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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 18-20.
[Spaltenumbruch] wärtig auf solche Art guten theils angezeiget wird.
Denn Moses saget, daß Brandopfer geschehen
sind. Da nun zu diesen sonderlich Böcke pflegten
genommen zu werden, wie aus 4 B. Mos. 7, 27.
und andern Orten mehr zu sehen ist, so ist auch
dißmal diese Gattung vom Opfer-Viehe dazu
gebrauchet worden. Und solte das Blut zur
Besprengung genommen werden, und zwar zu
einer etwas reichlichern, als sonst, wegen der
Menge der zu besprengenden Sachen; so ist es
dißmal nicht hinlänglich gewesen, daß das Blut
nur bloß gerühret würde, sondern es muste dazu
noch mit Wasser vermenget und verdünnet wer-
den. Und da eine Besprengung geschehen soll,
dazu aber anderwärtig ein aus Wolle und Yso-
pen gemachtes Büschelein genommen wurde, wie
zu sehen 3 B. Mos. 14, 6. 51. 4 B. Mos. 19, 6. 18.
Ps. 51, 9. so ist leichtlich zu erachten, daß es auch
dieses mal damit also sey gehalten worden. Pau-
lus giebt also über den Mosaischen Text mit seiner
Historischen Anführung einige Erläuterung.
Und da Moses saget, daß der zu der Einsegnungs-
Handlung aufgerichtete Altar mit Blut bespren-
get worden und des besprengten Buchs dabey
nicht gedencket, Paulus aber dessen mit erwehnet;
so ist allem Ansehen nach daraus so viel zu schliessen,
daß Moses, ehe er den Altar besprenget, das Buch
darauf geleget und es nebst dem Altar besprenget
habe: wie es sich denn auch nicht wohl wolte thun
lassen, daß er das Buch solte halten und doch
mit den Händen auch die Besprengung vor-
nehmen.

3. Es ist aber ferner wohl zu mercken, daß
Paulus einer gedoppelten Einweyhungs-
Handlung
gedencket: die erste geschahe bald im
Anfange unter dem Berge Sinai, nachdem
GOtt das Moral-Gesetze promulgiret; auch
unterschiedliche Ceremonial- und Policey-Ge-
setze, welche im 21. 22. und 23. Capitel des andern
Buchs beschrieben stehen, hinzugethan hatte.
Siehe c. 24, 1. u. f. Die andere über ein halb Jahr
nachher, nemlich im ersten Monate des andern
Jahres nach dem Ausgange aus Egypten, da die
verfertigte Stifts-Hütte aufgerichtet war. Sie-
he 2 B. Mos. 40. Auf die erste Handlung siehet
Paulus v. 18. 19. 20. auf die andere v. 21.

4. Es ist auch einerley, wenn Paulus spricht,
Moses habe geredet, und 2 B. Mos. 24, 7. ste-
het, er habe das Buch des Bundes vor den Oh-
ren des Volckes gelesen. Denn dieses Vorle-
sen war nichts anders als ein mit Lesung verrichte-
tes Reden: dazu auch wol noch manche Einschär-
fung mag seyn hinzugethan worden.

5. Es ist mercklich, daß GOtt mit der Ein-
weihung nicht gewartet habe bis zur Verfertigung
und Ausrichtung der Stifts-Hütte. Denn da
diese erst nach mehr als einem halben Jahre ge-
schahe, und er doch bereits Mosi an das Volck
nebst dem Moral-Gesetze unterschiedliche Gat-
tungen von dem Ceremonial- und Policey-
Gesetze gegeben und damit schon den Grund zu
der gantzen übrigen Verfassung geleget hatte, so
machte er gleich den Anfang von der solennen
Einweihung, um dem Volcke davon bald anfangs
einen ehrerbietigen Eindruck zu geben.

