Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1. [Spaltenumbruch]
oder des Gläubigen Zu- und Eingangs gema-chet hat. 4. Diese elpizomena, zu hoffende und 5. Des Glaubens Natur, oder wesentliche 6. Damit man diese Haupt-Beschaffen- a. Das, ex architectura, vom Gebäude: da was der steinerne veste Grund ist einem Gebäude, das ist der Glaube dem gantzen Christenthum. Darum Judas v. 20. schrei- bet: Jhr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist, und betet. Und dem stehet gar nicht entgegen, daß auch Chri- stus der Grund ist. Ps. 118, 21. Jes. 28, 26. Matth. 16, 18. c. 21, 41. Ap. Ges. 4, 11. Röm. 9, 33. 1 Cor. 3, 11. Eph. 2, 20. 1 Petr. 2, 6. Denn der Glaube ist nicht ohne Christum, noch Christus zur Seligkeit ohne Glau- ben. Was der Glaube von der Vestigkeit hat, das hat er von Christo: sintemal wir im Glauben auf Christum gegründet wer- den. b. Das, e re botanica, von Gewächsen, und sonderlich von Bäumen. Denn was ein Stamm, ja eine Wurtzel ist einem Bau- me, das ist der Glaube dem Christenthum und der gantzen Christlichen Religion. Auf welches, und zugleich auch auf das vorherge- hende Gleichniß uns Paulus führet, wenn er Eph. 3, 17. 18. spricht: Christum zu woh- nen durch den Glauben in euren Hertzen, und durch die Liebe eingewurtzelt und gegründet werden. u. f. Auch unser Hey- land selbst, wenn er Matth. 13, 6. 20. 21. von den Zeitgläubigen saget, daß sie zwar das Wort aufnehmen, aber keine Wurtzel haben, daher wetterwendisch sind, und, wenn sich Trübsal und Verfolgung um des Worts willen erhebet, sich bald är- gern und abfallen. c. Das, e re militari, vom Kriege und Kampfe. Denn was das Standhalten einem tapfern Kriegesmann ist, das ist der Glaube einem Christen, und dem gantzen Christenthum. Hierauf führet uns Paulus Eph. 6, 13. als da er zu der vollen geistlichen Rüstung sonderlich den Glauben erfodert. Und Petrus 1. Ep. 5, 3. Dem Satan widerste- het vest im Glauben. Und was könte schö- ners von der indole Fidei militari & hypo- statica, von der veststehenden Siegeskraft des Glaubens gesaget werden, als was wir lesen Jes. 28, 16. Wer da gläubet, der fleugt nicht. Welches nicht fliehen, Paulus Röm. 10, 11. gar nachdrücklich durch das nicht zu schanden werden, erkläret: wie einem Flüchtling, zumal einem solchen, der gar wohl hätte veste stehen können, seine Flucht
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1. [Spaltenumbruch]
oder des Glaͤubigen Zu- und Eingangs gema-chet hat. 4. Dieſe ἐλπιζομενα, zu hoffende und 5. Des Glaubens Natur, oder weſentliche 6. Damit man dieſe Haupt-Beſchaffen- a. Das, ex architectura, vom Gebaͤude: da was der ſteinerne veſte Grund iſt einem Gebaͤude, das iſt der Glaube dem gantzen Chriſtenthum. Darum Judas v. 20. ſchrei- bet: Jhr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligſten Glauben durch den heiligen Geiſt, und betet. Und dem ſtehet gar nicht entgegen, daß auch Chri- ſtus der Grund iſt. Pſ. 118, 21. Jeſ. 28, 26. Matth. 16, 18. c. 21, 41. Ap. Geſ. 4, 11. Roͤm. 9, 33. 1 Cor. 3, 11. Eph. 2, 20. 1 Petr. 2, 6. Denn der Glaube iſt nicht ohne Chriſtum, noch Chriſtus zur Seligkeit ohne Glau- ben. Was der Glaube von der Veſtigkeit hat, das hat er von Chriſto: ſintemal wir im Glauben auf Chriſtum gegruͤndet wer- den. b. Das, e re botanica, von Gewaͤchſen, und ſonderlich von Baͤumen. Denn was ein Stamm, ja eine Wurtzel iſt einem Bau- me, das iſt der Glaube dem Chriſtenthum und der gantzen Chriſtlichen Religion. Auf welches, und zugleich auch auf das vorherge- hende Gleichniß uns Paulus fuͤhret, wenn er Eph. 3, 17. 18. ſpricht: Chriſtum zu woh- nen durch den Glauben in euren Hertzen, und durch die Liebe eingewurtzelt und gegruͤndet werden. u. f. Auch unſer Hey- land ſelbſt, wenn er Matth. 13, 6. 20. 21. von den Zeitglaͤubigen ſaget, daß ſie zwar das Wort aufnehmen, aber keine Wurtzel haben, daher wetterwendiſch ſind, und, wenn ſich Truͤbſal und Verfolgung um des Worts willen erhebet, ſich bald aͤr- gern und abfallen. c. Das, e re militari, vom Kriege und Kampfe. Denn was das Standhalten einem tapfern Kriegesmann iſt, das iſt der Glaube einem Chriſten, und dem gantzen Chriſtenthum. Hierauf fuͤhret uns Paulus Eph. 6, 13. als da er zu der vollen geiſtlichen Ruͤſtung ſonderlich den Glauben erfodert. Und Petrus 1. Ep. 5, 3. Dem Satan widerſte- het veſt im Glauben. Und was koͤnte ſchoͤ- ners von der indole Fidei militari & hypo- ſtatica, von der veſtſtehenden Siegeskraft des Glaubens geſaget werden, als was wir leſen Jeſ. 28, 16. Wer da glaͤubet, der fleugt nicht. Welches nicht fliehen, Paulus Roͤm. 10, 11. gar nachdruͤcklich durch das nicht zu ſchanden werden, erklaͤret: wie einem Fluͤchtling, zumal einem ſolchen, der gar wohl haͤtte veſte ſtehen koͤnnen, ſeine Flucht
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Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 11. v. 1.
