[Spaltenumbruch]
nünftig urtheilenden unter allen Völckern ieder- zeit für eine Grund-Wahrheit ist gehalten wor- den und noch gehalten wird. Können wir aber aus dem Lichte der Natur das göttliche Wesen erweisen, und darthun, daß dieses unter an- dern wesentlichen Eigenschaften in einem freyen, gütigen und allmächtigen Willen bestehe; dieser Wille aber sich wircksam muß erwiesen haben, so sehen wir ja den Grund von der Schöpfung: an- derer Vernunfts-Gründe itzo nicht zu geden- cken.
3. Zwar pfleget man zu sagen, nach der Vernunft heisse es: Ex nihilo nihil sit,aus nichts wird nichts; und also könne man aus dem Lichte der Natur die Schöpfung nicht er- weisen. Allein man muß bey diesem philoso- phischen axiomate das wahre von dem falschen wohl unterscheiden. Wahr ist darinnen dieses, daß das, was nichts ist, nicht etwas, und also eine Materie, daraus etwas anders wird, seyn könne; als welches contradictorisch wäre. Wahr ist es auch, daß das, was nichts ist, nicht natürlicher Weise, und von sich selbst zu etwas, das wircklich ist, werden könne. Aber falsch und unvernünftig ist es zu sagen, daß, da nichts ist, durch eine allmächtige Ober-Kraft, nicht könne etwas entstehen, das ist, erschaffen werden. Hingegen ist vernünftig zu sagen, daß, da eine weise und freye Obermacht, das ist, GOTT ist, und aus dem Lichte der Natur gar wohl erkannt werden kan, diese machen könne, auch wirck- lich gemachet habe, daß, da ausser ihr selbst nichts war, durch ihren freyen und allmächtigen Willen alles entstanden sey. Jn welchem Ver- stande wir mit Recht sagen, daß alles aus nichts, das ist, da sonst nichts war, alles worden und also erschaffen sey.
4. Dem irrigen Verstande des gedachten Philosopischen axiomatis, ex ni hilo nihil fit, aus nichts wird nichts setzet man billig ent- gegen diese beyde philosophische Grund- Wahrheiten: nihil potest esse Caussa sui ipsius, nichts kan sich selbst hervorbringen; und daher muß alles von einer höchsten und indepen- denten Ursache, das ist von einer Caussa libera, einer einen unendlichen Verstand und eine un- endliche Allmacht habenden freyen Ursache, oder Urheber entstanden seyn. Jmgleichen dieses axi- oma: non datur regressus caussarum & effectuum in insinitum; nec per lineam rectam nec per cir culum, d. i. man kan in der Ordnung der existir enden Dinge nicht von dem, was ent- standen ist, auf das, woher es entstanden, unendlich zurück gehen, sondern man muß endlich bey einer weisen, freyen, und allmächtigen Ursache, das ist bey GOtt, stehen bleiben. Dazu setzet man bil- lig das dritte axioma: nihil potest esse inde- pendens, nisi sit naturae infinitae, perfectissimae & eminentissimae, das ist, nichts kan indepen- dent, oder von sich selbst von Ewigkeit her seyn, es sey denn eines unendlichen, oder vollkommenen Wesens: welches kein vernünftiger Mensch von der sichtbaren Welt sagen kan. Wer diese drey axiomata recht verstehet; und recht zu gebrau- chen weiß, der kan die Schöpfung gar wohl aus [Spaltenumbruch]
dem Lichte der Natur erweisen, so wohl als die Lehre von der Existentz und dem Wesen GOt- tes selbst. Den der Lateinischen Sprache kundi- gen und zur Erwegung abstracter Dinge nicht ungeschickten Leser verweise ich auf den ersten Tomum meiner Caussae Dei, sonderlich editio- nis secundae; als welchen ich den Atheisten und ihren Patronis, den falschen Philosophis der alten und neuern Zeiten, mit ausführlicher Abhan- delung dieser Materie entgegen gesetzet habe:
5. Ob denn nun gleich das Werck der Schöpfung aus dem Lichte der Natur gar wohl und recht demonstravisch erkannt werden kan; so bleibet es doch nichts desto weniger ein grosser Glaubens-Articul, wie die Lehre von GOtt selbst. Denn so erweislich als die Existentz und das Wesen GOttes, und dessen freye und all- mächtige Schöpfungs-Kraft gleich ist; so unbe- greiflich bleibet doch alles unserm schwachen Ver- stande, was es mit dem göttlichen Wesen und mit der allmächtigen Schöpfung für eine Be- schaffenheit habe. Dazu kommen auch die Mosi von GOtt geoffenbareten Umstände der Schö- pfung; sonderlich die von der darinnen gehaltenen Ordnung der sechs Tage-Wercke. Und folglich hat Paulus mit recht gesaget: tistei nooumen, durch den Glauben mercken, oder verste- hen wir, daß die Welt durch GOTTes Wort fertig ist.