[Spaltenumbruch]

6. Fräget man nun, was für ein Buch
durch dasselbe verstanden werde, dessen bey dieser
Sache gedacht wird? so ist leichtlich zu erachten,
daß es weder die sämtlichen Bücher Mosis, noch
eines von denselben gewesen; da das erste kein ei-
gentliches Gesetze in sich hält, und die in den übri-
gen vom 25ten Capitel des andern Buches an ent-
haltene Dinge noch nicht geschehen, vielweniger
aufgeschrieben waren. Es ist demnach durch
dieses Buch der verzeichnete Jnnhalt der vier Ca-
pitel vom 20ten an im andern Buche zu verstehen.
Zwar stehet von dem im zwantzigsten Capitel ver-
zeichneten Moral-Gesetze, daß es GOtt erst nach
dieser Zeit in steinere Tafeln geschrieben, oder ge-
graben habe: allein es war doch die laute und
solenne Promulgation vorhergangen; und al-
so hat Mosis auch das promulgirte Moral-
Gesetze, ehe es in die Tafeln ist gebildet worden,
nebst dem übrigen in gedachten vier Capiteln ent-
haltenen Gesetze aufzeichnen und dem Volcke
vorhalten müssen.

7. Es ist bey der Solennität der ersten Ein-
weihung zuvorderst dieses merckwürdig, daß
Moses nach dem Befehl GOttes einen Altar
unten am Berge nach der Anzahl der zwölf Stäm-
me des Volcks mit zwölf steinern Seulen aufrich-
tete, um damit zu bezeugen, wie daß der Bund
alle ohne Ausnahme angehe, und ein vester Bund
seyn solle. Und ob denn gleich das Absehen mit
auf den Levitischen Gottesdienst, wie auch in den
Policey-Gesetzen auf die gleichfals nicht immer-
währende Judische Republic gerichtet wurde,
so solte doch auch diese mit jenem auf Seiten
GOttes ihre Vestigkeit bis auf die bestimmete
Zeit der neuen Oeconomie haben unb behalten.
Das Moral-Gesetz war ohne das von immer-
währender Verbindung.

8. Und hierauf folgete die solenne Stipu-
lation
und gleichsam die Huldigung des Volcks
an GOtt, da es, nach geschehenem Vortrage der
göttlichen Forderung, auf Seiten des Volckes
hieß: Alles Volck antwortete mit einer
Stimme und sprach: alle Worte, die der
HErr gesaget hat, wollen wir thun.

9. Da nun dieses von Seiten GOttes und
des Volckes also geschehen war, so kam von Sei-
ten GOttes die figurliche Bestättigung durch
die Besprengung mit Blut dazu. Womit
angezeiget wurde, woher das der Judischen
Republic (darauf die schon promulgirten Po-
licey-
Gesetze gingen) anvertraute Moral- und
Ceremonial-Gesetze seine rechte dem Volcke
unmögliche Erfüllung haben solte: nemlich von
dem Versöhnungs-Tode des Meßiä, als durch
welchen, als das rechte Gegenbild, nicht allein das
Schattenwerck des Ceremonial-Gesetzes solte
abgethan, sondern auch der Fluch von dem Mo-
ral-
Gesetze hinweg genommen und in lauter Se-
gen verwandelt werden. Da nun diese gantze
Handlung von solcher Beschaffenheit gewesen ist:
so siehet man, wie wohl sich deroselben Anfüh-
rung alhier zu Pauli gantzem Contexte schickte.

10. Dieses aber ist alhier noch wohl zu mer-
cken, daß Moses bey geschehener Besprengung
(welche gegen das Volck zu, oder gegen die das-