oder des Glaͤubigen Zu- und Eingangs gema-
chet hat.
4. Dieſe ἐλπιζομενα, zu hoffende und
noch kuͤnftige Sachen erklaͤret der Apoſtel damit,
wenn er ſie nennet πράγματα οὐ βλεπόμενα,
Sachen, die man nicht ſiehet, unſichtbare
Dinge. Womit er anzeiget, daß der Glaube
dem Schauen entgegen geſetzet ſey, oder das
Schauen noch nicht habe, aber darauf gehe.
Denn ob der Glaube gleich ein geiſtliches Licht
in der Seele iſt: ſo findet ſich doch, in Anſehung
des Lebens der Herrlichkeit, bey dieſem Lichte
noch viele Dunckelheit; in welcher doch gleich-
wol GOTT wohnet. Daher der Apoſtel
ſpricht: Roͤm. 8, 24. 25. Wir ſind ſelig in
der Hoffnung. Die Hoffnung aber die
man ſiehet, iſt nicht Hoffnung. Denn wie
kan man das hoffen, das man ſiehet. So
wir aber das hoffen, das wir nicht ſehen,
ſo warten wir ſein mit Geduld. 2 Cor. 3, 17.
Unſere Truͤbſal, die zeitlich und leicht iſt,
ſchaffet eine ewige und uͤber alle Maſſe
wichtige Herrlichkeit, uns die wir nicht
ſehen auf das ſichtbare, ſondern auf das
unſichtbare. Denn was ſichtbar iſt, das
iſt zeitlich, was aber unſichtbar iſt, das iſt
ewig. Deßgleichen c. 5, 7. Wir wandeln im
Glauben, und nicht im Schauen. Und
1 Joh. 2, 2. Meine Kinder, wir ſind nun
GOttes Kinder, und iſt noch nicht erſchie-
nen was wir ſeyn werden. Wir wiſſen a-
ber, wenn es erſcheinen wird, daß wir ihm
gleich ſeyn werden. Denn wir werden ihn
ſehen, wie er iſt. Selig ſind demnach, wie
unſer Heyland Joh. 20, 19. ſpricht: Die nicht
ſehen und doch glauben! Alſo ſpricht auch
Petrus 1 Ep. c. 1, 7. 8. von dem aufs kuͤnftige
und unſichtbare gerichteten Glauben, und ſaget
in Anſehung der Offenbarung Chriſti und ſeiner
Herrlichkeit: Welchen ihr nicht geſehen, und
doch lieb habet, und nun an ihn glaubet,
wie wol ihr ihn nicht ſehet, ſo werdet ihr
euch freuen mit unausſprechlicher und heꝛr-
licher Freude. So iſt demnach der Glaube
mit der Hoffnung ein rechtes geiſtliches Fern-
Glaß, dadurch man das, was unſern bloͤden Au-
gen in dieſer Zeit noch unſichtbar iſt, in der fer-
ne erblicken kan. Dadurch gehen die Glaͤubi-
gen aus der alten Oeconomie in die neue;
und ſo ſehen wir aus der neuen, oder in und aus
dem Reiche der Gnaden, auf deroſelben voͤllige
Ausfuͤhrung im Reiche der Herrlichkeit.
