen Weſen, anders nach ſeiner Natur zu betrachten iſt; und alſo als eine beſondere Perſon das hat thun koͤn- nen, was auf das mit dem Vater und Heiligen Geiſte gemeinſchaftliche Weſen gehet. Zumal, wenn er noch dazu in angenommener menſchlichen Natur betrachtet wird: als darinnen er einen Advocaten, Buͤrgen und Mittler abgeben koͤn- nen, ob er gleich nach der goͤttlichen Natur ſelbſt der Richter war. 10. Der Grund von der Nothwendigkeit dieſes zubringenden Opfers war auf Seiten des menſchlichen Geſchlechts theils die in der Suͤnde liegende und zur Strafe fuͤhrende groſſe Schuld, theils die Unmoͤglichkeit des eignen Abtrages: auf Seiten GOttes ſeine unwandelbare richterliche Gerechtigkeit. Dieſer iſt nun durch das Loͤſegeld Chriſti ein voͤlliger Abtrag zur Verſoͤhnung ge- ſchehen. 11. Das Gewiſſen des Menſchen, wenn es durch die richterliche Forderung des Geſetzes al- ſo aufgewecket wird, daß der Menſch dadurch recht zu ſich ſelbſt koͤmmt, und ſein groſſes Suͤn- den-Elend erkennet und fuͤhlet, findet ſich durch die Suͤnde ſehr verunreiniget und ſehr ver- ſchuldet, daruͤber auch ſehr geaͤngſtiget und verun- ruhiget. Und folglich ſo beſtehet die Reinigung des Gewiſſens zuvorderſt in einer ſolchen Ent- ſchuldigung, wodurch die ewige Satisfaction, und Erloͤſung in der Rechtfertigung, oder in der Zurechnung des Loͤſegeldes Chriſti, oder ſeiner erworbenen Gerechtigkeit, und in der nicht Zu- rechnung, oder Vergebung der Suͤnden, zur Application koͤmmt. Denn dadurch wird das Gewiſſen gereiniget und auch beruhiget. Dieſes erkante, ſuchte und erhielte David bereits unter der alten Oeconomie, wenn er Pſ. 51, 3. 4. 5. ſagte: GOtt ſey mir gnaͤdig nach deiner Guͤte, und tilge meine Suͤnde nach deiner groſſen Barmhertzigkeit, waſche mich wohl von meiner Miſſethat, und reinige mich von meiner Suͤnde. Denn ich erkenne mei- ne Suͤnde, und meine Miſſethat iſt immer vor mir. u. ſ. w. Und unter andern Oertern, des neuen Teſtaments gehoͤren ſonderlich hieher folgende: 1 Joh. 1, 7. Das Blut JEſu Chri- ſti, des Sohnes GOttes, machet uns rein von aller Suͤnde. Offenb. 1, 5. Chriſtus hat uns geliebet, und gewaſchen von den Suͤnden mit ſeinem Blute. Und da die Ap- plication von ſolchem waſchen ein Werck des Glaubens iſt, alſo daß durch denſelben ein iegli- cher Glaͤubiger ſich ſelbſt waͤſchet, ſo heißt es von ihnen Offenb. 7, 14. Sie haben ihre Klei- der gewaſchen und haben ihre Kleider helle gemacht im Blute des Lammes. 12. Es iſt aber wohl zu mercken, daß, wenn geſaget wird, daß die Reinigung des Gewiſſens von den todten Wercken geſchehe, damit zugleich die Ordnung angewieſen werde, in welcher man ſolcher Reinigung theilhaftig wird, nemlich in der wahren Bekehrung, da man zuvorderſt den geiſtlichen Tod und die daher ent- ſtehende todte Wercke in und an ſich erkennet, und ihnen durch die Kraft der Wiedergeburt ab- ſtirbet. Denn daß man ohne dieſe Ordnung zu der Reinigung des Gewiſſens nicht gelangen koͤn- ne, iſt auch daraus offenbar, daß man ſonſt in der herrſchenden Suͤnde immer ein boͤſes Gewiſſen behalten, und die Gnade der Reinigung auf Muthwillen ziehen wuͤrde. Und da die Reinigung nicht kan appliciret werden, als durch den Glau- ben, der Glaube aber ein goͤttliches Leben und ein goͤttliches Licht in der Seele iſt, welches in der gruͤndlichen Aenderung des Hertzens in uns auf- gehet; ſo ſiehet man wohl, wie heilig dieſe Lehre auch in ihrem rechten Gebrauche ſey. 13. Und eben dieſes wird damit ſo viel mehr beſtaͤtiget, ſo viel ausdruͤcklicher Paulus den Zweck und die Frucht der Reinigung des Gewiſ- ſens ſetzet in dem dem lebendigen GOtt zu lei- ſtenden Dienſte: als womit er auf die wahre Heiligung gehet, und dieſe aus ihrer rechten Evan- geliſchen Qvelle der Rechtfertigung in der Ord- nung wahrer Bekehrung herleitet. Und dieſes iſts, was Paulus an ſo vielen Orten immer zuſammen ſetzet, ſonderlich Tit. 2, 14. wenn er ſpricht: Chriſtus hat ſich ſelbſt fuͤr uns gegeben, daß er uns erloͤſete von aller Ungerech- tigkeit und reinigte ihm ſelbſt ein Volck zum Eigenthum, das fleißig waͤre zu gu- ten Wercken. Siehe auch Hebr. 10. 22. V. 15. Und darum iſt er auch ein Mittler des neuen Teſtaments (wie Moſes und der Leviti- ſche Hohe-Prieſter des alten Teſtaments) auf daß durch den Tod, ſo geſchehen iſt zur Erloͤſung von den Ubertretungen, die da unter dem erſten Teſtamente waren (und durch das Blut der Opfer-Thiere nicht konten hinweg genommen werden) die, ſo berufen ſind (alſo, daß ſie der Berufungs-Gnade Gehoͤr geben, ſich dadurch zum Glauben bringen laſſen und folgen) das (ſchon den Alt-Vaͤtern) ver- heiſſene ewige Erbe empfahen. Anmerckungen. 1. Die menſchliche Natur iſt durch die Suͤnde ſo ſehr verderbet worden, daß ohne den Mittler zwiſchen GOtt und ihr keine Vereini- gung kan hergeſtellet werden. Denn GOtt iſt die weſentliche Heiligkeit und Gerechtigkeit: der Menſch iſt zwar ſeinem Weſen nach an ſich ſelbſt noch ein gutes Geſchoͤpfe GOttes, aber doch von gantz

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/356>, abgerufen am 22.11.2024.