6. Durch das Wort GOttes kan alhier wol nicht eigentlich der Sohn GOttes verstanden werden, als welcher nicht `rema, sondern logos, das Wort genennet wird Joh. 1, 1. u. s. w. Es hat demnach Paulus wol ohn zweifel auf die Mo- saische Historie von der Schöpfung geschehen; als darinnen des göttlichen Sprechens so oft ge- dacht wird, und wie es anthropopathos nach mensch- licher Art, gesetzet ist, also muß es theoprepos, auf eine GOtt zukommende Art, nemlich von seinem sich selbst hier und dazu bewegenden freyen Wil- len, und von der Vollziehung seines ewigen Rathschlusses auch von den dabey concurrir- renden und vollzognen Ideen seines allerweisse- sten und unendlichen Verstandes ausgeleget wer- den.
7. Mit dem Worte katerti sthai, ist fertig worden, siehet der Apostel auf das Werck der Schöpfung nach der darinnen gehaltenen Ord- nung; da es GOtt beliebet, nicht alles in einem Augenblick völlig darzustellen nach der blossen Ei- genschaft seiner Allmacht; sondern er hat es nach seiner Weisheit besser gefunden, eine recht archi- tectonische Ordnung zu halten. Und nach dieser Ordnung hat er erstlich die blosse aus etwas lei- michten und finstern Wasser bestehende Materie hervorgebracht, nebst dem ersten Natur-Lichte und Natur-Feuer; als wodurch der auf den Wassern, oder der Materie schwebende Schö- pfer, der Heilige Geist, dieselbe wolte gleichsam recht durcharbeiten und wie sichtbar, also auch zu allen daraus zu formirenden Welt-Cörpern ge- schickt machen. Und als er darauf durch das der wässerichten Materie anerschaffene erste we- sentliche Natur-Feuer dieselbe expandiret, und nach der Expansion alles in die obere und untere
Luft
B b b 3
Cap. 11. v. 3. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
nuͤnftig urtheilenden unter allen Voͤlckern ieder- zeit fuͤr eine Grund-Wahrheit iſt gehalten wor- den und noch gehalten wird. Koͤnnen wir aber aus dem Lichte der Natur das goͤttliche Weſen erweiſen, und darthun, daß dieſes unter an- dern weſentlichen Eigenſchaften in einem freyen, guͤtigen und allmaͤchtigen Willen beſtehe; dieſer Wille aber ſich wirckſam muß erwieſen haben, ſo ſehen wir ja den Grund von der Schoͤpfung: an- derer Vernunfts-Gruͤnde itzo nicht zu geden- cken.
3. Zwar pfleget man zu ſagen, nach der Vernunft heiſſe es: Ex nihilo nihil ſit,aus nichts wird nichts; und alſo koͤnne man aus dem Lichte der Natur die Schoͤpfung nicht er- weiſen. Allein man muß bey dieſem philoſo- phiſchen axiomate das wahre von dem falſchen wohl unterſcheiden. Wahr iſt darinnen dieſes, daß das, was nichts iſt, nicht etwas, und alſo eine Materie, daraus etwas anders wird, ſeyn koͤnne; als welches contradictoriſch waͤre. Wahr iſt es auch, daß das, was nichts iſt, nicht natuͤrlicher Weiſe, und von ſich ſelbſt zu etwas, das wircklich iſt, werden koͤnne. Aber falſch und unvernuͤnftig iſt es zu ſagen, daß, da nichts iſt, durch eine allmaͤchtige Ober-Kraft, nicht koͤnne etwas entſtehen, das iſt, erſchaffen werden. Hingegen iſt vernuͤnftig zu ſagen, daß, da eine weiſe und freye Obermacht, das iſt, GOTT iſt, und aus dem Lichte der Natur gar wohl erkannt werden kan, dieſe machen koͤnne, auch wirck- lich gemachet habe, daß, da auſſer ihr ſelbſt nichts war, durch ihren freyen und allmaͤchtigen Willen alles entſtanden ſey. Jn welchem Ver- ſtande wir mit Recht ſagen, daß alles aus nichts, das iſt, da ſonſt nichts war, alles worden und alſo erſchaffen ſey.
