Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des Briefes Pauli Cap. 10. v. 29-33. [Spaltenumbruch]
dieser ist, daß der Heilige Geist nicht allein mitdem Vater und Sohn ist der Urheber und die wahre Qvelle aller Gnaden, sondern daß er auch darinnen sonderlich sein Amt beweiset, daß er die von Christo erworbene und von dem Vater zugedachte Gnade in der Ordnung der Bekehrung und Erneuerung uns appliciret, und in uns ver- siegelt, und also damit Christum verkläret. Da- her denn auch die der Heyls-Ordnung und also auch dem Amte des Heiligen Geistes mit einer feindseligen Bestreitung entgegen gesetzte schwere Sünde die Sünde wider den Heiligen Geist ge- nennet wird. Es ist davon oben c. 6. mit mehrern gehandelt worden. V. 30. 31. Denn wir wissen (kennen und verehren Anmerckung. Die Worte des 30. Verses sind genommen V. 32. 33. Gedencket aber an die vorigen Tage, Anmerckungen. 1. Es war zwar, als Paulus diesen Brief 2. Die meiste Schuld hatten die Jüden. 3. Bey solcher Beschaffenheit der damali- 4. Da nun die gläubigen Hebräer nicht al- 5. Man siehet auch aus den Worten: ihr 6. Es sind auch die Worte Schmach und 7. Es sind aber solche Leiden gemeiniglich nicht
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 10. v. 29-33. [Spaltenumbruch]
dieſer iſt, daß der Heilige Geiſt nicht allein mitdem Vater und Sohn iſt der Urheber und die wahre Qvelle aller Gnaden, ſondern daß er auch darinnen ſonderlich ſein Amt beweiſet, daß er die von Chriſto erworbene und von dem Vater zugedachte Gnade in der Ordnung der Bekehrung und Erneuerung uns appliciret, und in uns ver- ſiegelt, und alſo damit Chriſtum verklaͤret. Da- her denn auch die der Heyls-Ordnung und alſo auch dem Amte des Heiligen Geiſtes mit einer feindſeligen Beſtreitung entgegen geſetzte ſchwere Suͤnde die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt ge- nennet wird. Es iſt davon oben c. 6. mit mehrern gehandelt worden. V. 30. 31. Denn wir wiſſen (kennen und verehren Anmerckung. Die Worte des 30. Verſes ſind genommen V. 32. 33. Gedencket aber an die vorigen Tage, Anmerckungen. 1. Es war zwar, als Paulus dieſen Brief 2. Die meiſte Schuld hatten die Juͤden. 3. Bey ſolcher Beſchaffenheit der damali- 4. Da nun die glaͤubigen Hebraͤer nicht al- 5. Man ſiehet auch aus den Worten: ihr 6. Es ſind auch die Worte Schmach und 7. Es ſind aber ſolche Leiden gemeiniglich nicht
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Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 10. v. 29-33.
dieſer iſt, daß der Heilige Geiſt nicht allein mit
dem Vater und Sohn iſt der Urheber und die
wahre Qvelle aller Gnaden, ſondern daß er
auch darinnen ſonderlich ſein Amt beweiſet, daß
er die von Chriſto erworbene und von dem Vater
zugedachte Gnade in der Ordnung der Bekehrung
und Erneuerung uns appliciret, und in uns ver-
ſiegelt, und alſo damit Chriſtum verklaͤret. Da-
her denn auch die der Heyls-Ordnung und alſo
auch dem Amte des Heiligen Geiſtes mit einer
feindſeligen Beſtreitung entgegen geſetzte ſchwere
Suͤnde die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt ge-
nennet wird. Es iſt davon oben c. 6. mit mehrern
gehandelt worden.
V. 30. 31.
Denn wir wiſſen (kennen und verehren
im Glauben) den, der da ſpricht: (5 B. Moſ.
32, 35. Siehe auch Roͤm. 12, 19.) Die Rache
iſt mein, ich will vergelten: und abermal
(daſelbſt nemlich v. 36.) Der HERR wird
ſein Volck richten. Schrecklich iſt es in die
Haͤnde des lebendigen GOttes (als eines
gerechten Richters) zu fallen (nach 2 Sam. 24.
14.)
Anmerckung.
Die Worte des 30. Verſes ſind genommen
aus dem 5 Moſ. 32. beſchriebenen Prophetiſchen
Liede Moſis: welches ſonderlich von dem Meßiaͤ,
und wie von der Verwerfung der Unglaͤubigen, al-
ſo von der Wiederannehmung der Glaͤubigen
Juden handelt.
V. 32. 33.
Gedencket aber an die vorigen Tage,
in welchen ihr erleuchtet erduldet habet,
einen groſſen Kampf des Leidens: zum
theil ſelbſt durch Schmach und Truͤbſal
ein Schauſpiel worden, zum theil Gemein-
ſchaft gehabt mit denen, denen es alſo ge-
het (oder, ging.)
Anmerckungen.