selbe

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 18-20.
[Spaltenumbruch] waͤrtig auf ſolche Art guten theils angezeiget wird.
Denn Moſes ſaget, daß Brandopfer geſchehen
ſind. Da nun zu dieſen ſonderlich Boͤcke pflegten
genommen zu werden, wie aus 4 B. Moſ. 7, 27.
und andern Orten mehr zu ſehen iſt, ſo iſt auch
dißmal dieſe Gattung vom Opfer-Viehe dazu
gebrauchet worden. Und ſolte das Blut zur
Beſprengung genommen werden, und zwar zu
einer etwas reichlichern, als ſonſt, wegen der
Menge der zu beſprengenden Sachen; ſo iſt es
dißmal nicht hinlaͤnglich geweſen, daß das Blut
nur bloß geruͤhret wuͤrde, ſondern es muſte dazu
noch mit Waſſer vermenget und verduͤnnet wer-
den. Und da eine Beſprengung geſchehen ſoll,
dazu aber anderwaͤrtig ein aus Wolle und Yſo-
pen gemachtes Buͤſchelein genommen wurde, wie
zu ſehen 3 B. Moſ. 14, 6. 51. 4 B. Moſ. 19, 6. 18.
Pſ. 51, 9. ſo iſt leichtlich zu erachten, daß es auch
dieſes mal damit alſo ſey gehalten worden. Pau-
lus giebt alſo uͤber den Moſaiſchen Text mit ſeiner
Hiſtoriſchen Anfuͤhrung einige Erlaͤuterung.
Und da Moſes ſaget, daß der zu der Einſegnungs-
Handlung aufgerichtete Altar mit Blut beſpren-
get worden und des beſprengten Buchs dabey
nicht gedencket, Paulus aber deſſen mit erwehnet;
ſo iſt allem Anſehen nach daraus ſo viel zu ſchlieſſen,
daß Moſes, ehe er den Altar beſprenget, das Buch
darauf geleget und es nebſt dem Altar beſprenget
habe: wie es ſich denn auch nicht wohl wolte thun
laſſen, daß er das Buch ſolte halten und doch
mit den Haͤnden auch die Beſprengung vor-
nehmen.

3. Es iſt aber ferner wohl zu mercken, daß
Paulus einer gedoppelten Einweyhungs-
Handlung
gedencket: die erſte geſchahe bald im
Anfange unter dem Berge Sinai, nachdem
GOtt das Moral-Geſetze promulgiret; auch
unterſchiedliche Ceremonial- und Policey-Ge-
ſetze, welche im 21. 22. und 23. Capitel des andern
Buchs beſchrieben ſtehen, hinzugethan hatte.
Siehe c. 24, 1. u. f. Die andere uͤber ein halb Jahr
nachher, nemlich im erſten Monate des andern
Jahres nach dem Ausgange aus Egypten, da die
verfertigte Stifts-Huͤtte aufgerichtet war. Sie-
he 2 B. Moſ. 40. Auf die erſte Handlung ſiehet
Paulus v. 18. 19. 20. auf die andere v. 21.

4. Es iſt auch einerley, wenn Paulus ſpricht,
Moſes habe geredet, und 2 B. Moſ. 24, 7. ſte-
het, er habe das Buch des Bundes vor den Oh-
ren des Volckes geleſen. Denn dieſes Vorle-
ſen war nichts anders als ein mit Leſung verrichte-
tes Reden: dazu auch wol noch manche Einſchaͤr-
fung mag ſeyn hinzugethan worden.

5. Es iſt mercklich, daß GOtt mit der Ein-
weihung nicht gewartet habe bis zur Verfertigung
und Ausrichtung der Stifts-Huͤtte. Denn da
dieſe erſt nach mehr als einem halben Jahre ge-
ſchahe, und er doch bereits Moſi an das Volck
nebſt dem Moral-Geſetze unterſchiedliche Gat-
tungen von dem Ceremonial- und Policey-
Geſetze gegeben und damit ſchon den Grund zu
der gantzen uͤbrigen Verfaſſung geleget hatte, ſo
machte er gleich den Anfang von der ſolennen
Einweihung, um dem Volcke davon bald anfangs
einen ehrerbietigen Eindruck zu geben.