4. Dem irrigen Verſtande des gedachten Philoſopiſchen axiomatis, ex ni hilo nihil fit, aus nichts wird nichts ſetzet man billig ent- gegen dieſe beyde philoſophiſche Grund- Wahrheiten: nihil poteſt eſſe Cauſſa ſui ipſius, nichts kan ſich ſelbſt hervorbringen; und daher muß alles von einer hoͤchſten und indepen- denten Urſache, das iſt von einer Cauſſa libera, einer einen unendlichen Verſtand und eine un- endliche Allmacht habenden freyen Urſache, oder Urheber entſtanden ſeyn. Jmgleichen dieſes axi- oma: non datur regreſſus cauſſarum & effectuum in inſinitum; nec per lineam rectam nec per cir culum, d. i. man kan in der Ordnung der exiſtir enden Dinge nicht von dem, was ent- ſtanden iſt, auf das, woher es entſtanden, unendlich zuruͤck gehen, ſondern man muß endlich bey einer weiſen, freyen, und allmaͤchtigen Urſache, das iſt bey GOtt, ſtehen bleiben. Dazu ſetzet man bil- lig das dritte axioma: nihil poteſt eſſe inde- pendens, niſi ſit naturæ infinitæ, perfectiſſimæ & eminentiſſimæ, das iſt, nichts kan indepen- dent, oder von ſich ſelbſt von Ewigkeit her ſeyn, es ſey denn eines unendlichen, oder vollkommenen Weſens: welches kein vernuͤnftiger Menſch von der ſichtbaren Welt ſagen kan. Wer dieſe drey axiomata recht verſtehet; und recht zu gebrau- chen weiß, der kan die Schoͤpfung gar wohl aus [Spaltenumbruch]
dem Lichte der Natur erweiſen, ſo wohl als die Lehre von der Exiſtentz und dem Weſen GOt- tes ſelbſt. Den der Lateiniſchen Sprache kundi- gen und zur Erwegung abſtracter Dinge nicht ungeſchickten Leſer verweiſe ich auf den erſten Tomum meiner Cauſſæ Dei, ſonderlich editio- nis ſecundæ; als welchen ich den Atheiſten und ihren Patronis, den falſchen Philoſophis der alten und neuern Zeiten, mit ausfuͤhrlicher Abhan- delung dieſer Materie entgegen geſetzet habe:
5. Ob denn nun gleich das Werck der Schoͤpfung aus dem Lichte der Natur gar wohl und recht demonſtraviſch erkannt werden kan; ſo bleibet es doch nichts deſto weniger ein groſſer Glaubens-Articul, wie die Lehre von GOtt ſelbſt. Denn ſo erweislich als die Exiſtentz und das Weſen GOttes, und deſſen freye und all- maͤchtige Schoͤpfungs-Kraft gleich iſt; ſo unbe- greiflich bleibet doch alles unſerm ſchwachen Ver- ſtande, was es mit dem goͤttlichen Weſen und mit der allmaͤchtigen Schoͤpfung fuͤr eine Be- ſchaffenheit habe. Dazu kommen auch die Moſi von GOtt geoffenbareten Umſtaͤnde der Schoͤ- pfung; ſonderlich die von der darinnen gehaltenen Ordnung der ſechs Tage-Wercke. Und folglich hat Paulus mit recht geſaget: τίστει νοουμεν, durch den Glauben mercken, oder verſte- hen wir, daß die Welt durch GOTTes Wort fertig iſt.
6. Durch das Wort GOttes kan alhier wol nicht eigentlich der Sohn GOttes verſtanden werden, als welcher nicht ῾ρῆμα, ſondern λόγος, das Wort genennet wird Joh. 1, 1. u. ſ. w. Es hat demnach Paulus wol ohn zweifel auf die Mo- ſaiſche Hiſtorie von der Schoͤpfung geſchehen; als darinnen des goͤttlichen Sprechens ſo oft ge- dacht wird, und wie es ἀνϑρωποπαϑῶς nach menſch- licher Art, geſetzet iſt, alſo muß es ϑεοπρεπῶς, auf eine GOtt zukommende Art, nemlich von ſeinem ſich ſelbſt hier und dazu bewegenden freyen Wil- len, und von der Vollziehung ſeines ewigen Rathſchluſſes auch von den dabey concurrir- renden und vollzognen Ideen ſeines allerweiſſe- ſten und unendlichen Verſtandes ausgeleget wer- den.