5. Des Glaubens Natur, oder weſentliche
Eigenſchaft drucket der Apoſtel aus mit den
Worten ὑπάστασις und ἔλεγχος. Das Wort
ὑπόστασις heißt (auſſer dem Geheimniß der hei-
ligen Dreyeinigkeit, da es eine ſelbſtſtaͤndige Per-
ſon bedeutet) eigentlich eine ſolche Selbſtſtaͤn-
digkeit, da etwas, als eine ſichere Grundveſte,
unbeweglich ſtehet, und alſo beſtaͤndig iſt. Da
nun dieſes vom Glauben geſaget wird, ſo wird
damit das rechte ἔργον, wie es Paulus 1 Teſſ. 1, 3.
nennet, das rechte Werck oder die rechte Re-
alitaͤt und Soliditaͤt und alſo eine ſolche weſent-
liche Eigenſchaft des ſeligmachenden Glaubens
bezeichnet, welche theils der leeren Einbil-
dung, theils auch der Unbeſtaͤndigkeit, oder
dem unbewurtzelten und unbeveſtigten Zeit-
Glauben Matth. 13, 20. 21. entgegen geſetzet.
6. Damit man dieſe Haupt-Beſchaffen-
heit des Glaubens ſo viel mehr mercken moͤge, ſo
hat man ſich dieſelbe unter unterſchiedlichen
Gleichniſſen vorzuſtellen; und zwar ſolchen, da-
von ſich das Wort ὑπόςασις gar wohl fuͤglich
gebrauchen laͤſſet, und darauf uns die heilige
Schrift ſelbſt hin und wieder fuͤhret: als da
ſind:
a. Das, ex architectura, vom Gebaͤude:
da was der ſteinerne veſte Grund iſt einem
Gebaͤude, das iſt der Glaube dem gantzen
Chriſtenthum. Darum Judas v. 20. ſchrei-
bet: Jhr aber, meine Lieben, erbauet
euch auf euren allerheiligſten Glauben
durch den heiligen Geiſt, und betet. Und
dem ſtehet gar nicht entgegen, daß auch Chri-
ſtus der Grund iſt. Pſ. 118, 21. Jeſ. 28, 26.
Matth. 16, 18. c. 21, 41. Ap. Geſ. 4, 11. Roͤm.
9, 33. 1 Cor. 3, 11. Eph. 2, 20. 1 Petr. 2, 6.
Denn der Glaube iſt nicht ohne Chriſtum,
noch Chriſtus zur Seligkeit ohne Glau-
ben. Was der Glaube von der Veſtigkeit
hat, das hat er von Chriſto: ſintemal wir
im Glauben auf Chriſtum gegruͤndet wer-
den.
b. Das, e re botanica, von Gewaͤchſen,
und ſonderlich von Baͤumen. Denn was
ein Stamm, ja eine Wurtzel iſt einem Bau-
me, das iſt der Glaube dem Chriſtenthum
und der gantzen Chriſtlichen Religion. Auf
welches, und zugleich auch auf das vorherge-
hende Gleichniß uns Paulus fuͤhret, wenn er
Eph. 3, 17. 18. ſpricht: Chriſtum zu woh-
nen durch den Glauben in euren Hertzen,
und durch die Liebe eingewurtzelt und
gegruͤndet werden. u. f. Auch unſer Hey-
land ſelbſt, wenn er Matth. 13, 6. 20. 21. von
den Zeitglaͤubigen ſaget, daß ſie zwar das
Wort aufnehmen, aber keine Wurtzel
haben, daher wetterwendiſch ſind, und,
wenn ſich Truͤbſal und Verfolgung um
des Worts willen erhebet, ſich bald aͤr-
gern und abfallen.
c. Das, e re militari, vom Kriege und
Kampfe. Denn was das Standhalten
einem tapfern Kriegesmann iſt, das iſt der
Glaube einem Chriſten, und dem gantzen
Chriſtenthum. Hierauf fuͤhret uns Paulus
Eph. 6, 13. als da er zu der vollen geiſtlichen
Ruͤſtung ſonderlich den Glauben erfodert. Und
Petrus 1. Ep. 5, 3. Dem Satan widerſte-
het veſt im Glauben. Und was koͤnte ſchoͤ-
ners von der indole Fidei militari & hypo-
ſtatica, von der veſtſtehenden Siegeskraft
des Glaubens geſaget werden, als was wir
leſen Jeſ. 28, 16. Wer da glaͤubet, der fleugt
nicht. Welches nicht fliehen, Paulus
Roͤm. 10, 11. gar nachdruͤcklich durch das
nicht zu ſchanden werden, erklaͤret: wie
einem Fluͤchtling, zumal einem ſolchen, der
gar wohl haͤtte veſte ſtehen koͤnnen, ſeine
Flucht
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