1. Es war zwar, als Paulus dieſen Brief
ſchrieb, noch keine ſolche oͤffentliche Verfolgung
uͤber die Chriſten ergangen, welche einen Kaͤyſer-
lichen Befehl zum Grunde hatte: wie denn auch
das bald darauf zu Rom nach dem boͤſen Willen
Neronis entſtandene Ungewitter nicht allgemein
geweſen, ſondern eigentlich nur uͤber die Roͤmiſche
Kirche erging, nemlich wegen der falſchen Beſchul-
digung, als haͤtten ſie die Stadt Rom in Brand
geſtecket; welches doch der Wuͤterich, Nero, ſelbſt
gethan hatte: wie aus Scribenten derſelben Zeit
bekant iſt. Man darf aber deßwegen nicht ge-
dencken, als wenn die Chriſten auſſer denen von
den Kaͤyſern ſelbſt befohlnen Verfolgungen kei-
nen Druck gehabt haͤtten. Denn es iſt ihrer
deßwegen doch nicht geſchonet worden: wie wir
aus dieſem Zeugniſſe Pauli, und aus andern Or-
ten mehr ſehen.
2. Die meiſte Schuld hatten die Juͤden.
Denn dieſe ſofern ſie den Meßiam verworfen,
hatten, waren ſehr ergrimmet wider die Chriſten
und wenn ſie ſahen, daß ſich nach und nach noch
immer mehrere von dem Judenthum zum Chri-
ſtenthum wendeten, und ſie hingegen dadurch mit
Recht fuͤr Veraͤchter des Meßiaͤ gehalten wuͤrden,
ſo nahm ihr Grimm wider die Chriſten immer
mehr zu. Wenn ſie nun denſelben ſelbſt nicht
genugſam ausuͤben konten, ſo erhuben ſie wider
jene die bitterſten Klagen bey der heydniſchen
Obrigkeit in den Roͤmiſchen Provincien, und
brachten es bey ihnen durch falſche Beſchuldi-
gungen und andere arge Wege dahin, daß hier
und dar manches harte Ungewitter wider ſie ent-
ſtunde. Man ſehe davon ſonderlich den Ort Pauli
1 Theſſ. 2, 14. 15. 16.
3. Bey ſolcher Beſchaffenheit der damali-
gen Zeiten kan man leichtlich verſtehen, was es
geſaget ſey, wenn Paulus ſpricht, daß die glaͤubi-
gen Hebraͤer in den vorigen Tagen einen
groſſen Kampf des Leidens (τῶν παθημάτων,
der Leiden von allerhand Art) erduldet haͤtten:
und das gleich von der Zeit an, da ſie waͤren er-
leuchtet, das iſt, zu Chriſto wahrhaftig bekehret
und alſo zum Glauben an Chriſtum, der ein goͤtt-
liches Leben und Licht iſt, gebracht worden. Wie
denn kein eintziger Chriſt iemals anders zur wah-
ren Erleuchtung, oder lebendigen Erkenntniß
GOttes, gelanget iſt, als in der Ordnung wah-
rer Bekehrung und Erneuerung.
4. Da nun die glaͤubigen Hebraͤer nicht al-
lein einen ſo guten Anfang im Chriſtenthum ge-
machet, ſondern auch bereits einen getreuen Fort-
gang gehabt hatten, und zwar mitten unter den
Leiden; ſo fuͤhret der Apoſtel dieſes an, als ei-
nen wichtigen Bewegungs-Grund zu ihrer fer-
nern Beharrung: da ja ſonſt nicht allein alles vo-
rige vergeblich ſeyn, ſondern auch nach dazu eine
groſſe Verantwortung bringen wuͤrde. Siehe
Gal. 3, 4.
5. Man ſiehet auch aus den Worten: ihr
ſeyd durch Schmach und Truͤbſal ein
Schauſpiel worden, daß man die Chriſten
nicht heimlich, ſondern oͤffentlich verfolget, und
gleichſam eine Comœdie mit ihnen geſpielet ha-
be. Da ſie denn auch wol manchmal wircklich auf
die oͤffentlichen Schau-Plaͤtze und Schau-Buͤh-
nen unter vieler Schmach und Verhoͤhnung ſind
geſtellet worden. Und ſo erging es fuͤrnemlich
den Apoſteln. Daher Paulus von ſich und an-
dern 2 Cor. 4, 9. ſchreibet: Wir ſind ein Schau-
ſpiel worden der Welt, den (boͤſen) Engeln
und den Menſchen.
6. Es ſind auch die Worte Schmach und
Truͤbſal nicht ohne Urſache zuſammen geſetzet.
Denn die Schmach ging auf oͤffentliche Be-
ſchimpfungen: da oft Leute, welche in der buͤr-
gerlichen Societaͤt nicht allein einen ehrlichen,
ſondern auch geehrten Namen hatten, und in
einem beſondern Anſehen ſtunden, aufs ſchmaͤh-
lichſte tractiret wurden. Und weil denn ſolche
Mißhandlung ſelten ohne wircklichen Druck und
unverdiente Leibes-Strafen abging; ſo ſetzet
der Apoſtel das Wort Truͤbſal dazu; und zwar
beydes in der Zahl der Vielheit (ὀνειδισμο῀ις, καὶ
θλίψεσι) um die Menge und mancherley Gattun-
gen derſelben damit anzuzeigen.
7. Es ſind aber ſolche Leiden gemeiniglich
nicht
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