7. Mit dem Worte κατηρτί σϑαι, iſt fertig worden, ſiehet der Apoſtel auf das Werck der Schoͤpfung nach der darinnen gehaltenen Ord- nung; da es GOtt beliebet, nicht alles in einem Augenblick voͤllig darzuſtellen nach der bloſſen Ei- genſchaft ſeiner Allmacht; ſondern er hat es nach ſeiner Weisheit beſſer gefunden, eine recht archi- tectoniſche Ordnung zu halten. Und nach dieſer Ordnung hat er erſtlich die bloſſe aus etwas lei- michten und finſtern Waſſer beſtehende Materie hervorgebracht, nebſt dem erſten Natur-Lichte und Natur-Feuer; als wodurch der auf den Waſſern, oder der Materie ſchwebende Schoͤ- pfer, der Heilige Geiſt, dieſelbe wolte gleichſam recht durcharbeiten und wie ſichtbar, alſo auch zu allen daraus zu formirenden Welt-Coͤrpern ge- ſchickt machen. Und als er darauf durch das der waͤſſerichten Materie anerſchaffene erſte we- ſentliche Natur-Feuer dieſelbe expandiret, und nach der Expanſion alles in die obere und untere
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Cap. 11. v. 3. an die Hebraͤer.
nuͤnftig urtheilenden unter allen Voͤlckern ieder-
zeit fuͤr eine Grund-Wahrheit iſt gehalten wor-
den und noch gehalten wird. Koͤnnen wir aber
aus dem Lichte der Natur das goͤttliche Weſen
erweiſen, und darthun, daß dieſes unter an-
dern weſentlichen Eigenſchaften in einem freyen,
guͤtigen und allmaͤchtigen Willen beſtehe; dieſer
Wille aber ſich wirckſam muß erwieſen haben, ſo
ſehen wir ja den Grund von der Schoͤpfung: an-
derer Vernunfts-Gruͤnde itzo nicht zu geden-
cken.
3. Zwar pfleget man zu ſagen, nach der
Vernunft heiſſe es: Ex nihilo nihil ſit, aus
nichts wird nichts; und alſo koͤnne man aus
dem Lichte der Natur die Schoͤpfung nicht er-
weiſen. Allein man muß bey dieſem philoſo-
phiſchen axiomate das wahre von dem falſchen
wohl unterſcheiden. Wahr iſt darinnen dieſes,
daß das, was nichts iſt, nicht etwas, und alſo
eine Materie, daraus etwas anders wird, ſeyn
koͤnne; als welches contradictoriſch waͤre.
Wahr iſt es auch, daß das, was nichts iſt, nicht
natuͤrlicher Weiſe, und von ſich ſelbſt zu etwas,
das wircklich iſt, werden koͤnne. Aber falſch und
unvernuͤnftig iſt es zu ſagen, daß, da nichts iſt,
durch eine allmaͤchtige Ober-Kraft, nicht koͤnne
etwas entſtehen, das iſt, erſchaffen werden.
Hingegen iſt vernuͤnftig zu ſagen, daß, da eine
weiſe und freye Obermacht, das iſt, GOTT iſt,
und aus dem Lichte der Natur gar wohl erkannt
werden kan, dieſe machen koͤnne, auch wirck-
lich gemachet habe, daß, da auſſer ihr ſelbſt
nichts war, durch ihren freyen und allmaͤchtigen
Willen alles entſtanden ſey. Jn welchem Ver-
ſtande wir mit Recht ſagen, daß alles aus nichts,
das iſt, da ſonſt nichts war, alles worden und
alſo erſchaffen ſey.