[Spaltenumbruch]

6. Fraͤget man nun, was fuͤr ein Buch
durch daſſelbe verſtanden werde, deſſen bey dieſer
Sache gedacht wird? ſo iſt leichtlich zu erachten,
daß es weder die ſaͤmtlichen Buͤcher Moſis, noch
eines von denſelben geweſen; da das erſte kein ei-
gentliches Geſetze in ſich haͤlt, und die in den uͤbri-
gen vom 25ten Capitel des andern Buches an ent-
haltene Dinge noch nicht geſchehen, vielweniger
aufgeſchrieben waren. Es iſt demnach durch
dieſes Buch der verzeichnete Jnnhalt der vier Ca-
pitel vom 20ten an im andern Buche zu verſtehen.
Zwar ſtehet von dem im zwantzigſten Capitel ver-
zeichneten Moral-Geſetze, daß es GOtt erſt nach
dieſer Zeit in ſteinere Tafeln geſchrieben, oder ge-
graben habe: allein es war doch die laute und
ſolenne Promulgation vorhergangen; und al-
ſo hat Moſis auch das promulgirte Moral-
Geſetze, ehe es in die Tafeln iſt gebildet worden,
nebſt dem uͤbrigen in gedachten vier Capiteln ent-
haltenen Geſetze aufzeichnen und dem Volcke
vorhalten muͤſſen.

7. Es iſt bey der Solennitaͤt der erſten Ein-
weihung zuvorderſt dieſes merckwuͤrdig, daß
Moſes nach dem Befehl GOttes einen Altar
unten am Berge nach der Anzahl der zwoͤlf Staͤm-
me des Volcks mit zwoͤlf ſteinern Seulen aufrich-
tete, um damit zu bezeugen, wie daß der Bund
alle ohne Ausnahme angehe, und ein veſter Bund
ſeyn ſolle. Und ob denn gleich das Abſehen mit
auf den Levitiſchen Gottesdienſt, wie auch in den
Policey-Geſetzen auf die gleichfals nicht immer-
waͤhrende Judiſche Republic gerichtet wurde,
ſo ſolte doch auch dieſe mit jenem auf Seiten
GOttes ihre Veſtigkeit bis auf die beſtimmete
Zeit der neuen Oeconomie haben unb behalten.
Das Moral-Geſetz war ohne das von immer-
waͤhrender Verbindung.

8. Und hierauf folgete die ſolenne Stipu-
lation
und gleichſam die Huldigung des Volcks
an GOtt, da es, nach geſchehenem Vortrage der
goͤttlichen Forderung, auf Seiten des Volckes
hieß: Alles Volck antwortete mit einer
Stimme und ſprach: alle Worte, die der
HErr geſaget hat, wollen wir thun.

9. Da nun dieſes von Seiten GOttes und
des Volckes alſo geſchehen war, ſo kam von Sei-
ten GOttes die figurliche Beſtaͤttigung durch
die Beſprengung mit Blut dazu. Womit
angezeiget wurde, woher das der Judiſchen
Republic (darauf die ſchon promulgirten Po-
licey-
Geſetze gingen) anvertraute Moral- und
Ceremonial-Geſetze ſeine rechte dem Volcke
unmoͤgliche Erfuͤllung haben ſolte: nemlich von
dem Verſoͤhnungs-Tode des Meßiaͤ, als durch
welchen, als das rechte Gegenbild, nicht allein das
Schattenwerck des Ceremonial-Geſetzes ſolte
abgethan, ſondern auch der Fluch von dem Mo-
ral-
Geſetze hinweg genommen und in lauter Se-
gen verwandelt werden. Da nun dieſe gantze
Handlung von ſolcher Beſchaffenheit geweſen iſt:
ſo ſiehet man, wie wohl ſich deroſelben Anfuͤh-
rung alhier zu Pauli gantzem Contexte ſchickte.

10. Dieſes aber iſt alhier noch wohl zu mer-
cken, daß Moſes bey geſchehener Beſprengung
(welche gegen das Volck zu, oder gegen die daſ-

ſelbe
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[356/0358] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 18-20. waͤrtig auf ſolche Art guten theils angezeiget wird. Denn Moſes ſaget, daß Brandopfer geſchehen ſind. Da nun zu dieſen ſonderlich Boͤcke pflegten genommen zu werden, wie aus 4 B. Moſ. 7, 27. und andern Orten mehr zu ſehen iſt, ſo iſt auch dißmal dieſe Gattung vom Opfer-Viehe dazu gebrauchet worden. Und ſolte das Blut zur Beſprengung genommen werden, und zwar zu einer etwas reichlichern, als ſonſt, wegen der Menge der zu beſprengenden Sachen; ſo iſt es dißmal nicht hinlaͤnglich geweſen, daß das Blut nur bloß geruͤhret wuͤrde, ſondern es muſte dazu noch mit Waſſer vermenget und verduͤnnet wer- den. Und da eine Beſprengung geſchehen ſoll, dazu aber anderwaͤrtig ein aus Wolle und Yſo- pen gemachtes Buͤſchelein genommen wurde, wie zu ſehen 3 B. Moſ. 14, 6. 51. 4 B. Moſ. 19, 6. 18. Pſ. 51, 9. ſo iſt leichtlich zu erachten, daß es auch dieſes mal damit alſo ſey gehalten worden. Pau- lus giebt alſo uͤber den Moſaiſchen Text mit ſeiner Hiſtoriſchen Anfuͤhrung einige Erlaͤuterung. Und da Moſes ſaget, daß der zu der Einſegnungs- Handlung aufgerichtete Altar mit Blut beſpren- get worden und des beſprengten Buchs dabey nicht gedencket, Paulus aber deſſen mit erwehnet; ſo iſt allem Anſehen nach daraus ſo viel zu ſchlieſſen, daß Moſes, ehe er den Altar beſprenget, das Buch darauf geleget und es nebſt dem Altar beſprenget habe: wie es ſich denn auch nicht wohl wolte thun laſſen, daß er das Buch ſolte halten und doch mit den Haͤnden auch die Beſprengung vor- nehmen. 3. Es iſt aber ferner wohl zu mercken, daß Paulus einer gedoppelten Einweyhungs- Handlung gedencket: die erſte geſchahe bald im Anfange unter dem Berge Sinai, nachdem GOtt das Moral-Geſetze promulgiret; auch unterſchiedliche Ceremonial- und Policey-Ge- ſetze, welche im 21. 22. und 23. Capitel des andern Buchs beſchrieben ſtehen, hinzugethan hatte. Siehe c. 24, 1. u. f. Die andere uͤber ein halb Jahr nachher, nemlich im erſten Monate des andern Jahres nach dem Ausgange aus Egypten, da die verfertigte Stifts-Huͤtte aufgerichtet war. Sie- he 2 B. Moſ. 40. Auf die erſte Handlung ſiehet Paulus v. 18. 19. 20. auf die andere v. 21. 4. Es iſt auch einerley, wenn Paulus ſpricht, Moſes habe geredet, und 2 B. Moſ. 24, 7. ſte- het, er habe das Buch des Bundes vor den Oh- ren des Volckes geleſen. Denn dieſes Vorle- ſen war nichts anders als ein mit Leſung verrichte- tes Reden: dazu auch wol noch manche Einſchaͤr- fung mag ſeyn hinzugethan worden. 5. Es iſt mercklich, daß GOtt mit der Ein- weihung nicht gewartet habe bis zur Verfertigung und Ausrichtung der Stifts-Huͤtte. Denn da dieſe erſt nach mehr als einem halben Jahre ge- ſchahe, und er doch bereits Moſi an das Volck nebſt dem Moral-Geſetze unterſchiedliche Gat- tungen von dem Ceremonial- und Policey- Geſetze gegeben und damit ſchon den Grund zu der gantzen uͤbrigen Verfaſſung geleget hatte, ſo machte er gleich den Anfang von der ſolennen Einweihung, um dem Volcke davon bald anfangs einen ehrerbietigen Eindruck zu geben. 