4. Dem irrigen Verſtande des gedachten
Philoſopiſchen axiomatis, ex ni hilo nihil fit,
aus nichts wird nichts ſetzet man billig ent-
gegen dieſe beyde philoſophiſche Grund-
Wahrheiten: nihil poteſt eſſe Cauſſa ſui ipſius,
nichts kan ſich ſelbſt hervorbringen; und
daher muß alles von einer hoͤchſten und indepen-
denten Urſache, das iſt von einer Cauſſa libera,
einer einen unendlichen Verſtand und eine un-
endliche Allmacht habenden freyen Urſache, oder
Urheber entſtanden ſeyn. Jmgleichen dieſes axi-
oma: non datur regreſſus cauſſarum &
effectuum in inſinitum; nec per lineam rectam
nec per cir culum, d. i. man kan in der Ordnung
der exiſtir enden Dinge nicht von dem, was ent-
ſtanden iſt, auf das, woher es entſtanden, unendlich
zuruͤck gehen, ſondern man muß endlich bey einer
weiſen, freyen, und allmaͤchtigen Urſache, das iſt
bey GOtt, ſtehen bleiben. Dazu ſetzet man bil-
lig das dritte axioma: nihil poteſt eſſe inde-
pendens, niſi ſit naturæ infinitæ, perfectiſſimæ
& eminentiſſimæ, das iſt, nichts kan indepen-
dent, oder von ſich ſelbſt von Ewigkeit her ſeyn, es
ſey denn eines unendlichen, oder vollkommenen
Weſens: welches kein vernuͤnftiger Menſch von
der ſichtbaren Welt ſagen kan. Wer dieſe drey
axiomata recht verſtehet; und recht zu gebrau-
chen weiß, der kan die Schoͤpfung gar wohl aus
dem Lichte der Natur erweiſen, ſo wohl als die
Lehre von der Exiſtentz und dem Weſen GOt-
tes ſelbſt. Den der Lateiniſchen Sprache kundi-
gen und zur Erwegung abſtracter Dinge nicht
ungeſchickten Leſer verweiſe ich auf den erſten
Tomum meiner Cauſſæ Dei, ſonderlich editio-
nis ſecundæ; als welchen ich den Atheiſten und
ihren Patronis, den falſchen Philoſophis der
alten und neuern Zeiten, mit ausfuͤhrlicher Abhan-
delung dieſer Materie entgegen geſetzet habe:
5. Ob denn nun gleich das Werck der
Schoͤpfung aus dem Lichte der Natur gar wohl
und recht demonſtraviſch erkannt werden kan;
ſo bleibet es doch nichts deſto weniger ein groſſer
Glaubens-Articul, wie die Lehre von GOtt
ſelbſt. Denn ſo erweislich als die Exiſtentz und
das Weſen GOttes, und deſſen freye und all-
maͤchtige Schoͤpfungs-Kraft gleich iſt; ſo unbe-
greiflich bleibet doch alles unſerm ſchwachen Ver-
ſtande, was es mit dem goͤttlichen Weſen und
mit der allmaͤchtigen Schoͤpfung fuͤr eine Be-
ſchaffenheit habe. Dazu kommen auch die Moſi
von GOtt geoffenbareten Umſtaͤnde der Schoͤ-
pfung; ſonderlich die von der darinnen gehaltenen
Ordnung der ſechs Tage-Wercke. Und folglich
hat Paulus mit recht geſaget: τίστει νοουμεν,
durch den Glauben mercken, oder verſte-
hen wir, daß die Welt durch GOTTes
Wort fertig iſt.
6. Durch das Wort GOttes kan alhier
wol nicht eigentlich der Sohn GOttes verſtanden
werden, als welcher nicht ῾ρῆμα, ſondern λόγος,
das Wort genennet wird Joh. 1, 1. u. ſ. w. Es
hat demnach Paulus wol ohn zweifel auf die Mo-
ſaiſche Hiſtorie von der Schoͤpfung geſchehen;
als darinnen des goͤttlichen Sprechens ſo oft ge-
dacht wird, und wie es ἀνϑρωποπαϑῶς nach menſch-
licher Art, geſetzet iſt, alſo muß es ϑεοπρεπῶς, auf
eine GOtt zukommende Art, nemlich von ſeinem
ſich ſelbſt hier und dazu bewegenden freyen Wil-
len, und von der Vollziehung ſeines ewigen
Rathſchluſſes auch von den dabey concurrir-
renden und vollzognen Ideen ſeines allerweiſſe-
ſten und unendlichen Verſtandes ausgeleget wer-
den.
7. Mit dem Worte κατηρτί σϑαι, iſt fertig
worden, ſiehet der Apoſtel auf das Werck der
Schoͤpfung nach der darinnen gehaltenen Ord-
nung; da es GOtt beliebet, nicht alles in einem
Augenblick voͤllig darzuſtellen nach der bloſſen Ei-
genſchaft ſeiner Allmacht; ſondern er hat es nach
ſeiner Weisheit beſſer gefunden, eine recht archi-
tectoniſche Ordnung zu halten. Und nach dieſer
Ordnung hat er erſtlich die bloſſe aus etwas lei-
michten und finſtern Waſſer beſtehende Materie
hervorgebracht, nebſt dem erſten Natur-Lichte
und Natur-Feuer; als wodurch der auf den
Waſſern, oder der Materie ſchwebende Schoͤ-
pfer, der Heilige Geiſt, dieſelbe wolte gleichſam
recht durcharbeiten und wie ſichtbar, alſo auch zu
allen daraus zu formirenden Welt-Coͤrpern ge-
ſchickt machen. Und als er darauf durch das
der waͤſſerichten Materie anerſchaffene erſte we-
ſentliche Natur-Feuer dieſelbe expandiret, und
nach der Expanſion alles in die obere und untere
Luft
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/383>, abgerufen am 11.06.2024.
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