6. Fraͤget man nun, was fuͤr ein Buch durch daſſelbe verſtanden werde, deſſen bey dieſer Sache gedacht wird? ſo iſt leichtlich zu erachten, daß es weder die ſaͤmtlichen Buͤcher Moſis, noch eines von denſelben geweſen; da das erſte kein ei- gentliches Geſetze in ſich haͤlt, und die in den uͤbri- gen vom 25ten Capitel des andern Buches an ent- haltene Dinge noch nicht geſchehen, vielweniger aufgeſchrieben waren. Es iſt demnach durch dieſes Buch der verzeichnete Jnnhalt der vier Ca- pitel vom 20ten an im andern Buche zu verſtehen. Zwar ſtehet von dem im zwantzigſten Capitel ver- zeichneten Moral-Geſetze, daß es GOtt erſt nach dieſer Zeit in ſteinere Tafeln geſchrieben, oder ge- graben habe: allein es war doch die laute und ſolenne Promulgation vorhergangen; und al- ſo hat Moſis auch das promulgirte Moral- Geſetze, ehe es in die Tafeln iſt gebildet worden, nebſt dem uͤbrigen in gedachten vier Capiteln ent- haltenen Geſetze aufzeichnen und dem Volcke vorhalten muͤſſen. 7. Es iſt bey der Solennitaͤt der erſten Ein- weihung zuvorderſt dieſes merckwuͤrdig, daß Moſes nach dem Befehl GOttes einen Altar unten am Berge nach der Anzahl der zwoͤlf Staͤm- me des Volcks mit zwoͤlf ſteinern Seulen aufrich- tete, um damit zu bezeugen, wie daß der Bund alle ohne Ausnahme angehe, und ein veſter Bund ſeyn ſolle. Und ob denn gleich das Abſehen mit auf den Levitiſchen Gottesdienſt, wie auch in den Policey-Geſetzen auf die gleichfals nicht immer- waͤhrende Judiſche Republic gerichtet wurde, ſo ſolte doch auch dieſe mit jenem auf Seiten GOttes ihre Veſtigkeit bis auf die beſtimmete Zeit der neuen Oeconomie haben unb behalten. Das Moral-Geſetz war ohne das von immer- waͤhrender Verbindung. 8. Und hierauf folgete die ſolenne Stipu- lation und gleichſam die Huldigung des Volcks an GOtt, da es, nach geſchehenem Vortrage der goͤttlichen Forderung, auf Seiten des Volckes hieß: Alles Volck antwortete mit einer Stimme und ſprach: alle Worte, die der HErr geſaget hat, wollen wir thun. 9. Da nun dieſes von Seiten GOttes und des Volckes alſo geſchehen war, ſo kam von Sei- ten GOttes die figurliche Beſtaͤttigung durch die Beſprengung mit Blut dazu. Womit angezeiget wurde, woher das der Judiſchen Republic (darauf die ſchon promulgirten Po- licey-Geſetze gingen) anvertraute Moral- und Ceremonial-Geſetze ſeine rechte dem Volcke unmoͤgliche Erfuͤllung haben ſolte: nemlich von dem Verſoͤhnungs-Tode des Meßiaͤ, als durch welchen, als das rechte Gegenbild, nicht allein das Schattenwerck des Ceremonial-Geſetzes ſolte abgethan, ſondern auch der Fluch von dem Mo- ral-Geſetze hinweg genommen und in lauter Se- gen verwandelt werden. Da nun dieſe gantze Handlung von ſolcher Beſchaffenheit geweſen iſt: ſo ſiehet man, wie wohl ſich deroſelben Anfuͤh- rung alhier zu Pauli gantzem Contexte ſchickte. 10. Dieſes aber iſt alhier noch wohl zu mer- cken, daß Moſes bey geſchehener Beſprengung (welche gegen das Volck zu, oder gegen die daſ- ſelbe

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/358>, abgerufen am 22.11.2024.